Jährlich vergibt der Spiel des Jahres e.V. die Auszeichnungen für die besten Brettspiel einer Spielsaison. Für Autoren und Verlage zählen die Kritikerpreise Spiel des Jahres und Kennerspiel des Jahres zu den wichtigsten Auszeichnungen des Jahres. Und auch Verbraucher sehen in der Preisvergabe eine Empfehlung – und damit ein klares Kaufsignal. Ein wenig Jubiläumsstimmung kommt auf bei der Verleihung des mittlerweile 40. Spiel des Jahres, von Kennern nüchtern mit SdJ abgekürzt. Azul von Michael Kiesling ist das Spiel des Jahres 2018. Das Kennspiel des Jahres 2018 stammt dagegen von Wolfgang Warsch und nennt sich Die Quacksalber von Quedlinburg. Herausragend sind beide Titel. Insbesondere Azul wurde von der Jury des Spiel des Jahres e.V. mit Lobeshymnen überschüttet.
Azul ist das Spiel des Jahres 2018
Man muss nicht besonders handwerklich begabt sein, um mit dem taktischen Legespiel Azul Spaß zu haben. Ein Hang zu Ästhetik ist dagegen enorm hilfreich. Mit dem tiefgängigen Fliesenleger hat der erfahrene Spieleautor Michael Kiesling bereits zum dritten Mal den bedeutsamen Kritikerpreis erhalten – auch wenn die letzte Auszeichnung bereits rund 18 Jahre zurückliegt. Man sieht: Michael Kiesling ist schon lange im Geschäft.
Mit Azul hat er nun ein „Meisterwerk“ erschaffen. Das zumindest sagen die Kritiker des Spiel des Jahres e.V., der die Preisverleihung ersten Mal im Jahr 1979 durchgeführt hat, damals an das Brettspiel Hase und Igel von Ravensburger. Dass Azul mit Bestimmtheit in den Kreis der auserwählten Spiele zählen wird, hat sich früh angedeutet. Kritiker und Spieler zeigten sich begeistert von dem einfach Spielmechanismus mit dem enorm hohen Wiederspielwert. Dass das Brettspiel des deutsch-kanadischen Verlags Plan B Games die Auszeichnung letztendlich erhalten hat, ist seitens der Jury eine konsequente Entscheidung, die einmal mehr verdeutlicht, dass der durchschnittliche Brettspieler ein gutes Gespür dafür hat, was Qualität wirklich ausmacht.
Azul ist ein moderner Klassiker, der das Prinzip eines taktischen Legebrettspiels zwar nicht neu erfindet, aber doch auf seine Art revolutioniert. Schon optisch entfaltet Azul einen ungeheuren Reiz für all jene Spieler, denen es bei einem Brettspiel auf äußere Werte ankommt. Anmut und Schönheit sind Attribute, die auf viele Anordnungen der „Azulejos“ (die portugiesische Bezeichnung für ein buntes Fliesenbild) perfekt passen. Der Absatz von über 300.000 Exemplaren zeigt, wie beliebt Azul unter Spielern ist. In 25 Sprachen wurde das Legespiel übersetzt, das bereits das französische Pendant zum Spiel des Jahres (As d’Or) ergattern konnte.
Thematisch dreht sich alles um die kunstvollen Fliesengemälde, die einst die Mauren auf die Iberische Halbinsel brachten. Der portugiesische König Manuel I. beauftragt die besten Handwerker damit, seinen Palast mit Fliesenbildern zu verzieren und das Wettrennen um wertvolle Punkte beginnt.
Azul musste sich gegen starke Konkurrenten durchsetzen. Einerseits gegen das Kartenspiel The Mind von Wolfgang Warsch, andererseits gegen das lauflastige Sammelspiel Luxor von Rüdiger Dorn. Würdige Preisträger wären alle drei Titel gewesen. Für das kommende Weihnachtsgeschäft sieht es für Azul nun noch besser aus.
Spiel des Jahres 2018: Die Begründung der Jury
Folgt man der Begründung der Jury des Spiel des Jahres e.V. hat man es bei Azul mit einem vermeintlich gegensätzlichen Spielmechanismus zu tun. Auf der einen Seite steht die „fast schon nüchterne Funktionalität des Spielbretts“; auf der anderen Seite bringen die wunderschönen Kachelbilder einen gelungenen Kontrast auf den Spieltisch, der die gelungene Optik von Azul untermauert. Azul greift auf einen vergleichsweise einfach Auswahlmechanismus zurück, der für einen Tiefgang sorgt, der den Wiederspielwert spürbar erhöht.
