Der Test zu dem Brettspiel Mandala Stones war weitaus weniger entspannend als man angesichts des über das Brettspiel gestülpten Mini-Themas hätte annehmen können. Das lag vor allem an der Qualität des Spiels, das hierzulande über die Marke Kobold Verlag erschienen ist: die bewegt sich nämlich auf einem ähnlich hohen Niveau wie bei Azul, immerhin Spiel des Jahres 2018. Signifikante Unterschiede gibt es dennoch.
Was gestern Azul von Pegasus Spiele war, ist heute Mandala Stones, das hierzulande über die B-Rex-Entertainment-Marke Kobold Verlag aus der Happyshops-Familie realisiert worden ist. Zumindest gilt das grob, denn beide Brettspiele sprechen ähnliche Zielgruppen an. Im Kern sind die Abläufe letztendlich völlig verschieden. Abstrakt ist die Idee von Filip Glowacz dennoch – das muss man mögen. Mandala Stones macht es Spielern durch seinen taktischen Anspruch allerdings leicht, sich für Mechanik und nicht ein bestimmtes Thema zu begeistern. Warum? Weil es hervorragend funktioniert.
Mandala Stones: Simpel, aber fordernd
Einen Schwarm brauchte es – im Gegensatz zu anderen Brett- und Kartenspielen unter anderem der Marken Kobold, Grimspire oder Giant Roc– erst gar nicht. Mandala Stones fand seinen Weg ohne Umwege und Finanzierungskampagnen in den Handel. Nicht ohne Grund, denn dieses Brettspiel scheint wie gemacht zu sein als massentaugliches Produkt: Bunt, Material zum Anfassen, überschaubare Regelabläufe, aber genügend Ansatzpunkte für spannende, rund eine halbe Stunde dauernde Spielrunden.
96 bunte Steinchen liegen in der Schachtel. Es sind die Stars des Brettspiels, denn um sie dreht sich alles. Gesammelt werden müssen die namensgebenden „Mandala Stones“, möglichst mit System, denn dann hagelt es ordentlich Punkte. Dazu dient eine Kombination aus Bewegungstaktik und Steinesammelei: jeder Spieler greift dabei auf sein persönliches Künstlerspielbrett zurück, auf dem sich die bunte Beute im Spielverlauf ansammelt. Bewegt werden müssen hingegen die vier Sammler auf dem Spielplan. Schnell wird deutlich: Wahllos eingesammelt werden, können die Mandala-Steine nicht, alles hängt am platzierten Sammler. Es braucht eine stetige Abwägung zwischen den beiden möglichen Spielaktionen: Sammler bewegen oder Wertung auslösen. Klingt simpel? Ist es auch – zu Beginn der Partie ohnehin, denn da herrscht Leere auf dem persönlichen Spielerbrett.
Der eigentliche Clou liegt in dem Sammelmechanismus: Umliegenden Steine, die das Symbol des Sammlers zeigen, dürfen eingesammelt werden. Außer sie werden durch einen anderen nebenstehenden Sammler blockiert. Ein gewisser Ärgerfaktor ist demnach vorhanden, denn auch taktische Möglichkeiten ergeben sich, weil Blockaden gesetzt werden können. Und noch etwas ist wichtig: die Reihenfolge beim Einsammeln mehrerer Steine ist nicht beliebig. Lediglich der „Startstein“ kann ausgesucht werden, dann geht es im Uhrzeigersinn weiter. Die Anordnungen aus dem sogenannten Künstler-Tableau werden für die Wertung relevant. Dabei stehen dann vor allem die Farben der Steine im Mittelpunkt. Das Management der Farben in Verbindung mit einem guten Timing ist der Schlüssel zum Sieg. Steine, die nach Meinung des Spielers „fehl am Platz“ sind, können gegen einen Einzelpunkt entfernt werden – besonders lohnenswert ist das nicht, sondern eher ein weiteres strategisches Mittel. Gewertete Steine wandern auf ein gemeinsames Mandala-Brett – erst hier entstehen letztendlich die wahren Kunstwerke, die zudem Boni gewähren können.
