Mit Pikmin 4 kehren die gleichnamigen wuseligen Wesen, nach dem Release des dritten Teils der Reihe im Jahre 2013, nun endlich auf die Nintendo Switch zurück. Neben dem Release des neuen Hauptspiels am 21. Juni durften sich eingefleischte Fans bereits im Vorfeld über zwei exklusiv im eShop erschienene Remaster der ersten beiden ikonischen Teilen freuen. Pikmin 4 beschert nicht nur Kennern der Reihe schöne Gaming-Stunden, sondern auch eher unerfahrenen Spielern innerhalb des Strategie-Genres. Etliche spaßige Neuerungen im Gameplay sowie der treue Rettungshund Otschin mit seinen knuffigen Kulleraugen machen den Titel zu einem charmanten und familienfreundlichen Switch-Spiel für zwischendurch. Nichtsdestotrotz gibt es auch nicht ganz so erfreuliche Nachrichten: Der beliebte Koop-Modus aus Pikmin 3 Deluxe hat es leider nicht in das finale Spiel geschafft.
Ein kleiner Exkurs in die Pikminologie
Für die Leser, welche die Strategiespiel-Reihe noch nicht kennen, folgt, ein kleiner aber feiner Pikmin-Crashkurs. Kenner können diesen selbstverständlich an dieser Stelle einfach überspringen. In Pikmin 4 pflückt der Spieler in der Rolle eines kleinen Astronauten mit Mii-Optik bunte Pflanzenwesen. Diese können im Laufe des Spiels vermehrt werden und dienen als eine Art von Lebensversicherung auf einem fremden, erdähnlichen Planeten voller Kreaturen und Gefahren. Als Teil einer groß angelegten Rettungsmission muss sich der Spieler auf die Suche nach der verschollenen Person Olimar begeben. Während der Erkundung der einzelnen Gebiete gilt es so viele Schätze (riesige Früchte, Goldnuggets, Alltagsgegenstände oder alte Videospiel-Konsolen) wie möglich einzusammeln und zum Raumschiff der Beagle zu transportieren.
Um diese besagten Schatz-Items zu bergen und etliche Gegner zu besiegen, wirft der Spieler Mitglieder seiner Wusel-Armee im hohen Bogen auf sie. Gehobene Schätze und besiegte Gegner können nach getaner Arbeit von den Pikmin zur Beagle und der Basis gebracht werden. Die gesammelten Objekte werden anschließend in wichtige Ressourcen oder neue Pflanzenwesen umgewandelt. Insbesondere der Erhalt von sogenannten Glitzerium ist wichtig, um mit dem beschäftigen Raumschiff den fremden Planeten weiter nach Olimar absuchen zu können. Des Weiteren lassen sich mit den gesammelten Ressourcen nützliche Gadgets und neue Fähigkeiten für Otschin erwerben.
Die Pikmin besitzen unterschiedliche Körperfarben, die jeweils eine besondere Eigenschaft beziehungsweise Fähigkeit bedeuten. So sind beispielsweise die roten Vertreter resistent gegen Feuer und haben einen stärkeren Angriff, gelbe Pikmin können Strom leiten und die blauen Artgenossen bewegen sich frei im Wasser, während die anderem im kühlen Nass ertrinken. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass Pikmin alleine nicht besonders klug sind. Sie benötigen klare Anweisungen, und einen starken Anführer, der sie mit einer Trillerpfeife antreibt.
Der eigentliche Gameplay-Loop von Pikmin 4 ist nicht wirklich komplex und gliedert sich in einzelne, nicht limitierte Tage der Rettungsmission, welche in verschiedenen Arealen stattfinden und möglichst erfolgreich sowie verlustfrei abgeschlossen werden sollten. Die zu bereisenden Gebiete sind alle Teil eines gigantischen Vorgartens, indem der Spieler wie eine Miniatur-Figur wirkt. Dabei wird man sehr an den Film-Klassiker „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“ aus dem Jahre 1989 oder das Survival-Spiel Grounded erinnert. Auf den Missionen hat der Spieler dann im Schnitt 15 Minuten Zeit, um möglichst viele Aufgaben abzuschließen, bevor die Nacht hereinbricht, in der es vor Gefahren nur so wimmelt.
Mehr Geist liebe, Storyteller!
Etwas negativ viel während des Testens, die recht oberflächlich gehaltene Story auf, welche zu einem deutlichen Bruch in der Immersion führte. Mehr als eine kleine Einführung vor dem Tutorial-Level und die Gespräche mit NPC’s ist es mit dem Storytelling und Worldbuilding nicht. Dies mag wohl in erster Linie an der recht jungen Zielgruppe des Titels liegen. Für diese sind die durchaus humorvoll geschriebenen Dialoge, die einfach nur gute Laune und Charme versprühen, jedoch das genau Richtige. Nichtsdestotrotz rechtfertigt dies nicht die plump wirkende Entscheidung, die Haupt-Ressource im Spiel Glitzerium zu nennen. Trotzdem soll im Folgenden die Story des Games in wenigen Sätzen zusammengefasst werden.
Captain Olimar muss während einer Expedition auf einem fremden Planeten notzulanden. Nach einiger Zeit gelingt es ihm, sein Raumschiff zu reparieren und ein Notsignal abzugeben. Umgehend wird eine Rettungscrew zusammengestellt, um den verschollene Captain Olimar zu finden. Durch ungeklärte Umstände erleiden jedoch auch die Mitglieder Rettungsmission, Schiffbruch und stranden auf dem erdähnlichen Planeten. Nun liegt es am Spieler in der Rolle eines tapferen Astronauten, die über den ganzen Planeten verstreute Besatzung erfolgreich zu retten und in Sicherheit zu bringen.
