Manchmal gibt es sie, die absoluten Ausnahmeprojekte, die im Crowdfunding-Segment sprichwörtlich durch die Decke schießen. In diesem Monat kommen wir um das Miniaturen-Spiel Kingdom Death: Monster 1.5 im Rahmen unseres Kickstarter Reports nicht herum. Dass ist auf den ersten Blick nicht einmal der Spielqualität geschuldet, sondern allein der Tatsache, dass dieses Miniatures Game von Kingdom Death die nachvollziehbaren Finanzierungsgrenzen um ein Vielfaches überschreitet. Weil neben Kingdom Death: Monster 1.5 aber auch all die anderen tollen Ideen aus dem Bereich des Brettspiel-Crowdfundings nicht vergessen werden sollten, stellen wir euch in unserem aktuellen Kickstarter Report für Dezember 2016 zwei weitere spannende Projekte vor.
Kingdom Death: Monster 1.5
Wenn ein Brettspielentwickler die Finanzierungskosten realistisch kalkuliert und dabei auf einen Betrag von 100.000 US-Dollar kommt, die er über eine Crowdfunding-Community einnehmen möchte, ist das kaum erwähnenswert – selbst wenn es sich um eine besonders starke Marke handelt. Wenn ein Finanzierungsziel allerdings bei der genannten Summe liegt, diese aber bereits nach 19 Minuten um das zehnfache überschritten wird, ist das eine ganz andere Sache. Genau das hat das Miniaturen-Spiel Kingdom Death: Monster 1.5 Ende November geschafft. Rund zehn Stunden Nach Projektstart waren es bereits 3,5 Millionen US-Dollar. Seitdem ist der Hype zumindest ein wenig abgeflacht, auch wenn der aktuelle Finanzierungstand angesichts der angepeilten 100.000 US-Dollar fast schon surreal wirkt: über 8 Millionen US-Dollar hat Kingdom Death: Monster 1.5 mittlerweile erzielt – und die Geldzählmaschine rattert bereits weiter. Insgesamt 18 Tage verbleiben bis zum Finanzierungsende noch.
Frei von Skandalen ist Kingdom Death: Monster 1.5 indes jedoch nicht. Bei einem Miniaturen-Spiel mit derart finanziellem Erfolg, schauen Kritiker besonders genau hin. Und finden im Fall von Kingdom Death: Monster 1.5 so manchen Stein des Anstoßes. Sexismus ist einer der häufigsten Begriffe, die man im Rahmen der Berichterstattung über dieses Miniaturen-Spiel aus dem Herzen von New York liest. Und tatsächlich sind Teile des Spielmaterials ungewohnt freizügig gestaltet. Einen spielerischen Mehrwert haben halbnackte Frauen in einem strategischen Brettspiel nicht, sodass die Kritik letztendlich berechtigt scheint. Dass die Bewohner der Spielwelt bei derart gigantischen Einnahmen so leicht bekleidet umherlaufen, ist ohnehin unverständlich, entspricht aber den gängigen Klischees moderner Horrorszenarios. Blutrünstige Kreaturen haben schon seit Anbeginn der Gruselfilme ein besonderes Interesse an leicht bekleideten Damen gehabt – und das ist auch bei Kingdom Death: Monster 1.5 nicht anders.
Das Miniaturen-Spiel von Kingdom Death lässt sich mit 2 bis 6 Spielern, aber auch komplett allein als Solospiel erleben. Rund 30 bis 60 Minuten soll eine Spielrunde dauern, während der die Teilnehmer das Spielvolk schrittweise innerhalb der Kampagne weiter entwickeln. Und weil sich dickgepanzerte Monster und nackte Menschenkrieger aus Gründen der Spielbalance nicht so gut vertragen, kann man durch das Sammeln von Ausrüstung und Waffen für mehr Fairness sorgen. Damit die Kämpfe im späteren Spielverlauf nicht langweilig werden, entwickeln sich auch die gegnerischen Kreaturen weiter, sodass sich eine aus modernen MMORPGs bekannte Lootspirale zumindest andeutet. Die Spielbox ist derweil vollgepackt mit unzähligen (schönen, aber eben teilweise halbnackten) Miniaturen, vor allem aber mit über 1.000 Karten. Rund acht Kilogramm Gewicht bringt Kingdom Death: Monster 1.5 so auf die Waage und ist damit zumindest rein äußerlich ein echtes spielerisches Schwergewicht.
Ansonsten haben sich gegenüber der zwei Jahre alten Version des Miniaturen-Spiels Regeldetails verändert. Besitzer der Urversion können ihr Spielerlebnis mithilfe von Upgrades auf den aktuellen Stand bringen.
Den Geldzähler von Kingdom Death: Monster 1.5 könnt ihr hier mit eigenen Augen beobachten.
