Mit Wertpapieren handeln, Immobilien kaufen und teuer verkaufen, Rohstoffpreise überwachen: all das klingt wie eine Szene aus der alltäglichen Telebörse. Für die breite Masse wenig einladend – und unterhaltsam sowieso nicht, oder?
Zwei Cottbusser Finanzexperten haben sich zusammengeschlossen, um aus realen Wirtschaftskreisläufen ein Handelsspiels zu basteln. Kompass – Das Wirtschaftsspiel nennt sich die Idee von Jörg Kiefer und Michael Linke und sie soll vor allem Laien dabei helfen, die Wirtschaftswelt ein bisschen besser zu verstehen. Wie gut das Brettspiel ist und ob das Lernspiel tatsächlich für Unterhaltung sorgt, erfahrt ihr in der nachfolgenden Rezension zu Kompass – Das Wirtschaftsspiel.
Immobilien, Rohstoffe, Wertpapiere, Unterhaltung?
Kompass ist ein Wirtschaftsspiel des Online-Marketing-Spezialisten Jörg Kiefer sowie des Versicherungsvertreters Michael Linke. Beide sind gestandene Experten in ihren Fachgebieten, als Spiele-Autoren jedoch unerfahren. Mit Kompass bringen die beiden Cottbusser nun ein Brettspiel auf den Markt, dessen Thema nach schwerer Kost klingt: Kompass – Das Wirtschaftsspiel. Konzeptionell scheint der Titel irgendwo zwischen Monopoly und modernem Handelsspiel angesiedelt zu sein – augenscheinlich allerdings mit einem 90s-Touch.
Der erste Eindruck nach dem Öffnen der Verpackung ist überraschend: Kompass – Das Wirtschaftsspiel ähnelt dem Brettspielklassiker Monopoly. Absicht oder purer Zufall?
Ohnehin ist das Brettspiel zunächst ein echtes Überraschungspaket, denn Angaben zu den Spielinhalten fehlen auf der Verpackung gänzlich. Das kommt auch bei anderen Titeln vor, ist heutzutage jedoch unüblich. Käufer möchten schließlich im Vorfeld wissen, was sie für ihr Geld – oder im Finanzsprech Investment – bekommen.
Weil offensichtlich ist, was in einer Spielbox enthalten ist, sind auch Materialaufzählungen in Rezensionen eher unüblich.
Im Fall von Kompass – Das Wirtschaftsspiel kommen wir allerdings nicht umhin, die Inhalte aufzuführen:
- Spielbrett
- Kompassnadel
- 4 Bleistifte
- Spielblock „Depot“
- 18 Zielkarten
- 60 Marktereignis-Karten
- 1 Spielfigur „der Markt“
- 24 Rohstoff-Karten
- 24 Wertpapier-Karten
- 24 Immobilien-Karten
- Ein Satz Geldscheine in 8 Nennwerten
Mit diesem Material sollen sich dann möglichst realitätsnahe Wirtschaftskreisläufe spielerisch abbilden lassen. Kompass – Das Wirtschaftsspiel wird ausdrücklich als unterhaltsame Lernerfahrung beschrieben, mit der erwachsene Laien, aber auch Schüler, sich ökonomischen Grundthematiken annähern sollen.
Das quadratische – und nicht ganz sauber verarbeitete – Spielbrett auszubreiten hat etwas von einem Déjà-vu. Form, Aufbau, Konzept: das kommt selbst Gelegenheitsspielern irgendwie von einem US-amerikanischen Brettspiel-Klassiker bekannt vor. Sich großer Titel zu bedienen muss jedoch kein Makel sein, wichtig ist letztendlich ein funktionierendes Spielsystem.
Bei Kompass – Das Wirtschaftsspiel setzen die beiden Autoren auf eine überschaubare Mechanik. Jedem Spieler wird per Zufall eine sogenannte Zielkarte zugeteilt, dessen „Mission“ es im Verlauf einer Partie zu erfüllen gilt. Das kann der Besitz von 10 Eigentumswohnungen sein, eine festgelegte Depot-Zusammensetzung oder eine Anzahl an bestimmten Anleihen. Die Idee variabler Spielziele ist grundsätzlich gut, allerdings sind die Ziele vergleichsweise austauschbar. Es macht spielerisch kaum einen Unterschied welche Waren gehandelt werden. Das ist weniger der Auswahl an Ziele geschuldet als dem gleichförmigen Spielablauf. Die Grundmechanik von Kompass – Das Wirtschaftsspiel lässt in der aktuellen Form einfach nicht mehr Vielfalt zu. Für Abwechslung sorgen die unterschiedlichen Zielkarten aber dennoch, darauf könnte man aufbauen.
