Mit dem Release von Star Wars: Jedi Fallen Order hatte das Warten für Fans ein Ende. Respawn Entertainment und Electronic Arts haben es geschafft, aus der starken Lizenz endlich wieder ein waschechtes Solospiel herauszuholen – völlig neue Hintergrundgeschichte inklusive. Dass Star Wars: Jedi Fallen Order ein Fehlschlag werden könnte, schien unmöglich. Ob das Action-Rollenspiel tatsächlich der große Wurf ist, auf den Spieler über Monate gehofft haben, verraten wir im nachfolgenden Test zu Star Wars: Fallen Order.
Eine eigenständige Hintergrundgeschichte, neue Locations, ein Fokus auf Lichtschwertkämpfe, Rollenspielelemente, verschiedene Schwierigkeitsgrade und ganz viel Star Wars: die Voraussetzungen für ein grandioses Solospiel standen gut. Star Wars: Fallen Order erweist sich tatsächlich als hervorragendes Action-Abenteuer.
Fallen Order bietet Action ohne Umwege
Das Spiel startet, wie viele Star Wars-Geschichten starten: ein junger Bursche arbeitet auf einem unwirtlichen Planeten, unterjocht vom Imperium – bis sich die Momente überschlagen und der Hauptcharakter sich als Jedi zu erkennen gibt. Zu Beginn unerfahren im Umgang mit der Macht, aber immerhin mit einem Lichtschwert ausgerüstet, macht Padawan Cal Kestis sich auf, um nicht weniger zu tun als die Galaxis zu retten.
Was direkt auffällt ist der Fokus auf die schnörkellose Solospieler-Erfahrung und einen spielerischen Schwerpunkt, den es bei einem Star Wars-Spiel in dieser Form zuletzt bei Jedi Knight gegeben hat. Keine Zusatzinhalte, kein Season-Pass, keine angehängten Mehrspieler-Inhalte: Fallen Order ist ein Singleplayer in seiner reinsten Form. Skins gibt es zwar, allerdings eher als im Spiel zu entdeckende Geheimnisse und nicht als Shop-Content.
Rund 20 bis 25 Stunden unterhält das Action-Adventure, bei dem Spieler aus insgesamt vier Schwierigkeitsgraden wählen können – von Story-Mode bis Jedi-Großmeister. Besonders schön: Spieler dürfen den Schwierigkeitsgrad jederzeit verändern, etwa, wenn einzelne Passagen nicht zu bewältigen sind.
Ausdrücklich empfohlen sei an dieser Stelle, Star Wars: Jedi Fallen Order in einer möglichst hohen Schwierigkeitsstufe zu spielen. Die Inhalte verändern sich dann zwar nicht, aber die Herausforderung ist um Längen größer – und damit auch die Genugtuung, wenn man eine knackige Passage erfolgreich meistern konnte.
Bei maximaler Schwierigkeit verlangt einem das Spiel in den packenden Lichtschwertkämpfen alles ab: Koordination, Reaktion, aber auch Leidensfähigkeit. Vor allem auf den hohen Schwierigkeitsstufen langen die Opponenten nicht nur ordentlich zu, auch die Zeitspanne für einen erfolgreichen Konter ist deutlich herabgesetzt. In Star Wars: Jedi Fallen Order geht es nicht primär um schön choreografierte, sondern um effiziente Kampftaktiken. Die offensiven und defensiven Kampfanimationen sehen zwar gut aus, am Ende zählt als „Jedi-Großmeister“ aber nur das Überleben – und das ist gar nicht so einfach. Dennoch bleiben die Kämpfe stets fair: sie sind teilweise enorm schwierig, aber niemals unmöglich zu schaffen.
Die Story: Kaum mehr als kalter spiranischer Caf?
Zugegeben, die Eckdaten der Story von Star Wars: Fallen Order ruft zunächst Ernüchterung hervor. Ein junger Jedi inmitten eines intergalaktischen Krieges, der zunächst unentdeckt im Untergrund lebt, dann aber für die Rebellion einsteht, um die Galaxis zu retten? Das gab es schon oft und auch in jeglicher Form. Die Hintergrundgeschichte von Fallen Order ist dennoch der absolute Star des Videospiels: Alle Figuren sind fein mit der Gesamthandlung verwoben, überall trifft man auf Figuren und Sequenzen, Fallen Order mit der Gesamthandlung von Star Wars verknüpfen. Die Story des Spiels ist neu und eigenständig, aber eben nicht alleinstehend.
