Für leidenschaftliche Spieler gehört der Besuch der gamescom in Köln zu den absoluten Highlights des Jahres. Unzählige Videospiele warten darauf, von den Fans gezockt und diskutiert zu werden – sofern man genügend Geduld aufbringt, um die teilweise stundenlangen Wartezeiten zu überstehen. Die Gamescom 2018 kommt bei den Fan überwiegend gut an, auch wenn kritische Stimmen übervolle Gänge oder hohe Preise bei der Messegastronomie bemängeln.
Statt einer Vielzahl einzelner Artikel, haben wir unsere Eindrücke zur gamescom 2018 in einem umfassenden Beitrag zusammengefasst. Als Lektüre für all jene Spieler, die nicht vor Ort sein konnten und als Erinnerung für diejenigen, die sich an die 2018er-Auflage der größten Videospielemesse Europas erinnern möchten.
370.000 Fans aus aller Welt
Die Gamescom-Woche lockte rund eine halbe Million Besucher in die Domstadt. Allein 370.000 davon streiften durch die gut gefüllten Hallen der Koelnmesse. In diesem Jahr präsentierte sich die gamescom spürbar internationaler: Aus 114 Ländern reisten Besucher an, wobei die stärksten Besucherzuwächse den direkten Nachbarländern Österreich, Großbritannien sowie den Niederlanden entspringen.
Dass die gamescom 2018 zu einem Spektakel werden würde, zeigte bereits die neu konzipierte Eröffnungsveranstaltung, auf der erstmals Weltpremieren verkündet wurden. Publisher wie Bandai Namco, Koch Media, THQ Nordic oder Ubisoft gaben vor dem versammelten Fachpublikum – und erstmals einigen Wildcard-Besitzern – Details zu kommenden Neuerscheinungen preis. Durch diesen Schritt wurde die Eröffnungsveranstaltung nicht nur unterhaltsamer gestaltet, sondern zugleich auch inhaltlich attraktiver.
Wie wichtig Internationalität für die weltumspannende Gaming-Branche ist, zeigt der große Auslandsausteil bei den Ausstellern, der auf der gamescom 2018 rund 70 Prozent betrug. Für ihr 10jähriges Jubiläum ist die Gamescom erneut gewachsen: ein Ausstellerplus von 13 Prozent sowie 15.000 Besucher mehr als im Vorjahr sind Zahlen, die die Relevanz der Kölner Videospielemesse für die gesamte Branche untermauern.
Neben den Besuchern vor Ort, verfolgten unzählige Fans aus aller Welt die Gamescom-Woche via Livestreaming. Insgesamt konnten die Organisatoren die Reichweite der Messe als umfassendes 360°-Event deutlich ausbauen.
Fördertöpfe müssen gefüllt werden: „Games sind super“
Bei der Vielzahl internationaler Erfolge und einem gleichzeitigen Schwund deutscher Spieletitel ist die Forderung nach Fördertöpfen für Games verständlich. Selbstbewusst forderte Felix Falk, Geschäftsführer des Bundesverbands game, eine stärkere Förderung heimischer Spieleentwickler.
Die Vertreterin der Bundesregierung, Dorothee Bär, findet Games super, bleibt mit einer vagen Aussage bezüglich der Realisierung möglicher Fördertöpfe jedoch hinter den Erwartungen der Branchenvertreter zurück. Konkreter wurde der Ministerpräsident des Landes NRW, Armin Laschet, der ankündigte, die Fördermittel über die Film- und Medienstiftung verdoppeln zu wollen. Angesichts einer wirtschaftlich starken Branche kommen politische Vertreter in naher Zukunft um Neuregelungen nicht herum, zumal sich Deutschland als Entwicklungsstandort längst etabliert hat.
