Immer mehr Menschen verfolgen, auch hierzulande, mittlerweile E-Sports
Kaum ist die Gamescom in Köln vorüber, rückt für Spielefans die nächste Großveranstaltung in den Mittelpunkt: die Internationalen Spieltage in Essen. Als weltgrößte Messe für Brett- und Kartenspiele gilt die SPIEL als Pflichtveranstaltung für leidenschaftliche Spieler und Spieleinteressierte. In jedem Jahr werden neue Trends der Spielwarenbranche sichtbar. Das Jahr 2018 steht für innovative Ideen, Worker-Placement und bedeutsame Diskussionen.
In dem Zeitraum vom 25. bis zum 28. Oktober 2018 wird die Stadt Essen wieder einmal zur Spielehauptstadt der Welt – und rund 180.000 Menschen werden zeitweise ihre besonderen Einwohner. In dem nachfolgenden Beitrag haben wir für Trends und Themen der SPIEl’18 zusammengefasst.
Kulturförderung: Keynotes zum Kulturgut SPIEL
Jede Art von Spielen wird in der modernen Gesellschaft als kulturelles Gut verstanden. Nicht nur auf der Videospielemesse Gamescom rücken Games als Kulturgüter immer mehr in den Mittelpunkt politischer Interessen: auch Brett- und Kartenspiele sowie die zugehörige Fachmesse SPIEL greifen das Thema Kulturgut Spiel auf, um die Relevanz gemeinsamer Spielmomente für die Gesellschaft zu untermauern. Die SPIEL’18 wird inhaltlich deutlich abwechslungsreicher als die vergangenen Messeveranstaltungen. Abseits der Spieltische finden Besucher in diesem Jahr spannende Programmpunkte.
Die SPIEL’18 wächst damit nicht nur bezüglich der Aussteller und Neuheiten, sondern auch inhaltlich. Die Spiele-Autoren-Zunft lädt in Kooperation mit dem Deutschen Kulturrat bereits am 25. Oktober 2018 zu einer Podiumsdiskussion zum Thema Kulturgut Spiel – Teil unserer Gesellschaft: Wertschätzung, Förderung, Perspektiven ein. Die Veranstaltung beginnt um 14.00 Uhr im Saal Panorama.
Im Mittelpunkt der Diskussionsveranstaltung stehen Spiele als wertvolle Faktoren für ein gelingendes gesellschaftliches Zusammenleben: Wie können Spiele als Motoren für Bildung und geistige Leistungsfähigkeit fungieren? Welche Rolle kommt Spielen innerhalb familiärer Systeme zu? Wie kann Integration durch gemeinsamen Spielerfahrungen gelingen?
Analog zu den geplanten Fördertöpfen für Videospiele werden Fragen nach den Fördermöglichkeiten für analoge Spielideen beantwortet und diskutiert. Ein Zukunftstrend ist Branchenübergreifen spürbar: Spielen wird als wertschätzendes Bekenntnis für soziale Interaktion verstanden, die keine Altersgrenzen, Geschlechtertrennung oder Sozialstatus kennt. Besucher mit einem Hang für anspruchsvolle Themen sollten sich diese Diskussionsveranstaltung nicht entgehen lassen.
Mindestens ebenso interessant dürfte die Themenveranstaltung zur Entwicklung des inländischen und globalen Spielemarktes werden. Das Panel mit internationalem Einschlag findet am 26. Oktober 2018 um 14:00 Uhr im Saal Berlin der Messe Essen statt. Hauptakteure des Panels sind internationale Branchenvertreter und Spieleautoren, die über den Spielemarkt der Zukunft philosophieren. Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist für alle Besucherinnen und Besucher frei.
