Ein neues Dino-Brettspiel im Test: Jurassic World – Rückkehr zur Isla Nublar von Macro Teubner ist im Verlag Schmidt Spiele erschienen und erweist sich als simples und familienfreundliches Brettspiel, das einem die Tür zum Genre der Deckbuilding-Titel öffnet. Es handelt sich um ein Brettspiel auf Basis der Filmlizenz von Jurassic World – ausgerechnet an dieser Stelle hakt es allerdings auch.
Jurassic World – Rückkehr zur Isla Nublar ist ein Deckbuilding-Brettspiel für zwei bis vier Spieler ab etwa neun Jahren. An dieser Stelle weiß man mindestens zwei Dinge. Erstens: Es geht um Handkarten-Management. Und zweitens: Angesichts des niedrigen Einstiegsalters kann der Titel aus dem Hause Schmidt Spiele nicht sonderlich komplex sein. Tatsächlich nutzt der Autor Marco Teubner bei Jurassic World – Rückkehr zur Isla Nublar mehrere Varianten, aus denen man sich sein Jurassic-Erlebnis zusammenbauen kann – so richtig komplex wird es am Ende aber auch unter Vollnutzung aller kniffe nicht, dennoch ist eine solide Regelbasis vorhanden, um in Ansätzen der strategischen Punktoptimierung zu frönen.
Jurassic World: Rückkehr auf die Sonneninsel
Für Jurassic World – Rückkehr zur Isla Nublar nutzt der Berliner Traditionsverlag Schmidt Spiele die mächtige Filmlizenz von Amblin Entertainment und Universal. Der hübschen Packung sieht man das noch an, ausgepöppelt und aus den Tisch gelegt, bleibt letztendlich wenig von der Umsetzung der Vorlage übrig. Die Lizenznutzung beschränkt sich im Grunde auf den Einsatz des Jurassic World-Logos und der Nennung der Fraktionen aus den Filmen sowie einiger Grafiken. Ansonsten sieht das Dino-Brettspiel vergleichsweise nüchtern aus, selbst die Urzeitechsen spielen Nebenrollen. Irritierend ist zudem die Interpretation der Isla Nublar – in den Filmen immerhin eine Art Synonym für eine Schreckensinsel voller Gefahren.
Bei Jurassic World – Rückkehr zur Isla Nublar erinnert das Inselreich eher an „Fantasy Island“, wo man am Strand in der Sonne liegt und genüsslich Cocktails schlabbert. Todbringende Gefahren? Blutrüstige Dinosaurier? Bis auf den T-Rex und in Ansätzen vielleicht dem Pterodactylus ist das Fehlanzeige. Sogar den niedlichen Triceratops und einen Stegosaurus „hetzt“ man den Spielern auf den Hals – es sind beides Pflanzenfresser. Listige Velociraptoren findet man jedenfalls ausschließlich rudimentär auf einige Karten, von den richtig fiesen Geschöpfen aus der Urzeit ist jedenfalls wenig zu spüren.
Dino-Thema in Ansätzen
Egal, das Dino-Thema ist ansatzweise erkennbar und die eigenwillige Interpretation der Todesinsel macht es den bis zu vier Spielern einfach, den Überblick zu behalten. Obwohl das letztendlich nicht besonders schwierig ist, denn auf dem Spielbrett tut sich zwar regelmäßig etwas, nicht aber besonders viel. Kisten und Camps werden dort platziert, manchmal wandern die vier Dinosaurier umher – das war es auch schon. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Deckbuilding-System. Und das ist durchaus gelungen.
Zwei bis vier Spieler agieren mit ihrem Team, um auf der Insel verlorene Forschungsergebnisse zu sichern. „Team“ bedeutet in dem Fall lediglich, dass jeder Spiele eine Expedition leitet – auch wenn es vielleicht anders klingt, ist Jurassic World – Rückkehr zur Isla Nublar ein rein kompetitives Brettspiel, bei dem es am Ende nur um das Punktemaximum geht.
Spieler starten mit einem Standarddeck und müssen dieses im Laufe der Partie durch Kartenzukäufe – und manchmal durch Aussortieren – zu einem möglichst effizienten Punktegenerator machen. Runde um Runde spielt man demnach in möglichst cleverer Reihenfolge seine Handkarten aus, um Camps zu bauen. Letzteres ist das übergeordnete Ziel, denn nur auf diese Weise kann man überhaupt eine Wertung auslösen. Das ist eingeschränkt und klingt simpel, dennoch folgt daraus mit jedem neuen Spielzug auch stets die Entscheidung zwischen dem Aufbessern des Decks oder der Punktesammelei. Erst im späteren Spielverlauf gelingt beides in sinnvollem Maße.
