Das Entwicklerstudio Mintrocket hat ein sensationelles Debüt mit dem Tiefsee-RPG Dave the Diver hingelegt. Über eine Million Mal hatte sich das Spiel bereits Mitte Juli verkauft – zu diesem Zeitpunkt hatte der Titel erst seit rund zwei Wochen offiziell den Early-Access verlassen. Wer sich mit dem Taucher Dave einmal in das tiefe Blau gestürzt hat, wird seine Finger so schnell nicht mehr von dem Abenteuer-Mix lassen können. Denn: Dave the Diver ist das fast perfekte Videospiel.
Mintrocket hat Mut bewiesen mit der Mixtur aus Tiefsee-Erkundung, Rollenspiel und Restaurant-Manager – und als wäre das alles nicht genug, gibt es unzählige Minigames und eine echte Hintergrundgeschichte. Dave the Diver beginnt mit einem Moment des Staunens: Wer sich zum ersten Mal unter die Meeresoberfläche begibt, wird von der riesigen Unterwasserwelt verzaubert. Die Prämisse ist dabei schräg: Als Taucher sammelt man Fische, die dann wiederum in einem nächtlichen Arbeitsakt in einem Sushi-Restaurant zu feinsten Speisen verarbeitet werden. Mintrocket reichert das mit Sim-Aspekten und ein abgedrehten Story an – und hat somit letztlich ein Videospiel entwickelt, das keine Wünsche offenlässt.
Dave the Diver ist pure Überraschung
Dave the Diver ist ein Rollenspie, dass immer wieder für Überraschungen sorgt. Die Pixel-Charaktere sind nicht bloßes Beiwerk, sondern teils tiefgründig gezeichnet. Auch die Geschichte kann oft mit unerwarteten Momenten punkten. Kurzum: Das Retro-Indie-Rollenspiel ist ein echter Spaßgarant, der Spielende bei Laune halten kann. Rund 20 Stunden braucht es um die Geschichte zu erleben, wer das gesamte Spiel „beenden“ möchte, kann die Zahl in etwa verdoppeln. Dass ausgerechnet ein Budget-Titel sich zum bislang besten Spiel des Jahres aufschwingen konnte, ist dem Ideenreichtum der Entwickler zu verdanken – und auch ihrem Mut, Dinge anders zu machen.
Einen übergewichtigen Taucher zu m Protagonisten eines Abenteuers zu machen, bei dem es mitunter um knackige Bosskämpfe und jede Menge Bewegung geht, fühlt sich erfrischend an. Endlich steuert man keinen Muskelprotz aus dem Helden-Generator, was den Tiefsee-Experten Dave zu einer wahrhaft sympathischen Figur macht. Man nimmt dem Charakter auch die Leidenschaft für sein Sushi-Restaurant ab – so fühlt sich der Kniff um die Management-Simulation weitaus weniger fremd an als es sich auf dem Papier zunächst lesen könnte.
Die Story beginnt seicht und fast nichtssagend: Eine Gruppe von Freunden um Dave the Diver eröffnet eine Bar in der Nähe der geheimnisvollen Blauen Tiefe, bei der es sich um ein offenbar magisches Gewässer handelt. Mintrocket nutzt diesen Trick für sich: erst durch dieses Mysterium wird es „glaubwürdig“, dass sich die Unterwasserwelt täglich verändern kann. Als wäre das nicht schon schrägt genug, wird man mit mysteriösen Meeresbewohnern konfrontiert.
Jeden Tag ein Abenteuer
Die ebenso liebenswerte wie ungewöhnliche Geschichte entspinnt sich schrittweise. Jeder Tag in der neuen Unterwasserwelt wird zu einem kleinen Abenteuer. Zwischensequenzen treiben das Spiel voran, und immer wieder lassen die pixeligen Charaktere witzige Sprüche vom Stapel, bei denen man sich ein Schmunzeln meist nicht verkneifen kann. Anspielungen auf die moderne Popkultur gibt es haufenweise – und auch das eine oder andere Videospiel wird aufs Korn genommen. Langweilig wird das merkwürdigerweise nicht: Auch bei weiteren Spieldurchgängen will man die Pixel-Filmchen ungern überspringen: Sie sind einfach fantastisch!
