Ist Euch eigentlich noch bewusst, wie das früher alles ablief? Früher, als man sich mit seinen Freunden verabredete, um mit ihnen zu zocken? Ganz entspannt ohne Online-Zwang und WLAN? Es macht natürlich den Eindruck von Verbitterung eines alten Mannes, doch wer wünscht sich die einfachen Zeiten nicht wieder?
Ein ganz persönlicher Bericht über die Wiederbelebung der LAN-Party.
Bei mir war das der Fall, als ich zufällig das Thema „Kindheit / Jugend“ mit Kollegen besprach. Der Begriff LAN-Party fiel und vier erwachsene Männer hielten einen Moment lang inne. Die Zahnräder, die in den Köpfen arbeiteten, konnte man förmlich spüren. Doch diese Zahnräder arbeiteten schnell, all die Fragen spülte man beiseite und kam zum Entschluss: Ja, wir lassen unsere Jugend wieder aufleben.
Alles muss organisiert sein
Eins muss man aber sofort klarstellen – die Gespräche und Vorbereitungen sind anders. Sie fühlen sich sogar falsch an. In meinen Erinnerungen war es einfach. Kurze Absprache, welches Spiel gezockt wird – wenn überhaupt, meistens gab es eh gerade zu der Zeit das eine Spiel, was irgendwie alle spielten – und fertig. Mittlerweile artet es in eine stundenlange Diskussion aus, um überhaupt ein paar Spiele in die engere Auswahl zu bringen. Shooter? Mag ich nicht. Koop-Spiele oder alle gegeneinander? Ein langes Spiel oder lieber mehrere, kurzweiligere? Fragen über Fragen, die alle geklärt werden wollen. Diese Fragen nehmen schon die Unbekümmertheit vergangener Tage. Nichtsdestotrotz bleibt man dran, denn der Gedanke, wieder zum Jugendlichen zu werden lässt einem das Herz höher schlagen.
Die bange Frage, ob der eigene PC das ausgewählte Spiel überhaupt schafft gibt es seit es wirklich Spiele auf dem Rechner gibt. Oft hörte man früher Sätze wie „dafür ist mein PC zu alt, das schafft die Grafikkarte nicht mehr“. Das ist zwar heute auch noch der Fall, doch es gibt noch weitere, kleinere Hürden. So besitze ich zum Beispiel nur noch einen Laptop. Der ist zwar Hardwaretechnisch sehr gut ausgestattet, hat aber ein kleines Manko für eine LAN-Party; er hat kein CD Laufwerk. Alles ist mittlerweile digitalisiert. Also muss ein externes CD-Laufwerk beschafft werden. Bei einem Spiel, für das wir uns entschieden, ging es sogar so weit, dass ich es auf Steam erneut gekauft habe, obwohl das physische Spiel nur 4 Meter entfernt im Schrank liegt.
Dass mich das in einer gewissen Form stört gehört zwar auch zu den „Erwachsenen-Problemen“, die ich mit dieser LAN-Party habe, nahm ich aber auch in Kauf. LAN-Parties hatten früher einen nicht zu unterschätzenden Aspekt. Diese kleine Form von Klassenfahrt, wo man seine Freunde auch außerhalb der Schule sieht. Man packt seinen Schlafanzug zu seinem Computer und denkt, man zieht in die Große Welt hinaus, wenn man zu seinem Freund geht, der zwei Straßen weiter wohnt. Bei uns vier Mitt-Zwanzigern erkennt man schon den Unterschied. Einer wird nach dem zocken noch nach Hause fahren. Man schläft lieber in seinem eigenen Habitat und hat seine Ruhe.
Vorfreude ist die schönste Freude
Beim Vorbereiten der LAN-Party überkam einem dann aber doch wieder diese Vorfreude, die sich über die ganze Zeit hinweggezogen, hat. Man geht einkaufen, bereitet sein Haus vor, sorgt für ausreichend Strom und Komfort für seine Gäste. Als es dann an der Haustür klingelt fühlte ich mich tatsächlich wieder wie der 13-Jährige, der seine Mutter drei Mal fragen musste, ob seine Freunde vorbei kommen können.
