Mit dem Star Wars: The Deckbuilding Game von Caleb Grace bringen Fantasy Flight Games und Asmodee Nachschub für Fans von George Lucas‘ epischer Science-Fantasy Saga auf den Markt. Die Grundidee: Zwei Spielende duellieren sich mit Karten, bringen ikonische Star Wars-Charaktere auf den Tisch, zerstören Basen oder ärgern die Gegenseite durch die Manipulation der Kartenauslage und am Ende gewinnt das Imperium oder die Rebellenallianz.
Fantasy Flight Games und seine Kartenspiele à la Arkham Horror: Das Kartenspiel, Marvel Champion oder jüngst der Neuauflage des Living-Card-Games zu Der Herr der Ringe sind in der Szene bekannt, geschätzt und manchmal auch verhasst. Das liegt nicht allerdings nicht an spielerischen Mängeln, sondern an der Tatsache, dass derartige Spiele einem Fans über viele Wochen und Monate beständig das Geld aus dem Portemonnaie saugen. Andererseits sind Titel des LCG-Genres eine faire Weiterentwicklung der klassischen Trading-Card-Game wie Magic: The Gathering oder Pokémon, bei denen das Monetarisierungskonzept noch viel deutlicher im Fokus steht.
Bis kurz vor dem Erscheinen war unklar, welchen Weg die kreativen Köpfe genau mit dem Star Wars: The Deckbuilding Game einschlagen würden – inzwischen ist klar: Es handelt sich um ein eigenständiges Living-Card-Game, für das man Spielende zumindest zum Start nicht mit dem Booster-Kauf unter Druck setzt. Stattdessen gibt es eine Box für zwei Spielende, die sich mit dem beinhalteten Material ohne lange Vorbereitungen in Kartenschlachten stürzen können. Das funktioniert – auch dank der vergleichsweise simplen Grundregeln und dem durch andere Kartenspiele bekannten Deckbuilding-Ansatz – ziemlich gut. Und: Es spielt sich taktischer als erwartet.
Der Klassiker: Gut gegen Böse
Star Wars: The Deckbuilding Game schlägt einen anderen Weg als seine FFG-Vorgänger ein. Hier geht es nicht um die großen Geschichten, die etwas Der Herr der Ringe: Das Kartenspiel mit einer ausgefeilten Kampagne bietet. Mit dem neuen Kartenspiel bedienen Caleb Grace und die Verlage allenfalls die Basis dessen, was man mit der Star Wars-Lizenz so anstellen könnte: Es geht um den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen dem Imperium und der Allianz, zwischen der Hellen und der Dunklen Seite der Macht, zwischen Darth Vader und Luke Skywalker. Kurz gesagt: Es gibt ordentlich Kloppe.
Natürlich sieht von den Hauptfiguren bis hin zum Kanonenfutter alles nach Star Wars aus. Genau hieraus zieht das Zwei-Personen-Spiel einen großen Reiz. Als Fan wird man die Illustrationen zu schätzen wissen, die denen anderer Asmodee-Kartenspiele in nichts nachstehen. Und wer mit Star Wars so gar nichts anfangen kann, allerdings in der Hoffnung auf ein taktisches Kartenspiel zugegriffen hat oder zugreifen will, bekommt genau das. Kritik kann man zunächst auf der übergeordneten Ebene äußern, nämlich bei der Frage danach, warum es ausgerechnet ein solches Kartenspiel-Konzept sein musste? Mit Star Wars: Das Kartenspiel gab es bereits einen kompetitiven Titeln mit einem ähnlich Grundansatz, wenn auch aufgrund der LCG-Basis deutlich ausufernder und insgesamt spielerisch komplexer. Mit einem kooperativen Kampagnen-Kartenspiel hätte Fantasy Flight Games demnach wirklich eine Neuheit auf den Markt bringen können. Ob man Star Wars: The Deckbuilding Game dann überhaupt noch benötigt, wenn man schon das LCG im Regel stehen hat? Ja, denn der Ansatz ist ein völlig anderer.
Die relevantere Frage: Benötigt man Star Wars: The Deckbuilding Game überhaupt noch, wenn man schon das Star Realms im Regel stehen hat? Die Antwort hierauf fällt nicht ganz so eindeutig aus. Die grundständigen Ideen beider Spiele ähneln sich sehr, Star Wars: The Deckbuilding Game ist allerdings im Detail eine Weiterentwicklung und nicht bloß eine thematisch abgewandelte Neuauflage. Die Machtstufen, die Fraktionskarten-Käufe und der asymmetrische Ansatz bei den Fraktionsbasen sind erfrischende Twists, mit denen man Star Realms um sinnvolle Konzepte angereichert hat. Ein klares „Jein“ also. Rein spielerisch lohnt sich Star Wars: The Deckbuilding Game jedenfalls.
