In den letzten Monaten habe ich bereits zwei Mal über Ornament Games berichtet. Einmal über den Verlag selbst und beim zweiten Mal über ihre letzte Veröffentlichung Influencer! #fame #shame #game. Mit ihrer für das Frühjahr angekündigten Neuheit „Chrono Fall“ begeben sich Chris und Stefan nun auf neues Terrain: Kennerspiel statt Familienspiel, Weltraum statt Erde, Zukunft statt Gegenwart.
Auf der SPIEL habe ich es bereits anspielen können und war jetzt vor wenigen Tagen für eine weitere Partie im Kölner Norden. Was ihr von Chrono Fall erwarten könnt, erfahrt ihr im Folgenden.
Die erste Idee zu Chrono Fall kam vor etwa 8 Jahren auf. Seitdem hat das Spiel viele Veränderungen und Weiterentwicklungen mitgemacht. Die im Kern einfach zu erlernende Mechanik wurde immer weiter verfeinert, störende und unelegante Spielelemente gekürzt und ein Tech Tree ergänzt. Inzwischen sind die Druckdaten fertig und an die Druckerei übermittelt. Einer Veröffentlichung im Frühjahr steht somit eigentlich nichts mehr im Weg. Von meinen Erlebnissen in den Weiten des Weltraums, die ich dank zweier Partien mit Prototypen sammeln konnte, möchte ich nun berichten.
Thematisch bewegen wir uns in einer fernen Zukunft. Die Menschheit hat herausgefunden, wie sie die Zeit beeinflussen kann. Doch wie mit allen Ressourcen, hat sie auch hier wieder zu viel gewollt. Durch die zu starke Beeinflussung wurde der Zusammenbruch des Raum-Zeit-Kontinuums – der Chrono Fall – ausgelöst. Doch es gibt noch Hoffnung dank der Spielenden und des Protectors. Mit ihren SPARCs (Space Research Cruiser) müssen die Spielenden Routen für die Frachter frei halten, damit diese die seltenen Ressourcen von den Exoplaneten zur Erde bringen können.
Die Zeit drängt
Der Ablauf eines Zuges ist dank der guten Übersicht auf dem Spieltableau leicht nachzuvollziehen. Am Anfang würfelt man mit zwei D20, um die x- und y-Koordinate des neu auftretenden Rifts zu bestimmen. Befindet sich an dieser Stelle bereits ein Rift oder ein Planet, sinkt die Raumintegrität um eins.
Haben die Spielenden die entsprechende Technologie bereits erforscht, können sie im zweiten Schritt Einfluss auf die Chrono-Matrix nehmen. Hier liegen Ereigniskarten aus, die zu bestimmten Zeitpunkten noch gravierendere Auswirkungen als ohnehin schon hätten. Je stärker die Technologie erforscht ist, umso weiter können die Spielenden in die Zukunft blicken und umso weiter können sie Ereignisse auch miteinander tauschen. Diese Aktion „kostet“ allerdings das erneute Würfeln der beiden D20. Der Grund für den Chrono Fall war ja eben das Herumpfuschen in der Zeit.
Im dritten Schritt wird das aktuelle Ereignis nun ausgeführt. Mit Ausnahme der „Energiekristalle“ haben diese Ereignisse eigentlich immer negative Effekte. Manchmal sind sie dann aber nochmal besonders schwerwiegend.
Aller guten Dinge sind drei
Im vierten Schritt folgen nun die Aktionen der aktiven Person. Anfangs hat man vier Energiekristalle, die man für Aktionen entladen kann. Die Aktionen sind: Bewegung (1 Kristall), Scannen eines Rifts (3 Kristalle) und Neutralisieren eines Rifts, egal ob gescannt oder nicht (4 Kristalle).
Man kann die Energiekristalle auch überladen, um sie in späteren Zügen für die Spezialfähigkeit des eigenen SPARCs zu nutzen oder um besondere, auf dem Tech Tree durch das Scanen von Rifts freischaltbare Effekte zu nutzen. Einmal überladene Energiekristalle werden nach der Aktion abgeworfen und man sollte schleunigst neue Energiekristalle finden.
In den letzten beiden Schritten bewegen sich nun noch die Frachter einen Schritt, die aktive Person lädt ihre Energiekristalle wieder auf und füllt die Chrono-Matrix mit einer neuen Ereigniskarte nach.
Die Zeit ist ein unerbittlicher Gegner
In Chrono Fall gibt es genau einen Weg, zu gewinnen: der Protector muss fertiggestellt werden und die „Berechnung des Protector-Impulses“ muss erforscht sein. Dieser einen Siegbedingung stehen gleich drei Möglichkeiten zu verlieren gegenüber. Sinkt die Raumintegrität auf null, wurde die letzte Karte auf die Chrono-Matrix gelegt oder wurde der 100. Rift platziert, ist das Spiel verloren.
Neben den oben beschriebenen Grundregeln gibt es auch noch drei Szenarien, die die Herausforderung noch etwas größer machen.
Infos zu Chrono Fall: At the End of Space and Time
Spielerzahl: 1 bis 4 Personen Alter: ab 14 Jahren Spielzeit: 60 bis 150 Minuten Schwierigkeit: Kennerspiel Klassifikation: Kooperatives Spiel, Pick up and Deliver, Katastrophenmanagement Spielidee: Stefan Scheidtweiler, Christian Schäfer-Scheidtweiler Illustrationen: Samaneh Khoshbouy-Siakani, Daniel Wilwers Verlag: Ornament Games Offizielle Website: Link Preis: 70€ Veröffentlichung: Frühjahr 2024 |
Eindrücke
Nach zwei Partien mit Prototypen kann ich natürlich noch nicht alles am Spiel bewerten, aber trotzdem hat das Spiel bereits Eindruck gemacht.