Genau damit sei dem Spieleautor Michael Kiesling nach der Ansicht der Kritikerjury ein „Meisterwerk“ gelungen. Zusätzlichen Reiz haben die haptisch überzeugenden Kachelsteine, die den wertigen Eindruck verstärken und das Material zu einem Genuss machen. Das taktische Brettspiel, das hierzulande von Pegasus Spiele vertrieben wird, wird all seinen Vorschusslorbeeren mehr als gerecht. Die Vergabe der Auszeichnung Spiel des Jahres 2018 bestätigt am Ende, was Spieler bereits seit Monaten orakeln: Azul hat das Zeug zu einem echten Evergreen.
Die Quacksalber von QUedlinburg ist das Kennerspiel des Jahres 2018
In der Geschäftsstelle des deutschen Traditionsverlags Schmidt Spiele dürften die Korken geknallt haben: Die Quacksalber von Quendlinburg ist das Kennerspiel des Jahres 2018. Das Brettspiel mit dem tragenden Namen stammt von Wolfgang Warsch, der mit The Mind (NSV) und Ganz schön clever (Schmidt Spiele) gleich zwei weitere Titel auf den Nominierungslisten der Jury des Spiel des Jahres e.V. platzieren konnte. Auch ohne Auszeichnung hätte man das Jahr 2018 als Erfolgsjahrgang für Wolfgang Warsch bezeichnen können. Schaut man sich die Namen der Konkurrenz an, so ist Warsch eher ein Underdog. Nennenswerte Veröffentlichungen hatte er bisher nicht zu verzeichnen – abgesehen von einigen Forschungsergebnisse aus seiner „Zweikarriere“ als Molekularbiologie. Immerhin: das Thema der Alchemie liegt Warsch im Blut. Und wahrscheinlich auch am Herzen. Anders kann man die Detailverliebtheit nicht erklären, die er bei Die Quacksalber von Quedlinburg an den Tag gelegt hat. Gemessen an Warschs bisherigen Spielideen fällt das Kennerspiel des Jahres 2018 völlig aus dem Rahmen.
Die Quacksalber von Quedlinburg punktet mit einer beachtlichen alchemistischen Grundausstattung, die Spielern erahnen lässt, welche taktischen Finessen auf sie zukommen könnten. Per Zufall ziehen Spieler ihre Zutaten aus einem Beutel, um damit immer wieder neue Tränke herzustellen. Was zunächst klingt wie ein reines Glücksspiel, entpuppt sich als spannendes Taktikbrettspiel, bei dem angehende Alchemisten viele Freiheiten bei der Verfeinerung ihrer „Kochkünste“ genießen. Ertragreiche Kompositionen führen auf Spielerseite sprudelnden Einnahmen, die in den Erwerb neuer Zutaten investiert werden können. 2 bis 4 Spieler ab 10 Jahren werden mit Die Quacksalber von Quedlinburg, dem würdigen Kennerspiel des Jahres 2018, auf hohem Niveau unterhalten.
Kennerspiel des Jahres 2018: Die Begründung der Jury
Die Jury des Spiel des Jahres e.V. spricht bei Die Quacksalber von Quedlinburg von einer Spielidee, deren „Beutelsuppe ein schmackhaftes Gericht für Spielegourmets“ macht. Was kryptisch klingt, soll eigentlich heißen: Dieses taktische Brettspiel ist verdammt gut!
Die Quacksalber von Quedlinburg sorgt bei Spielern für „Geschmacksexplosionen und ein Feuerwerk der Emotionen“. Blumige Worte des Lobes für ein Brettspiel, das seinen ebenfalls blumigen Namen erst im Verlauf des Redaktionsprozesses erhalten hat. Was nun in einem deutschen Mittelgebirge spielt, war ursprünglich als Western-Brettspiel geplant. Auf den Titel allein kommt es bei einem Brettspiel ohnehin nicht an. Die Quacksalber von Quedlinburg überzeugt trotz deiner Beutelmechanik durch seine „taktischen Freiheiten“ und das Aufkommen von Gefühlsausbrüchen in schneller Abfolge.
Die Kritikerjury bezeichnet das Brettspiel von Wolfgang Warsch als „risikobetontes Plättchenziehen“, das mehr ist als ein reines Glücksspiel. Es sind vor allem die Knallerbsen, die dem alchemistischen Kochvorgang die notwendigen Spannungsmomente verleihen. Es ist wie im echten Leben: viele Erbsen führen zu vielen Explosionen.
Wer seine taktischen Möglichkeiten geschickt ausnutzt und sein Risiko stets abwägt, hat gute Chancen, den Wettstreit um die profitabelste Alchemistenstube zu gewinnen.
Die Quacksalber von Quedlinburg hat sich bei der Bewertung gegen die Konkurrenten The Mind (ebenfalls von Wolfgang Warsch) und Heaven & Ale (Queen Games) von Michael Kiesling und Andreas Schmidt durchsetzen können.