Unterhaltsamer Kartenbau ohne Stressfaktoren
Sein persönliches Kartendeck anzupassen, um rundenweise möglichst sinnvolle Kombination zu antizipieren, macht trotzdem Spaß, ist aber nicht besonders fordernd. Also wägt man ab: Camp bauen, Kisten setzen, Karten kaufen. Nicht alles ist aufgrund der knappen Ressourcen – von denen gibt es lediglich zwei – jederzeit möglich. Zumal man zusätzlich versuchen kann, seine Camps und Ausrüstungskisten vorausschauend zu setzen, um die Wertungsphasen zu optimieren. Allenfalls die Dinosaurier können einem dabei einen Strich durch die Rechnung machen, aber dazu gleich mehr. Hier und da entscheidet man sich zudem, ob man seine Karten als Ressourcen nutzt oder doch für etwas „Utility“. Dann kann man sich beispielsweise vor einer Attacke schützen oder eine Karte aussortieren oder Karten ablegen und neu ziehen.
Die ganzen Kleinigkeiten führen am Ende dazu, dass man tatsächlich überlegen muss, was man in welcher Reihenfolge tut, um möglichst viele Punkte pro Zug zu erzielen. Allzu viel Zeit bleibt dafür nämlich nicht, denn nach knapp 60 Minuten endet die Partie, weil eine von drei Endbedingungen eingetreten ist. Der Grundsatz lautet also: Möglichst viel in kurzer Zeit aufs Punktebrett bringen – und bloß nicht zu verschwenderisch mit seinen Aktionen umgehen.
Strategische Kniffe gibt es einige, voll ausgeschöpft hat man das Genre der Deckbuilder für Jurassic World – Rückkehr zur Isla Nublar aber nicht. Das ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits ermöglicht das variantenlose Grundspiel auch Gelegenheitsspielern und Kindern einen unkomplizierten Berührungspunkt mit Deckbuilding-Brettspielen, andererseits entfalten sich zu einem Zeitpunkt jene tiefgreifenden Kombinationen, die man etwa von Dune: Imperium kennt. Nutzt man alle modularen Varianten, die Marco Teubner erdacht hat, erhält man dadurch zumindest ausreichend strategische Optionen an die Hand, um Punkte-Optimierung zu betreiben. Die kaufbaren Wertungskarten und die zusätzlichen Fraktionsboni machen eine Partie von Jurassic World – Rückkehr zur Isla Nublar jedenfalls deutlich interessanter. Vor allem das Fortschreiten auf der Fraktionsleiste führt nicht selten zu netten Aktionskombinationen und erweitert das Spiel um eine Entscheidungsebene.
Und die Dinos? Die spielen eine Nebenrolle. Von ihren Vulkanen wandern die Tiere hinab in die Ebenen der Insel, um Camps und Ausrüstungskisten der Spieler plattzumachen. Wann sie sich bewegen, bestimmen Karten. Mal erzwungen, mal bewusst ausgelöst. Im Grunde sind die Dino-Bewegung auch der einzige wirklich konfrontative Faktor bei diesem Brettspiel, ansonsten spielt man abwechselnd nebeneinander her und liefert sich ein Rennen auf der Punktleiste. Ja, das Thema ist durchaus aufgesetzt und die Lizenz hätte es für das Brettspiel nicht gebraucht, dennoch sind Dinos und bekannte Namen aus der Jurassic-Welt ein netter Motivator, um sich mit dem Titel zu beschäftigen. Immerhin sorgen die Dinosaurier für einen kleinen Ärgerfaktor, weil man von Gegnern aufgebaute Camps und Kisten niederreißen kann, die vielleicht für eine zukünftige lukrative Punkterunde platziert wurden.
Empfehlenswert sind vor allem die nutzbaren Boni der Fraktions-Variante – die sorgen nämlich auf taktischer Ebene für einige spürbare Veränderungen beim Spielablauf, weil sich Dinos zusätzlich und auch in andere Richtungen – sonst nur abwärts – bewegen lassen, man Einfluss auf die Kartenhand nehmen kann oder am Ende sein Punktekonto auffüllen und eine weitere Ausrüstungskiste freischalten ,kann, die dann wiederum sinnvoll für den Camp-Bau oder als Punktequelle genutzt wird.