Trends auf der SPIEL’18: Worker-Placement und Co-Op
Zu den beliebtesten Genres der Brettspiele hat sich in den vergangenen das sogenannte Worker-Placement-Spiel herausgebildet. Was kompliziert klingt, zielt spielerisch darauf ab, Figuren so auf dem Spielbrett zu platzieren, dass dadurch Effekte ausgelöst werden, die das Siegpunktekonto des Spielers füllen. Die hohe strategische Komponente von Worker-Placement-Mechaniken hat derartige Brettspiele zu gern gespielten Titeln von Vielspielern gemacht. Allerdings ist Worker-Placement keine Mechanik, die ausschließlich für die Entwicklung komplexer Brettspiele genutzt wird. Vielmehr versteht sich die Idee des cleveren Arbeitereinsatzes als motivierendes Element mit schrittweise vollzogener Lernerfahrung.
Je häufiger Spieler – damit sind ausdrücklich auch Gelegenheitsspieler und Anfänger gemeint – ihre Arbeiter während der Spielpartien einsetzen und die daraus resultierenden Ergebnisse nachvollziehen, desto effizienter werden ihre zukünftigen Züge ausfallen. Zahlreiche Neuerscheinungen der SPIEL’18 greifen das taktische Element des Worker-Placements auf und sorgen regelmäßig für hohe Nachhaltigkeit durch motivierende Anreize zum Wiederspielen.
Neben kompetitiven Titeln sind auf der kommenden SPIEL’18 vor allem jene Brettspiele angesagt, die Spieler zur Zusammenarbeit motivieren. Kooperative Brettspiele wie X-CODE von Amigo Spiele sorgen für unterhaltsame Spielmomente ohne Spieler durch übermäßig komplizierte Regelwerke zu überfordern. Gemeinsame Spielerfahrungen zu fördern gelingt im Idealfall durch die Verwendung nachvollziehbarer Mechaniken sowie plausibler Spielhandlungen. Zusätzlichen Reiz bringen Regelkniffe ins Spiel, die Teilnehmer unter Zeitdruck setzen oder Ressourcen fortschreitend limitieren. Weitere interessante kooperative Brettspiele stammen von KOSMOS (Roll for Adventure), Game Factory (Space Escape) oder HABA (Die Legenden der Irrlichter).
Spiele-Innovationen auf der SPIEL’18
Als innovativ werden oftmals die Gesellschaftsspiele verstanden, die neue Mechanismen einführen, bestehende verändern oder genreübergreifend kombinieren. Die Auszeichnung innoSPIEL ist ein noch junger Innovationspreis, den die Organisatoren der SPIEL’18 im Rahmen der Pressekonferenz verleihen. Neben innovativen Regeln, können Spiele neuartige Mechaniken auch über das Spielmaterial darstellen: Ravensburger bringt beispielsweise mit Cool Runnings einen Titel auf den Markt, bei dem die Spielfiguren aus echten Eiswürfeln bestehen. Das verlängert die Vorbereitungszeit zwar enorm, ist bisher aber ein echtes Alleinstellungsmerkmal unter den modernen Brettspielen. Die gefrorenen Figuren sind dabei nicht nur ein echter Hingucker, sondern auch spielerisch relevant: immerhin gewinnt auch der Spieler, dessen Eisfigur als letztes wieder in den flüssigen Aggregatzustand eintritt.
Ziemlich kultig wirkt schon jetzt die 8BIT BOX von Iello, die Fans in Erinnerungen an Konsolenspiele der 90er schwelgen lässt. Retro-Gaming wird mit diesem innovativen Spielzeug auf eine neue Art definiert.
Nicht minder innovativ ist die Idee von Asmodée, Spielern mit dem Kauf eines Gesellschaftsspiels eine individuelle und einzigartige Spielerfahrung zu ermöglichen. Die wenig innovative, aber extrem verständliche Bezeichnung Unique Games beschreibt, worum es geht: Spielboxen enthalten, bis auf notwendige Kernkomponenten, jeweils unterschiedliche Spielmaterialien. Spieler wissen somit zwar nicht, was sich in der gekauften Box befindet, erhalten dafür jedoch ein einzigartiges Spiel. Discover – Zu unentdeckten Landen ist der Name des Pilot-Spiels. Bleibt die Frage danach, wie sich die Proberunden auf der SPIEL’18 gestalten werden, wenn Spieler am Ende etwas anderes bekommen als sie auf der Messe gespielt haben. Ziemlich spannend und mit Sicherheit ein Ansatzpunkt für interessante Gespräche.
