Letter Jam ist ein kooperatives Wortspiel von dem Spieleautor Ondra Skoupý, das im Original bei Czech Games Edition erschienen ist und durch Heidelbär Games lokalisiert und als deutschsprachige Version vertrieben wird. In Letter Jam müssen zwei bis sechs Ratefüchse Geheimwörter erraten. Doch das ist gar nicht so einfach, denn jeder Spieler hat Runde für Runde einen Buchstaben seines verdeckten Geheimwortes vor sich stehen, sieht aber nur die Buchstaben seiner Mitspieler. In unserer Brettspiel-Rezension verraten wir, weshalb Letter Jam sich als grandioser Wortratespaß entpuppt.
Die Prämisse bei Letter Jam ist simpel: Nur durch das geschickte Entschlüsseln von Hinweiswörtern, können die Spieler – alle arbeiten zusammen – ihre verdeckten Buchstaben erraten, um zum Spielende ein sinnvolles Wort aus ihrer geheimen „Buchstaben-Marmelade“ zu bilden.
Letter Jam: Marmelade statt Suppe
Zu Beginn der Partie Letter Jam erhält jeder Spieler einen eigenen Stapel Buchstabenkarten, aus denen er im geheimen ein Wort bildet, das aus fünf Buchstaben besteht. Damit das Wörterraten für die Mitspieler nicht zu einfach wird, wird das Wort danach wieder zu einer Buchstaben Marmelade durchmischt. Nun werden die Wörter an die Mitspieler verteilt und schon kann das kooperative Entschlüsseln der Geheimwörter beginnen.
Dazu geben sich die Spieler während des Spiels gegenseitig Buchstabenhinweise, die zu einem Wort gehören, das die Buchstaben des eigenen Geheimwortes enthält. Bemerkenswert ist an dieser Stelle, das Letter Jam auch per App Unterstützung gespielt werden kann. Diese hilft bei dem Spielaufbau und bei der Erzeugung von Geheimwörtern. Genutzt werden muss sie jedoch nicht. Die App dient als digitale Unterstützung, das Buchstabenspiel kommt jedoch rein analog zurecht.
Wörter erraten: Das müssen Spieler tun
Runde für Runde stellen die Spieler nun einen Buchstaben ihres verdeckten Wortes vor sich auf. Dieser bleibt für sie unsichtbar, sie sehen nur die Buchstaben ihrer Mitspieler. Nun kann das Wörterraten beginnen. Die Spieler diskutieren über mögliche Wörter, die die aufgedeckten Buchstaben enthalten, ohne sie dabei zu nennen. Denn sonst würden die unbekannten Buchstaben verraten werden und das Spiel wäre beendet.
Hinweise können beispielsweise die Wortlänge sein, von wie vielen Spielern Buchstaben genutzt werden und ob mögliche Joker-Buchstaben verwendet wurden. Wenn die Spieler gemeinsam das Gefühl haben, dass ein Spieler einen besonders hilfreichen Hinweis geben kann, buchstabiert dieser das Wort still, in dem er Hinweismarker mit der entsprechenden Nummerierung vor die einzelnen Buchstaben legt, die das Hinweiswort bilden.
Als nächstes notieren sich die Spieler den Hinweis verdeckt auf ihrem Ratebogen. Joker, die einmalig in einem Wort vorkommen dürfen, und seine eigenen, unbekannten Buchstaben, werden dabei gesondert markiert. Kann der Geheimbuchstabe erraten werden, wird er in der entsprechenden Zeile eingetragen, der aufgestellte Buchstabe wird an seinen Platz zurück in die Wortreihe gelegt und ein neuer Buchstabe des Wortes wird aufgestellt. Hat ein Spieler alle Buchstaben erraten, zieht er Bonusbuchstaben.
Errät er diese im weiteren Spielverlauf, können sie einmalig als Hinweisbuchstaben verwendet werden. Jedes Mal wenn ein Hinweis gegeben wurde nehmen die Spieler einen Marker von einer Aufbaukarte. Sind alle Hinweismarker verbraucht, endet das Spiel. Dies geschieht auch, wenn die Spieler keine weiteren Hinweise mehr benötigen um ihre Geheimwörter zu lösen.
Letter Jam bleibt fordernd: Hinweise geben, Hinweise erhalten
Im Gegensatz zu anderen Wortratespielen gibt es bei Letter Jam immer etwas zu tun. Das Wechselspiel aus Hinweisgeberei und dem Erhalt von Informationen macht aus dem Brettspiel teilweise eine echte Kopfnuss. Der Star dieses Titels ist der Spielfluss, der unermüdlich und beständig dem Ziel – nämlich dem Rateerfolg – entgegenfließt. Hinweise zu geben, die gleich mehrere Spieler auch als solche verstehen, ist gar nicht so leicht. Das kennt man bereits aus ähnlichen Ratebrettspielen.
