Mit dem Start der NFL-Saison bringt Electronic Arts unter dem Label EA Sports jährlich einen neuen American-Football-Ableger auf den Markt – auch dieses Jahr bildet keine Ausnahme: die Reihe geht mit Madden NFL 22 in eine neue Runde. Für Fans stellt sich dann die ewiggleiche Frage: Teures Kader-Update oder sinnvolle Neuerungen? Vorab sei gesagt: Madden NFL 22 bietet – wie nicht selten in den vergangenen Jahren – beides. Es ist ein teurer Spaß, aber eben Spaß. Vor allem eingefleischte Fans der Reihe freuen sich über gelungene Detailverbesserungen. Wer den großen, weiten Wurf mit Innovationen erwartet, könnte allerdings enttäuscht werden.
EA Sports bewegt sich mit der Madden-NFL-Reihe seit einigen Jahren auf einem heißen Pflaster. Der Grund dafür ist simpel: Oft werden lediglich Kleinigkeiten verbessert, für einen innovativen Re-Start der Serie waren die Entwickler vermutlich noch nicht mutig genug. Darin liegt tatsächlich ein großes Risiko, denn insgesamt funktioniert Madden NFL gut, macht Spaß und bietet oftmals sinnvolles Feintuning. So auch dieses Jahr: Madden NFL 22 ist erneut ein kleiner Schritt auf dem Weg zur perfekten American-Football-Simulation, hadert allerdings mit einigen technischen Unzulänglichkeiten – insbesondere bei der KI. Da hatten die Entwickler pünktlich zum NFL-Saisonstart bereits nachgebessert – der Start der Season bedeutet jedes Jahr auch für Madden NFL den „echten“ Verkaufsstart obwohl das Spiel zu diesem Zeitpunkt bereits einige Wochen im Handel erhältlich ist. Erst mit Eintritt in die Saison nehmen auch Fans außerhalb der Hardcore-Blase den Titel wahr. Madden NFL 21 hatte uns im Test überzeugt. Es war das „schlechteste beste Spiel der Reihe“, so unser Fazit – Madden NFL 22 setzt eins oben drauf: Es ist noch schlechter, aber gleichzeitig auch besser.
Madden NFL 22: Es gibt Verbesserungen
Zu behaupten, die Entwickler würden die Madden-Reihe einfach verwalten und nicht mehr aktiv daran arbeiten, würde dem Einsatz nicht gerecht. Auch Madden NFL 22 ist eine in vielen Punkten spürbare Weiterentwicklung des gute Grundkonzepts. Das „Momentum“ sorgt für ein noch authentischeres Gameplay, weil es die „Stimmung“ und den Verlauf einer Partie beeinflussen kann: Je nach Geschehen führt das zu neuen Herausforderungen, weil Boni und Strafen dafür sorgen, dass Teams tatsächlich spürbar beeinflusst werden. Auch die NFL-Stars profitieren und wirken werden realitätsgetreuer auf dem virtuellen Rasen abgebildet – die Football-Millionäre glänzen mit ihren besonderen, einzigartigen Moves. Und: Der Franchise-Modus hat ein umfangreiches Update erhalten, ähnelt dafür nun allerdings deutlicher dem Face of the Franchise-Mode. Es ist also viel passiert bei der Neuauflage, auch wenn die Entwickler bei EA Tiburon sich längst nicht jeden Kritikpunkt der Fans zu Herzen genommen haben.
Letztendlich scheint allerdings das Momentum-Feature die spielerisch größte Veränderung bei Madden NFL 22 zu sein: Die Einflüsse auf das Spiel sind deutlich, nicht immer jedoch nachvollziehbar und manchmal offensichtlich auch nicht richtig ausbalanciert. Einige Faktoren wirken sich stärker aus als andere, was grundsätzlich gut ist – nur scheint es so, als hätten die Entwickler es an einigen Stellen etwas übertrieben. Madden NFL 22 wird dadurch stellenweise einen Touch arcade-lastiger. Letztendlich ist das aber Gemecker auf hohem Niveau, denn der Spielfluss profitiert von der neuen Idee. Ähnliches gilt für die künstliche Intelligenz: Immer noch erlebt man fragwürdige Szene, wenn gegnerische Spieler einige ihrer rätselhaften Manöver vollführen oder Taktiken wählen, die man selbst den New York Jets nicht zutrauen würde. Aber: Trotz ihrer Macken gehört die Madden-KI zur besten auf dem Markt – Genreprimus ist sie ohnehin. Wer Madden kennt und liebt, wird das auch in NFL 22 tun. Der Spielspaß kommt unmittelbar auf.
