Larry ist zurück! Und diesmal macht er die Karibik unsicher um seine Liebste zu retten. Das klingt nach einer großen Aufgabe für den kleinen Mann im weißen Anzug, vielleicht zu groß. Denn: Leisure Suit Larry hat ein Problem, das nicht spielerischer Natur ist. Die Gesellschaft hat sich gewandelt, Meinungen, Strömungen, Moral – und damit auch, was noch witzig oder bereits unangemessen ist. Ob der Protagonist dennoch lässig genug rüberkommt, damit man Peinlichkeiten einfach weglächeln kann, verraten wir euch in unserem Test zu Leisure Suit Larry: Wet Dreams Dry Twice.
Endlich Urlaub, meint Larry, und macht sich auf in die Südsee. Für ein Spiel der Larry-Reihe scheint die sonnige Karibik der perfekte Schauplatz zu sein: Heiße Temperaturen, heiße Mädels, heiße Klamotten, kühle Cocktails. Und dann einfach Frauen aufreißen? Ganz so plump kommt die Story dann doch nicht daher. Larry Laffer macht sich unter anderem als Geheimagent verdient, sieht sich mit Mystery konfrontiert und tut ansonsten das, was Männer so tun, die bei 45 Grad im Schatten Hemd, Jackett und lange Hosen tragen.
Urlaub auf „Cancum“
Leisure Suit Larry: Wet Dreams Dry Twice ist ein Point-and-Click-Adventure alter Schule. Als Schwerenöter Larry Laffer irrt man durch optisch eindrucksvolle, weil handgezeichnete, Spielumgebungen, sucht Objekte und Subjekte, mit denen man interagieren kann und probiert dann herum, was sich mit dem gesammelten Kram anstellen lässt. Das ist oft gelungen, manchmal allerdings zu absurd, um noch auf einer Logikebene nachvollziehbar zu sein. Mann kann es vermutlich erahnen: Die Qualität der Rätsel schwankt stark. Das muss nicht in jeder Situation gleichzeitig auch schwierig sein, insgesamt ist der Grad der Herausforderung aber durchaus gehoben und entspricht dem, den man von ähnlichen Rätsel-Adventures kennt.
Unterstützt werden Spieler dabei durch Technologie in Form von Larrys Smartphone, auf dem nützliche App installiert sind, die bei der Kombination von Gegenständen helfen und dabei, die Spielziele im Blick zu behalten. Mitunter zeigt sich dabei die große Stärke des Spiels: die meisten Rätsel motivieren zum Ausprobieren, erfordern ein Um-die-Ecke-Denken, werden durch die Hilfen aber durchaus auf ein Level gebracht, das auch Einsteiger in das Genre nicht überfordert. Stets hat man zumindest eine vage Vorstellung davon, wonach man Ausschau halten sollte. In eine echte Sackgasse gerät man dadurch nie. Grandios!
Ebenfalls hilfreich ist erneut eine Schnellreise-Funktion. Per Travel-App reist man zu den einzelnen Inseln. Das geht schnell und spart Nerven. Am Ende liegt die Spielzeit dennoch bei knappen 20 Stunden, nicht zuletzt, weil einige Aufgaben wohl eher als absichtlich implementierte Zeitfresser den Weg in das Spiel gefunden haben und nicht, weil es unbedingt spielerisch notwendig gewesen wäre. Sei es drum: Den überwiegenden Teil der Spielzeit verbringt man auf unterhaltsame Weise.
Auch wenn sich einige Rätsel durchaus als hart Kopfnüsse erweisen und die Logik mitunter leidet, wirklich unfair werden die Rätselpassage nicht. Hier zeigt sich, wie gut die Entwickler die klassische Idee der Point-and-Click-Adventures in eine moderne Zeit überführt haben. Woran Larry-Laffer-Games früher krankten – nämlich teilweise unlösbare Rätsel – ist nicht mehr spürbar. Man hat tatsächliche herausfordernde, aber stets schaffbare Spielsituationen geschaffen. Weil das bei einem Rätsel-Abenteuer das zentrale Spielelement ist, kann man vor diesem Larry nur den Hut ziehen. Bahnen sich frustrierende Momente an, werden diese durch den sarkastischen Humor meist umgewandelt. Leisure Suit Larry: Wet Dreams Dry Twice ist grundsätzlich lustig, keine Frage.