Erstmals lieferten namhafte Publisher im Rahmen der Eröffnungszeremonie der Gamescom 2018 handfeste Informationen zu kommenden Neuerscheinungen. Zu den Highlights zählten mit der „Dark Pictures Anthology“ eine neue Horror-Reihe der Macher von Until Dawn. Mit Man of Medan erscheint ein storydichter erster Teil, der Fans gruseliger Spiele begeistern dürfte. Das deutsche Entwicklerstudio Blue Byte, mittlerweile zugehörig zu Ubisoft, feiert den 25. Geburtstag einer populären Aufbaustrategiereihe und kündigt überraschen eine Neuauflage von Die Siedler an. An „Wuseligkeit“ soll das im Jahr 2019 für den PC erscheinende Videospiel nichts einbüßen. Die spaßbringenden klassischen Mechaniken der Reihe stehen bei der Neuauflage im Vordergrund. Erstmals seit Die Siedler 3 ist der Serien-Erfinder Volker Wertich wieder an der Entwicklung beteiligt. Die Voraussetzungen für ein meisterhaftes Reboot der Reihe steht damit nichts mehr im Wege.
Die Wiederentdeckung der Gelegenheitsspieler
Was an vielen Spielstationen auffiel: es gibt nicht mehr den einen Spielertypus. Seine Freizeit mit Spielen zu verbringen ist ein Phänomen, das sich in jeder Altersklasse, jeder Gesellschaftsschicht und geschlechterübergreifend zeigt. Moderne Videospiele wollen im Idealfall keine Zielgruppe ausschließen, sondern mit einer Mischung aus Einsteigerfreundlichkeit und stufenweise fortschreitender Komplexität begeistern. Gute Games nehmen Anfänger bei ihren ersten Schritten durch virtuelle Welten an die Hand, ohne die Erwartungen von erfahrenen Spielern zu enttäuschen.
Häufig gelingt das durch einen Fokus auf gut erzählte Geschichten, die moderne Spiele teilweise zu interaktiven Filmen machen. „Easy to learn, hard to master“ ist ein Grundsatz, den viele Spieleentwickler in diesem Jahr zu befolgen scheinen.
Wenn sogenannte Silver-Gamer in den Warteschlangen zu familienfreundlichen Videospielen stehen oder mit dem Gamepad in der Hand lächelnd an den Spielstationen stehen, zeigt sich der wahre Wert von Videospielen als Kulturgut. Spiele bringen Menschen zusammen, bieten altersübergreifende Berührungspunkte und gemeinsame Themen für verschiedenen Generationen von Spielern. Das ist vor allem deshalb so besonders, weil „ältere Semester“ angesichts der rasant fortschreitenden Digitalisierung darum fürchten müssen, von der Jugend angehängt zu werden.
PES 19 gegen FIFA 19: Welches Fussballspiel gewinnt?
Es ist das ewige Duell zweier Fussballspielserien: PES gegen FIFA. Spieler, die sich für einen der beiden Titel entscheiden müssen, werden in diesem Jahr vor eine schwierige Wahl gestellt, denn so dicht beieinander waren die beiden Videospiele niemals zuvor. Konami und EA Sports haben die Neuauflagen ihrer beliebten Fussballspiele signifikant verbessert. Wenn im Herbst die Entscheidung fällt, kann nur ein Titel als Sieger vom virtuellen Grün gehen: Wer gewinnt das Duell der Giganten?
Statt auf massenweise Neuerungen zu setzen, haben beide Entwicklerteams ihre Neuauflagen in Details verbessert. Jede der Reihen hatte in der Vergangenheit ihre individuellen Stärken und Schwächen. Das ändert sich in der 2019er-Auflage spürbar, denn beide Entwickler haben ihre Scouts in die gegnerischen Stadien gesandt, um von den Stärken des jeweils anderen zu lernen.
Wir haben auf der Gamescom 2018 beide Titel ausgiebig gespielt und können PES 19 und Fifa 19 daher direkt miteinander vergleichen. Eine Entwarnung für bisher unentschlossene Fans vorab: wirklich falsch entscheiden könnt ihr euch in diesem Jahr nicht.