Anlaufschwierigkeiten fast schon vorprogrammiert
Beim Aufbau merkte man die jahrelange Erfahrung, die man mittlerweile erlangen konnte. Schnell die PCs aufgestellt, angeschlossen, ein Kabel hier, ein Kabel da und innerhalb von 15 Minuten war alles startklar. Da die Erwachsenen schon alles klären mussten, war klar, mit welchem Spiel gestartet wird. Die Wahl fiel auf das Videospiel Civilisation IV. Während das Spiel installierte frohlockten wir uns nochmals gegenseitig zu. Die Ernüchterung erfolgte aber sofort. Nach der Installation startete das Spiel nicht. Also schon bevor das erste Spiel startete musste man sich mit Fehlerbehebung auseinandersetzen.
Fehlerursache: Civilization 4 ist nicht kompatibel mit Windows 10. Mit dem Add-On Beyond the Sword gibt es wohl einen Patch, der alles wieder kompatibel macht, dieses Add-On besaßen wir nicht und wollten wir uns nicht auch noch extra zulegen. So konnte man, nach einer Hasstirade meinerseits, das erste Spiel auch schon abhaken. Es juckte aber immer noch in den Fingern, Einer von uns brachte einen Stick mit, den er seit seiner Schulzeit besitzt. Auf diesem Stick: Counter Strike 1.6. Der Stick ging über die Rechner und nun war es soweit. Man konnte spielen. Auch wenn wir uns in unglückliche Teams aufteilten, da die zwei Shooter-Amateure zusammen gegen die, zumindest früher, geübten Counter-Strike-Spieler antraten. Trotzdem war es, nach anfänglichem Ärger, ein guter, flotter Auftakt, nach dem wir uns bereit fühlten, etwas längerfristiges zu starten.
Ein Klassiker und ein Muss
Es gibt nämlich ein unbeschriebenes Gesetz. Keine LAN-Party ohne Age of Empires II! Wer sich ein bisschen informiert wird sehen, wie komplex dieses Spiel ist und welche Fangemeinde dahinter steckt. Videos mit Tipps und Tricks füllen ganze YouTube-Kanäle. Jeder dieser „Experten“ würde sich wahrscheinlich die Augen freiwillig verbrühen, wenn er sich das Spiel von uns vier Amateuren angesehen hätte. Aber, darum ging es ja eigentlich, der Zauber war wieder da. Mein 13-jähriges Ich flüsterte mir förmlich wieder ins Ohr „Dorfbewohner, Dorfbewohner, Dorfbewohner“ und man merkte, wie es jedem so ging. Ein Spiel, was jeder schon einmal spielte und in einem recht langem, ausgeglichenen Match gipfelte war schon ein Highlight. Danach brauchte man zunächst einmal eine kleine Verschnaufpause.
Zeitlich war der Abend auch schon weiter vorangeschritten. Mittlerweile war der Ärger über Civilization schon verflogen. Noch eine kleine Runde Counter Strike zum auflockern und dann merkte man die Erwachsenen-Müdigkeit, die langsam einsetzt. Früher, war man länger fit, zumindest in seiner Erinnerung. Civilization war angedacht als das Spiel, was manche als Zeitfresser bezeichnen würden. Das fiel bekanntlich nun aus, Anno 1404 – Venice war unser Plan B. Die Zeit für den zweiten kleineren Ausraster kam nun. Denn, nachdem man nun fleißig siedelte und baute und machte, kam nach zwei Stunden die Fehlermeldung, dass das Spiel nun beendet wird. Schon war man auf dem Desktop. Ohne Grund schmiss mich das Spiel einfach raus, die drei Anderen wollten nun auch nicht mehr weiter spielen: So endete die LAN-Party offiziell nach ca. sieben Stunden.
Doch hat sich das nun gelohnt? All der Stress, all die Aufregung? Am Ende bleibt ein klares: Ja! Kaum startet man die Spiele, redet mit den anderen, ob sie die Lobby finden und der Ladebildschirm erscheint fühlt man sich zurückversetzt. Versetzt in eine Zeit, in der man mit seinen großen Desktop-PCs und überdimensionalen Monitoren zu seinem Freund rüber ging und Spaß hatte. Denn auch wenn man nur immer wieder an die Spieleindustrie appellieren möchte, dass doch Spiele, die für eben solche Gelegenheiten entwickelt wurden, niemals schlecht sein können und trotz des Ärgers, dass es mittlerweile gefühlt immer einen Onlinezwang gibt während wirklich gute bzw. unterhaltsame Spiele auf moderner Hardware nicht laufen war das Gefühl wieder mit seinen Freunden am Tisch zu sitzen unterhaltsamer als jede Spielminute, die ich an diesem Abend alleine vor dem Rechner verbracht hätte.