In regelmäßigen Abständen, nämlich je nach Schrittanzahl der Spielfigur, wechseln sich die Konjunkturphasen ab, die jeweils die Preise für die Waren festlegen. Nettes Beiwerk: die Begriffe werden kurz und verständlich auf beiliegenden Erklär-Bögen erläutert. Der Ablauf ist nun simpel: Spieler kaufen und verkaufen Handelswaren möglichst clever, um ihr festgelegtes Ziel zu erfüllen. Derjenige, der das als erstes schafft, gewinnt: ganz einfach.
Vielspieler wird das Geschehen unterfordern. Für Gelegenheitsspieler entfaltet das einfache Handels-Prinzip durchaus einen Reiz. Wie so oft bei eher statischen Konzepten nutzt sich die Spielidee schnell ab. Man könnte Kompass – Das Wirtschaftsspiel nun als schnellen Titel für Zwischendurch aus dem Regal holen, doch die vergleichsweise ausgedehnte Spielrundendauer lässt das kaum zu. Und so kämpft der Titel durch eine Kombination aus Gleichförmigkeit und Geduldsspiel gegen seine eigene Mechanik. Man hätte das Geschehen verschlanken und schneller machen sollen.
Handeln bis der Finanzberater kommt
Bei Kompass – Das Wirtschaftsspiel geht es um knallharte Geschäfte. Damit kein Zweifel an der Seriosität des Brettspiels aufkommt, haben die Autoren deutlich sichtbar auf der Verpackung einen Warnhinweis abgedruckt, der erfolgsverwöhnte Kompass-Gewinner vor unüberlegten Echtgeld-Investitionen in der realen Welt schützen soll:
„Das Spiel entspricht nicht zwingend der Realität und kann zu unüberlegten Investitionen bei der Geldanlage führen. „Kompass – Das Wirtschaftsspiel“ lehrt Sie lediglich die Grundlagen und Eigenschaften der einzelnen Wirtschaftsphasen. Wir empfehlen ausdrücklich den Rat eines unabhängigen Finanzberaters bevor Sie eigenständig irgendwelche Fehler bei der Geldanlage tätigen.“
Aufdruck auf der Spielverpackung
Man könnte diesen Aufdruck fast für einen Scherz halten, allerdings gibt sich der Rest des Brettspiels alles andere als komödiantisch. Am Ende bleibt es den Spielern überlassen, die Witzeleien aus der Finanzwelt zu werten.
Mit Kompass – Das Wirtschaftsspiel wollen die Autoren Michael Linke und Jörg Kiefer Wirtschaftskreisläufe spielerisch abbilden, erlebbar machen. Das gelingt prinzipiell gut, auch wenn die grundlegenden ökonomischen Handlungen im Vergleich zur Realität eher simpel ausfallen: Waren kaufen, Waren verkaufen, neue Waren kaufen – natürlich um Gewinne zu maximieren.
Es sind deutlich komplexere Wirtschaftsspiele erhältlich. Kompass kratzt an der Oberfläche dessen, was sich auf den Weltmärkten tatsächlich abspielt. Vergleicht man allerdings das Gebotene mit dem Kommunizierten, so wird schnell deutlich, dass Kompass – Das Wirtschaftsspiel im Kern eher Familien ansprechen soll. Man wolle „Familien und Freunde zusammen an den Tisch bringen“, sagen die Autoren selbst über ihr Werk. Das funktioniert mit den eingängigen Regeln grundsätzlich gut, dennoch richtet sich das Brettspiel nicht (zumindest aber kaum) an Kinder.