Springt man dann ins Wasser, wechselt das Spiel in einen völlig anderen Gameplay-Modus: Bewaffnet mit Gewehren, Tauchutensilien und einer Harpune erkundet man die Meereswelt, sammelt Loot und Fische und trifft auf so manchen deutlich gefährlicheren Meeresbewohner. Haie oder Riesenkraken sind dabei nur zwei der Gegner, die es zu beharken gilt und deren Attacken man durch gutes Timing ausweichen muss. Sterben gehört bei Dave the Diver zum Geschäft: Seine Ausrüstung und das Gesammelte verliert man dann – lediglich einen Gegenstand aus dem Inventar darf man behalten. Das Sammeln von Schätzen und Aufspüren von immer neuen Kreaturen unterhält und motiviert. Die Bildschirmtode nimmt man dafür gern in Kauf.
Auch hier beweisen die Entwickler ihre Cleverness: Das Spiel belohnt Fans für umsichtige Kämpfe. Mit roher Gewalt gewinnt man keinen Blumentopf. Und so gilt es, seinen Kampfstil zu verfeinern, um die Tiefseeabenteuer zu meistern. Die simple Faustformel: Je schwerer die eingesetzte Waffe ist, desto geringer fällt die Ausbeute für das Restaurant aus. Also sollte man Fische falls möglich lebend fangen, indem man die Harpune, Betäubungswaffen oder Netze einsetzt. Frischer Fisch ist lukrativer, aber man kommt schwerer an ihn heran. So kann man dem Spiel letztlich seinen Stempel aufdrücken und einen Stil entwickeln, der meist ein guter Kompromiss aus Kampfkraft und Frischfisch-Effizienz ist.
Viele Quests, viele Spiele
Manchmal sind es bei Dave the Diver echte Highlights, mit denen die Story questseitig vorangetrieben wird: Mal stößt man auch einen furchterregenden Gegner, mal gilt es einen Delfin zu retten – und stets muss man vor dem Tauchgang entscheiden, mit welcher Ausrüstung man ins Wasser geht. Das beeinflusst das Gameplay enorm. Mit einem Scharfschützengewehr schießt man Gegner aus der Ferne zu Brei, verfügt dafür aber nur über wenig Munition. Mit einer Schrotflinte gibt es wenige Fehlschüsse, allerdings muss man nah an die Kreaturen heran, was nicht zuletzt die Zeit zum Ausweichen verringert. Letztlich ist der Ablauf aber stets ähnlich: Gegner erspähen, hinschwimmen, schießen, wegschwimmen – das ist zwar repetitiv, aber selten langweilig. Hier und da kann man auch kreativ werden, wenn es um die Kämpfe geht.
Auch kleine Rätsel haben die Entwickler eingebaut, um für noch mehr Abwechslung zu sorgen. Schalterrätsel offenbaren neue Wege und Welten, Spiegelrätsel sorgen für Kurzweil – oft muss man die kleinen Trickeinlagen überhaupt erst entdecken und durchschauen. Dave the Diver ist ein großes Spiel, das im Grunde aus vielen kleinen Spielen besteht. Angereichert wird das durch einen Sim-Aspekt, der sich zwischen den Tauchgängen entfaltet. Man kauft Ausrüstung, wird effizienter, vergrößert den Sauerstofftank oder kauft sich neue Waffen. Vor allem beim Sauerstoff ist Management alles: Die Anzeige gilt es unter Wasser stets im Auge zu behalten, frühzeitig sollte man nach Möglichkeiten zum Auffüllen suchen. Das wird manchmal spannend, wenn die Atemluft ohnehin schon knapp wird und einem dann noch Raubfische an den Schwimmflossen hängen. Ein Biss kann das Ende bedeuten. Speichern kann man während der Tauchgänge nicht, auch das sollte man bedenken.