Die zentralen Figuren tragen alle ihre eigenen Schicksalsschläge mit sich herum. Als Spieler erfahren wird man das im Laufe des Spiels. Die Geschichte entspinnt sich schrittweise, immer wieder gibt es nach dem vorläufigen Abschluss eines Planeten eine Art Cliffhanger, der zum Weiterspielen motiviert. Wer einmal in die Story von Fallen Order eingetaucht ist, möchte wissen, wie es weiter geht.
Respawn Entertainment beweist ein gutes Händchen für das Geschichtenerzählen. Alles scheint irgendwie miteinander verzahnt, die Story wird stetig angeschoben und immer wieder kommen neue, manchmal überraschende Wendungen hinzu. Insbesondere die Geschichte um Jedi-Held Cal Kestis rührt an. Manche Dialoge sind dennoch belanglos, wiederholen Themen und strecken die Spielzeit unnötig. Derartige Maßnahmen währen nicht notwendig gewesen, denn selbst mit einer Spielzeit von drei Stunden weniger wäre Star Wars: Fallen Order ein Solospieler-Hit. Man hört den Charakteren dennoch gern und aufmerksam zu – auch, weil die Vertonung ein Volltreffer ist. Eine Ausnahme bildet die deutsche Synchronisation der Zweiten Schwester. Zwar passt die heisere Tonalität hervorragend zu Cal Kestis Gegenspielerin, die teilweise merkwürdigen Betonungen rütteln in manchen Zwischensequenzen aber an der ansonsten so perfekten Atmosphäre.
Die Geschichte um den Protagonisten ist dagegen tadellos: Man spürt als Spieler die innere Zerrissenheit des jungen Padawans, kann die Gratwanderungen zwischen Hoffnung und Verzweiflung nachvollziehen – und fiebert vor allem ab jenem Zeitpunkt mit, in dem Cal Kestis seinen treuen Begleiter BD-1 trifft.
Mit dem knuffige Droiden ist den Machern eines der Videospiel-Highlights der letzten Dekade gelungen. Dabei ist BD-1 kein kitschiges Blechbeiwerk, das den Helden witzelnd begleitet – der Droide ist ein essentieller Bestandteil des Abenteuers. Er hilft überall, hackt Kisten, Droiden und Terminals, scannt die Umgebung, verwaltet die 3D-Holo-Map und trägt zudem jede Menge toller Story-Momente zu Star Wars: Jedi Fallen Order bei. Ab dem ersten Aufeinandertreffen gewinnt die Hintergrundgeschichte deutlich an Tiefe und geizt in der Folge nicht mit emotionalen Momenten. Auf nahezu jedem Planeten sind die beiden Protagonisten voneinander abhängig. Zudem verleiht der Droide dem Geschehen etwas, das in Videospielen nur selten wirklich zu spüren ist: ein tatsächliches Gefühl der Freundschaft.
Insgesamt ist die Story nicht perfekt, aber durchaus spannend und meistens auch erzählerisch eindrucksvoll. Über Gelegentliche Nachlässigkeiten kann man angesichts der überwiegend tollen Momente hinwegsehen. Respawn Entertainment hat die gesamte Palette Star Wars in das Spiel gepackt: von belanglosem Talk bis hin zu atemberaubenden Aha-Momenten.
Hüpf Jedi, hüpf!
Eingebettet wird die Geschichte in eine tolle Atmosphäre, die so sehr nach Star Wars aussieht und sich so sehr nach Star Wars anfühlt, wie selten zuvor. Rein technisch gesehen, hätte man optisch mehr aus Fallen Order herausholen können. Die Grafik ist hervorragend, aber nicht überragend. Dafür entschädigen aber die toll designten Welten, in denen Spieler sich nicht gradlinig von einer zur anderen Seite durchkämpfen, sondern Höhen überwinden und verschlungene Umwege in Kauf nehmen müssen, um zu ihrem Ziel zu gelangen.
Die Hüpf- und Klettereinlagen erinnern stark an Tomb Raider. Das ist kein Manko, sondern aufgrund der Qualität der letzten Lara-Croft-Abenteuer ein cleverer Kniff von Respawn Entertainment. Dennoch spielt sich Star Wars: Jedi fallen Order direkter – auch dank des Verzichts auf doch eher passive Quicktime-Events. Zwar gibt es bei Cal Kestis‘ Abenteuern gelegentlich dieses Button-Smashing, allerdings eher selten und meistens gut in den Spielfluss eingebettet. Die Croft’sche Spielreihe ist aber nicht die einzige Vorlage, die man in Star Wars: Jedi Fallen Order wiedererkennt. Anleihen an Dark Souls, Uncharted, vor allem aber Metroid sind stets zu spüren.