Bei der Präsentation hat EA Tiburon ebenfalls Hand an- und eine ordentliche Schüppe draufgelegt: Was dem Sportspiel ansonsten an Neurungen fehlen mag, machen die Entwickler vor allem durch deutlich bessere Optik und Akustik wieder wett.
Grandiose Optik und Atmosphäre
Die Grafik ist ist insbesondere auf den neuen Powerkonsolen Playstation 5 und Xbox Series X|S eine Augenweide: glattpolierte Animationen und realistische Bewegungen, viele Details auf und neben dem Spielfeld und eine Soundkulisse, die auf einem Dolby-Atmos-System und dem richtigen Boxen-Setup für ein Mittendrin-Gefühl sorgt, machen auch Madden NFL 22 eine Stadion-Erfahrung – zumindest ist man sehr nah dran an dem Live-Erlebnis.
Auch Franchise ist überarbeitet worden, um Spielern mehr Kontrolle auf das Geschehen zu geben. Lange Zeit war speziell dieser Modus eher ein Anhängsel: Immer da, aber niemals wirklich zentral. Nun hat man sich dem Spielmodus bei Madden NFL 22 endlich mit etwas mehr Liebe zugewandt und einige tatsächlich sinnvolle Funktionen umgesetzt. Spieler haben mehr Kontrolle über das Personal, können wöchentlich die Strategien analysieren – letzteres ist allerdings weniger komplex als man meinen könnte. Die Auswahl ist beschränkt, durchaus auch eingeschränkt. Nicht selten sind die Unterschiede marginal. Auch die Gespräche mit den Medien – so oberflächlich oder teils albern das auch wirken mag – sind ein Hinweis auf weitere zukünftige Anpassungen. Spürbar ist, dass all die Planung sich langfristiger auswirken, was dem Modus als Qualitätsmerkmal zugute kommen.
Immerhin: Mit dem angepassten System ist EA Tiburon auf dem richtigen Weg. Auch Madden NFL 22 ist keine reine Next-Gen-Entwicklung, sondern eine Art Hybrid. Man kann derzeit nur spekulieren, aber es ist davon auszugehen, dass der nächste Ableger der Madden-Reihe originär für leistungsstarke Hardware entwickelt wird, ausschließlich. Erst dann wird sich zeigen, ob Madden NFL 22 als Zwischenschritt hin zu Next-Gen den Grundstein hat legen können. Genau so fühlt das Spiel sich nämlich – trotz Anpassungen für Xbox Series und Playstation 5 – an: Es ist eine Weiterentwicklung mit angezogener Handbremse.
Franchise-Zwillinge?
Franchise 2.0 ist der Face of the Franchise-Modus: Als College-Spieler führt man den Protagonisten der Story zu Erfolg und Ruhm. Man stellt sich all den Widrigkeiten, denen sich angehende NFL-Stars so stellen müssen. Tragischerweise spielen sich der Franchise-Modus und Face of the Franchise immens ähnlich. Beim Gameplay gibt es viele Überschneidungen. Wäre da nicht die, in Teilen sogar interessante, Story, hätte man den Face-Spielmodus auch weglassen können. Was sich auf beide Modi positiv auswirkt, ist die Synergie mit dem „Momentum“. Das verleiht den Matches noch mehr Spannung, macht sie dramatischer und runder. Auch hier gilt aber: An den beiden Spielmodi Kritik zu üben, ist Meckern auf hohem Niveau. Beide Modi sind für sich genommen unterhaltsam und spielenswert, sie sind nur nicht verschieden genug.