Das Thema des Spiels ist eher bieder, aber das ist ein Wirtschaftskreislauf für Laien wahrscheinlich immer. Wer sich auf die Idee von Kompass – Das Wirtschaftsspiel einlässt wird mit einem interaktiven Lernkonzept belohnt: tatsächlich stellt Kompass die Grundzüge kapitalistischer Systeme anschaulich dar, vor allem für all jene, die bisher noch nie damit in Berührung gekommen sind – oder die Existenz globaler Wirtschaftskreisläufe bewusst ignoriert haben.
Die Dramen der realen Wirtschaftswelt finden sich in Form von zufälligen Marktereignisse auch in dem strategischen Brettspiel Kompass – Das Wirtschaftsspiel wieder. Simplifiziert zwar, aber doch mit spürbaren Auswirkungen auf das Geschehen. Der bekannte Kniff mit Zusatz-Ereignisse ist nicht neu, aber weise gewählt. Der Spielverlauf gewinnt dadurch spürbar an Dynamik.
Bei Kompass – Das Wirtschaftsspiel ist die Spannungskurve insgesamt eher seicht. Das liegt einerseits an einer ständigen Warenverfügbarkeit und andererseits in der Tatsache, dass Interaktionen zwischen den teilnehmenden Spielern im Konzept nicht vorgesehen sind. Jeder spielt und handelt auf eigene Faust, was die Tätigkeit des Handelns an sich – also den Austausch von Gütern – paradoxerweise sehr eindimensional wirken lässt. An dieser Stelle ist bei Kompass – Das Wirtschaftsspiel durchaus Potenzial verschwendet worden, denn Spieler-Konflikte brächten zusätzliche Spannung in den Spielablauf.
Wenn es emotional wird, dann aufgrund der erwähnten Marktereignisse, die dem Geschehen Leben verleihen. Schnell wird deutlich: hier hätte man tiefer in spielerische Details eintauchen können, vielleicht sogar müssen.
Ansonsten spielt sich Kompass – Das Wirtschaftsspiel durchaus solide bis unterhaltsam. Einzig die Übersicht geht im Verlauf einer Partie öfter flöten, denn die Größe des Spielblocks für die Auflistung der Handelswaren passt nicht zu den tatsächlichen Abläufen. Schlimmstenfalls verkommt das Spielgeschehen zu einer reinen Zettelwirtschaft, weil zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr ersichtlich ist, wann welche Waren zu welchem Preis gekauft wurden. Hier wäre ein übersichtlicherer Mechanismus hilfreich: etwa durch den Einsatz von Chips oder Spieler-Tafeln, was aber nur dann gut funktionieren würde, wenn die insgesamt verfügbaren Waren physisch begrenzt wären.
Beim Geld hört die Freundschaft auf
Wo gehandelt wird, geht es um Geld. Und ausgerechnet bei diesem zentralen Thema patzen die beiden Autoren Michael Linke und Jörg Kiefer in doppelter Hinsicht. Zu einen gehen bei einer Partie Kompass – Das Wirtschaftsspiel große Mengen an Spielgeld über den Tisch. Diese vorteilhafte haptische Komponente eliminieren die Macher durch den Einsatz schlecht verarbeiteter Geldscheine völlig.
Ja, auch Monopoly setzt auf eine ähnliche Qualität bezüglich des Spielmaterials, allerdings ist Monopoly auch über 80 Jahre alt und das Spielmaterial ist fest mit der Marke verbunden. Schön bedruckte Fantasie-Geldscheine statt Annäherung an den Euro, ein paar wertige Münzen und einige hübsche Tausch-Gimmicks hätten dem Tisch-Geschehen deutlich mehr Anmut verliehen. Schade.
Was zusätzlich nicht passt, ist der Anschaffungspreis des Brettspiels. Knapp 50 Euro kostet Kompass – Das Wirtschaftsspiel und damit bei dem gebotenen Spielmaterial mindestens 10 bis 15 Euro zu viel. Natürlich sind die Produktionskosten für einen Kleinverlag enorm, das wirtschaftliche Risiko spürbar und die Möglichkeiten bei einem Erstlingswerk begrenzt – die Preisgestaltung wird potenzielle Käufer allerdings abschrecken.
