Die Nachricht hat bei Fans des Spiels bereits die Runde gemacht: Es hat sich ausgekämpft in der virtuellen Arena des Brettspiels Golem Arcana. Vor rund einem halben Jahr habe ich Golem Arcana als Hoffnungsträger für eine sinnvolle Symbiose aus Brettspiel und Tablet-App vorgestellt und nun verkündet der US-amerikanische Hersteller HBS das Aus für den Brettspieltitel. Für Fans der Reihe kam die Nachricht überraschend. Auch der deutsche Verlag Pegasus Spiele hat sich mittlerweile zum Thema geäußert und die Befürchtungen der deutschen Golem-Arcana-Fans bestätigt: Auch hierzulande wird es keine weiteren Inhalte mehr geben.

Doch warum das plötzliche Aus für Golem Arcana? Woran das Brettspiel gescheitert sein könnte, möchte ich im nachfolgenden Artikel erläutern. Eure Meinungen zum Ende der Reihe interessieren mich dabei besonders.


Verwaiste Arena

Zwei gehen rein, einer geht raus. Das war das ursprüngliche Konzept des 2-Spieler-Titels Golem Arcana. Jetzt, nach dem plötzlichen Aus der Reihe, sieht es so aus, als wollten nicht mehr allzu viele Spieler rein in die Kampfarena. Fast könnte man geneigt sein, Golem Arcana als äußerst erfolgreich zu bezeichnen, zumindest wenn man die schiere Anzahl an erschienenen Erweiterungen betrachtet. 17 sind es an der Zahl und es wären wohl noch einige mehr geworden, wenn Hersteller HBS nicht überraschen des Stecker gezogen hätte: Ohne Saft keine High-Tech-Golems. Selbstverständlich bleibt der Titel vorerst weiter erhältlich und Fans können mit den vorhandenen Figuren weiterhin taktieren. Neue Erweiterungen wird es dagegen nicht mehr geben. Als Auslöser für das Ende von Golem Arcana werden scheinbar unerfüllte finanzielle Erwartungen gesehen. Dass immer weniger Spieler einen Fuß in die Kampfarena setzen wollten muss jedoch einen Grund haben.

Schaut man sich die aktuelle Entwicklung der Brettspiele an, so gibt es nur sehr wenige Titel, die auf eine Unterstützung durch Tablet- oder Smartphone-Applications setzen. Noch geringer wird die Zahl, wenn man die Titel durch eingrenzt, dass der App-Support direkte Auswirkungen auf den Spielablauf hat. Ein immernoch gelungenes Beispiel dafür ist die PC-Spiel-Umsetzung XCOM: Das Brettspiel, das zwar genau wie Golem Arcana eine App in den Mittelpunkt rückt, den Spielern aber durch die Komplexität ihrer Spielaktionen genügend spielerische Freiräume lässt. Zudem ist die App bei XCOM: Das Brettspiel als Mit- bzw. Gegenspieler zu sehen und nicht als omnipotentes Computerprogramm, das die Aktionen der menschlichen Brettspieler einschränkt oder vorgibt.

Aktuelle Brettspiele werden um die Spielerhandlungen herum designet. Die Do-it-yourself Mentalität ist derzeit auch bei Brettspielern voll im Trend und dafür werden auch längere Eingewöhnungszeiten und komplexere Regelwerke gern in Kauf genommen. Golem Arcana glänzt mit einem grandios einfachen Spieleinstieg, die App dagegen gibt den Spielern auf zu offensichtliche Weise mögliche Handlungen vor. Viele Brettspieler fühlen sich dadurch in ihren Aktionen möglicherweise eingeschränkt. Dass Arena-Spiele nicht nur funktionieren, sondern durchaus erfolgreich sein können, kann man am Brettspiel Krosmaster Arena erkennen. Krosmaster setzt dabei auf ein ähnliches Spielsystem, verzichtet aber auf die App-Unterstützung – zugunsten klassischer Brettspielelemente mit an Rollenspiele angelehnte Spielaktionen. Hier taktieren die Opponenten völlig autonom und das Konzept geht auf.

Zudem könnte auch die schnelle Folge verfügbarer Erweiterungen zu Unmut unter den Brettspielern geführt haben. Wer mit einem neuen Brettspiel beginnt, verschafft sich einen Überblick über die im Handel erhältlichen AddOns. Sind zu viele Erweiterungen einzeln erhältlich, greifen Einsteiger gern zu Komplettboxen, um nicht von Beginn an das Gefühl zu haben, dem Erweiterungskauf hinterherzurennen. Bei 17 Erweiterungen mit Preisen zwischen 10 und 50 Euro müssen Neueinsteiger nicht lange rechnen, um zu erkennen, dass Golem Arcana durchaus zu einem teuren Vergnügen werden könnte. In Kombination mit dem kurzweiligen Konzept, das förmlich nach schnellem Nachschub schreit, wird das Hybrid-Brettspiel zum einem wahren „money-sink“.

Brettspieler mögen es klassisch

Neben finanziellen Erwägungen darf auch die Tatsache nicht vernachlässigt werden, dass Brettspieler gern auf ihre Spielbretter schauen. Würden sie lieber digitale Inhalte genießen, könnten sie stattdessen einfach die Spielkonsole oder den Gaming-PC anschalten. Viele Brettspieler mögen jedoch die traditionelle Art des analogen Spielens und waren mit dem App-Support von Golem Arcana rein konzeptionell unzufrieden. Bei Brettspiele wie Die Alchemisten vom Heidelberger Spieleverlag verfügen zwar ebenso über eine App, lassen den Spielern jedoch die Wahl, ob sie diese auch verwenden möchten. Bei Die Alchemisten ist die App zum spielen nämlich nicht zwingend erforderlich, zumindest sofern einer der Spieler die Rolle des „geheimen Zufallsgenerators“ übernimmt, der die spielenden Alchemisten über die Anwendungsresultate ihrer Gebräue informiert. Einen solchen, zugegeben für den auserwählten Spieler etwas weniger spaßigen Job, Ausweg sucht man bei Golem Arcana vergeblich.

Unterm Strich bleibt Golem Arcana ein kurzweiliges Spiel, das mit den bisher erschienenen Erweiterungen bei Fans der Reihe für anhaltenden Spielspaß sorgen wird. Für HBS und Pegasus war das Brettspiel ein Experiment, das in dieser Form wahrscheinlich nicht mehr wiederholt wird. Zumindest in einem Punkt können Fans aufatmen: Die deutsche Communityseite GolemArcana.de bleibt bestehen und wird auch weiter unterstützt. Liebhaber können sich dort weiterhin über ihr Hobby austauschen.  

Die Erweiterung Golem Arcana: Durani – Vorkämpfer des westlichen Windes bleibt damit der letzte Release für diese Brettspielreihe. App-unterstützte Brettspiele sind damit noch lange nicht gestorben; sie werden nur auf eine andere Weise ablaufen: Weniger ist manchmal eben einfach mehr.


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