Der Grundansatz ist simpel: Spielende schlagen sich auf die Seite des Imperiums oder der Rebellen, erhalten eine Basisausstattung aus zehn Karten und arbeiten dann schrittweise an der Verbesserung ihres Kampfdecks, um letztendlich mehrere gegnerische Basen – darunter auch der Todesstern oder Yavin 4 – zu vernichten. Die beiden Basisdecks sind dabei spielerisch identisch, nur optisch anders. Aus 90 weiteren Karten bildet sich die wechselnde Kartenauslage, die fraktionsspezifische, aber auch neutrale Karten enthält. Rundenweise geht es also darum, das eigene Kartendeck durch Zukäufe möglichst effizient zu entwickeln und die Auslage zu Ungunsten der gegnerischen Seite zu Manipulieren. Heißt: Man kann Karten einfach herausschießen.
Dahinter steht dann allerdings gleichzeitig die Entscheidung, womöglich auf einen Angriff auf die Feindesbasis zu verzichten. Ausschließlich letztere bringen die Spielenden nämlich ihrem Ziel näher. Es ist am Ende ein simples Wettrennen: Zerstöre die Basen des Feindes schneller, als die Gegnerseite deine zerstören kann.
Nutze die Macht
Für einen kleinen Kniff sorgt die Machtleiste, auf der die Präsenz der Hellen beziehungsweise Dunklen Seite der Macht sich im Verlauf des Spiels immer wieder verschiebt. Wichtig ist das, um zusätzliche Effekte einiger mächtiger Karten nutzen zu können.
Hat man alles aufgebaut und die Grundlagen verstanden, geht es los mit dem Duell. Die Handlungen pro Zug wiederholen sich in einer Schleife, Veränderungen ergeben sich durch die Anpassungen der persönlichen Decks. Das bestimmt letztendlich auch die Taktik. Je nach verfügbaren Charakteren ist es zeitweise cleverer, die Kartenauslage zu attackieren, um den Deckaufbau der Gegenseite zu stören und sich selbst weitere Boni zu verschaffen. Andere Einheiten ist wahre Brecher, wenn es um Direktangriffe auf die Basen geht.
Die Reihenfolge und Anzahl der Aktionen ist nicht begrenzt: Mann kann im aktiven Zug also alles tun, was das bislang zusammengeschusterte Deck an Optionen möglich macht. Das ist zu Beginn des Spiels noch übersichtlich, wird mit steigender Rundenanzahl jedoch vielschichtiger und teils auch schwieriger. Denn: Man hat stets nur seine Kartenhand zur Verfügung, die man zuvor auf dem Deck ziehen muss. Ein größeres Deck bedeutet gleichzeitig einen größeren Glücksfaktor beim Kartenziehen. Nicht immer kommt man an jene Karten, die man in der aktuell aktiven Runde gern hätte. Das zeigt zugleich, wie wichtig es ist, seine Ressourcen für den Zukauf von Karten klug einzusetzen, um Synergien zu erzeugen oder Strategien fokussierter verfolgen zu können. Weil genutzte Karten auf dem Ablagestapel landen, wird es später in der Partie einige Runden dauern, bis man wieder an die Einheiten gelangt.
Im Grunde ist Star Wars: The Deckbuilding Game eine Essenz aus jenen Mechanismen, die man zuletzt häufig in Brettspielen mit Deckbuilding-Mechanik vorgefunden hat. Wer derartige Brettspiel mag, wird auch mit diesem Star Wars-Game seine Freude haben. Zumal sich vor allem durch die Machtleiste ein nettes Tauziehen am Spielfeldrand entspinnt. Die Boni, die Karten durch den Machtvorteil erlangen, sind teils mächtig und können Spielsituationen entscheiden oder dazu beitragen, die eigene Strategie zu optimieren. Es ist daher wenig ratsam und im Grunde auch kaum möglich, diesen Spielaspekt zu ignorieren. Die sich daraus ergebende Dynamik gefällt jedenfalls. Bei dem Force-Track-Kniff handelt es sich zugleich um einen thematisch besonders stimmungsvollen Faktor.
Das Wettballern gegen feindliche Großkampfschiffe als letzte Bollwerke vor den Basen nimmt mit jeder Runde mehr an Fahrt auf. Und alles dreht sich um Entscheidungen. Denn am Ende des Zuges landen alle Karten in der Müllpresse, man sollte sie somit vorher ohnehin eingesetzt haben und zwar möglichst sinnvoll und vorausschauend. Dieses Hin-und-her geht solange, bis das Spielziel erreicht ist. Durch die asymmetrischen Basen kommt eine gewisse Variabilität ins Spiel, die nicht zwingend notwendig gewesen wäre, die man gleichzeitig aber auch nicht missen möchte. Insbesondere, weil man Spielsituationen durch einen Effekt doch noch drehen kann. Zu früh verloren geben sollte man eine Partie also niemals.
