Die Geschichte geht weiter und diesmal wird es kalt! Nach der Andor-Trilogie (Die Legenden von Andor, Reise in den Norden und Die letzte Hoffnung) ist kurz vor Weihnachten mit Die Legenden von Andor: Die ewige Kälte ein neues eigenständiges Spiel aus dem Andor-Universum bei Kosmos erschienen. Wie auch bei den bisherigen Spielen ist der Autor Michael Menzel.
Das Spiel ist für 2-4 Personen ab 10 Jahren und eine Legende dauert ca. 60-90 Minuten. Insgesamt beinhaltet das Spiel vier Legenden – oftmals bedeutet das aber nicht, dass man nach vier Spielen fertig ist, denn man kann eine Legende auch nicht schaffen. Wenn ihr scheitert, startet ihr die Legende neu, habt aber jetzt natürlich etwas Wissen gesammelt, das euch beim neuen Versuch helfen kann. Garantiert ist der Erfolg aber nie, da auch einige Glückselemente enthalten sind. So läuft bspw. der Kampf gegen die Monster als Würfelwurf statt.
Wie von den anderen Andor-Titel gewohnt, kommt das Spiel mit einer Losspielanleitung. Dadurch ist es auch für Andor-Neulinge geeignet, da die Regeln nach und nach beigebracht werden. Vorwissen von den anderen Titeln ist nicht nötig, wer die Vorägnger-Spiele aber kennt, wird viele Spielelemente bereits kennen und sich schneller zurecht finden. Ihr startet die Losspiel-Legende mit einer begrenzten Auswahl an Material und Möglichkeiten, und lernt die grundlegende Spielmechanik kennen: Ihr bewegt euch über den Spielplan und führt Aktionen aus – das kostet euch jeweils Zeit, die natürlich begrenzt ist. Ist die Zeit von allen Personen aufgebraucht, endet der Tag. Dann werden bestimmte Aktionen ausgeführt, wie die Bewegung der Monster und der Erzählstein rückt vor. Der Erzählstein gibt an, wie viel Zeit ihr insgesamt noch habt, um die Legende zu gewinnen. Außerdem kann er Ereignisse auslösen, die das Spiel beeinflussen und bspw neue Zwischenziele oder neue Monster in das Spiel bringen.
Die grundlegende Spielmechanik bleibt somit gleich: Es geht viel um Zeitmanagement. Viele wollen vermutlich direkt losstürmen und alle Monster besiegen, aber das bringt die Legende hier schnell zum scheitern. Jedes besiegte Monster lässt den Erzählstein nämlich vorrücken. Zwar müsst ihr manche Monster besiegen, um einen Ort zu beschützen oder weil es eure Aufgabe ist, bestimmte Monster zu erledigen. Allerdings habt ihr für das Erfüllen der Legende nur begrenzt Tage zur Verfügung. Besiegt ihr zu viele Monster, habt ihr nicht mehr genug Zeit, um die notwendigen Aufgaben zu erfüllen.
Wer die bisherigen Andor-Titel gespielt hat, wird also sehr schnell ins Spiel kommen. Aber auch Neulinge müssen das Spiel nicht fürchten. Generell hatte ich aber den Eindruck, dass das Spiel komplexer war, als ich es von den vorherigen Titeln in Erinnerung hatte. Manche Elemente und ihre Nutzung muss man während des Spiels nachschlagen bzw. sich vorher einlesen. Das bremst den Spielfluss hier und da auch mal gerne aus. Da hätte ich mir ein paar mehr Hinweise bei den jeweiligen Gegenständen gewünscht. Teilweise setzt das Spiel das nämlich auch um. So hat ein Charakter, der euch im Kampf zwei Stärkepunkte gibt, eine +2 aufgedruckt. Früher gab es beispielsweise eine Karte mit allen Gegenständen, sowie einer kurzen Erklärung der Funktion.