Weil vielfach mehrere Hinweise notwendig sind, um zu einem Erfolg zu kommen, ist der eigene Kopf ständig damit beschäftigt, bestmöglich Schlüsselwörter zu kreieren. Damit nicht genug: auch gegen den Instinkt anzukämpfen, stets ein möglichst langes Wort als Hinweis zu nutzen, ist im Verlauf einer Partie schwieriger als man denkt. Wie so oft liegt in der Kürze – und darüber hinaus Einzigartigkeit – die Würze.
In Letter Jam geht es meist darum, Alternativen zu eliminieren – und diesen Rateprozess transportiert das Spiel hervorragend zu den Spielern. In den ersten Partien geht es meist darum, möglichst effiziente Hinweisstrategien zu entwickeln. Mit steigender Erfahrung können Spieler dann Buchstaben-Varianz gezielt einsetzen, um Deduktionen zu erleichtern.
Aha-Momente am Fließband
Irgendwann wissen alle Spieler, welcher Buchstabe ihrer ist – oder sie glauben zumindest es zu wissen. manchmal gehen auch einfach die Hinweise aus und es muss ins Blaue hinein geraten werden. Je näher Letter Jam zu einem Ende kommt, desto steiler wird die Spannungskurve. Bloße Annahmen verwandelt sich dann zu Wissen, Hoffnungen ein auf richtiges Ergebnis schlagen in die berühmten „Stirnklatscher“ um. Letter Jam produziert diese Aha-Momente förmlich am Fließband, weil Lösungen manchmal einfach die ganze Zeit über auf der Hand lagen – und vermeintlich offensichtliche Hinweise dennoch nicht sinnvoll genutzt werden konnten.
Der Schwierigkeitsgrad ist insgesamt eher hoch. Selbst clevere Mitspieler haben mitunter an den Worträtseln zu knabbern. Durch die Wortlänge lassen sich Anpassungen vornehmen: das Regelwerk definiert Wörter mit fünf Buchstaben als Standard, doch auch das ist oft enorm schwierig. Selbst Vier-Wort-Wörter stellen sich teilweise als Herausforderungen dar. Immerhin: die Wortlängen für die einzelnen Spieler zu mischen ist problemlos möglich. So wird aus Letter Jam ein Wortratespiel, an dem nahezu jeder teilnehmen kann.
Unterstrichen wird der Buchstabensalat durch das ansprechende gestaltete Spielmaterial. Typisch für Jam, was aus dem Englischen übersetzt Marmelade bedeutet, ist Obst – genau das findet sich in Mengen auf der Spielschachtel oder den Wortkarten und auch die Nummerierungsmarker aus Plastik gleichen geradezu einem Obstsalat.
Obwohl es eigentlich nicht viel braucht, um Letter Jam spielen zu können, kann man dem Autor nicht absprechen, das bestmögliche materialtechnische Ergebnis zu liefern. Was bei Letter Jam an Einzelteilen auf den Tisch kommt, passt zum Spiel. Die Spielkarten haben eine angenehme Festigkeit und Größe und auch die Aufschrift ist großformatig, so können die Buchstaben im Spielverlauf gut erkannt werden. Die Kartenhalter sind weder zu locker noch zu fest gearbeitet, so können die Wortkarten gefahrlos eingesteckt werden.
Infobox
Spielerzahl: 2 bis 6 Spieler
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 45 bis 60 Minuten
Schwierigkeit: mittel
Langzeitmotivation: mittel
Verlag: Heidelbär Games / CGE
Autor: Ondra Skoupý
Grafik: Lukáš Vodička, František Sedláček, Radim „Finder“ Pech
Erscheinungsjahr: 2019
Sprache: deutsch
Kosten: 27 Euro
Fazit
Letter Jam von Heidelbär Games gehört derzeit zu den besten Wortratespielen auf dem Markt. Mit Top-Konkurrenten wie etwa Codenames kann der Titel von Ondra Skoupý locker mithalten, auch wenn das Spielprinzip sich als ein wenig klassischer Erweist als bei dem Spiel des Jahres 2016. Insgesamt scheint Letter Jam die soziale Komponente stärker in den Vordergrund zu stellen, was den Titel zu einem hervorragenden Fun-Spiel macht.
Letter Jam spricht auch größere Spielgruppen an und bindet alle Teilnehmenden gleichermaßen in den Spielfluss ein. Leerlauf gibt es kaum, das Hirn arbeitet ständig. Hinweise zu geben ist ebenso spannend wie Hinweise zu erhalten. Am Ende kommt große Freude im Erfolgsfall auf, andernfalls tritt ein spürbarer Lerneffekt ein. Dann beweist Letter Jam, auf welch simple Weise Brettspiele der Gesprächsförderung dienen. Nach einer Runde könnte man stundenlang über die verschiedenen Hinweise diskutieren – nicht nur, um besser zu werden, sondern weil gerade diese Interaktion Spaß macht.