The Other Side
Auch das Steampunk Miniaturen-Spiel The Other Side von Wyrd Miniatures läuft auf Kickstarter sehr erfolgreich – auch wenn die Finanzierung derzeit „nur“ bei dem Dreifachen des angepeilten Finanzierungsziels von 75.000 US-Dollar liegt. Weil das Projekt auf der Crowdfunding-Plattform noch ganze 31 Tage läuft, ist von einer weitaus höheren Projektsumme auszugehen, die Fans am Ende in diese Spielidee haben einfließen lassen. Abseits der heutzutage trendigen Fantasy- oder Horror-Miniaturen, setzen die kreativen Köpfe von Wyrd Miniatures aus Marietta, Georgia auf ein waschechtes und wie üblich abgedrehtes Steampunk-Szenario. Das ist clever, weil es den Designern der Charaktere nahezu grenzenlose Möglichkeiten für die Ausgestaltung der Figuren bietet. Tatsächlich sehen die detaillierten Miniaturen auf den Bilder hervorragend aus, was insbesondere Hobby-Painter ansprechen wird. Der Detailreichtum bietet Fans, die ihre Miniaturen selbst anmalen wollen, eine perfekte Leinwand, um sich mit Farben und Schattierungen auszutoben.
Spielerisch verspricht Wyrd Miniatures leicht erlernbare Grundregeln, die erfahrenen Spieler Freiräume für taktische Raffinessen gewähren. Bei Kenntnis des Missionsziels stellen die Spieler zunächst ihre Streitkräfte zusammen, um Spielaktionen anschließend mithilfe von Karten auf das Brett zu bringen. Jede Einheit verfügt dabei über völlig unterschiedliche Fähigkeiten, die es in den richtigen Momenten einzusetzen gilt. Weil es sich um ein klassisches Miniaturenkonzept handelt, gehört das Maßband übrigens fest zum notwendigen Equipment. Der Umfang einer Spielrunde hängt nicht zuletzt von der Absprache über die Anzahl der Heerführer ab, mit denen die Spieler in den Kampf ziehen möchten.
Die Stärke von The Other Side liegt ganz klar im Detailreichtum der Figuren, sodass auch reine Sammler sich diesen Titel anschauen sollten – hier auf der offiziellen Projektseite beispielsweise.
Sector 6
Die benötigte Zeit bis zum erreichen des Mindestziels ist auf Kickstarter so eine Art Wettbewerb geworden. Die spanischen Entwickler Draco Ideas zumindest werben ganz offensiv mit der Tatsache, dass ihr Strategiespiel Sector 6 das Minimum bereits nach 6 Stunden und 60 Minuten (die Sechsen sind wichtig) erreicht hat. Über 1.200 Unterstützer haben die Finanzierungssumme auf derzeit über 30.000 US-Dollar angehoben, das geplante Finanzierungsziel lag bei knapp 9.000 US-Dollar. Für Interessierte verbleiben nun weitere 26 Tage bis zum Projektablauf. Sector 6 setzt auf einen schnellen, vergleichsweise unkomplizierten Spielablauf, bei dem es im Grunde nur darum geht, in einem galaktischen Gefängnis zu überleben. Ausgestattet mit Atemmasken und wohlwissend, dass Sauerstoff auf dem Planeten ein knappes Gut ist, flitzen die Spieler durch ein Labyrinth aus Gängen – immer auf der Suche nach dem nächsten Sauerstoffpunkt.
Auf einem übersichtlichen Spielbrett, das aus komplett aus einzelnen Zellen zusammengesetzt ist, rasen die Spieler während ihrer Züge entlang der offenen Wege. Als taktisches Element kommt hinzu, dass die Zellen auch gedreht werden dürfen, um so neue Wegstrecken freizulegen. Dieser Puzzle-Mechanismus sorgt bei strategisch cleverer Anwendung dafür, dass die Wege des Gegners verschlossen werden können, um Spielvorteile zu erlangen. Gegner geschickt zu blockieren ist also ein ebenso zentrales Element wie das Einsammeln der Punktemarker.
Der Clou: Die Zellen sind miteinander verbunden, sodass sich durch die Rotation einer ausgewählten Zelle auch die umliegenden in Bewegung setzen. Von den Spielern erfordert das ein wenig vorausschauendes Denken und ein gutes Vorstellungsvermögen. Ursprünglich unabhängige Plättchen können durch geschickte Rotation miteinander verbunden werden, um dann in einem der nächsten Züge für ordentlich Bewegung im Labyrinth zu sorgen – vorausgesetzt der Gegner verfolgt keinen noch besseren Plan. Hinter Sector 6 steckt mehr als man auf den ersten Blick vermuten würde. Als Sonerregel gilt zudem: Sollten beiden Miniaturen eines Spielers blockiert sein, darf er zweimal hintereinander Felder rotieren lassen.
Die Schlusswertung ergibt sich aus der Anzahl der farbigen Marker, die jeweils unterschiedliche Punktewerte auf die Spielerkonten bringen.
Mehr über das strategische Puzzle-Spiel Sector 6 erfahrt ihr bei Interesse hier.