Nachhaltigkeit und Brettspiele – das scheint auf den ersten Blick keine gute Kombination zu sein: Produktion in China, Miniaturenspiele mit Plastikfiguren, überdimensionierte Spieleschachteln voller Luft, teils lange Transportwege für eine meist vergleichsweise geringe Auflage – in der Spielebranche gibt viele Ansatzpunkt für Kritik. Autoren-Urgestein Uwe Rosenberg hat nun gemeinsam mit mehreren Verlage und dem Projekt „Click a tree“ ein Signal setzen wollen: im Rahmen der „Boardgame Road“ entstehen in Ghana tausende Bäume. Was hinter der Idee steckt, verrät der Click-a-tree-Gründer Chris Kaiser.
Man muss zunächst verstehen, was hinter dem Nachhaltigkeitsgedanken in der Spielwarenbranche steckt. Die erfindet sich diesbezüglich nämlich seit einigen Jahren neu: Bausteinriese Lego möchte seine Produkte bis zum Jahr 2030 aus nachhaltigen Materialien fertigen, Mattel will bis zum gleichen Jahr die Produktion auf Recycling-Plastik umgestellt haben oder sogar biobasierte Kunststoffe nutzen und auch bei Playmobil stellt sich die Frage nach der Zukunft – dort möchte man geschlossene Produktionskreisläuft in den Fokus rücken.
Alle drei Spielwarengiganten vereint vor allem eines: Sie nutzen vorrangig Kunststoff, um ihre Produkte überhaupt herstellen zu können. In der Brettspielbranche geht es inzwischen auch nicht mehr ohne – zumindest wenn vergleichsweise kostengünstig umfangreiche Miniaturenspiele auf den Markt werfen will. Je nach Kerngeschäft dürfte des den Brettspielverlagen leichter oder eben schwere fallen, zukünftig den Schwerpunkt deutlicher auf das Thema Nachhaltigkeit zu legen. Dass es möglich ist, beweisen mitunter kleine Verlage, die sich dem Umwelt- und Naturschutzthema ideologischer widmen als die namhaften Branchengrößen.
Pragmatisch: Vom Spiel über Waldschutz zum Schutz der Wälder
Inzwischen tut sich allerdings auch dort etwas: Die Autoren-Legende Uwe Rosenberg hatte mit der „Boardgame Road“ nun ein Projekt initiiert, bei dem in den nächsten zehn Jahren 40.000 Bäume zunächst gepflanzt und dann nachhaltig gepflegt werden sollen. Das Brettspiel Atiwa spielt dabei eine entscheidende Rolle. Der im Verlag Lookout Spiele erschienene Titel legt quasi einen Finger in die Wunde: Spiele-Fans kümmern sich um ein ökologisches Gleichgewicht zwischen dem Leben von Flughunden und der Bewirtschaftung einer Farm in Ghana. Das Worker-Placement-Brettspiel rückt ganz nebenbei die Natur- und Waldschutz in den Fokus. Nun soll im westafrikanischen Ghana der Realität dem natürlichen Gleichgewicht unter die Arme gegriffen werden – mit der „Boardgame Road“, eine unbepflasterte Straße, entlang jener für jeden teilnehmenden Verlag 2.000 Bäume gepflanzt werden.
Gemeinsam mit Chris Kaiser mobilisiert Uwe Rosenberg Spieleverlage, um letztlich 20 Hektar Wald in der ghanaischen Savanne zu erschaffen. Teilnehmende Verlage sind bisher: Amigo Spiel+Freizeit, Hans im Glück, Lookout Spiele, Skellig Games, Feuerland Spiele, Edition Spielwiese und eine Gemeinschaft westdeutscher Spieleverlage, bisher Calderan, The Game Builders und Hall Games.
Rosenberg erklärt die Idee zum Vorhaben mit Click-a-Tree und den Spieleverlagen so: „Natürlich stellen auch wir Spieleverlage uns unserer Verantwortung künftigen Generationen gegenüber. Auch diese sollen Spiele genießen können – und benötigen dafür einen intakten Planeten.”
Greenwashing? Klares Nein!
Ein Etikettenschwindel ist die „Boardgame Road“ nicht. Greenwashing? Klares Nein. „Greenwashing ist, wenn man behauptet, nachhaltiger zu sein, als man ist“, so Chris Kaiser von Click-a-tree. „Wenn man 1.000 Bäume pflanzt, und dies so kommuniziert, dann ist das etwas sehr Positives“. Das Thema ist für engagierte Umwelt- und Naturschützer eines, das wehtut. Denn: Durch dubioses Labeling und reinen Zertifikate-Kauf ist im Klimaschutzbereich ordentlich Credit verspielt worden. Das färbt schlimmstenfalls ab, wirkt als Hemmnis für jene, die tatsächlich etwas bewirken wollen. Dabei gebe gibt ziemlich viele Menschen da draußen, die ein Unternehmen führen und dieses gerne nachhaltiger aufstellen möchten, erklärt Chris Kaiser. „Und die, so habe ich in zahlreichen Gesprächen festgestellt, trauen sich oftmals nicht, die ersten Schritte zu gehen beziehungsweise ihr Engagement offen zu kommunizieren. Aus Angst, des Greenwashings bezichtigt zu werden.“
Was Click-a-tree konkret anders macht? Chris Kaiser erklärt es so: „Das Wichtige ist natürlich, dass diese Bäume nach der Pflanzung auch langfristig gepflegt und geschützt werden. Und genau darauf legen wir bei Click A Tree sehr hohen Wert. Ich habe selbst fünf Jahre lang in intensivem Kontakt mit Elefanten gearbeitet. Unsere Hauptmotivation ist es, Lebensraum für Tiere zu schaffen. Und Tiere leben nun mal in einem Wald – daher legen wir großen Fokus darauf, dass die von uns gepflanzten Bäume auch zu einem funktionierenden Ökosystem heranwachsen.“
Kontrolle soll durch die Kooperation mit externen Auditoren erreicht werden. In Ghana beispielsweise fließe inzwischen das Know-How und das Feedback von vier verschiedenen Kontinenten zusammen, so Kaiser. Und in Ghana entsteht die „Boardgame Road“. Die Aktiven von Click-a-tree seien auch selbst regelmäßig vor Ort, um den Fortschritt zu evaluieren.