Das Problem mit Rezensionen
Wer sich nur auf die Rezension gefreut hat, der kann diesen Abschnitt einfach überspringen. Aber hier möchte ich mich einmal kurz generell mit dem Thema Rezensionen beschäftigen. Das werde ich in einem späteren Beitrag wahrscheinlich auch nochmal ausführlicher tun. Aber springen wir etwas zurück. Die ewige Kälte war erschienen und wie üblich bei neuen Spielen kommen Videos und Rezensionen zu dem Spiel. Diesmal gab es aber überraschend viel negatives Feedback. Das hat mich etwas gewundert, denn Andor ist eine große Marke und war bisher immer beliebt. Natürlich kann es in einer Spielreihe auch schlechte Spiele oder einzelne Regeln, Materialen, oder Umsetzungen sorgen für Frust geben, dennoch hat es mich die Vielzahl überrascht und ich wollte mir ein eigenes Bild machen. Ähnlich hat es auch Matthias (Cobo -Cooperative Board Games) in einem Video dargestellt. Auch ihm war die überwiegend negative Kritik aufgefallen und am Ende empfand er das Spiel nicht als so schlecht, wie oft dargestellt. Natürlich hat das Spiel Schwächen und es gibt auch einige Aspekte, die kritikwürdig sind, aber es ist kein derartiger Flopp, wie es teilwise dargestellt wurde.
Generell müssen wir alle uns also hinterfragen, welche Verantwortung wir haben, wenn wir eine Rezension schreiben. Eine Rezension enthält zwar auch die Meinung der Person, hat aber auch den Anspruch mehr zu sein, als bloß eine Meinung. Darüber hinaus haben wir eine Verantwortung. Gegenüber den Personen, die unsere Beiträge lesen und mit dem Gedanken spielen, das Spiel zu kaufen. Loben wir ein Spiel, das eklatante Mängel hat, entsteht ein verzerrtes Bild. Ebenso kann ein Spiel schlecht dargestellt werden, ohne dass das Spiel Fehler hat. Vielleicht hatte die Person einfach schlechte Spielrunden oder hat die Regeln nicht immer richtig angewandt. Auch dann ist das Bild verzerrt. Wir haben deshalb natürlich auch eine Verantwortung gegenüber dem Verlag und Autorinnen und Autoren. Wir sollten versuchen ein Spiel so darzustellen wie es ist. Dabei müssen wir natürlich auch ausblenden, dass man manchmal Spiele als Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt bekommen hat. Ein Spiel wird nicht besser, nur weil man es kostenlos bekommen hat. Wir müssen es also so bewerten, wie wir es tun würden, wenn wir es gekauft haben. Hätte ich den normalen Preis bezahlt, wäre ich dann zufrieden mit dem, was ich bekommen haben? Auch Verlage sollten so etwas berücksichtigen und nicht nur denjenigen Rezi-Exemplare zukommen lassen, die wohlwollend über die Spiele berichten und diejenigen, die Kritik äußern, auf eine schwarze Liste setzen. Oftmals ist es ja auch so, dass die Verlage von dem Feedback profitieren können. Dabei ist allerdings wichtig, dass es sich um Feedback hat. An dieser Stelle möchte ich einmal kurz anmerken, dass ich bisher mit allen Verlagen gut ausgekommen bin und keine negativen Erfahrungen gemacht habe.
Rezensionen sind also kein leichtes Thema und alle, die Rezensionen schreiben, müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Vermutlich ist es sehr verlockend auf eine Welle aufzuspringen – wenn alle das Spiel schlecht finden, dann ist es sicher schlecht und ein Titel wie „worst game ever“ wird vermutlich auch öfters angeklickt als „das Spiel ist ganz ok“. Ob es sich dann aber noch um eine neutrale sachliche Rezension handelt, kann manchmal angezweifelt werden. Aber auch ganz klar: Es gibt schlechte Spiele! Es gibt schlechtes Spielmaterial! Und das muss dann natürlich auch benannt werden (dürfen).