Größer, vielfältiger und liebenswerter als die Vorgänger
Pikmin 4 schafft es mit Bravour, das altbekannte Strategiekonzept der Reihe bestehend aus dem Bergen von Schätzen und dem Bekämpfen von feindlichen Kreaturen mit sinnvollen und spannenden Neuerungen zu vereinen. In diesem Artikel werden die wichtigsten von ihnen in Kürze vorgestellt. Eine sehr bedeutende Neuerung ist die Möglichkeit, einen eigenen Charakter zu erstellen. Zu Beginn des Spiels und im späteren Verlauf kann in einem Editor mit einfachen Hangriffen ein eigener Astronaut zusammengestellt werden. Zu den Einstellungsmöglichkeiten gehören Frisur, Farbe des Raumanzugs und der Haare sowie die Wahl der Kopfform.
Auch in puncto Menüführung hat sich das Spiel im Vergleich zu den Vorgängern deutlich weiterentwickelt. Vorbei sind die Zeiten, in denen man über ein karges Menü ins nächste Gebiet reist. Dies geschieht nun über eine frei begehbare Hub-Welt, die gleichzeitig als Missions-Zentrale und Landeplatz dient. In ihr können die Spieler mit geretteten NPC’s sprechen, Ressourcen gegen Gadgets und Fähigkeiten eintauchen sowie zu den einzelnen Missionen aufbrauchen. Selbstverständlich können hier auch die Pikmin Stück für Stück vermehrt werden. Nach jedem Tag der Rettungsmission kehrt der Spiel-Charakter hierher zurück.
Darüber hinaus ist die Pikmin-Familie inzwischen auf neun unterschiedliche Arten herangewachsen. Erstmals können in der Reihe Eis- und Leucht-Pikmin über das gesamte Spiel verteilt von den Nutzern angetroffen werden. Eis-Pikmin frieren Gewässer und Gegner ein und sind zudem resistent gegen Frostattacken. Leucht-Pikmin kommen hingegen nur in Nachtmissionen zum Einsatz, greifen Gegner im Flug an und sind immun gegen sämtliche Formen von Elementarschäden und Gift.
Zusätzlich können in Pikmin 4 jetzt auch in der Nacht die einzelnen Gebiete bereits werden. In diesen nächtlichen Missionen stehen dem Spieler ausschließlich die oben beschriebenen Leucht-Pikmin zur Verfügung. Diese gilt es bis zum Sonnenaufgang zu vermehren und ihre Leutbauten gegen Horden von gefräßigen Monstern zu verteidigen. Diese besonderen Missionen werden jedoch erst nach guten acht Stunden verstrichener Spielzeit freigeschaltet und bieten eine schöne Abwechslung im Gameplay.
In den einzelnen Gebieten lassen sich zahlreiche Zugänge in den Untergrund finden. Über diese erhält der Spieler Zugang zu Dungeons, welche jedoch mit voranschreitender Spielzeit recht wiederholend wirken. Auch die sogenannten Dandori-Duelle können über diese Zugänge auf der Map gestartet werden. In eben jenen Duellen muss der Spieler innerhalb von fünf Minuten mehr Punkte durch das Sammeln wertvoller Schätze erzielen als der außerirdische Herausforderer. Die Schwierigkeit der einzelnen Dandori-Duelle zieht recht schnell an.
Die größte und charmanteste Neuerung in Pikmin 4 ist und bleibt aber Rettungshund Otschin ein permanenter zweibeiniger Begleiter innerhalb des Spiels. Mit dessen Hilfe müssen beispielsweise in den Dungeons kleine Rätselpassagen gelöst werden oder Hindernisse überwunden werden. Im Verlauf der Kampagne Otschin sogar zu schwimmen, schneller zu graben, Pikmin zu transportieren und zu pflügen. Auch beim Abtransportieren von Schätzen oder Gegnern hilft der gelbe Hund und steht dem Spieler in den Kämpfen tatkräftig zur Seite. Wird im Laufe des Spiels eine verschollene Person geborgen, erhält Otschin hierfür einen Fähigkeitspunkt. Mit diesem können bestehende Fähigkeiten verbessert und verstärkt werden.
Infobox
Spielerzahl: Vornehmlich Singleplayer, verschiedene Koop-Modi für zwei Spieler
Alter: USK ab 6 Jahren freigegeben
Schwierigkeit: mittel
Langzeitmotivation: mittel
Genre: Strategie
Untergenre: Adventure, Echtzeitstrategiespiel
Entwickler: Nintendo Entertainment Planning & Development
Publisher: Nintendo
Offizielle Website: Link
Plattform: Nintendo Switch
Sprache: deutsch
Kosten: 59,99 Euro im Nintendo eShop
Fazit
Nintendo behält bei Pikmin 4 den bewährten Gameplay-Loop der Serien bei und legt gleich mehrere komplett neue Features sowie Detailverbesserungen obendrauf. Dabei bietet der Titel genau das, was die Reihe bei den Fans über die Jahre so beliebt gemacht hat und kann den Vorgänger deutlich übertrumpfen. Insbesondere der treue und liebenswerte Rettungshund Otschin ist eine tolle Bereicherung der Mechaniken. Auch die vielen unterirdischen Dungeons und durchaus herausfordernde Dandori-Duelle sind eine schöne und abwechslungsreiche Neuerung. Das Ganze wird von einem Artstyle mit Wohlfühlfaktor und einigen Quality-of-Life-Verbesserungen abgerundet. Pikmin 4 ist ein absoluter Top-Titel und ein Pflichtkauf für Nintendo-Switch-Besitzer in diesem Jahr. Speziell eignet sich das Spiel für jünger, mit Strategiespielen eher unerfahrene Nutzer sowie für Gelegenheitsspieler.