Regeloptionen für mehr Spielspaß
Für etwas Langzeitspaß sorgen verschiedene Regelkniffe, die auch Anpassungen bezüglich der Anzahl der Feindesziele umfassen. Die Länge der Partien variiert demnach auch in Abhängigkeit von den gewählten Zusatzoptionen, länger als eine Dreiviertelstunde dauert ein Spiel aber selten.
Star Wars: The Deckbuilding Game legt also grundsätzlich ein hohes Tempo an den Tag, startet allerdings ziemlich gemächlich. Den Anfangsphasen mangelt es durchaus an „Drive“: Zum Start fühl sich das neue Star Wars-Kartenspiel wenig dynamisch, ja sogar gleichförmig an. Das wird aufgrund der auf beiden Seiten zunächst identischen Startdecks umso deutlicher. Fällt die erste Basis, geht es meist temporeicher zu. Ab dann werden strategische Überlegungen zwingend und Fehler werden mitunter sogar bestraft. Mit steigender Erfahrung wird zudem deutlich, dass der Deckbuilding-Mechanismus nicht nur Beiwerk ist, sondern eine einflussreiche taktische Komponente. Hierzu gehöre unter anderem die Karten mit dem Exil-Effekt, die sich dauerhaft aus dem Spiel und damit aus dem Deck entfernen lassen. So können Spielende schrittweise den Glücksfaktor abmildern. Die Faustformel: Baue ein funktionierendes Deck und kein umfassendes.
Die wohl größte spielerische Schwäche ist bei Star Wars: The Deckbuilding Game ausgerechnet im Kernmechanismus zu finden: Die Kartenauslage kann sich situativ als blockierendes Element erweisen. Bei einem Spielenden geht dann wenig oder nichts mehr, die Gegenseite kann jedoch losschlagen. Obwohl Star Wars: The Deckbuilding Game insgesamt enorm gut aus ausbalanciert ist, können sich in einigen Spielsituationen unliebsame Ungleichgewichte ergeben, die dann bis zur Frustration reichen. Die Gegenseite kann demnach vergleichsweise effizient die Entwicklung des Decks verhindern, indem sie einfach keine Karten kauft und so das Nachziehen für die Auslage verhindert.
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Spielerzahl: 2 (4 mit zwei Exemplaren) Alter: ab 12 Jahren Spielzeit: 25 bis 50 Minuten Schwierigkeit: mittel Langzeitmotivation: mittel Klassifikation: KennerspielAutor: Caleb Grace Illustrationen: Diverse Verlag: FFG/Asmodee Offizielle Website: Link Erscheinungsjahr: 2023 Sprache: Deutsch Kosten: 35 Euro |
Fazit
Star Wars: The Deckbuilding Game ist insgesamt ein gutes, teils sehr gutes Deckbuilding-Kartenspiel, das die Stärken der Mechanik konsequent zu nutzen weiß, sich mitunter aber auch den Schwächen ergeben muss. Die Regeln sind simpel, der Einstieg gelingt schnell. Das in sich geschlossene Kartenspielkonzept ist ein großer Vorteil, bezüglich der Variabilität allerdings auch nachteilig. Manchmal fühlen sich die Kartenabfolgen zu vertraut an, zumal die kurze Spielzeit dazu führt, dass man meist mehrere Partien hintereinander angeht.
Die knapp 30 Minuten dauernden Duelle machen dennoch viel Spaß – und sie sind strategisch genug, um auch Szene-Kennende zu begeistern. Mit steigender Partienanzahl profitiert man von der gesammelten Erfahrung, bekommt ein Gefühl dafür, wann es klug ist, bestimmte Karten zu kaufen oder sie auszuspielen. „Star warsy“ genug ist Star Wars: The Deckbuilding Game jedenfalls dank der gelungenen Illustrationen und der Vielzahl an populären Figuren aus dem Franchise.
Apropos Erfahrung: Richtig überraschend ist es nicht, dass Star Wars: The Deckbuilding Game so gut funktioniert. Der Autor Caleb Grace hatte zuvor ausgiebig mit dem Design des Herr der Ringe-Kartenspiels üben und sich bei Marvel Champions austoben können. Das merkt man auch dem Star Wars-Titel an, denn die grundlegenden Mechaniken sind auf den Punkt austariert und greifen ineinander. Dass ausgerechnet die Auslage zu einem Tempobrecher werden kann, ist eine kleine Schwäche, womöglich aber auch Teil der strategische Idee, denn dieses Manko ist im Kern zu vorhersehbar.
Vorschau | Produkt | Bewertung | Preis | |
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Fantasy Flight Games, Star Wars: The Deckbuilding Game,... * | 32,85 EUR |
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