Moralkeule ziehen oder stecken lassen?
Bei Ablegern aus der Leisure Suit Larry-Reihe ist es wie mit Komödien: Stets schwebt die Gefahr sich abnutzender Witze wie ein Damoklesschwert über den Produktion. Das ist auch bei Wet Dreams Dry Twice nicht anders. Das Spiel bedient sich verbreiteter Klischees und zwar nicht zu knapp. Das ist manchmal witzig überzeichnet, manchmal erschreckend absurd, manchmal daneben – es ist der stereotypische Larry-Humor, den man entweder zu schätzen weiß, einfach hinnimmt oder kritisiert. Davon hängt letztendlich ab, wie viel Spaß man mit Leisure Suit Larry: Wet Dreams Dry Twice haben kann.
Ein breites Grinsen, das man beim Spielstart angesichts einiger Gags durchaus haben kann, wird schmaler, je länger man das Adventure spielt. Das bedeutet nicht, dass spätere Witze automatisch die schlechteren sin d. Im Gegenteil: Immer wieder gibt es etwas, über das man herzlich lachen kann – ob man es sollte, ist die andere Frage.
Tatsächlich ist da heutzutage ein weitaus größeres Problem sichtbar, das mit der Gesellschaftspolitik und der Moral. Was vor wenigen Jahrzehnten gang und gäbe war, ist heute verpönt, wird geächtet, oftmals völlig zu recht kritisiert. Larrys Witz hat sich im Laufe der Jahre nicht genug angepasst, scheint es. Ja, es geht um Ironie und oft ist der schwarzhumorige Kontext nicht nur offensichtlich, sondern springt dem Spieler förmlich ins Gesicht – was nicht mehr zeitgemäß ist, ist allerdings der latent sexistische Unterton, das Spiel mit Stereotypen.
So sehr das auch als Witz gemeint ist, hier hätte man gleichzeitig eine ins Spiel verpackte Aufklärungsarbeit leisten können, vielleicht müssen angesichts der kruden Strömungen, die in der Realwelt fließen. Mehr Seitenhiebe auf Larrys unangebrachte Tendenzen wären wünschenswert gewesen. Also ist es, wie es immer war: Wer den Macho im weißen Anzug nicht im Ansatz lustig findet, den wird auch Leisure Suit Larry: Wet Dreams Dry Twice nicht umstimmen können. Wer den typischen Humor zum Fremdschämen mag, der wird im Nachfolger gut bedient. Vom Schwung mit der Moralkeule muss man aber absehen können.
Egal wie man zu den Witzen und Bemerkungen steht, hinter dem vulgären Geplapper verbirgt sich eine echte Hintergrundgeschichte, der man gern folgt.
Leisure Suit Larry: Wet Dreams Dry Twice ist spielerisch gelungen, die Rätsel machen Spaß, der Sound ist prima, die Optik streckenweise grandios – und dennoch will der Funke nicht übe die gesamte Spielzeit überspringen. Das liegt nicht am Spiel selbst – was Crazy Bunch und Assemble Entertainment aus der Grundidee der Reihe herausgeholt haben, ist letztendlich hervorragend.
Es liegt scheinbar an Larry Laffer, der aus der Zeit gefallen ist mit seinem Auftritt, seinem Humor, seiner Art. Im ersten Ableger Wet dreams don’t dry war genau das der Running-Gag, die Zeitreise selbst – und der Witz dahinter funktionierte. Nun scheint es streckenweise so, als wüsste man nicht, was man mit dem abgehalfterten Schwerenöter anfangen soll. Und so bleibt die Gratwanderung zwischen gehobener spielerischer Qualität, gutem Humor, zündendem Sarkasmus und blöden Witzen zum Fremdschämen, stets spürbar.