In der halboffenen Spielwelt lässt sich viel entdecken. Neben kosmetischen Gegenständen sind vor allem die überall versteckten Echos interessant, denn die treiben die Story an. Bei all den Aktionen hilft natürlich wieder BD-1, der Pflanzen und besiegte Gegner scannt oder auch mal Tipps gibt, wenn man als Spieler bei einem Rätsel nicht weiter weiß. In Star Wars: Fallen Order gibt es viele Anekdoten und Anleihen an das gigantische Star Wars-Universum. Gerade die Planeten, also die Locations, bleiben dabei leider relativ blass: hier hätte Respawn Entertainment mehr bieten sollen, vielleicht müssen. Das gilt auch für die Erzählweise außerhalb der tollen Zwischensequenzen. Eine textlastige, nicht einmal besonders umfangreiche Datenbank bietet Zusatzinformationen. Echte Fans hätten sich an dieser Stelle aber mehr gewünscht.
Die Macht ist stark
Die Macht ist auch in Star Wars: Jedi Fallen Order ein ständiger Begleiter vieler Charaktere. Auch Cal Kestis wrd mächtiger, je weiter er im Spiel voranschreitet. Das Gefühl der Übermacht – wie etwa bei Foce: Unleashed – bleibt aus. Das ist gut für die zentralen Lichtschwertkämpfe, aber eher schlecht für das Machtgefühl an sich. Mit jeder neuen Fähigkeit, die der junge Jedi lernt, werden auch neue Wege im Spiel zugänglich. Man reist also zwischen den Orten hin und her, weil einige Passagen nur mit spezieller Akrobatik erreichbar sind. Toll ist hingegen, wie der Jedi seine Mächte erlangt, denn auch das ist fest in der Story verankert und hervorragend inszeniert.
Weil die Macht er dazu geeignet ist, die Spielwelt zu erforschen, bleibt das Lichtschwert die zentrale Waffe im Spiel. Der Kniff funktioniert: So unmittelbar und fordernd wie die Kämpfe in Star Wars: Fallen Order, waren Lichtschwertduelle in Star Wars-Spielen bislang noch nie. Man spürt, wie machtvoll der Jedi seine Waffe einsetzen kann, bleibt aber dennoch verletzlich. Das Lichtschwert zu schwingen ist keine Gewinngarantie: es kommt stets auf gutes Timing und das Auslösen der passenden Schläge an, insbesondere in hohen Schwierigkeitsstufen.
Die Gegner verfügen jeweils über individuelle Angriffsmuster, die man studieren muss, um ein Maximum an Schaden verursachen zu können. Jeder Gegner hat dabei eigene Schwächen, die es auszunutzen gilt. Einige geraten durch einen Machtstoß ins Wanken, andere stecken mehr Lichtschwertschaden ein. Am Ende kommt es auf die Taktik des Spielers an, ob ein Kampf siegreich endet oder man als Jedi Staub fressen muss. Spannend wird das vor allem bei gemischten Gegnergruppen. Stirbt der Jedi, lässt er einige Erfahrungspunkt bei dem Gegner liegen, der den Todesstoß vollführt hat. Es lohnt sich daher, den Opponenten erneut anzugreifen und den Malus auszugleichen. Am Ende sind die negativen Folgen bei einem Tod aber zu gering, um sich wirklich nachteilig auszuwirken. Vor allem von Dark Souls sind Spieler da ein ganz anderes Kaliber gewohnt.
Trotzdem sind Erfahrungspunkte wertvoll. Wer durch seine Spielhandlungen genügend Erfahrung gesammelt hat, steigt in der Stufe auf und erhält dann jeweils Fähigkeitenpunkte, die auf verschiedene Machtfertigkeiten verteilt werden dürfen. Völlig frei wählen dürfen Spieler dabei nicht: der Story-Fortschritt begrenzt die Auswahl. So erlernt Cal Kestis zwar auch neue Schlagtechniken oder Kombinationen, meistens steckt man seine Punkte aber in schnöde passive Boni. Dann gibt es mehr Leben oder mehr Macht, so richtig spürbar ist das aber nicht.