Die neue Ausrüstung möchte man übrigens gern wieder ausprobieren und stürzt sich erneut ins Wasser. Es ist nicht leicht, Dave the Diver, in unserem Fall auf dem Steam Deck, aus der Hand zu legen. Was in anderen Spielen das Motto „Noch ein Level“ ist, ist bei diesem ungewöhnlichen RPG der Spruch „Noch ein Tauchgang“. Man. Muss. Weiter. Machen.
So richtig gut ist Dave the Diver letztlich wegen seiner tollen Ideen: Es gibt alles zwischen Glücksspiel, Unterwasserfotografie und Haustierzucht. Auch Rhythmus-Minispiele gehören zum Portfolio. Im Verlauf der Story bleibt so stets ungewiss, ob und wann die Entwickler wieder mit einem neuen schrägen Spiel um die Ecke kommen. Die 20 bis 40 Spielstunden vergehen wie im Flug.
Am Ende funktioniert der Großteil der Ideen hervorragend, aber eben längst nicht alle. Manchmal wird man mit langweiligen oder unausgegorenen Passagen oder Minispielen konfrontiert, die man gern überspringen würde oder von denen man sich wünscht, dass sie in der Qualitätsabteilung vom Tisch gewischt worden wären. Dennoch ist das Gemecker auf hohem Niveau, denn selbst die vermeintlich schlechten Spielabschnitte sind gut genug, um den Drang zum Weitermachen aufrechtzuerhalten.
Technisch gibt es kaum etwas zu bemängeln. Hier und da brach die Framerate ein, manchmal stört ein Bug. Insgesamt läuft Dave the Diver aber so butterweich über den Bildschirm wie ein Lachsröllchen.
Infobox
Spielerzahl: Singleplayer
Alter: ab etwa 12 Jahren
Schwierigkeit: mittel
Langzeitmotivation: mittel
Genre: Rollenspiele
Untergenre: Action-RPG mit weiteren Elementen
Entwickler: Mintrocket
Publisher: Mintrocket
Offizielle Website: Link
Erscheinungsjahr: 2023
Plattformen (Testsystem): PC-Steam, Steam Deck, Nintendo Switch (angekündigt)
Sprache: deutsch
Kosten: ab 19,99 Euro
Fazit
Dave the Diver ist eine kaviarlegende Wollmilchsau unter den Indie-Spielen: Es ist charmant, spannend, abwechslungsreich, seicht, schwer, mitreißend und vor allem immer witzig. Mintrockets Debüt ist ein Abenteuer-RPG, das man so schnell nicht vergessen wird. Und nach dem Ende ertappt man sich dabei, wie man nach einem neuen Dave the Diver in der Steam-Bibliothek sucht.
Die Geschichten um Bancho oder Duff stecken voller Herzblut, die Minispiele überraschen und sorgen für Abwechslung, auch wenn deren bloße Menge manchmal wie ein Fremdkörper wirkt. Am Ende ist Dave the Diver ein Abenteuer, das motiviert ohne zu überfordern.
Noch besser ist Dave the Diver, weil es sich als Solospiel perfekt in seiner „Handheld-Version“ auf dem Steam Deck spielen lässt. Und irgendwann in naher Zukunft wird Mitrocket das Spiel auch für Nintendo Switch veröffentlichen und dann erneut dafür sorgen, dass viele Spielerinnen und Spieler lieber in virtuelle Meereswelten hinabtauchen als den Gang zu einem echten Schwimmbad anzutreten.
Man kann es nur wiederholen: Dieses Spiel gehört zu den bislang besten des Jahres.
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