Infobox
Spielerzahl: 1
Alter: keine Angabe
Schwierigkeit: mittel
Langzeitmotivation: niedrig
Genre: Adventure
Untergenre: Point-and-Click-Rätsel
Publisher: Assemble Entertainment
Entwickler: CrazyBunch
Offizielle Website: Link
Erscheinungsjahr: 2020
Plattformen: PC
Sprach: Deutsch
Kosten: 34,99 Euro
Fazit
Leisure Suit Larry: Wet Dreams Dry Twice setzt im Grunde auf drei Erfolgsfaktoren, die die gesamte Reihe große gemacht haben: Penis-Witze, Penis-Gags und Penis-Humor. Den Entwicklern ist es gelungen, diese Grundzutaten in einem ausgewogenen Verhältnis zu mischen. Will heißen: Larry Laffer ist 2020 so gut wie anno 1987. Wie gut das ist? Das müssen Spieler heute genau so für sich selbst entscheiden wie damals. Immerhin: Rein spielerisch darf man sich darauf einlassen!
Leisure Suit Larry: Wet Dreams Dry Twice ist ein zweischneidiges Schwert: Teilweise tolle Rätsel und eine gute Story treffen auf eine gelungene Präsentation und einen bestenfalls eigenwilligen Humor. Ja, viele Witze zünden, bei anderen muss man hingegen beide Augen zukneifen, um das noch als Sarkasmus durchwinken zu können. Es ist wie mit den über all aus dem Boden sprießenden Hauf-drauf-Comedians: Entweder man mag ihren Witz oder man schaltet ab.
Ähnlich ist es bei Leisure Suit Larry: Wet Dreams Dry Twice und das ist streckenweise schaden, denn was Assemble Entertainment und Crazy Bunch spielerisch auf die Beine gestellt haben, ist selten im Genre der ohnehin seltenen Point-and-Click-Klassiker. Etwas weniger Offensive hätte dem Witz gut getan. Larry Laffer hätte nach seiner zeitreise nun ruhig eine Weiterentwicklung mitmachen dürfen und das würde sicherlich auch gelingen, ohne den Macho allzu weich, allzu angepasst werden zu lassen. Natürlich versteht man die Seitenhiebe hinter den Gags und natürlich spiegeln die Witze weder die Meinungen der Entwickler noch des Publishers wider. Weil auch die Games-Branche mit Sexismus-Problemen und weitaus schlimmeren Anfeindungen zu kämpfen hat, scheint Larry Laffer zum Teil fehl am Platz zu sein mit seinen Ansichten aus den Achtzigern, die selbstverständlich auch damals schon überholt waren.
Moralische und gesellschaftspolitische Erwägungen außer Acht gelassen, präsentiert sich Leisure Suit Larry: Wet Dreams Dry Twice als hervorragendes Rätselspiel, das manchmal dahin plätschert, manchmal fordert, selten auch nervt. Insgesamt wird einem über rund 20 Stunden ein lohnenswertes Spielerlebnis geboten, das sich bezüglich der Inhalte jedoch stark an seiner Zielgruppe orientiert. Fans der Reihe werden jubeln ob der Qualität, Neueinsteiger dürfen nachfühlen, wie es war vor über 20 Jahren, als Al Lowe und Mark Crowe den ersten Ableger der Spielereihe auf den Markt losgelassen haben und man überfordert wurde von der geballten Macht der schlüpfrigen Witze.
Leisure Suit Larry: Wet Dreams Dry Twice zieht seinen Humor aus Provokationen, das muss man wissen, das sollte man akzeptieren können – dann wird mal viel Spaß haben mit dem Spiel. Wem es bei vulgären Gags die Schamesröte ins Gesicht treibt, sollte besser zweimal nachdenken über eine Anschaffung. Zum Glück gibt es eine kostenlose Demo.
Vorschau | Produkt | Bewertung | Preis | |
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Die verrückten Abenteuer des Larry Laffer (Allgemeine Reihe.... * |
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