Von den heißen, trockenen Wüsten über die warm-feuchten Subtropen bis hin zu den eisigkalten Polarregionen, auf den höchsten Gipfel des Himalayas und Karakorums bis hinunter in die dunklen Tiefen des Mariannengrabens: Unser blauer Planet bietet eine kaum zu erfassende Vielfalt.
Von dieser inspiriert wurde das Spiel Erde, das auf Deutsch bei Skellig Games erhältlich ist, entwickelt. 25.600 mögliche Startkombinationen versprechen viel Abwechslung. Ob die über 600 Karten das bieten können, was die vielen Möglichkeiten versprechen zeigt sich in unserem Test.
Alle Spielenden bauen in diesem einsteigerfreundlichen Engine Builder ihre eigene Insel auf. Die „Insel“ ist ein 4×4 Raster aus Flora- und Terrainkarten, die durch Klima- und Ökosystemkarten zu Beginn des Spiels geformt wird. Durch die vielen Karten und fehlenden Einschränkungen beim Kombinieren kann dies auch schnell mal eine südpazifische Insel mit polarem Klima und dem Ökosystem der Savanne sein.
Logisch müssen die Kombinationen nicht sein. Viel wichtiger ist, dass man Stück für Stück eine funktionierende Engine mit den Karten der eigenen Insel aufbaut, die effektiv Punkte über den kleinen Umweg in Form von Ressourcen produziert.
Eine Insel mit drei Karten
Wie bereits erwähnt erhalten alle zu Beginn des Spiels für ihre Insel Insel-, Klima- und Ökosystemkarten. Je nach Erfahrungslevel können die Spielenden auch aus mehreren Karten jedes Typs auswählen.
Sind die Karten mit der gewählten Seite auf dem eigenen Tableau platziert, weitere für alle verfügbare Ökosysteme und Faunakarten auf dem zentralen Tableau ausgelegt, die Startressourcen von der persönlichen Inselkarte verteilt und die Person gewählt, die beginnen darf, kann es auch schon losgehen.
Im großen Erdkartenstapel finden sich Florakarten, die die Engine aufbauen, Terrainkarten, die besondere Siegpunktbedingungen bieten und Ereignisse, die jederzeit für den aufgedruckten Effekt gespielt werden können.
Die Inseln nehmen Gestalt an
Der Spielablauf ist einfach gestaltet. Es wird solange reihum gespielt, bis eine Person ihr 4×4 Raster vervollständigt. Die aktuelle Runde wird dann noch beendet, bevor die Schlusswertung folgt.
Wer am Zug ist, hat die Wahl zwischen vier verschiedenen Aktionen, die jeweils einer Farbe zugeordnet sind. Die Aktion, die von der Person, die am Zug ist, gewählt wurde, hat auch Relevanz für alle anderen Spielenden. Sie dürfen die Aktion in etwas abgewandelter, schwächerer Form ebenfalls ausführen.
Mit der grünen Aktion (Pflanzen) werden Karten ins eigene Raster gespielt. Man zahlt die Kosten in Form von Erde und platziert sie auf der Insel. Zusätzlich gibt es eine neue Handkarte.
Durch die rote Aktion (Kompostieren) erhält man Erde und darf Karten auf den eigenen Kompost werfen. Diese kompostierten Karten bringen am Ende jeweils einen Punkt.
Beim Wässern (blaue Aktion) erhält man Sprossen aus dem Vorrat und platziert sie auf freien Feldern der eigenen Florakarten. Zusätzlich gibt es auch hier Erde.
Sprossen können zu einem beliebigen Zeitpunkt im Verhältnis drei zu zwei in Erde umgetauscht werden und sind am Spielende jeweils einen Siegpunkt wert.
Die gelbe Aktion heißt Wachsen. Durch sie erhält man neue Handkarten und darf Wachstumselemente in Form von Stämmen und Baumkronen auf den Wachstumsfeldern der Florakarten platzieren. Jedes Wachstumselement bringt einen Punkt. Ist der Wachstumsplatz einer Karte komplett gefüllt, gibt es ein paar Extrapunkte.
