Kartenspiele sind auf der diesjährigen Gamescom ein größeres Thema als man zunächst vermuten würde. Neben The Elder Scrolls Legends von Bethesda, der neuen Erweiterung zu Hearthstone von Blizzard, dem Newcomer-Spiel Deckbound: Heroes wurde vor allem ein Titel mit großer Vorfreude erwartet: Gwent – The Witcher Card Game von CD Projekt Red, dem polnischen Entwickler der populären Computer-Rollenspielreihe The Witcher. Wir waren zu Gast bei den Machern des digitalen Kartenspiels und haben uns während der Pressepräsentation selbst von der derzeitigen Qualität von Gwent – The Witcher Card Game überzeugt. Unseren ersten Eindruck verrät Euch das folgende Anspiel-Fazit.
Gwent redefined: Bewährtes trifft Neues
Fans haben sich eine Umsetzung des Kartenspiels Gwent als Stand-Alone-Version schon lange gewünscht. Jetzt endlich ist es soweit, und die Entwicklung von Gwent – The Witcher Card Game biegt auf die Zielgerade ein. Die geschlossene Betaphase des digitalen Kartenspiels beginnt für PC-Spieler und Besitzer einer Xbox One bereits am 25. Oktober 2016, die Closed Beta für die Playstation 4 beginnt etwas später. Auf der Gamescom 2016 in Köln bekamen geduldige Fans eine der wenigen Möglichkeiten, Gwent anzuspielen. Auch wir haben die Chance genutzt, um uns das Kartenspiel beim Pressetermin von CD Projekt Red genauer anzuschauen. Neben einer Präsentation der Grundlagen des Spiels hatten wir die Möglichkeit, selbst einige Matches zu absolvieren. Allen, die zum ersten Mal von Gwent hören, sei erklärt, was es mit diesem langersehnten Kartenspiel überhaupt auf sich hat. Das Kartenspiel entstammt dem Rollenspiel The Witcher 3: Wild Hunt und war ursprünglich ein Spiel im Spiel, ein sogenanntes Minigame. Als physisches Kartenspiel lag Gwent als Dreingabe einigen Limited Editions des Rollenspiels bei. Die Regeln des Minigames dienten als Basis für die Weiterentwicklung den neuen Gwent – The Witcher Card Game. Die Stand-alone-Version trumpft mit völlig neuen Karten, Fähigkeiten und Spielmechanismen auf, die das Gameplay des ursprünglichen Spiels verfeinern und ehrgeizigen Kartenspielern neue Spielstrategien ermöglichen. „Gwent redefined“ kann sowohl von Einzelspielern als auch kompetitiv als Multiplayer-Kartenspiel gespielt werden. Für Solospieler hat CD Projekt Red eine Einzelspieler-Kampagne implementiert, die spannende Kartenspielpartien in eine Hintergrundgeschichte inklusive vertonte Zwischensequenzen verpackt. Der Spieler bewegt sich dabei auf einer, an Open-World-Spiele orientierten Kampagnenkarte, um neben Gegnern für seine Gwent-Matches zahlreiche Ortschaften zu erkunden. Neue Entdeckungen belohnen wagemutige Spieler mit neuen Inhalten, wie etwa Teammitglieder und damit neue Karten. Der Clou: Entscheidungen haben Konsequenzen und wirken sich spürbar auf das Spielgeschehen aus. Hat sich ein Verbündeter dem Team angeschlossen, wird aber durch falsche Entscheidungen aus dem Team vertrieben oder stirbt, so gilt das auch für seine „mitgebrachten“ Karten. Es ist also davon auszugehen, dass sich das Kartendeck innerhalb der Einzelspielerkampagne stetig verändert. Ein schlauer Kniff von den Designern von CD Projekt Red, die damit spannende Wendungen und ein sich veränderndes Gameplay sicherstellen. Die Story von Gwent – The Witcher Card Game füllt übrigens die Lücken der bisherigen Witcher-Geschichten, sodass echte Fans des Hexers Geralt von Riva sich diesen Titel schon aus diesem Grund kaum entgehen lassen werden. Über zehn Stunden Spielzeit pro Kampagne werdet ihr mit den Spielinhalten der Solo-Variante verbringen. Das klingt nach jeder Menge Spaß und einer detailliert ausgearbeiteten Story. Vorangetrieben werden die Geschichten mithilfe teilanimierten Zwischensequenzen in einem wunderschönen Comiclook, die zudem erstklassig vertont sind – natürlich mit den Originalstimmen aus dem Hauptspiel.
Easy to learn, hard to master
Gwent – The Witcher Card Game ist als sogenanntes Skill-based-Game designed, bei dem das geschickte Ausspielen der Karten der Schlüssel zum Erfolg ist. Gespielt wird in einem Best-of-3 System. Wer also zwei von drei Runden siegreich für sich entscheiden konnte, gewinnt die Kartenspiel-Partie. Wer seinen Gegner nicht in zwei aufeinanderfolgenden Runden dominiert, sondern eine Spielrunde abgeben muss, erzeugt damit einen spannenden Showdown. Wer in der Einzelspiel-Kampagne fleißig geübt hat, wird anschließend in kompetitiven Online-Multiplayer-Matches gleichwertige Gegner finden. Klar, dass auch CD Projekt Red bei Gwent auf diese Online-Komponente setzt, die bereits bei Konkurrenztiteln wie Hearthstone, Hex oder The Elder Scrolls Legends für jede Menge Freud und Leid unter den Spielern sorgte. Gwent folgt dem Trend aktueller Online-Kartenspiele und wird als Free-2-Play-Spiel erscheinen, das auf einen siechten Einstieg setzt. Profis freuen sich dagegen über fein ausgearbeitete Kartenmechanismen, die das Zusammenstellen eines Decks zu einer Wissenschaft werden lassen. Zum Start werden vier Fraktion verfügbar sein: die Skelliger, die Monster, die Nördlichen Königreich sowie die Scoia’tael.