Nachhaltig produzieren oder Bäume pflanzen? Beides!
Eine Frage drängt sich dennoch förmlich auf: Sollten Verlage ihre Brettspiele nicht besser konsequent nachhaltig produzieren statt andernorts Bäume zu pflanzen? Ganz so einfach ist es nicht. Denn: „Im Idealfall passiert beides“, appelliert Chris Kaiser. „Nachhaltig produzieren ist auf jeden Fall enorm wichtig. Gleichzeitig muss aber auch sehr viel Fläche unseres Planeten wieder aufgeforstet werden, weil wir in den vergangenen Jahrzehnten bereits viel Schaden angerichtet haben.“
Aufforstung sei letztlich nicht nur, Bäume zu pflanzen, um CO2 zu binden. „Das Pflanzen dieser Bäume schafft wertvolle Vollzeitarbeitsplätze für Menschen in weniger privilegierten Regionen unseres Planeten“, erklärt Kaiser. „Außerdem bieten Wälder Lebensraum für Tiere und mindern somit das Artensterben. Es werden Wasserkreisläufe wiederhergestellt, Landerosion und Wüstenbildung verringert, Nahrungsmittel produziert und vieles mehr. Insgesamt bedienen wir mit unserer ganzheitlich nachhaltigen Herangehensweise tatsächlich alle 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen.“
Um das im Brettspielsegment zu erreichen, hatte man die „Boardgame Road“ als gemeinsames Projekt initiiert. „Im Zuge der Kreation seines Spieles Atiwa, welches in Ghana spielt, trat Uwe Rosenberg mit uns in Kontakt, und wollte Großes bewirken“, freut sich Chris Kaiser. „Und genau das tun wir nun.“ Der Standort Ghana lag nahe schon aufgrund des Brettspielthemas, darauf beschränken müssen sich Verlage nun aber nicht. Bäume würden nahezu überall auf der Welt gebraucht, ruft Chris Kaiser auf. „Wir wählen unsere Gebiete daher unter anderem auf Grundlage zuverlässiger Menschen vor Ort, mit denen wir die Wälder nicht nur pflanzen, sondern auch langfristig pflegen und schützen können. Nur, wenn am Ende wirklich autarke Ökosysteme entstehen, ergibt die Wiederaufforstung richtig viel Sinn.“
Vorschau | Produkt | Bewertung | Preis | |
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Lookout, Atiwa, Kennerspiel, Brettspiel, 1-4 Spieler, Ab 12+... * | 37,99 EUR |
Könnte man nicht auch in Deutschland oder den jeweiligen Marktländern aufforsten? Grundsätzlich ja, aber: „Wir pflanzen derzeit in den Tropen, da die hier gepflanzten Bäume am Allermeisten bewirken“, erklärt Chris Kaiser. Das hat mitunter auch pragmatische Gründe: Die Bäume wachsen schneller, da sie keine Winterpause haben. „Somit binden sie auch schneller mehr CO2“, so Kaiser. Zudem seien über 70 Prozent aller Lebewesen in den Tropen daheim. „Hier Bäume zu pflanzen bietet also die größtmögliche Wirkung gegen das Artensterben“, erklärt der Naturschutzexperte. Ein wichtiger positiver Nebeneffekt: „Die entstehenden Arbeitsplätze werden in tropischen Ländern meist deutlich dringender benötigt als hier in Deutschland“, erklärt Kaiser. Der Klimawandel kenne ohnehin keine Landesgrenzen, man müsse „global denken“, appelliert der Click-a-tree-Gründer. Man solle dort aufforsten, wo man am meisten bewirken könne.
Zwischen Uwe Rosenberg und Chris Kaiser ist der Klimaschutz der größte gemeinsame Berührungspunkt, Spiele spielt Kaiser aber auch: „Der Favorit ändert sich regelmäßig. Aktuell ist King of Tokyo stark angesagt.“ Ansonsten landen gern und häufig Skyjo, 6 nimmt, Skat, Doppelkopf und Lost Cities auf dem Tisch. Und der Wunschliste steh derzeit Tempel des Schreckens – ein kommunikatives Bluff- und Ärgerspiel aus dem Hause Schmidt Spiele.
Der Start mit den ersten Brettspielverlagen soll ausdrücklich genau das sein: ein Anfang.
„Geplant ist immer Vieles“, so Chris Kaiser. „Und tatsächlich sind wir auch mit weiteren Partnern aus der Games-Branche in Gesprächen. Schließlich wollen wir die Boardgame Road kontinuierlich erweitern.“ Konkrete Namen dürfe er aktuell aber nicht nennen, sondern erst „sobald die Zusagen fix sind“.
Wer Interesse hat, sich als Verlag für den Klimaschutz und mehr Nachhaltigkeit zu engagieren, kann sich per E-Mail an Chris Kaiser wenden: chris@clickatree.com.
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