Fifa 19 stellt den Realismus auf dem Rasen klar in den Vordergrund. Kämpfe um den Ball fühlen sich deutlich intensiver an als noch im Vorgänger. Was die Entwickler schlicht „50/50 Battles“ nennen, wirkt auf dem virtuellen Rasen tatsächlich wie ein körperbetontes Duell. Wie im echten Fussballerleben prallen Kontrahenten gegeneinander, treten hart gegen Pressbälle oder rennen einem verspringenden Ball hinterher. Die gesamte Spielphysik hat EA Sports derart verbessert, dass der Vorsprung des Konkurrenten Pro Evolution Soccer in diesem Punkt ordentlich geschmolzen ist. Beide Spiele bringen vermehrt realistische – und damit auch überraschende – Spielsituationen auf die Bildschirme.
Kritische Stimmen wettern jährlich gegen den Spielmodus Ultimate Team von Fifa, der von vielen Fans als Herzstück der Serie verstanden wird – vor allem in Kombination mit den individuellen Spielerstilen. Topstars wie Christiano Ronaldo oder Neymar fallen auf dem Platz durch einzigartige Bewegungen auf, die den echten Spielern nachempfunden wurden. Klar, dass Konami in diesem Punkt nachziehen musste. PES 19 verfügt nun ebenfalls über diese spielerimmanenten Besonderheiten, die namhafte Fußballer von gewöhnlichen Spielern unterscheiden. Dieser Eindruck wird durch den Spielmodus MyClub noch verstärkt, der für die „Spieler der Woche“ regelmäßig Updates auf die Festplatten bringen wird. Pro Evolution Soccer holt mit der Verbesserung des Sammelkartenmodus deutlich zu seinem Konkurrenten auf.
Ansonsten präsentieren sich die beiden Titel in Topform. Während Fifa 19 für schnellen Unterhaltungsfußball steht (Timed Finisher inklusive), glänzt PES 19 durch die tolle Ballphysik, die das Spiel insgesamt simulationslastiger erscheinen lässt.
Am Ende liegt es an den Vorlieben der Fans, welches der beiden Spiele das persönliche Geschmacksduell entscheiden kann: spielerisch ist sowohl Fifa 19 als auch PES 19 herausragend.
Ubisoft, Nintendo und Co. : Neuheiten namhafter Publisher
Namhafte Publisher wie Ubisoft, Square Enix, Electronic Arts oder Nintendo haben die Gamescom 2018 genutzt, um Fans aus der ganze Welt die Neuerscheinungen der kommenden Monate vorzustellen. Die Fortführung populärer Videospielereihen gehört dabei ebenso dazu, wie die Einführung neuer Marken.
Überwiegend gute Meinungen fährt der Abschluss der modernen Trilogie um die ewig junge Archäologin Lara Croft ein. Das Spiel Shadow of the Tomb Raider bringt die Geschichte um die schießwütige Abenteurerin aus reichem Hause zu Ende – und sie muss nicht mehr tun, als einmal mehr den Untergang der Welt aufzuhalten. Shadow of the Tomb Raider ist der wohl härteste Teil der im Jahr 2013 neu aufgesetzten Trilogie. Lara Croft muss sich gegen feindliche Söldner zur Wehr setzen, physikalisch korrekt herabstürzenden Felsbrocken ausweichen und todbringenden Fall entgehen. Überleben ist im mittlerweile dritten Teil der Trilogie alles andere als einfach: doch genau das macht dieses Spiel so interessant. Wenn Shadow of the Tomb Raider von Square Enix am 14. September 2018 erscheint, werden Fans der Croft abermals die Welt retten.