Jede Fraktion arbeitet mit einzigartigen Kartenmechaniken. Während die Skelliger auf Wiederbelebungen setzen und damit die Deck-Friedhöfe zu zentralen Spielelementen machen, arbeiten die Scoia’tael mit zwielichtigen Stealth-Fähigkeiten. Fans von großen Streitkräften wählen dagegen die Nördlichen Königreiche, um dem Gegner nicht enden wollende Truppen auf den Hals zu hetzen. Eine Mischung aus brutaler Schlagkraft und der Ausnutzung der Wettermechanismen bieten die Monster. Das Spielbrett von Gwent – The Witcher Card Game dient nicht nur Dekorationszwecken, sondern bietet Platz für jede Menge taktische Tricks. So können Nebelbänke etwa die Sicht von Fernkämpfern behindern und damit deren Kampdesstärke verringern, um den eigenen Truppen Vorteile zu verschaffen, was den Punktestand in die Höhe schraubt. Darum geht es nämlich im Kern bei jeder Gwent-Partie. Anders als in ähnlichen Online-Kartenspielen müssen Spieler bei Gwent keinem Gegner die Lebenslichter auspusten. Über Sieg oder Niederlage entscheiden die Punktestände der Spieler. Das klingt nicht nur simpel, sondern ist es auch: Wer mehr Punkte hat als der Gegner gewinnt die Runde. Taktisch wird es durch den Einsatz der Pass-Mechanik. Man kann sich während seines Zuges dazu entschließen, zu passen und dem Gegner den Zug zu überlassen. Dies führt dazu, dass dieser nun so viele Karten spielen kann wie er möchte. Derartige Strategien sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Denn pro Partie, die ja bekanntlich aus drei Runden besteht, stehen den Spielern nur Gesamtdecks zur Verfügung. Wer also in der ersten Runde einen Großteil seiner Karten ausspielt, wird zwar mit Sicherheit eine hohe Siegpunktzahl erringen, hat dafür jedoch in den folgenden Runden nur eingeschränkte Möglichkeiten. Je nach gewählter Fraktion kann man daraus einen Vorteil machen, in dem die Synergien der Karten geschickt ausnutzt. Hinter Gwent – The Witcher Card Game verbirgt sich mehr Taktik und Geschick als man zunächst vermuten würde.
Konkurrenzlosigkeit durch Einzigartigkeit
Bei der Menge an neuen Kartenspieltiteln läuft man schnell Gefahr, Gwent mit seiner Konkurrenz zu vergleichen. So richtig sinnvoll scheint dies allerdings nicht zu sein, denn Gwent the Witcher Card Game macht Vieles anders und bietet nur wenig Anknüpfungspunkte für Vergleiche mit Titeln wie Hearthstone oder TES: Legends. Am Ende entscheidet der persönliche Geschmack darüber, welches der digitalen Kartenspiele man als Spieler den Vorzug gibt. Das jeder Titel auf ein Online-Multiplayer-Prinzip setzt, wird man sich wahrscheinlich für einen Titel entscheiden müssen – zumindest, wenn man sich als Profi unter den besten Spielern der Welt etablieren möchte. Für mehr als ein Online-Kartenspiel bleibt oftmals nicht die Zeit. Gelegenheitsspieler werden regelmäßige Ausflüge in die verschiedenen Spielwelten dagegen ausgiebig genießen. Gwent – The Witcher Card Game ist aufgrund vieler Spielmechanismen einzigartig. Eine Unterteilung des Spielfeldes findet man zwar auch bei TES: Legends, doch so konsequent wie bei Gwent wird das Spielbrett dort nicht als Spielelement eingesetzt. Das ist nicht schlechter, sondern einfach anders.
Heldenkarten bringen zusätzliche Spannung in das digitale Kartenspiel. Die Helden entstammen dem Rollenspieluniversum von The Witcher und bieten Kartenstrategen besondere Fähigkeiten, um dem Gegner das Leben schwerer zu machen. Bei der optischen Qualität von Gwent haben die Designer von CD Projekt Red ganze Arbeit geleistet: Nicht nur die Illustrationen der Karten überzeugen, auch die 3D-Modelle sorgen für große Augen und verleihen dem Witcher-Kartenspiel einen einzigartigen Look.
Wer digitale Kartenspiele mag, der wird um einen Ausflug in das Witcher-Universum nicht herumkommen. Gwent spielte sich bereits in der internen Alpha hervorragend und machte einen runden Gesamteindruck. Das Einzel- und Multiplayer-Kartenspiel hat uns nicht nur optisch und akustisch überzeugt, sondern punktete durch ein verfeinertes Gameplay, das im Gegensatz zum ursprünglichen Minispiel auf ein ausgeklügeltes Synergie-System setzt. Gwent ist bereits in der jetzigen Form ein echtes Kartenspiel-Highlight und wird sich einen Stammplatz neben den aktuellen Toptiteln sichern. Was langfristig aus Gwent wird, entscheiden nicht nur die Fans, sondern auch die Entwickler mit ihrer Designstrategie. Regelmäßiger Kartennachschub ist ebenso angekündigt, wie die, für Free-2-Play-Games obligatorischen In-Game-Käufe.
Tendenziell wird sich Gwent – The Witcher Card Game innerhalb unseres Bewertungssystem bei 4 oder 5 Sternen ansiedeln, soviel lässt sich bereits anhand der gespielten Inhalte sagen. Wer sich für die Beta noch nicht registriert hat, kann dies übrigens ab sofort auf der offiziellen Webseite zu Gwent – The Witcher Card Game tun.