Verschiedene Handlungsmöglichkeiten und Mechanismen sind bei Mandala Stones harmonisch miteinander verzahnt. Hinter dem grundsätzlich einfachen Spielablauf steckt mehr, das wird Spielern schrittweise klar. Wie bei Azul versucht man so stets, die Punkteausbeute zu optimieren. Das entfaltet ein ähnliches Suchtpotenzial.
Nicht ganz so süchtig macht der Spielaufbau, der frisst durchaus etwas zu viel Zeit. Ein Kritikpunkt, wenn auch einer, der sich angesichts des Spielprinzips kaum vermeiden lassen dürfte. Und noch etwas passt nicht so ganz zum Markenauftritt des Kobold Verlags: Zwar handelt es sich bei Mandala Stones um ein insgesamt einfaches, oder besser: gut nachvollziehbares, Brettspiel, der Wertungsmechanismus hat es aber in sich. Anfänger könnten damit überfordert sein, oder benötigen zumindest eine deutlich längere Eingewöhnungszeit. Die Motivation für weitere Partien ist jedenfalls gegeben. Mandala Stones wird besser, je häufiger der Titel auf dem Tisch landet. Der Grund dafür ist der Drang nach Optimierung. Man will strategischer vorgehen, die Punkte in die Höhe schrauben und dem Gegner viel öfter ein Bein stellen.
Eine Stärke dieses Brettspiel ist sein zweigeteiltes Konzept. Einerseits versucht man, möglichst gute Wertungen hinzulegen, andererseits ist man beständig damit beschäftigt, die Strategien der Gegner mit cleveren Sammler-Movement zu blockieren.
Aus dem Bauch heraus zu spielen, ist, wie bei vielen anderen abstrakten Brettspielen, schwierig: Die Wertungsauslösungen wollen gut bedacht und vorbereitet werden. Nur wer sich in einer Lage bringt, die Punkte verspricht, kann seine Wertungen maximieren. Der Fehlerlerneffekt unterstützt den Prozess des Besserwerdens jedenfalls. Die Möglichkeiten wirken auf den ersten Blick eingeschränkt, bieten jedoch genügend spielerischen Freiraum. Ein kritischer Faktor ist die Limitierung des Wertungspotenzials durch die Spieler selbst: Man steckt ab und zu in einer Zwickmühle, große Punktechancen werden dann vernichtet. Das führt im Punktebereich mitunter zu einer Mittelmäßigkeit, weil das Maximum nicht ausgeschöpft werden kann.
Haptisch ein Vergnügen
Die Tischpräsenz dieses Brettspiel ist grandios – nicht zuletzt dank des kritisierten Aufbaus. Steht alles, sieht Mandala Stones grandios aus, fühlt sich grandios an und macht enorm viel Spaß. Ein bloßer Abklatsch von Azul ist dieses Brettspiel trotz des Vergleichs mit dem Spiel des Jahres aus dem Jahr 2018 nicht: Mandala Stones steht für sich allein, hat genügend Unterscheidungspunkte, um neben Azul zu existieren und sogar am gleichen Abend auf dem Tisch landen zu können. Optisch und haptisch ist es ähnlich, spielerisch im Grunde völlig anders.
Der Wiederspielreiz ist hoch, der Hirnzwirbler-Faktor ebenso: Es gibt jede Menge zu überdenken, wenn man man eine situationsbedingt optimale Partie hinlegen möchte. Gute Vorausplanung ist wesentlich, aber nicht alles. Das liegt daran, dass der Einfluss der gegnerischen Spielzüge immens ist. Man muss als Spieler agieren, aber auch reagieren. Beides lässt sich nicht voneinander trennen. Mandala Stones funktioniert zu zweit, aber auch in mit der Maximalbesetzung von vier Spielern. Es geht als Familienspiel durch, hat allerdings bezüglich seiner Mechaniken Kennerspiel-Potenzial, es ist simpel, aber auch schwierig. Es motiviert, frustriert jedoch gleichzeitig, wenn eine Taktik durchkreuzt wird. Mandala Stones bringt Gegensätze ins Gleichgewicht. Es ist auf seine eigenwillige Weise harmonisch.