Wurden die Aktionen der gewählten Farbe ausgeführt, dürfen nun alle Karten, die Effekte dieser Farbe besitzen, aktiviert werden. Wurde die rote, blaue oder gelbe Aktion gewählt, dürfen ebenfalls alle bunten Effekte aktiviert werden. Bei der Aktivierung der Karten ist die Reihenfolge, wie die Karten im eigenen Raster liegen, relevant. Es wird immer von links nach rechts und von oben nach unten aktiviert.
So werden reihum Aktionen ausgeführt, bis das Spielende eingeläutet wird.
Die Schlusswertung
Hier gibt es nun Punkte aus insgesamt 10 verschiedenen Quellen. Neben den Bedingungen der insgesamt drei Ökosystemkarten, gibt es die Punkte der Florakarten, der kompostierten Karten sowie für die Sprossen und das Wachstum. Gespielte Ereigniskarten bringen meist Minuspunkte.
Die im Raster angelegten Terrainkarten bringen entsprechend ihrer Bedingungen Punkte. Als letztes gibt es noch für das Erfüllen der Faunakarten Punkte. Wer eine der Bedingungen im Spielverlauf erfüllt, platziert sofort einen der eigenen Blattmarker neben der entsprechenden Faunakarte. Wem dies zuerst gelingt, erhält mehr Punkte.
Am Ende gewinnt die Person mit der höchsten Punktzahl.
Neben dem klassischen Mehrpersonenspiel, gibt es auch noch einen Solomodus, in dem man gegen Gaia spielt. Hierfür wird die Soloseite eines Spieltableaus genutzt und auch Gaia nutzt eine spezielle Tableauseite.
Für jede gewählte Aktion darf sie in mit dem Mehrpersonenspiel vergleichbarer Weise ebenfalls eine Aktion ausführen, die ihr in einer oder anderen Form am Ende Siegpunkte bringt.
Ist Gaia am Zug, wird eine Karte ihres sechs Karten umfassenden Decks gezogen. Nach man die Aktion der Karte für sich ausgeführt hat, wird anschließend der Effekt ausgeführt, den die Karte Gaia bietet. Oft hat die eigene Wahl Einfluss auf die Aktion von Gaia.
Wurde ihr Deck zwei Mal durchgespielt, endet die Solopartie und die Punkte werden gezählt.
Zusätzlich gibt es auch noch einen Teammodus (2v2), den wir für diese Rezension allerdings nicht berücksichtigt haben.
Infos zu Erde
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Personenzahl: 1-5 Alter: ab 13 Jahren Spielzeit: 80 Minuten Schwierigkeit: mittel Langzeitmotivation: durchschnittlich Klassifikation: Engine Building, Tableau Building Autor: Maxime Tardif |
Fazit
Über 10.000 Personen haben den Kickstarter zu Erde unterstützt. Das Spiel erlebte einen echten Hype. Auch mehrere Wochen nach Erscheinen findet sich das Spiel aktuell immer noch in den Top5 der „Hotness“ auf BGG. Völlig unberechtigt ist das Lob nicht, doch im Vergleich zu anderen Engine Buildern wie Terraforming Mars oder Flügelschlag, mit denen das Spiel häufig verglichen wurde, zieht es für uns klar den Kürzeren.
Viele Karten bedeuten nicht automatisch viel Abwechslung. Dies ist leider hier der Fall. Ein Großteil der Aktionen auf den Florakarten lässt sich mit „Tausche eine Menge von A gegen eine Menge von B“ zusammenfassen, wobei A und B meist eine beliebige Kombination aus Karten, Sprossen, Erde und Wachstumselementen ist.
Auch thematisch lassen sich die Effekte nicht erklären, da sich auf unterschiedlichen Farben die zum Teil gleichen Effekte finden. Generell hat das Spiel ein sehr schwaches Thema. Spielmechanisch geht daraus nichts hervor und diverse Kombinationen, wie bereits oben beschrieben, ergeben keinen Sinn.