Dennoch muss eine Rezension am Ende immer fair sein. Gegeben den Rezensionen zu Die ewigen Kälte, hatte ich, und scheinbar auch andere, den Eindruck, dass es hier nicht immer ganz fair ablief. Spoiler: Ja auch Die ewige Kälte hat durchaus Kritikpunkte und Aspekte, die mir nicht gefallen haben. Es ist aber keineswegs derart schlecht, wie teilweise das Echo war. Wenn wir Rezensionen schreiben sollten wir die genannten Aspekte immer berücksichtigen und versuchen fair zu bleiben. Da ich auf diese Thema bei diesem Spiel gestoßen bin, wollte ich es bei diesem Beitrag auch einfügen. In Zukunft möchte ich der Thematik aber auch noch mehr Raum geben. Aber zurück zum Spiel.
Die ewige Kälte
Das Abenteuer beginnt! Vorab gibt es eine positive Überraschung, denn Die ewige Kälte hat Material, mit dem man sich ein Inlay basteln kann. Endlich kein umherfliegendes Material, wie bei den Vorgänger-Spielen? Ein bisschen, denn da das Inlay nicht fest auf dem Boden ist, rutschen Karten oder Plättchen gerne mal drunter. Aber die Kombination Tütchen und Inlay funktioniert sehr gut. Gut gewollt, nicht ganz so gut umgesetzt, aber am Ende besser als gar kein Inlay (Ein kleiner Einschub noch: Inlays sind für Verlage immer ein Kostenfaktor, der am Ende auch die Käuferinnen und Käufer treffen kann.).
Das Spielmaterial wirkt wie gewohnt wertig und wir halten eine Vielzahl an Spielmaterial. Darunter Legendenkarten, Spielfigur-Standees, Plättchen und Monster. Die Helden sind dieselben, die wir bereits aus den vorherigen normalen Spielen kennen. Auch weiterhin gibt es eine männliche und eine weibliche Variante der Figuren: Zwerg/Zwergin, Zauberer/Zauberin, Schwertkämpfer/Schwertkämpferin und Krieger/Kriegerin. Die Gors, die bekannten Standardgegner sind natürlich auch wieder dabei. Aber auch eine Vielzahl an neuen Gegnern und potenziellen Hilfsfiguren stehen bereit für den Kampf.
Wie von den Andor-Spielen bekannt, gibt es eine Losspielanleitung – das hat mir immer sehr gut gefallen, da man Neulige so sehr schnell in das Spiel führen kann. Kein ewiges Regellesen, sondern ein vergleichsweise schneller Start. Sobald es mit der ersten Legende richtig losgeht, kommen weitere neue Objekte und Möglichkeiten ins Spiel. Während manche Gegenstände spielerisch erklärt werden (Erklärung steht auf der Legendenkarte), müssen andere Objekte in der Anleitung nachgeschlagen werden – das nimmt teilweise den Spielfluss etwas raus.
Das Spiel besitzt zwei Spielpläne. Eine Vorderseite, die für die erste Legende benötigt wird und eine Winter-Variante des bekannten Spielplans darstellt. Eine Rückseite, mit neuem Setting, einer Zeltstadt und einem großen See. Gegeben das wir nur vier Legenden haben, bin ich etwas zwiegespalten. Ja, man hätte dem ersten Spielplan mehr Spieldauer gegeben können. Aber viele neue Spielelemente, entfalten erst auf der Rückseite ihr Potential. Wären je zwei Legenden auf dem „alten“ und neuen gespielt worden, hätte ich mir vermutlich mehr Zeit auf dem neuen Plan gewünscht. Am Ende ist es vermutlich einfach der Wunsch nach mehr Legenden ;). Zum Vergleich der erste Teil besaß 5 Legenden, der zweite, der als Erweiterung galt, 4 und der dritte 7. Wir werden also nicht mit Legenden zugeschüttet, aber wer Andor kennt, weiß, dass es Erweiterungen geben kann oder Fan-Legenden, die gespielt werden können – Andor besitzt nämlich eine sehr große Fan-Basis. Allerdings zahlt man ja für das Spiel und da muss man das gelieferte Material bewerten und bekommt man am Ende eben „nur“ vier Legenden.