Der französische Publisher Ubisoft hat viele heißen Einsen im Feuer. Neben der Fortführung der populären Serie Assassin’s Creed mit dem Ableger Assassin’s Creed: Odyssey, das Spieler auf einen Trip in das antiken Griechenland entführt, folgt für andere Videospielereihen eine Rückbesinnung zu alten Tugenden. Ubisoft hat sich für den neuen Teil der Anno-Serie die Kritik der Fans zu Herzen genommen. Statt Ausflüge in die ferne Zukunft, unternehmen Spieler bei Anno 1800 eine Reise in die Vergangenheit. Auf einer eigens für Spielerfeedback eingerichteten Webseite konnten Fans parallel zur Entwicklung über Details abstimmen oder eigene Ideen an die Entwickler übermitteln. Anno 1800 erscheint im Frühjahr 2019 für den PC.
Sehnsüchtig erwartet wird der zweite Teil zu Tom Clancy’s – The Division, das einige Monate nach dem Vorgänger spielt. Spieler kämpfen in einem zerstörten Washington D.C. gemeinsam gegen marodierende Banden. Die stimmungsvollen Spielumgebungen sind mindestens so intensiv wie im ersten Teil der Reihe, die Gegner agieren ähnlich clever, die Itemspirale dreht sich unaufhörlich und entfaltet erneut einen enormen Suchtfaktor. Tom Clancy’s – The Division 2 setzt auf das spielerische Grundgerüst des ersten Abenteuers, kann dabei allerdings auch dieselben Fehler begehen: sich ständig wiederholendes Geballer sorgte für einen schnellen Spielerschwund, den Ubisoft erst im Laufe der Monate durch Zusatzinhalte in einen erneuten Erfolg umwandeln konnte. Im März 2019 beginnt das Abenteuer.
Sea of Thieves von Rare hat gezeigt, dass Piratenspiele durchaus erfolgreich sein können. Statt auf quietschbunte Comicgrafik zu setzen, liefert Ubisoft mit Skull & Bones grafisch deutlich aufwändigere Seeschlachten. Im Indischen Ozean verbreiten Spieler als Freibeuter Angst und Schrecken, Rauben Handelsschiffe aus oder plündern die Lagerräume anderer Spieler nach erfolgreichen PvP-Gefechten. Mit ihren individuell angepassten Schiffen stürzen Fans sich in eindrucksvolle Seeschlachten und verdingen sich ihre Zeit in verschiedenen Spielmodi. Wenn Ubisoft Skull & Bones nach dem Grundsatz „a game as a service“ in der Szene installieren kann, erwartet Spieler ein langfristig motivierendes, taktisches Actionspiel mit relativ unverbrauchtem Setting. Im Jahr 2019 dürfen Spieler die Segel setzen.
Electronic Arts führt auch in diesem Jahr die beliebten Sportspielreihen wie Fifa, Madden NFL, NHL oder NBA Live weiter. Mit gezielten Detailverbesserungen sollen Fans deutlich realistischere, aber immer noch vergleichsweise schnelle und unterhaltsame Matches nachspielen. So weit, so bekannt.
Viel spannender ist die Frage, ob sich auch neue Marken in der Branche durchsetzen können. Zu den Highlights von Electronic Arts gehört zweifellos das Actionspiel Anthem. In einer abwechslungsreichen Welt können Spieler sich dank eines Jetpacks frei bewegen. Gleichzeitig definiert der Raumanzug die Charakterklasse: als Ranger, Storm, Interceptor oder Colossus schweben Spieler über stimmungsvolle Planetenoberflächen oder erkunden Höhlensysteme. Die optisch eindrucksvollen Umgebungen wecken den Erkundungsdrang und machen Lust auf spannende Ballereinlagen. Ähnlichkeiten zu Titeln wie Destiny sind offensichtlich, auch was die spielerische Motivation angeht. Ob Anthem Fans tatsächlich langfristig an die Bildschirme fesseln kann, bleibt abzuwarten. Im Frühjahr 2019 könnt ihr in eure Raumanzüge schlüpfen. Zudem wird auch Anthem über den neuen Abo-Service EA Origins Premiere verfügbar sein.