Meist müssen sich die schönen Naturaufnahmen hinter den spielmechanisch relevanten Informationen hinten anstellen und gehen im Spiel ziemlich unter. Da verspricht das wunderschöne Cover mehr, als geboten wird. Abgesehen von den Fotos trifft das Spielmaterial auch optisch nicht wirklich unseren Geschmack. Es wirkt nicht nur im Vergleich zu den farbenfrohen Naturaufnahmen eher trist.
Viele der Holzstammteile lassen sich nicht vernünftig zusammenstecken, so dass größere Bäumen sehr instabil stehen oder man sich durch den Vorrat wühlen muss. Ansonsten ist die Qualität aller Komponenten guter Durchschnitt. Gerade bei so vielen Karten ist es wichtig, dass diese stabil sind, um das Mischen schadlos zu überstehen. Dies ist hier gegeben.
Die Regeln sind klar geschrieben und lassen was den Spielablauf angeht keine Fragen offen. Einzig eine eindeutige Erklärung mancher Bedingungen auf den Fauna- und Ökosystemkarten wäre wünschenswert. Man kann sich alles irgendwie herleiten, aber wirklich klar sind einige Dinge nicht.
Anders ist es mit den Regeln für den Solomodus. Diese hätten deutlich mehr Sorgfalt verdient gehabt. Dies ist aber Skellig Games nicht anzulasten, da auch die englischen Regeln an dieser Stelle nicht mit Ruhm bekleckern. Gerade was den Ablauf der Züge und der Effekte von Gaia angeht, entsteht hier vor allem bei der roten Aktion einiges an Verwirrung bzw. manche Effekte werden gar nicht explizit erläutert.
Das Spielgefühl ist ziemlich solitär. Alle bauen Karte für Karte die eigene Insel auf, ohne dabei den anderen wirklich in die Quere zu kommen. Das Erfüllen der Faunakarten ist zum Teil stark von den gezogenen Handkarten abhängig. Manche Ziele sind auch wirklich spielerisch unschön, wie etwas das Ziel, 20+ Handkarten zu besitzen.
Was auf den ersten Blick nach Interaktion bei der Aktionsauswahl klingt ist im Endeffekt vor allem dafür da, die Downtime zwischen den Zügen nicht unerträglich zu machen. So sind alle eigentlich immer dabei und basteln an ihrer Insel. Dies ist eine wirklich sehr gelungen umgesetzte Idee.
Da das Spiel am Ende ein riesiger und ziemlich unübersichtlicher Punktesalat ist, ist es nicht wirklich erstrebenswert, wenn man die Spielzeit annehmbar gestalten will, bei der eigenen Aktionswahl alle Möglichkeiten, die man den Mitspielenden vielleicht gewähren könnte, abzuwägen.
Da sich vieles eher wie leichte Variationen voneinander anfühlt und „nur“ vier immer gleiche Aktionen zur Verfügung stehen, ist die Spielzeit eine Spur zu lang. Aus dem gleichen Grund ist für uns der Wiederspielreiz auch nicht sehr hoch.
Spielt man mit mehr Personen verlängert sich die Spielzeit aber zum Glück nicht gleichmäßig, sondern bleibt eigentlich immer im Rahmen, was der gleichzeitigen Ausführen der Aktionen geschuldet ist.
Der Solomodus ist abgesehen von den weniger gelungen Regeln ganz ok. Diese Art Solomodus hat man so schon vielfach gesehen. Wirklich viel Interaktion gibt es auch hier nicht und Gaia sammelt munter für sich Punkte, ohne dass man wirklich viel Einfluss darauf hätte, während man selbst versuchen muss, in der im Solomodus leider künstlich begrenzten Zeit die eigene Insel aufzubauen.
Insgesamt ist Erde kein schlechtes Spiel. Davon ist es weit entfernt. Es wirkt aber extrem glatt poliert und nichts fühlt sich nach einer wirklich „wichtigen“ Entscheidung an, da alles irgendwie Punkte einbringt und auch je nach Engine bunt durcheinander getauscht werden kann. Die positivsten Aspekte sind die geringe Downtime und die Einsteigerfreundlichkeit.
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ZMan, Der Herr der Träume, Grundspiel, Familienspiel,... *
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