Im Vergleich zu den anderen Andor-Titeln gibt es einige Änderungen. Statt Brunnen, gibt es jetzt Feuer. Diese können mit 2 Willenspunkten entfacht werden und regenerieren am Sonenaufgang 5 Willenspunkte, wenn ihr auf dem Feld steht. Auch könnt ihr jetzt mit Brennholz und Willenspunkte auf weiteren Feldern ein Lagerfeuer errichten. Nach dem Sonnenaufgang erschlösschen die Feuer allerdings wieder. Zum Vergleich die Brunnen haben sich am Ende eines Tages immer wieder aufgefüllt und konnten genutzt werden (sofern keine Person direkt am Brunnen stand). Hier merkt man, dass die Schwierigkeit angezogen wurde.
Zusätzlich sorgt die Kälte, die über Andor liegt, dafür, dass die Tage immer kürzer werden und ihr weniger Überstunden machen könnt. Was im Berufsleben noch schön klingt, ist bei einem Spiel, bei dem es sehr um Zeitmanagement und dem rechtzeitigen Erfüllen von Aufgaben geht, durchaus ärgerlich. Je länger ihr spielt, desto weniger Zeit habt ihr, so wie auch im Winter die Tage kürzer werden. Natürlich gibt es auch Spielelemente, mit denen ihr diese Kälte etwas aufhalten könnt.
Während es bei den vorherigen Andor-Titeln Nebelfelder gab, gibt es jetzt Schneefelder. Diese enthalten auch den nervigen Effekt „Schneesturm“, der die Helden entlang der Pfeile bewegt – das kann manchmal nützlich sein, aber oftmals kostet euch eine zusätzliche Bewegung. Einen weiteren Unterschied gibt es beim Handel, denn anstelle die Gegenstände zu kaufen, tauscht ihr sie jetzt. Ihr müsst also etwas sammeln, dass ihr gegen die Ausrüstungsgegenstände tauschen könnt.
Man merkt also, dass es durchaus versucht wurde, Andor neue, thematisch passende Elemnte zu verleihen. Es bleibt eng an der klassischen Andor-Spielidee, bringt aber auch neues rein. Würde man sich jetzt sehr viele Änderungen wünschen, muss man sich natürlich fragen, ob es dann sinnvoll wäre, dass Spiel als „Andor“-Titel laufen zu lassen. Da es Andor ist, ist ja klar, dass viele Elemete gleich bleiben. Und wenig verwunderlich, wer Andor bisher nicht mochte, wegen dem Zeitmanagement oder weswegen auch immer, der wird vermutlich auch mit diesem Spiel nicht glücklich werden. Aber das gibt es bei jedem Spiel. Es gibt immer welche, die nicht in die Zielgruppe passen oder denen ein Spiel einfach nicht zusagt. Dafür gibt es dann ja eine Menge anderer Spiele, die Spaß machen können.
Am Ende hat mir Die Ewige Kälte gut gefallen. Ich mag generell Schneespiele, wie die Winter-Edition von Carcassonne. Ich fand es schön, mal wieder neue Abenteuer in Andor zu erleben und die neuen Spielelemente kennen zu lernene. Aber das Spiel hat hier und da auch gefrustet. Bisher haben wir drei der vier Legenden geschafft und sind an der ein oder anderen Stelle etwas verzweifelt. Dann war plötzlich doch ein Monster zu viel besiegt oder bei einem Kampf hatten wir derartiges Würfelpech, dass schnell klar wurde, dass wie die Legende nicht mehr schaffen können. Da muss aber auch gesagt werden, dass diese Try & Error-Prinzip zu Andor dazu gehört. Ihr werdet also sehr wahrscheinlich mehr als 4 Partien spielen müssen (oder dürfen?).
Als Zielgruppe sehe ich hier ganz klar die Fans der Spielreihe. Natürlich eignet es sich auch für Neulinge, um in das Andor-Universum einzusteigen, allerdings empfand ich das Spiel als schwerer als bspw. den ersten Teil. Das muss einen aber nicht von dem Spiel abschrecken, man muss sich nur darauf einstellen. Wer noch gar keine Erfahrung mit so einer Art Spiel hat, greift aber vermutlich lieber zum ersten Teil.
Wenn ihr Andor auch unterwegs spielen wollt, findet ihr hier einen Beitrag zum AppSpiel „Das Geheimnis des Königs„.
Vorschau | Produkt | Bewertung | Preis | |
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