Ebenfalls Geballert wird bei Battlefield 5. Der neue Ableger der Serie bietet mehr vom Bekannten und legt den Fokus eher auf spielerische Detailverbesserungen. Dazu gehört vor allem, auf Spielsituationen durch den Wechsel von Kampfrollen flexibler reagieren zu können. Das Grundgerüst bleibt auch bei Battlefield 5 unangetastet. Fans der Serie werden Freiräume zum Experimentieren haben, sodass auch der Fortsetzungstitel genügend Potential für langfristig motivierende Gaming-Sessions bieten wird. Die Open Beta des Taktik-Shooters startet bereits am 06. September.
Am Stand zu Microsofts Xbox wurden keine Geheimnisse gelüftet, dafür jedoch viele Spielstationen, an denen Fans die Highlights der nächsten Monate ausgiebig anspielen durften. Als echtes Schmuckstück hat sich Forza Horizon 4 erwiesen. Das Spielsystem mit sich verändernden Jahreszeiten ist schlicht genial: trotz gleicher Streckenführung verändert sich auf diese Weise das Fahrgefühl spürbar. Auf Servern mit bis zu 72 Spielern wechseln die Jahreszeiten wöchentlich und bieten Fans damit einen hohen Wiederspielwert. Zudem ist Großbritannien ein tolles Setting für ein Rennspiel, das unter anderem von seiner Streckenvielfalt lebt.
Ansonsten betritt Microsoft Neuland bezüglich der Steuerung von Spielen für Menschen mit Behinderung. Angesichts der Erschließung immer neuer Zielgruppen ist dieser Schritt begrüßenswert: endlich können Spieler ihrer Leidenschaft auch dann frönen, wenn körperliche Beeinträchtigungen die Steuerung digitaler Alter-Egos bisher erschwert oder gar unmöglich gemacht hat. Wie der sogenannte Adaptive Controller letztendlich auf dem Markt ankommt, bleibt abzuwarten. Allein die Einführung dieser Hardware ist ein Schritt in die richtige Richtung; einer, dem sich auch andere Hardwarehersteller unbedingt anschließen sollten.
Wenige Überraschungen gab es erwartungsgemäß bei Nintendo. Vielleicht mit Ausnahme der Ankündigung einer Adaption von Saints Row: The Third durch das Label Deep Silver Fishtank.
Ansonsten stellte der japanische Konsolen- und Spielehersteller bereits angekündigte Titel in den Mittelpunkt der Standpräsentationen. So wurde Tennis gespielt, Kart gefahren oder Fußball gespielt. Nintendo-Fans sind vergleichsweise leicht zu begeistern, was nicht zuletzt daran liegt, dass Fans die Umsetzung jeder großen Marke für die Nintendo Switch mit Jubelschreien begrüßen. Mit der Erweiterung des Portfolios für die innovative Konsole arbeitet Nintendo sich langsam in den Olymp der Konsolenhersteller zurück – zumal die Einführung des Online-Dienstes im September und die Fortführung der Reihe Nintendo Labo neue Zielgruppen erschließen dürfte. Spiele wie Mario Kart mit der innovativen Bastelserie zu kombinieren, ist nicht nur clever, sondern ein echtes Alleinstellungsmerkmal im Bereich familiengerechter Spielinhalte.
Retro-Spiele als fester Bestandteil der Gamescom
Die Beliebtheit der sogenannten Retro-Games reißt nicht ab. Auch auf der Gamescom 2018 buhlen zahlreiche Aussteller mit ihren „alten Maschinen“ um die Aufmerksamkeit der Besucher. Die meisten lassen sich nicht lange bitten und greifen spontan zum Joystick: Egal ob Ghostbusters, Space Invaders oder World Soccer: die pixeligen Titel aus vergangenen Zeiten machen auch heute noch Spaß.