Handwerklich ist der Deckbuilder Jurassic World – Rückkehr zur Isla Nublar von Schmidt Spiele solide bis gut gemacht: Das Brettspiel versucht, mehrere Zielgruppen zu anzusprechen, wartet mit einem durchaus motivierenden Deckbau-Mechanismus auf und lässt sich in angenehmer Zeit herunter spielen. Richtige Herausforderungen sucht man allerdings vergebens und nicht immer bleibt die Punktehatz für alle Spieler auch gleichsam spannend, denn teilweise entscheidet sich früh, ob man mithalten kann oder vielleicht aufgrund verschwendeter Züge von en Gegnern abgehängt wird. Aufholen ist dann schwierig, denn wirklich grobe Schnitzer wird man sich im späteren Spielverlauf aufgrund der Aktionen pro Zug kaum noch erlauben. So kann die Partie spannend bleiben, muss es aber nicht – zum Leidwesen jener, die Runde um Runde abreißen müssen, ob wohl sie wissen, dass der Sieg nicht mehr zu holen ist.
Infobox
Spielerzahl: 2 bis 4
Alter: ab 9 Jahren
Spielzeit: etwa 60 Minuten
Schwierigkeit: mittel
Langzeitmotivation: mittel
Genre: Familienbrettspiel
Sub-Genre: Deckbuilding-Brettspiel
Kernmechanismen: Deckanpassung, Punkte
Autor: Marco Teubner
Illustrationen: Universal, Nathalie Langer
Verlag: Schmidt Spiele
Offizielle Website: Link
Erscheinungsjahr: 2022
Sprache: deutsch
Kosten: ca. 40 Euro
Fazit
Als Fan von Jurassic Park und Co möchte man Schmidt Spiele ja schon schütteln: die Frage nach der Minderverwertung der Lizenz bekommt man einfach nicht aus dem Kopf. Die quietschbunte Sonneninsel bietet Übersicht, aber nicht besonders viel Thema. Die Dinosaurier sind im Spiel vorhanden, aber nur Statisten. Der Star von Jurassic World – Rückkehr zur Isla Nublar ist zweifellos der Deckerweiterungs-Mechanismus, für den es die Lizenz aber nicht gebraucht hätte. Paradox.
Trotzdem nimmt man Jurassic World als Rahmenhandlung gern mit, schlechter macht die Lizenz das Kartenbau-Brettspiel nämlich auch nicht. Was Marco Teubner und Schmidt Spiele bieten, ist ein Türöffner ins Genre der Deckbuilding-Titel. Man sollte also nicht zu viel Komplexität erwarten. Auch unter Volleinsatz der – durchaus willkommenen und sinnvollen – Varianten wird man spielerisch als Veteran nicht vor Herausforderungen gestellt. Punkte satt bedeutet das im Endeffekt. Für die Spielergruppe bedeutet das zugleich: Entweder alle befinden sich auf einem ähnlichen Niveau oder es entsteht im schlimmsten Fall Frust.
Der unterhaltsame Deckbastel-Faktor kann zudem nicht darüber hinwegtäuschen, dass auf dem Spieltisch insgesamt recht wenig Spektakuläres passiert. Manchmal räumt ein Dino Zelte ab, in der Regel geht es auf dem Tableau aber meist lediglich darum, die Camps und Kisten möglichst vorausschauend und unter Berücksichtigung des Risikofaktors aufzustellen, um dann eine Wertung zu ermitteln. Schade ist das, weil dem Ablauf insgesamt etwas mehr Action auf der Isla Nublar gut getan hätte.
Fairerweise muss man anmerken, dass Schmidt Spiele keinen Hehl daraus macht, dass es sich bei Jurassic World – Rückkehr zur Isla Nublar um ein Familienspiel mit niedrigem Einstiegsalter handelt – diesbezüglich macht der Titel seine Sache ziemlich gut. Gelegenheitsspielern und Kindern wird ein „Deckbau light“ geboten, der handwerklich gut gemacht ist und daher funktioniert. Alle Optimierungen am persönlichen Spieldeck können sinnvoll sein und sich tatsächlich positiv auf das Punkten auswirken. Hinzu kommt, dass es notwendig ist, sich über die Reihenfolge der ausgelösten Karten-Kette Gedanken zu machen – die Unterschiede fallen teils gravierend aus. Und: Man lernt schnell aus seinen Fehlern oder entdeckt kurzfristig bessere Wege, um Profit aus seiner Kartenhand zu schlagen – beides motiviert und macht durchaus Spaß. Und unter Einbeziehung der Varianten wird es dann wenigstens in Ansätzen knifflig.
Und wer mehr über das Brettspiel aus Autorensicht wissen möchte, findet hier ein Interview mit Marco Teubner.
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