Das Brettspiel Puerto Rico erhält eine Neuauflage – mal wieder. Nun geht es bei der überarbeiteten Version zwar grundsätzlich um optische Anpassungen, die sind allerdings von gesellschaftspolitischer Brisanz: Man verfrachtet das Spiel in das Jahr 1897 und damit weg von Themen wie Kolonialismus und Sklaverei.
Wie viel Geschichte darf ein Brettspiel enthalten? Und wie geht man mit den unliebsamen Epochen? Unter anderem diese beiden Fragen beschäftigen Fans und Kritiker immer wieder, wenn der Aufschrei zu einem Titel besonders laut wird. Was Kulturgut sein will, muss sich das gefallen lassen. Krieg, Versklavung, Unterdrückung – die scher verdaulichen Themen fassen modernde Brettspiele ungern an. Zu Recht: Denn bei den meisten Ausgestaltungen fehlt es an der kritischen Auseinandersetzung mit den Themen. Stattdessen gibt es Neuauflagen, welche die Probleme umschiffen.
Puerto Rico zu Zeiten der Unabhängigkeit
Andreas Seyfarths Brettspiel gilt als eines der besten seines Genres. Ein großes Problem gibt es allerdings: Zwar hat der Klassiker ein zeitloses Spielkonzept, die zeitliche Einbettung ist allerdings alles andere als mit viel Feingefühl vollzogen worden. Spieler hat man bei Puerto Rico mitten hineingeschickt in die Zeit des Kolonialismus – das findet sich als geschichtskritische Einordnung so aber nicht im Spiel wieder. Autoren und Verlagen bleiben in diesem Fälle zwei Optionen: Entweder man ordnet das Geschehen und die Rollen, welche die Spieler übernehmen, in einem kritischen Kontext ein. Oder man überträgt das Spielprinzip in eine andere Zeit oder verleiht ihm einen anderen thematischen Rahmen.
Ravensburger hat sich bei der Neuauflage von Puerto Rico für die beiden letzten Option entschieden und dabei ein gutes Händchen bewiesen: das Brettspiel hat man ins das Jahr 1897 verfrachtet. Es war jene Jahr, in dem das Land unabhängig von den Spanischen Eroberern wurde. Und man hat sich zudem dafür entschieden, die Geschichte Puerto Ricos als thematischen Anknüpfungspunkt zu nutzen.
Puerto Rico war lange Zeit ein Beispiel für die Ignoranz der dunklen Epochen der Menschheitsgeschichte: Zwei bis fünf Spieler schlüpften der Originalidee zufolge in die Rollen von Kolonialgouverneuren, um die Erträge auf den Feldern und des Warenhandels zu optimieren. Heruntergebrochen auf einen Grundtenor bedeutet eine Partie bei Puerto Rico demnach: Maximalen Profit durch Ausbeutung anderer Menschen erzielen.
Mit der Neuauflage, für die Ravensburger eigenen Angaben zufolge auf die Partnerschaft mit einem „kulturell vielfältigen und repräsentativen Team“ gearbeitet hat, zeigt man das unabhängige Puerto Rico aus dem Jahr 1897 – daran lässt man nun mit einem Schachtelaufdruck auch keinen Zweifel mehr. Ein Jahr später sollte das Land dann unter die unter die militärische Kontrolle der Vereinigten Staaten geraten – heute ist der Freistaat Puerto Rico das bevölkerungsreichste Außengebiet der USA. Politisch ist die gesellschaftliche, politische und rechtliche Beziehung zu den Vereinigten Staaten ein wiederkehrendes Thema in dem „reichen Hafen“, so der Name Puerto Ricos übersetzt.
Puerto Rico ist nicht das einzige Brettspiel, das sich fragwürdiger Themen oder zumindest einer unpassenden Materialausgestaltung bedient: San Juan, Catan, Auf den Spuren von Marco Polo, Mombasa sind einige der Vertreter. Die Grundidee, den Westen als eine Art Allmacht zu überhöhen, die andere Länder und Völker aus einem vermeintlich Elend ziehen kann, ist vor allem in Eurogames präsent. Immerhin: Jüngst versuchten Brettspiele immer wieder, mit diesem Missverständnis aufzuräumen. John Company behandelt die Korruption der Ostindischen Kompanien, Endeavor verteilt fleißig Minuspunkte, wenn es um die Ausbeutung von Sklaven geht und Spirit Island über kreativ Kritik an Eroberern.
Die Neuauflage von Puerto Rico wird rund 45 Euro kosten. Ein exaktes Veröffentlichungsdatum gibt es bislang nicht.
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