Künstliche Intelligenz und Brettspiele ist keine gänzlich neue Kombination. Bereits in der Vergangenheit haben Computer gegen Schachweltmeister gespielt oder „Go“-Weltmeister geschlagen, heute sind Gesellschaftsspiele mit App-Support einer der Wege, um Digitales und Analoges zusammen zu bringen. Das Unternehmen „DeepMind“ geht dennoch einen Schritt weiter und bringt der KI das Spielen des Brettspiels Diplomcy bei. Weshalb das so interessant ist? Weiterlesen!
Vielfach funktionieren Brettspiele mit Computer-Einschlag simpel: Einer oder mehrere menschliche Spieler treten gegen einen KI-Kontrahenten an. Das ist so beim Schach, Go, Mah-Jong oder auch Tabletop-Spielen mit Software-Unterstützung, etwa Herr der Ringe – Reise durch Mittelerde oder Imperial Assault von Asmodee, typische Hybrid-Spiele. Dort gewinnt eine Seite: Spieler oder Computer, manchmal gibt es Unentschieden. Immer handelt es sich allerdings um sogenannten Nullsummenspiele, Systeme also, bei denen gegeneinander um den Sieg gespielt wird.
Diplomacy: Wie diplomatisch können Computer sein?
Was passiert aber, wenn ein Brettspiel eben kein reines Nullsummenspiel ist, sondern auf einen Spielablauf abstellt, bei dem zwischenzeitliche Kooperationen ein Schlüssel zum Sieg sind? Das Tech-Unternehmen DeepMind geht diesbezüglich neue Wege und versucht, der Künstlichen Intelligenz die Zusammenarbeit beizubringen* – mit dem Brettspielklassiker „Diplomacy“.
Der Titel hat einige Jahre und viele Verlagsveröffentlichungen hinter sich, stammt ursprünglich aus den End-Fünfzigern und richtet sich an zwei bis sieben Spieler mit Sitzfleisch. Rund vier Stunden dauert eine Partie, für Menschen lange, für Computer kein Problem. Es geht um ein klassisches Domination-Konzept: Die Spieler versuchen schlicht, die Vorherrschaft über Europa zu erringen. Das gelingt allerdings nicht durch das Aussenden von Armeen-Massen, sondern mitunter auf diplomatischem Wege. Spannend: Es gab bereits einige Adaptionen von Diplomacy für den PC, allerdings mit mäßigem Erfolg. Der einfach Grund: Verhandlungen als Kernelement des Brettspiels hingen direkt mit der „Qualität der Entscheidungen“ der KI-Spieler zusammen.
Hinter dem zunächst simple anmutenden Siegbedingung – man muss also Spieler 18 von 34 Territorien kontrollieren – verbirgt sich ein cleverer Kniff: Der Clou an Diplomcy ist nämlich, dass man stets auf die Hilfe anderer Spieler angewiesen ist, allein zu gewinnen ist nahezu unmöglich. Und so schließen einzelne Spieler sich zusammen, verabreden Nicht-Angriffs-Pakte oder verbünden sich gegen andere Parteien. Dazu muss man wissen: Diplomacy hat sich seinen Ruf, Freundschaften zerstören zu können, im Laufe der Jahrzehnte hart erarbeitet.
Für die Experten des Tech-Unternehmens DeepMind muss die Zusammenarbeit mehrere Künstlicher Intelligenzen funktionieren und das gestaltet sich völlig anders als bei Klassikern wie etwa Schach. Forschungsingenieur Tom Eccles erklärt dazu: „KI-Systeme haben bereits bewiesen, dass sie in Nullsummenspielen besser sein können also die besten menschlichen Spieler. In diesem Spielablauf kann es nur einen Gewinner und einen Verlierer geben. Davon abweichend, geht es bei Diplomacy um das Bilden von Allianzen und das Fördern von Zusammenarbeit“. Insbesondere die Mischung aus kooperativen und kompetitiven Elementen mache Diplomacy zu einem interessant Forschungsherausforderung, ergänzt der Forscher Tom Anthony.
KI lernt Kanonenboot-Diplomatie
Die KI müsse sich komplex organisieren können, dabei viele Faktoren betrachten. Die Forscher nennen das Synergien – und genau diese leichten und schwierigen Entscheidungen müsse eine Künstliche Intelligenz zu einer Lösung zusammenbringen. „Künstliche Intelligenz wird zunehmend auf komplexere Aufgaben angewendet. Dies könnte bedeuten, dass verschiedene autonome Systeme zusammenarbeiten müssen oder zumindest in derselben Umgebung, um eine Aufgabe zu lösen“, erläutert Eccles.
Wichtig dabei: Grundlage für die Forscher bildet die Regelvariante von Diplomacy, bei der Spieler nicht miteinander sprechen dürfen. Es geht also um die im Geheimen getroffenen Spielentscheidungen und das dann umgesetzte Bewegen der Figuren. Die Forscher stehen also viele Fragen und Herausforderungen gegenüber.
Wie mächtig das KI-Handeln allerdings sein kann, haben die Experten bei DeepMind im Blick: „Wir gehen von der Prämisse aus, dass alle KI-Anwendungen unter menschlicher Kontrolle bleiben und für sozial vorteilhafte Zwecke verwendet werden sollten“, erklärt Tom Anthony. „Unsere Teams, die an technischer Sicherheit und Ethik arbeiten, wollen sicherstellen, dass wir ständig kurz- und langfristige Risiken antizipieren und nach Möglichkeiten suchen, um den Eintritt dieser Risiken zu verhindern und Wege zu finden, um sie zu beseitigen, wenn sie eintreten.“
Das finale Ziel ist beängstigend: Wenn Künstliche Intelligenzen es schaffen, auf einer bisher Menschen vorbehaltenen Handlungsebene zu interagieren, was ist der nächste Schritt?
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