Infobox
Spielerzahl: 2 bis 4
Alter: ab 8 Jahren
Spielzeit: 30 bis 40 Minuten
Schwierigkeit: mittel
Langzeitmotivation: mittel
Genre: Familien-Brettspiel
Untergenre: Abstraktes Puzzle-Spiel
Kernmechanismen: Layering, Pattern Building
Autoren: Filip Głowacz
Illustrationen: Zbigniew Umgelter
Verlag: Board & Dice / Kobold Verlag
Offizielle Website: Link
Erscheinungsjahr: 2021
Sprache: deutsch
Kosten: 30 Euro
Fazit
Das Brettspiel Mandala Stones ist ein optisch ansprechendes Puzzle-Brettspiel, das sich hinter Genre-Konkurrenten nicht verstecken muss: der Einstieg fällt leicht, hohe Punktzahlen zu meistern, ist hingegen durchaus fordernd. Der Knobelfaktor ist hoch, viele Überlegungen stecken idealerweise in den Spielerzügen. Die 96 Mandala-Steine sind in Verbindung mit den Wertungsformen die Stars dieses Brettspiels. Erst aufgebaut – ja, das kann mitunter nerven – motivieren die bunten Türmchen zum Spielstart – ebenso das im Verlauf der Partie „gemalte“ Mandala ist ein optisches Highlight. Allein die Künstler-Tableaus sind aus etwas zu dünner Pappe geraten.
Mit Schönheit und Harmonie allein gewinnt man aber nicht, dafür sorgt das Wertungssystem samt seiner geheimen Karten. Letztere bringen immerhin einen Deut mehr Abwechslung ins Spiel. Ansonsten geht es Zug um Zug um Timing und clevere Platzierungen. Einmal verstanden, biedert sich Mandala Stones regelrecht für Folgepartien an – die Motivation, seinen Score zu erhöhen und den des Gegners möglichst zu sabotieren, ist hoch. Weil der Aufbau des Brettspiels, im doppelten Sinn, immer wieder anders ist, – auf dem Mandala-Brett und dem Hauptspielfeld – lockt der Optimierungszwang. Mit der richtigen Strategie lässt sich bei Mandala Stones einiges, aber längst nicht alles, kontrollieren. Ein gewisser Glücksfaktor ist schon aufbaubedingt vorhanden. Je weiter die Steinetürmchen schmelzen, desto durchschaubarer werden die Züge allerdings – was erneut taktisches Potenzial eröffnet.
Eines funktioniert bei Mandala Stones übrigens nicht: das Brettspiel einfach als Azul-Abklatsch abwinken. Ja, in beiden Spiele geht es um Steine. Die Mechanismen sind jedoch völlig verschieden. Der Autor hinter dem Puzzle-Brettspiel, Filip Glowacz, bedient mit seiner Idee verschiedene Spielertypen vom Einsteiger bis zum Kenner. Abstrakte Titel ohne echtes Thema muss man für jedoch mögen. Rein mechanisch funktioniert Mandala Stones nahezu perfekt – eine kleine Ausnahme bilden die Bonuskarten, die sich zu Beginn kaum auswirken und erst zum Spielende hin relevant werden. Die meiste Zeit schleppt man die Kärtchen also wie ein Ballast mit.
Mandala Stones ist Harmonie: Einfach und schwierig, dahinplätschernd und fordernd, zu zweit so gut wie zu viert, taktisch und unkontrollierbar, irgendwie vertraut und trotzdem interessant.
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