Pünktlich um 00.01 Uhr startete die Filmvorführung, der wir Star Wars Fans bereits seit Jahren entgegenfieberten. Als die typische Rollschrift über die Kinoleinwand wanderte, war die Freude seitens der Fans deutlich zu spüren: Endlich wieder Star Wars, für viele Besucher sogar das erste Mal Star Wars im Kino. Egal ob Hardcore-Fan, Sci-Fantasy-Interessierter, alt oder jung, das Gefühl, Star Wars in einer Mitternachtspremiere im Kino erleben zu dürfen verband Generationen. Im Vorfeld hörte ich viele positive Stimmen, die von „großartig“ bis hin zu „der beste Star Wars Film seit den 80ern“ reichte. Doch auch negative Kritiken wollten allzu euphorische Fans vorwarnen und vor einer Enttäuschung bewahren. Davon unberührt, wollte ich mir mein eigenes ganz persönliches Bild vom neuen Star Wars Film machen. Mein Review lest Ihr im nachfolgenden Blogartikel. Möge die Macht mit Euch sein!
Wo alles begann
Was Regisseur J.J. Abrams mit Star Wars – Das Erwachen der Macht geschaffen hat, ist nicht weniger als ein Meisterwerk, das zumindest in den Kategorien Beste Effekte, Sounds und Kostüme für die nächste Oscar-Verleihung als Nominee gesetzt sein dürfte. Doch der Reihe nach: Beginnen wir ganz am Anfang, auf dem abgelegenen Wüstenplaneten Jakku…
Star Wars – Das Erwachen der Macht startet furios und wirft die Fans mitten hinein in knallharte Action, die man von einem Star Wars Film nicht unbedingt erwarten würde. Auf der Suche nach einem geheimen Kartenfragment begibt sich Poe Dameron (Oscar Isaacs) mit seinem Droiden BB-8 auf den Planeten Jakku. Die erste Einstellung zeigt ihn und Lor San Tekka (Max von Sydow) bei der Übergabe des Datenstifts, der die Karte zum geheimen Aufenthaltspunkt von Luke Skywalker (Mark Hamill) enthält.
Dass auch die Schergen der Ersten Ordnung nach diesem Fragment suchen, sollte nun die wenigsten überraschend. Kurz nach der Übergabe landen Sturmtruppen angeführt von Kylo Ren (Adam Driver) in dem kleinen Dorf auf Jakku. Was folgt ist eine actionreiche, düstere Kampfhandlung, deren Abschluss nicht weniger ist, als die Ermodung Lor San Tekkas durch Kylo Ren sowie der Massenmord an der Dorfbevölkerung. Dieser Einstieg zeigt, wie ernst J.J. Abrams mit dem Star Wars Franchise umgegangen ist. Bedenken, Disney würde aus Star Wars eine reine Kinderfilmreihe machen, waren bereits nach fünf Minuten ausgeräumt. In der genannten Schlacht hat auch Sturmtruppe FN-2187 alias Finn (John Boyega) den ersten großen Auftritt. John Boyega haucht den gesichtslosen Sturmtruppen Menschlichkeit ein, die den Zuschauer erschaudern lässt, wenn man an die Zahl der gefallenen Soldaten während des Film denkt. Dieser emotionale Kniff tut dem Film sichtlich gut und schafft eine glaubwürdige Verbindung zwischen Filmhandlung und Zuschauer. Der Wandlung Finns vom jungen Sturmtruppensoldaten zum Widerstandskämpfer mit Herz beizuwohnen ist erfrischend und passt hervorragend in das Star Wars Universum, das Fans sich wünschen.
Viele Filmminuten drehen sich um die Schrottsammlerin Rey (Daisy Ridley) und ihren täglichen Kampf ums Überleben auf dem kargen Planeten Jakku. Eingefleischten Star Wars Fans ist sofort klar, dass eine derart traurige Figur eine wahrlich epische Rolle spielen muss. Daisy Ridleys Bedenken, der Aufgabe nicht gewachsen zu sein, waren grundlos. Dynamisch und charakterstark verkörpert sie ihre Figur, sodass Fans froh über genau diese Charakter sein dürften, den die Drehbuchautoren ausgearbeitet haben. Rey findet und rettet BB-8, der sich von diesem Zeitpunkt an in die Herzen der Zuschauer lautiert.
Als nach einem erneuten Angriff der Ersten Ordnung der Millennium Falke seinen großen Auftritt hat, wird deutlich, weshalb Star Wars Film in 3D einfach noch besser sind. Die Flugmanöver sind atemberaubend, der Wechsel zwischen Cockpit- und Vollansicht ist fantastisch und katapultiert den Zuschauer mitten hinein in die Luftschlachten. Die 3D-Effekte wirken deshalb besonders gut, weil J.J. Abrams auf unnötige Spielereien in der dritten Dimension konsequent verzichtet und die Effekte dort platziert, wo diese die Zuschauer auch erreichen. Ansonsten bleibt der Regisseur der Linie der klassischen Trilogie treu: Star Wars – Das Erwachen der Macht ist wenig bunt, düster und schmutzig.