Das „offensichtlichste“ ist die Schwierigkeit des Spiels. Beide meiner Partien gingen verloren und auch die anderen Gruppen konnten am Testspieltag das Raum-Zeit-Kontinuum nicht retten. Das Spiel ist wirklich eine Herausforderung. Je näher man dem Ende kommt, umso enger wird es. Der Protector wächst, die Raumintegrität sinkt und der Vorrat an verfügbaren Rifts wird auch immer kleiner. All das kann man buchstäblich sehen.
Die Spannung ist am Spielende wirklich auf dem Höhepunkt. Jede Aktion, egal ob zufällig oder nicht, könnte den entscheidenden Unterschied machen. Mit etwas mehr Glück (uns haben zwei Scan-Aktionen gefehlt), hätten wir unsere Testpartie auch gewinnen können. So gibt es jetzt Punkte, aus denen man lernen kann.
Der Faktor Glück spielt hier natürlich eine Rolle, doch bis auf die Würfelwürfe und die Desaster, die an drei Punkten beim Sinken der Raumintegrität ausgelöst werden, hat man auch immer Einfluss darauf. Mit den Frachtern kann man immer eine Alternativroute nutzen bzw. man sollte sich immer eine offen halten und auch der eigene SPARC sollte immer mindestens vier Energiekristalle haben, damit man sich immer selbst befreien kann.
Dadurch, das in jedem Zug etwas „schlechtes“ passiert, läuft man die ganze Zeit den Rifts, Ereignissen und Desastern hinterher. Personen, die gerne alles bis ins kleinste Detail über zehn Züge im Voraus planen, werden mit diesem Spiel vielleicht nicht so glücklich werden. Wem Pandemie gefällt und wer sich bei Robinson Crusoe auch vom x-ten unvorhersehbaren Wintereinbruch nicht aus der Ruhe bringen lässt, wird mit Chrono Fall sehr viel Spaß haben.
Wie man es von einem kooperativen Spiel erwarten darf, gibt es hier praktisch keine Downtime. Man redet immer mit allen über jeden Zug. Niemand kann hier alles alleine regeln. Auch die Personenzahl scheint sich super anzupassen. Auf der Messe zu zweit hat wir kaum Probleme damit, den Frachtern im Weg zu stehen, kamen aber einfach nicht gut in alle Ecken des Weltraums. Vor ein paar Tagen zu dritt, konnten wir uns schon besser verteilen, standen aber auch mehr als einmal einem Frachter im Weg, der dann zwei Züge „im Stau“ stand.
Obwohl das Spiel so schwer zu gewinnen ist, sind die Aktionen und Abläufe super übersichtlich. Alles ist so eindeutig wie möglich gehalten, damit keine Unklarheiten aufkommen. Mit ein bisschen Übung findet man sich auch auf dem 400 Felder umfassenden 20×20 Hex-Koordinatensystem zurecht. Man sollte sich nicht vom 30-seitigen Regelheft abschrecken lassen. Hier wird wirklich alles ausführlich und kompakt erklärt.
Über das Spiel hinaus
Auch viele Dinge, die nicht direkt für das mechanische Funktionieren des Spiels wichtig sind, sind im Spiel eindeutig und vor allem möglichst realitätsgetreu abgebildet. So existieren die sechs Exoplaneten, die man im Spiel für ihre Elemente bereisen muss, auch in Wirklichkeit. Die Abstände wurden zwar für das Spiel angepasst, aber der auf dem Spielbrett nächstgelegene Planet liegt auch in der Realität am nächsten zur Erde. Zudem finden sich auf dem Spielbrett noch weitere Fakten zu den Planeten. Für diese und weitere Feinheiten, wie Namen von bestimmten Spielelementen, haben sich Chris und Stefan Unterstützung von zwei Astrophysikern des Argelander-Instituts der Uni Bonn geholt. Wie man es von Ornament Games inzwischen erwarten kann, wurde auch wieder die Rückseite des Spielbretts genutzt, um hier weitere spannende Fakten unterzubringen.
Auch an weiteren Stellen haben die beiden viel Liebe ins Detail gesteckt. Das Spiel kommt bis auf die beiden Würfel und die kleinen Füße der SPARC-Standees ohne Plastik aus, nutzt FSC-zertifiziertes Holz und wird in der EU produziert. Für das was man hier an Material und Spiel geboten bekommt und obwohl das Spiel ohne Crowdfunding direkt auf den Markt kommt, ist der Preis von 70€ mehr als in Ordnung (vor allem wenn man sich vor Augen führt, dass ein Everdell: Farshore eine UVP hat, die 30€ höher liegt).
Als Add-On, das auf Messen erhältlich sein wird, gibt es eine Neoprenmatte, die anstelle des Spielbretts genutzt werden kann. Eine zusätzliche Möglichkeit das Spiel noch weiter aufzuwerten, sind 3D-gedruckte SPARCs und Frachter, die in Zusammenarbeit mit kleingedrucktes.org entstehen sollen. Die genauen Verfügbarkeiten und Preise der beiden Ergänzungen sind noch nicht final geklärt.
Vorschau | Produkt | Bewertung | Preis | |
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Corax Games 1021810 Abomination - Frankensteins Vermächtnis |... * | 65,00 EUR |
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