Als die ersten Tipps zu den nominierten Brettspielen für die Wahl zum Spiel des Jahres 2016 sowie die Wahl zum Kennerspiel des Jahres 2016 abgegeben wurden, kristallisierten sich schnell einige Favoriten heraus, die von Spielekennern besonders häufig genannt wurden. Die Zeit der Prognosen ist nun vorbei. Vor wenigen Minuten verkündete die Spiel des Jahres Jury die diesjährigen Sieger des prestigeträchtigen Preises. Ob die Favoriten am Ende gewinnen konnten oder ob sich doch einer der Underdogs durchgesetzt hat, erfahrt Ihr im nachfolgenden Beitrag zur Wahl des Spiel des Jahres 2016.
Über den Spiel des Jahres e.V.
Der Spiel des Jahres e.V. vergibt einmal im Jahr Preise an besonders herausragende Spieletitel in den folgenden drei Kategorien: Spiel des Jahres, Kennspiel des Jahres sowie Kinderspiel des Jahres 2016. Für Autoren ist der Gewinn dieses Preises wie ein Ritterschlag, der sie in den Olymp der Spiele-Autoren katapultiert. Derzeit besteht die Jury des Spiel des Jahres e.V. aus zehn Mitgliedern, die sich als Spielekritiker verdient gemacht haben.
Die Verleihung des Spiel des Jahres hat mittlerweile Tradition. Das erste Mal wurde die Preisverleihung im Jahr 1979 durchgeführt – in der „Brettspiel-Hauptstadt“ Essen an der Ruhr, mitten im wunderschönen Ruhrpott. Zwischen Kohle und Stahl ward damit ein kulturelles Event geboren, das auch 37 Jahre später von Brettspiel-Fans aus aller Welt erwartet wird. Welchen immensen Einfluss die Verleihung der Kritikerpreise tatsächlich hat, zeigt sich erst, wenn an die Verkaufszahlen der prämierten Titel betrachtet. Statistiker gehen von mehr als einer Verzehnfachung der Startauflage aus. Die heutige Entscheidung ist daher insbesondere für Verlage von betriebswirtschaftlicher Relevanz.
Spiel des Jahres 2016: Codesnames
Lange vor der Bekanntgabe der Nominierungen zum Spiel des Jahres 2016 galt Codenames vom Heidelberger Spieleverlage als heißer Favorit. Das Deduktionsspiel von dem Spieleautor Vlaada Chvátil eignet sich hervorragend für große Spielegruppen und ist mit einer Spielzeit von rund einer Viertelstunde ideal, um kommunikative Denker zu abendfüllenden Spiel-Events zu motivieren. Über 200 Begriffskarten sorgen für Langzeitmotivation und einen hohen Wiederspielwert. Hinter Codenames steckt ein ausgeklügeltes Logik-System: Als Teil eines Agenten-Teams muss man Kontakt zu seinen Agenten aufnehmen, deren Identitäten jedoch mithilfe von Codenamen verschlüsselt sind.
Der Lösung näher bringt einem der Geheimdienstchef, der durch die Bekanntgabe einzelner Wörter Hinweise auf die wahren Identitäten gibt – und zwar stets in Form einzelner Wörter, die in Zusammenhang mit den ausliegenden Codenamen stehen. Das Spielprinzip ist schnell verstanden und baut allein auf den Schlussfolgerungen deduktiver Logik auf: dass heißt, die Spieler schließen vom Allgemeinen auf das Besondere. Die jeweiligen Geheimdienstchefs versuchen, Begriffspaare zu nennen, hinter denen die Aufdeckung der eigenen Agenten steckt. Das ist mitunter gar nicht so leicht, denn schnell übersieht man einen logischen Schluss, der zur Offenbarung eines feindlichen Agenten führt. Das Spiel des Jahres 2016 vom Heidelberger Spieleverlag ist ein hervorragendes Familien- und Partyspiel, das für jede Menge Knobelspaß sorgt.
Kennerspiel des Jahres 2016: Isle of Skye
Die Jury des Spiel des Jahres e.V. hat entschieden: Kennerspiel des Jahres 2016 ist Isle of Skye von Lookout Spiele. Die Autoren Alexander Pfister und Andreas Pelikan haben mit Isle of Skye ein strategisches Handelsspiel geschaffen, bei dem es im Kern darum geht, die Handlungen des Gegenspielers treffsicher einzuschätzen. Nur wer die Kaufpreise für die eigenen Inselgebiete derart überlegt gestaltet, dass Andere diese kaufen, kann die Herrschaft über die legendäre Insel an sich reißen. Falsche Einschätzungen führen dazu, dass die ausgepreisten Inselgebiete selbst gekauft werden müssen, was tiefe Löcher im schottischen Geldbeutel hinterlässt. Spielerisch erinnert Isle of Skye entfernt an den Brettspieleklassiker Carcassonne, mit dem Unterschied, dass das Kennerspiel des Jahres 2016 von Lookout Spiele um ein Vielfaches schneller und taktischer ist.