Bildung durch Spiele: Kritische Themen für den Unterricht
Spiele für den Schulunterricht zu verwenden ist grundsätzlich eine hervorragende Idee. Immerhin sind vor allem solche Lernerfahrungen besonders nachhaltig, bei denen Kinder sich einem Thema mit Spaß und Motivation widmen, um dadurch ihren persönlichen „Flow“ zu erreichen. Auch kritische beziehungsweise sensible Themen sind für Lernspiele kein Tabu.
Als jüngst sozial adäquat dargestellte Hakenkreuze in Videospielen erlaubt wurden, galt das als Ritterschlag für Games als Kulturgut. Auch bei analogen Spielen ist die Verarbeitung historischer Themen sinnvoll. Die Bundeszentrale für politische Bildung fördert ein Projekt, das Jugendliche die deutsch-polnische Geschichte anschaulich – und nachvollziehbar – zu vermitteln versucht. Das Spiel Textura Special Edition greift Themen wie den Deutschen Orden, den Ersten Weltkrieg oder die Kriegsverbrechen in Auschwitz auf, um Bildungseinrichtungen neue pädagogische Werkzeuge in die Hände zu geben. Bleibt nur zu hoffen, dass sich auch in Zukunft genügend Lehrkräfte finden, die den Kindern und Jugendlichen innovativ gestaltete Lerninhalte präsentieren.
Bildend ist auch die Ausstellung der Europäischen Spielesammler Gilde (ESG), die auf der SPIEL’18 in Essen Werke zum Thema „Gespielte Bücher“ in die Auslagen bringt. Buchthemen und Helden aus der Literatur finden sich nicht selten auch in Gesellschaftsspiele wieder; jüngst hat das der Titel Woodlands von Ravensburger eindrucksvoll verdeutlicht. Bücher und Spiele existieren nicht in getrennten Welten, sondern fristen ein fast schon symbiotisches Dasein. Passionierte Spieler sollten, wie übrigens in jedem Jahr, unbedingt einen Blick auf die ausgestellten Werke der Europäischen Spielesammler Gilde werfen.
Das Bildungsthema berührt am Rande auch das Jubiläum eines beliebten Spieleklassikers: Scrabble. Das spannende Wortratespiel wird 70 Jahre alt und deshalb von Mattel als Jubiläumsedition neu aufgelegt.
Ein weiterer Klassiker, UNO, ist bezüglich der Darstellung so verändert worden, dass auch Spieler mit einer Farbsehstörung problemlos spielen können. Derartige Veränderungen sind wichtig, damit auch Menschen mit einer Sehbehinderung ermöglicht wird, Brett- und Kartenspiele zu genießen.
Die Internationalen Spieltage werden internationaler
1.150 Aussteller aus 50 Ländern präsentieren vom 25. bis zum 28. Oktober in Essen ihre Neuheiten. Neben europäischen und Amerikanischen Herstellern sind auf der SPIEL’18 zahlreiche Verlage aus asiatischen Ländern vertreten. In diesem Jahr sticht zudem das Engagement der indonesischen Branchenvertreter hervor. In Halle 3 der Messe Essen präsentiert sich Indonesien als ernstzunehmende Spielenation, die im Rahmen eines Auswahlprozesses 15 indonesische Spieleautoren gesucht hat, um deren Werke nun auf der SPIEL’18 auszustellen.
Ebenfalls aus anderen Welten stammen viele Charaktere, die von Cosplayern dargestellt werden. An den Messetagen erhalten jeweils die ersten 100 Cosplayer freien Eintritt zur SPIEL’18 – volle Kostümierung natürlich vorausgesetzt. Wer kostenfreien Einlass begehrt, nutzt dafür den Eingang Mitte (Halle 6).
Wer sich bei dem bunten Programm der Internationalen Spieltage mit Comic Action bezüglich eines Besuchs unsicher ist, findet in den Berichten zur SPIEL’17 sicher viele motivierende Anreize für eine Reise in die Spielehauptstadt Essen.