Da der Millennium Falke ohne Han Solo und Chewbacca eben nicht der Millennium Falke ist, dauerte es nicht lange bis zum ersten Auftritt der beiden altgedienten Veteranen. Han Solo bekommt vergleichsweise viel Bildschirmzeit ab, weshalb das so ist sollte sich erst später offenbaren.
Ich muss zugeben, die Schurken der dritten Ordnung waren auf den ersten Blick wenig furchteinflößend, blieben blass, obwohl Kylo Ren mit aufgesetzter Maske bedrohlich wirkt. General Hux (Domnhall Gleeson) hat zunächst wenig starke Auftritte. Das ändert sich spätestens bei seiner „Hasspredigt“, die den Charakter des General Hux in all seiner Brutalität und Kaltherzigkeit zeigt. Noch bedrohlicher wirkt die gesamte Szenerie durch die Anleihen, die J.J. Abrams und sie Drehbuchautoren bei den Hassveranstaltungen zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs gemacht haben. Als tausende Sturmtruppen in perfekter Synchronität ihre linken Arme in die Luft reißen, dürfte sich bei dem einen oder anderen Zuschauer ein mulmiges Gefühl in der Magengegend breitgemacht haben. Der wunderbar animierte Oberste Anführer Snoke (Andy Serkis) bleibt über den gesamten Film hinweg mysteriös – das bietet Raum für spannende Details in den zukünftigen Filmen.
Der Moment, der Star Wars für immer verändert
Es müsste ungefähr Halbzeit gewesen sein, als der Moment auf der Kinoleinwand zu sehen war, der das Star Wars Universum in seinen Grundfesten erschüttern ließ. Dass Han Solo (Harrison Ford) der Vater von Kylo Ren ist schnell klar und wird deutlich erwähnt. Was sich innerhalb der Starkiller Basis abspielt, ist nicht weniger als ein Schockmoment, der den Kinosaal verstummen ließ und den sich so wahrscheinlich kein Star Wars Fan gewünscht hätte: Kylo Ren tötet Han Solo – in einer bedrückend zweisamen, ruhigen Einstellung, die die innere Zerrissenheit von Kylo Ren ausdrückt und auslöscht. Spätestens von diesem Zeitpunkt an, ist Kylo Ren ein verhasster Schurke.
Rey ist die tragische Figur, die alles verloren hat, um alles zu gewinnen. Sie entdeckt ihre Fähigkeiten im Umgang mit der Macht, verbessert sich bereits innerhalb des ersten Films und wird als neue Pilotin des Millennium Falken zu einem würdigen Ersatz für Han Solo. Ihre Angst vor Verantwortung legt sich und gipfelt in einem unbeholfenen Lichtschwertduell mit Kylo Ren, der zuvor Finn ausgeschaltet hat. Ohnehin scheint Rey so etwas wie ein Allroundtalent zu sein, das an den jungen Luke Skywalker erinnert. Das Zusammentreffen der beiden am Ende von Star Wars – Das Erwachen der Macht baut einen ordentlichen Spannungsbogen auf, der die Zeit auf den Folgefilm gefühlt unendlich lang macht. Das Geheimnis um den Aufenthaltsort von Luke Skywalker klärt sich zwar auf, zurück bleiben jedoch mehr Fragen als Antworten.
Im Gegensatz zu so manchem Kritiker halte ich Star Wars – Das Erwachen der Macht nicht für ein Remake von A new Hope, sondern für eine Erweiterung der Ideen aus dem allerersten Star Wars Film. Für mich ist Star Wars – Das Erwachen der Macht der Film, den George Lucas schon immer hatte drehen wollen. J.J. Abrams bringt unzählige Eastereggs in seinem Werk unter. So zum Beispiel, als Finn versehentlich den Dejarik-Tisch im Millennium Falken anschaltet und Chewie sich lautstark zu Wort meldet oder Finn den fliegenden Trainingsball kurz in den Händen hält, mit dem Luke Skywalker seine ersten Trainingseinheiten mit dem Laserschwert durchgeführt hat. Selbst Dialogzeilen wurden komplett übernommen, als Hommage an die klassische Trilogie. Wenn die Starkillerbase in 30 Sekunden feuerbereit ist, oder General Hux den Befehl gibt zu „feuern, wenn bereit“, dann sind Star Wars Fans wahrhaft zu Hause angekommen.
Mit seinem konsequenten Verzicht auf Experimente lässt J.J. Abrams Star Wars neu aufleben. Er begeistert die Fans mit modernsten filmtechnischen Mitteln ohne die CGI in den Mittelpunkt zu rücken. Die computergenerierten Bilden sehen schlicht sensationell aus, fügen sich jedoch stets sauber in den Film ein. Lense Flares setzt Abrams mit Bedacht ein, knallige Farben sehen Zuschauer dort, wo es angebracht erscheint. Der gesamte Film versprüht einen schmutzigen Charme, er macht Star Wars erwachsen ohne auf die typisch humorigen Einlagen innerhalb der Actionsequenzen zu verzichten. Abrams Regiearbeit in Star Wars – Das Erwachen der Macht erinnert eher an sein Werk Super 8, als an Star Trek – und das ist gut so.