Retro-Gaming ist fast zu einer Gegenbewegung zu immer fotorealistischer werdender Computergrafik geworden. Bei den – mal mehr, mal weniger bekannten – Klassikern dreht sich alles um pure Unterhaltung. Äußerlichkeiten haben einen eher untergeordneten Stellenwert, obwohl insbesondere eingefleischte Retro-Fans die charmanten 8-bit-Spielumgebungen ästhetisch finden.
Einfacher als moderne Videospiele sind Retro-Games selten: perfektes Timing und Reaktionsschnelligkeit sind in fortschreitenden Levels unverzichtbar. Wer diese Fähigkeiten nicht hat, benötigt viel Frustrationstoleranz, damit der Joystick nicht an der nächsten Wand landet.
Für viele ältere Spieler fühlt sich das Zocken von Retro-Games an wie eine Reise zurück in die Kindheit. Spieler, deren Gaming-Karrieren vor der Mitte der 1990er angefangen haben, erinnern sich gern an Videospiele, bei denen 3D noch kein Thema war.
Spiele haben kein Alter. Es kommt auf den Bildschirm, was unterhält – Grafik hin oder her. Ohnehin liegt das durchschnittliche Alter eines Videospielers in Deutschland bei rund 36 Jahren. Das zeigt, dass es niemals zu spät ist, sich für Games zu begeistern. Frauen wie Männer zocken gern – und lassen es dabei gemächlich angehen. Während in den USA oder Japan eine jugendhaftere Videospielkultur vorherrscht – was auch den Boom des eSport begründet – mögen deutsche Spieler das typische „Sofa-Feeling“ bei meist kooperativen Spielen oder Solo-Games. Kompetitive Titel machen Spaß, sind vor allem den sogenannten „Silver Gamers“ aber zu hektisch.
Und so bleiben Retrospiele und moderne Einsteigertitel auch in den nächsten Jahren erfolgreich. Ausverkaufte Retrokonsolen bzw. Neuauflagen der „alten Knochen“ untermalen den Trend, der einfach nicht zu brechen ist.
Kleine Entwickler, gigantische Games
Auch abseits der gigantischen Messeständer der großen Publisher gab es viel zu entdecken. Pathos Interactive wirft mit Bannermen ein neues Echtzeitstrategiespiel auf den Markt, das nicht nur an Age of Empires erinnert, sondern sich auch ähnlich spielt. Taktische Gemetzel mit clever zusammengestellten Einsatztruppen führen ebenso zum Erfolg wie ausufernde Massenschlachten. Alles angesiedelt in einer mittelalterlichen Welt, deren Aufmachung Fans von Game of Thrones glücklich machen dürfte. Verfeinert wird das Truppenmanagement durch einsetzbare Helden-Einheiten, die starke, keinesfalls aber übermächtige Spezialfähigkeiten einsetzen, um enge Schlachten zu ihren Gunsten ausgehen zu lassen. Weil nur zwei Ressourcen (Holz und Gold) für das Ausbilden der Truppen sowie den Basisbau notwendig sind, verschiebt sich der Fokus bei Bannermen dankenswerterweise in Richtung Gefechtsoptimierung.
Das abenteuerliche Puzzle-Game My Memory of us, das die Geschichte zweier Kinder im zweiten Weltkrieg thematisiert, ist vor allem deshalb so erwähnenswert, weil Patrick Steward (Captain Picard in Star Trek) als Erzähler der Hintergrundgeschichte fungiert.
Sable ist dagegen ein friedliches Open-World-Exploration-Game, das erfahrene Spieler wie Einsteiger gleichermaßen ansprechen soll. Der Verzicht auf Kampfhandlungen oder Bildschirmtode zeigt, dass die Story und das soziale Miteinander innerhalb der virtuellen Clans die eigentlichen Stars des Videospiels sind. Es geht den Entwicklern vor allem darum, den Spielern bei der Erkundung der Welt alle Freiheiten zur Erkundung zu lassen.
Indie-Spiele, populäre Nischenspiele oder kleine Projekte gehören mittlerweile ebenso zur gamescom wie namhafte Millionen-Seller.