Die psychologische Komponente besteht darin, den Nutzen der ausliegenden Geländeplatten für den Gegner und zugleich sich selbst abzuschätzen. Damit dies nicht zu einfach ist, arbeitet man in Isle of Skye mit einem Sichtschutz, hinter dem jeweils drei Spielplättchen ausliegen. Eine Partie dauert rund 40 bis 60 spannende Minuten. Die Punktevergabe richtet sich nach den Regeln, die die Spieler zuvor festgelegt haben: So gibt es beispielsweise Punkte für den längsten gebauten Weg, den flächenmäßig größten See oder die größte Anzahl an Türmen. In fünf Spielrunden mit unterschiedlichen Siegbedingungen wird so der Herrscher über die sagenumwobene Insel ausgespielt. Mit jeder Partie steigen die Ansprüche, das eigene Spielergebnis weiter zu verbessern. Und mit jeder Partie geht man davon aus, den Gegner besser einschätzen zu können – dumm nur, dass der Gegenspieler das genauso sieht.
Spiel des Jahres 2016: Kommentar zur Preisverleihung
Die diesjährigen Preisverleihungen des Spiel des Jahres 2016 sowie des Kennerspiel des Jahres 2016 waren besonders spannend. Nicht, weil die Verleihung an sich so unglaublich aufregend gewesen ist, sondern weil in diesem Jahr selbst die „Underdogs“ eine reelle Siegchance gehabt haben.
Codenames ist zweifellos ein toller Titel, der viele Spielertypen anspricht und mit kurzen Spielrunden auch Gelegenheitsspieler begeistert. Das Kulturgut der Brettspiele wird so zu Menschen getragen, die sich vor komplexen Brettspielen sonst eher verschließen. Mit simplen Regeln und stets nachvollziehbaren Schlussfolgerungen ist Codenames ein Spiel für Jedermann und damit auch ein würdiger Titelträger des Preises Spiel des Jahres 2016. Mit rund 17 Euro Anschaffungskosten ist das Logikspiel vom Heidelberger Spieleverlag zudem günstig und damit ideal als Einsteigertitel geeignet.
Es ist faszinierend, wie viel Spielspaß das Auslegen und Erraten von 5 x 5 Begriffsplättchen erzeugen kann. Selbst ohne den Titelgewinn wäre Codenames von Autoren-Legende Vlaada Chvátil eines der Highlights des Spielejahres 2016 gewesen. Die Spiel des Jahres Jury würdigte damit die gelungene Symbiose aus Simplizität auf der einen und Komplexität auf der anderen Seite. Codenames wird ein Dauerbrenner auf den internationalen Spieltischen werden und damit ein zeitloses Aushängeschild für die Qualität moderner Brettspielkonzepte sein. Nicht vergessen sollte man bei all dem Lob die anderen Nominierten: Karuba► von Haba sowie Imhotep► von Kosmos.
Fans psychologisch herausfordernder Brettspiele freuen sich mit Isle of Skye als Kennspiel des Jahres 2016 über einen, ebenfalls erst auf den zweiten Blick anspruchsvollen Titel. Die grundlegenden Spielregeln sind recht simpel für ein Kennerspiel, doch die Qualität ist der eines Preisträgers mehr als würdig. Das zugängliche Brettspiel Isle of Skye arbeitet geschickt mit den Erwartungen der Mitspieler. Spannend ist, was man nicht sieht: nämlich das Erdenken der perfekten Preisstrategien und die Überraschung, wenn eben diese Taktiken dann doch nicht aufgehen, weil der Gegenspieler völlig andere Vorstellungen hat. Im Bereich der Kennerspiele war die Konkurrenz in diesem Jahr erstklassig. Mit T.I.M.E Stories war ein erzählerisch dichter Brettspielteil vertreten, der den Preis ebenso verdient hätte. Und auch die Neuauflage von Pandemie mit einem tollen Legacy-Mechanismus wäre völlig zu recht Kennerspiel des Jahres 2016 geworden. Was für leidenschaftliche Brettspieler bleibt, ist die Erkenntnis, dass wohl alle drei nominierten Titel im Spieleregal landen werden, sofern diese aufgrund ihrer großartigen Qualitäten nicht ohnehin schon angeschafft worden sind.