Brillant ausgetüftelt, spannend und lehrreich – so beschreibt die Jury des Vereins Spiel des Jahres das Brettspiel e-Mission aus dem Hause Schmidt Spiele. Der Titel ist als Kennerspiel des Jahres 2024 ausgezeichnet worden – ein Eklat überschattete die Freude allerdings.
Die Jury des Spiel des Jahres e.V. hat das Kennerspiel des Jahres 2024 gekürt. Diesen Preis, der
sich an erfahrenere Spieler richtet, erhielt die nachhaltige Weltrettung „e-Mission“ von Matt Leacock und Matteo Menapace. Erschienen ist das Brettspiel beim Verlag Schmidt Spiele. Es ist geeignet für 1 bis 4 Spieler und kostet etwa 78 Euro.
Das Spiel zeige den Wert der Zusammenarbeit auf, so die Jury in der Begründung. „Wenn alle am selben Strang ziehen, können wir diese globale Krise noch bewältigen“. Die Aussage passt – und sie passt ausgerechnet bei der Auszeichnung des Kennerspiels dieses Jahr in zweifacher Hinsicht. Denn: Nicht nur um die Klimakatastrophe abzuwenden, bräuchte es einen Akt der Gemeinsamkeit, auch Konflikte lassen sich lösen, wenn man an einem Strang zieht und nicht jeder an seinem eigenen. Als einer der Autoren von E-Mission, Matteo Menapace, die Bühne mit einem Melonen-Aufkleber betrat, wurde die Preisverleihung zu einem Politikum.
Die Melone in der Form von Groß-Palästina und als Symbol der Landesflaggen Palästinas ist zu einem Diskussionsgegenstand geworden – und auch hier spiegelt die sonst so heile Welt der Brettspiel-Bubble wider, was man aus dem Alltag kennt: der Zwist des Israel-Palästina-Konflikts wird vor allem in den Sozialen Medien von Unbeteiligten ergebnislos ausgefochten, teils mit harten Bandagen.
Die eine Seite argumentiert mit Antisemitismus, die andere Seite sieht legitime Proteste. Harald Schrapers, Vorsitzender des Vereins Spiel des Jahres, schrieb in einer Stellungnahme unter anderem: „Dass ein von uns eingeladener Spieleautor auf der Bühne ein Symbol an der Kleidung trug, das von Jüdinnen und Juden als antisemitisch empfunden werden muss, halten wir für unerträglich.“
Problematisch ist das Symbol, weil es nicht bloß die Farben der palästinensischen Landesflagge zeigt, sondern eben jenen Umriss der „Region Palästina“ von vor dem Israelischen Unabhängigkeitskrieg. Und der Autor? Was sagt Matteo Menapace selbst über sein Handeln? Er bestätigt, er sei sich des aktuellen und historischen Kontexts bewusst, der dazu geführt hat, dass der Spiel des Jahres e.V. als deutsche Institution mit erhöhter Sensibilität auf Antisemitismusvorwürfe reagiert“. Er nehme die Vorwürfe ernst. Allerdings seit die Debatte über die Form des Aufklebers laut Menapace „nur Ablenkung“. Er möchte seine Aufmerksamkeit lieber auf die „Realität Tausender Palästinenser lenken, die von der Landkarte verschwinden und dringend humanitäre und medizinische Hilfe benötigen“.
Und zweifellos führen Kriege und Besatzungen zu humanitären Katastrophen – klare Aussagen gegen Konflikte in jedweder Form sind erwünscht und notwendig. Nur einseitig betrachten sollte man sich eben nicht. Vor allem im Nahost-Konflikt gehört das allerdings zur Debattenkultur – und es verdeutlich, wie Symbole genutzt werden. Denn: Wie kann man zu dem Thema Stellung beziehen, sogar auf die Ansicht des Internationalen Gerichtshofs verweisen, dann aber den Terrorismus von Hamas völlig ignorieren? Letztlich bleiben die Stellungnahmen somit unbefriedigend – befriedend sind sie ohnehin nicht.
Spiel des Jahres: Autor zukünftig „nicht mehr erwünscht“
Was auch immer Matteo Menapace zukünftig an Brettspielen auf die Beine stellen wird, aktuell ist kaum denkbar, dass er einen der prestigeträchtigen Preise des Spiel des Jahres erneut erhalten wird. Der Autor sei „zukünftig auf Veranstaltungen des Vereins Spiel des Jahres nicht mehr erwünscht“, schreibt Harald Schrapers.
Auch e-Mission wird im Zuge der Diskussion gecancelt, vor allem von Influencern. Das Politikum der Kennerspiel-Verleihung steht sinnbildlich vor zwei Dinge: Es zeigt, wie durchsetzt von radikalen Ansichten auch die Brettspielszene sein kann. Und es zeigt, wie schwierig es ist, die ewig wiederkehrende Diskussion um die Trennung von Werk und Autor zu führen.
Ist E-Mission wegen des Eklats ein schlechtes Brettspiel? Nein mitnichten. Muss man diesen Titel nun mit anderem Augen sehen, womöglich sogar vom heimischen Spieltisch verbannen? Die Antwort darauf zu finden, ist deutlich schwieriger.
Übrigens: Nominiert zum Kennerspiel des Jahres waren außerdem „Die Gilde der fahrenden Händler“ von Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert (Skellig Games / AEG) und „Zug um Zug Legacy – Legenden des Westens“ von Rob Daviau, Matt Leacock und Alan R. Moon (Days of Wonder).
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