Virtual Reality lebt. noch.
Die Gamescom 2018 hat gezeigt: Virtual Reality lebt noch!
Irgendwie pfeift die Technik angesichts hoher Anschaffungskosten dennoch aus dem letzten Loch. Entwickler lassen sich dennoch nicht nehmen, den Besuchern neue Designideen zu präsentieren. Zu Hause angekommen, werden die meisten Spieler VR-Inhalte wieder ignorieren, um sich weniger anstrengenden Spielsessionen zu widmen. Ja, Virtual Reality ist innovativ, mitunter sogar unterhaltsam. Aber nein, es sorgt nicht für das besondere Feeling des gemütlichen Sofa-Gamings. VR-Spiele sind harte Arbeit, fordern so manchem Gleichgewichtssinn Höchstleistungen ab – und lassen bei all den komplexen Steuerungsmechanismen echte Innovationen vermissen. So richtig warm werden viele Spieler mit VR-Inhalten nicht, auch abseits verständlicher Preisdiskussionen: zu aufgesetzt wirken die Spiele, zu unübersichtlich ist oftmals das Geschehen.
Dass Virtual Reality sich in der Games-Szene durchsetzen wird, ist derzeit noch nicht erkennbar. VR ist eher ein System für andere Technikbranchen, etwa der Medizintechnik oder im Rahmen von Fertigungsprozessen.
Pünktlich zur Gamescom haben Entwickler versucht, das Thema Virtual Reality großzureden, ohne Erfolg – was auch die vergleichsweise kurzen Wartezeiten an Ständen mit VR-Inhalten zeigten. Zwar waren Besucher an der virtuellen Realität nicht völlig desinteressiert, das Thema spricht insgesamt jedoch eher Technik-Freaks an. Der durchschnittliche Spieler wird auch in Zukunft sitzend und nur die Finger bewegend Spielen wollen.
Semi-Analoges Zocken: Trading Card Games
An einigen Tischen blitzten sie auf: die analogen Spieltitel, vornehmlich in Gestalt von Trading Cards wie dem Final Fantasy TCG oder Yu-Gi-Oh. Inseln der Ruhe waren die vollen Spieltische zwar nicht, irgendwie besonders inmitten der Welt mit digitalem Fokus allerdings schon.
Spieler spielen einfach gern, egal ob am Bildschirm oder mit Karten. Zumal neue Technologien oder Spielideen die Welten verschmelzen lassen. Den Kartenpaketen beiliegende Codes mischen physische Karten in virtuelle Decks, Trading Cards mit NFC könnten klassische Karten ablösen und rein digitale Adaptionen von Kartenspielen tauchen vermehrt an den Messeständen auf.
Ein Vorreiter der Adaptierung klassischer Gesellschaftsspiele für PC und Konsole ist Asmodee Digital. Der französische Publisher arbeitet derzeit an vielen Projekten gleichzeitig, unter anderem an der Umsetzung eines Living-Card-Games im Herr der Ringe Universum für PC. Das LCG Lord of the Rings startet in Kürze in die Early-Access-Phase und legt den spielerischen Schwerpunkt auf kooperative Kartengefechte und eine spannende Hintergrundgeschichte, die auf der Lizenz der Tolkien’schen Bücher basiert.
Das schnelle Gameplay des LCG überzeugt bereits in dieser frühen Phase des Spiels. Der Community Manager Luke Walaszek von Fantasy Flight Interactive zeigte sich begeistert von seinem Projekt, das innerhalb des Segments der digitalen Kartenspiele mit dem starken Fokus auf Co-Op-Kämpfe eine Besonderheit darstellt. Fans freuen sich dagegen über fortschreitende Kampagnen und die dahinter verborgenen Story-Fetzen, deren Texte professionell vertont wurden. Besonders spannend: für das Living-Card-Game wurden sogar völlig neue Charaktere erschaffen.