Zum Ende hin wird es dann aber doch komplexer als man zunächst denkt: Mit einem großen Machtpool und einer ordentlichen Palette an manipulativen Skills werden Passagen zugänglich, in denen verschiedene Fähigkeiten sinnvoll kombiniert werden müssen. Diese Momente sind toll und zeigen, welche Liebe zum Detail Respawn Entertainment in das Gameplay hat einfließen lassen.
Eine offene Spielwelt mit Sackgassen
Die Spielwelt von Star Wars: Jedi Fallen Order ist derart offen, dass man regelmäßig in Sackgassen tappt. Die 3D-Holo-Karte ist dabei ein wichtiger Begleiter, der anzeigt, welche Gebiete mit den aktuell verfügbaren Fertigkeiten überhaupt zugänglich sind. Dennoch trifft man auf den Planeten immer wieder auf unüberwindbare Hindernisse. Die Folge: Man muss den gesamten Weg zurücklaufen. Meistens gibt es zwar freischlatbare Abkürzungen, die Laufwege sind dennoch lang – manchmal unerträglich lang. Wer brav der Story folgt, spürt davon wenig. Wer das Spiel tatsächlich komplettieren will, muss Frustrationstoleranz beweisen.
Star Wars: Fallen Order ist eine Mixtur aus einigen der besten Spielelemente der letzten Jahre. Respawn Entertainment macht wenig falsch und sehr viel richtig. Perfekt ist Fallen Order dennoch nicht, dafür fehlt am Ende die große Innovation. Trotzdem schafft dieser Titel etwas, das Spieler bei Star Wars-Spielen vermisst haben: re entfaltet eine narrative Sogwirkung, der man sich kaum entziehen kann. Man will wissen, wie es mit Cal Kestis und BD-1 weitergeht, man will die Nebencharaktere kennenlernen, man will wissen, wie das Spiel endet. Nach knapp 20 Stunden flimmern die finalen Credits über den Bildschirm- was bleibt, ist dann das gute Gefühl, endlich mal wieder ein echtes Solospiel mit Star Wars-Flair gespielt zu haben.
Infobox
Spielerzahl: Solo-Modus
Alter: USK ab 16 Jahren
Spieldauer: 20 Spielstunden
Schwierigkeit: leicht bis hoch
Langzeitmotivation: niedrig
Publisher: Electronic Arts
Entwickler: Respawn Entertainment
Erscheinungsjahr: 2019
Plattformen: PC, Xbox One, Playstation 4
Sprache: Deutsch
Kosten: 59,99 Euro
Fazit
Wer Star Wars liebt und Solospiele mag, kommt um Star Wars: Fallen Order kaum herum. Respawn Entertainment und Electronic Arts haben aus der Lizenz tatsächlich alles herausgeholt, was Fans sich wünschen können: eine tolle Story, wunderbare Charakterzeichnungen, eine lebendige, atmosphärische Welt – und jede Menge Action.
Dieses Spiel ist Star Wars pur. Man kann das kaum spoilerfrei beschreiben, daher sollte man sich auf das Action-Adventure einfach einlassen. Die kleinen und großen Story-Fetzen rühren an, wecken Emotionen, lassen Spieler am Gamepad lachen – und vielleicht sogar weinen. Und der kleine BD-1 setzt all dem narrativen Schnickschnack noch ein Krönchen auf.
Man merkt wie gut Star Wars: Fallen Order ist, weil Freude über Errungenschaften und Erfolge ein ständiger Begleiter des Spielers ist. Spieltechnisch funktioniert der Titel einwandfrei. Fast hat man das Gefühl, Fallen Order würde auch ohne Disneys mächtige Lizenz gut funktionieren. Für rund 60 Euro gibt es zwar vergleichsweise wenig Spielzeit, aber jede Menge Star Wars und intensive Unterhaltung.
Frei von Schwächen ist auch der größte Jedi-Meister nicht. Bei Star Wars: Fallen Order ist es ähnlich. Das Spiel ist unterhaltsam, atmosphärisch und technisch gut gemacht. Dennoch leistet es sich vermeidbare Schnitzer und erreicht am Ende in keiner Disziplin ein herausragendes Ergebnis. Dennoch: Fallen Order ist ein schnörkelloses Action-Abenteuer, das mitzureißen weiß. Mehr muss es als Solospieler-Titel gar nicht tun – als Star Wars-Spiel sowieso nicht.