Weitaus unterschiedlicher fallen die übrigen Modi aus: The Yard als Hinterhof-Football-Äquivalent zu „FIFA Volta“ hat sogar eine Überarbeitung erfahren. Mit Story. Mit mehreren Kapiteln. Verschiedenen Schauplätze und „Boss Fights“ gegen NFL-Größen. Das ist cool, spielerisch allerdings bekannt. Trotz ist vor allem The Yard eine der besten Neuerungen für die Reihe überhaupt. Das ändert sich auch mit Madden NFL 22 nicht, im Gegenteil. Ansonsten ist dabei, was Fans kennen und erwarten: Championships etwa oder der mittlerweile obligatorische Ultimate Team-Modus, als motivierende Verlängerung.
Was nicht vollends gelungen ist – und das muss man EA Tiburon ankreiden – ist die technische Seite bezogen auf Fehler: Immer wieder stößt man auf Bugs und kleine Pannen, die nicht hätten passieren müssen. Das Qualitätsmanagement hat geschlafen oder war sich seiner Sache vielleicht zu sicher. Die Charaktermodelle wirken teils fehlplatziert, es gibt einige Lokalisierungsfehler, auch Abstürze kommen vor, wenn auch selten. Viele davon unterbricht den Spielfluss manchmal, oder lässt einen schmunzeln. Mit Patches und Updates zu beheben sein sollten glücklicherweise alle Fehler, EA Tiburon hatte damit ja bereits begonnen. Ob sich das auf die Wertung auswirkt? Ja, das tut es. Allerdings tut es das nicht in einem dramatischen Ausmaß.
Besonders tragisch ist insbesondere die Tatsache, dass man Madden NFL 22 anmerkt, dass es eine konsequente Weiterentwicklung sein will – genau das aber nicht vollends überzeugend hinbekommt. Ein Rückschritt ist der neue Ableger aber auch nicht: Trotz kleinerer Macken sind die Anpassungen positiv. Das Gameplay bleibt nahezu unverändert, bei den Details hat die Madden-Reihe mit Madden NFL 22 aber erneut zugelegt. Es ist besser als der Vorgänger. Was bleibt, ist einzig das unbefriedigende Gefühl, EA Tiburon hätte noch mehr machen können.
Infobox
Spielerzahl: Singleplayer, Multiplayer
Alter: USK ab 0
Schwierigkeit: mittel
Langzeitmotivation: hoch
Genre: Sportspiel
Untergenre: American-Football-Simulation
Entwickler: EA Tiburon
Publisher: EA Sports
Offizielle Website: Link
Erscheinungsjahr: 2021
Plattformen (Testsystem): PC, Playstation 4, Playstation 5, Xbox One, Xbox Series X|S
Sprache: deutsch
Kosten: ab 59,99 Euro
Fazit
Madden NFL 22 ist erneut eine konsequente Weiterentwicklung, allerdings eine, bei der die Entwicklung auf Qualitätsebene noch mehr Sorgfalt hätten walten lassen sollen. Der neue Ableger aus der American-Football-Reihe macht Spaß, unterhält, bietet Stimmung, sorgt für Emotionen – kurzum: macht alles, damit aus dem Zocken zu Hause ein möglichst realistisches NFL-Erlebnis wird. Bugs und Fehler machen genau dieser eigentlich grandiosen Atmosphäre dann einen Strich durch die Rechnung. Unspielbar ist Madden NFL 22 deshalb nicht, aber es wird noch einige Monate benötigen, um zu reifen. Dann allerdings wird auch der diesjährige Ableger die Messlatte wieder einen Zentimeter höher legen.
Die vielen Spielmodi und Aufgaben motivieren langfristig. Ob man bei der deutlich Gameplay-Ähnlichkeit am Ende beide Franchise-Spielmodi angeht, muss jeder selbst entscheiden. Madden NFL 22 punktet hingegen, wo Sportspiele punkten müssen: beim Gameplay. Das ist erneut herausragend, erneut einen Tick besser als im Vorjahr – und dank des „Momentum“-Konzepts auch sinnvoll angepasst.
Wer dem aktuellen Teil der Reihe bescheinigt, ein teures Kader-Update zu sein, hat Madden NFL 22 vermutlich nicht ausgiebig genug gespielt. Es sind viele neue Ansätze erkennbar, die EA Tiburon vermutlich in den nächsten Jahren ausbauen wird. Das ist schlecht für all jene, die sich das bereits für den 22er-Teil gewünscht haben, aber gut für die Marke an sich. Die Entwickler senden damit eine Botschaft: Wir sind noch lange nicht am Ende angekommen.
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