Dabei machen die Autoren bezüglich der ökonomischen Langlebigkeit ihres „Produkts“ sogar einiges richtig: Spielmaterial wie Blöcke oder Geldscheine können nachgeordert werden. Das macht natürlich nur Sinn, wenn die Grundversion sich in hohen Stückzahlen auf dem Markt absetzen lässt. Und das funktioniert heutzutage über kompromisslos gute Qualität, eine starke Marke oder attraktive Anschaffungspreise.
Die Idee der Nachrüstung könnte man aus Sicht der Autoren sogar erweitern: nachkaufbare Marktereignisse, Zusatzkarten, Modifikationen des Spielbretts – die Möglichkeiten zur Monetarisierung sind unbegrenzt. Es gilt, sich mit einem Brettspiel auf dem umkämpften Markt zu platzieren. Das Abschöpfen der Erträge folgt dann später, vielleicht erst mit einem zweiten Titel.
Autoren zeigen sich offen für Kritik
Um die aufgeführten Kritikpunkte nachvollziehen zu können, ist es oftmals hilfreich, diese aus der Sicht der Autoren zu verstehen. Die meisten Entscheidungen fallen nicht zufällig: hinter ihnen stehen konkrete Überlegungen – manchmal auch falsche. Michael Linke und Jörg Kiefer waren offen für kritische Anmerkungen von Rezensenten und aus der Community.
Ein Hauptkritikpunkt bestand in der nicht nachvollziehbaren Preisgestaltung. Kompass – Das Wirtschaftsspiel kostet im Handel rund 50 Euro. Zu viel für die gebotenen Inhalte. Auf Nachfrage verriet Michael Linke, man habe sich bei der Festlegung des Kaufpreises an der Preisgestaltung von Spielen wie Monopoly, Risiko, Catan und Co orientiert, die zur Markteinführung alle um den heutigen Wert von 45-50 Euro gekostet haben. Zudem müsse die Tatsache, dass die Kompass Spiel GbR ein kleines Start-Up und kein großer Verlag sei, bei der Beurteilung berücksichtigt werden. Auch der Bildungshintergrund des Wirtschaftsspiel sei von Belang sagt Linke:
„KOMPASS bietet neben Spielspaß und Spannung auch einen immensen Lerneffekt. Spieler meinten bereits, dass man mit diesem Spiel mehr lernen kann, als aus einem Buch oder einem Online Video zum Thema Wirtschaft und Finanzen. Es werden unkompliziert die Chancen und Risiken von Aktien-, Immobilien- und Rohstoffkäufen simuliert. So dass, auch „Wirtschaftsmuffel“ unbewusst an das Thema herangeführt werden.“
Auch der Bildungshintergrund des Wirtschaftsspiel sei von Belang sagt Linke
Die Preisfrage ist letztendlich für potenzielle Käufer relevant, die mit dem Gedanken spielen, sich Kompass – Das Wirtschaftsspiel anzuschaffen. Gelegenheitsspieler sind oftmals zwar weniger kritisch was die Qualität des Spielmaterials angeht, geben durchschnittlich jedoch auch weit weniger Geld pro Jahr für Gesellschaftsspiele aus.
Bezüglich der Produktionsprozesse und des Herstellerlandes, hält es das Start-Up wie viele Spielehersteller: produziert wird aus Kostengründen – bis auf einige regionale Herstellungsprozesse – meistens in China.
Dennoch verfolgen Michael Linke und Jörg Kiefer langfristig den Plan, die Produktion vollständig von regionalen Herstellern durchführen zu lassen.
„Das Spiel wird teils in China produziert, wobei einzelne Produktionsprozesse regional erfolgen. Diese einzelnen Prozesse beziehen sich überwiegend auf Druck und die Produktzusammenführung für die endgültige Fertigstellung. Dies bezieht auch den finalen Verpackungsprozess ein. Die Produktion der Spielverpackung, des Spielbrett, der Spielfiguren und den Bleistiften wird in China abgewickelt, wo wir mit einem chinesischen Brettspielproduzenten kooperieren.
Michael Linke äußert sich zu den Produktionsprozessen
Die weiteren Materialien wie die Spielanleitung, die Begriffserklärung, die Depotblöcke und das Spielgeld werden bei uns in Cottbus produziert. Langfristig soll die Produktion komplett regional vor Ort stattfinden.“
Für das Design der Spielgeldscheine haben die Autoren sich bewusst entschieden. Einerseits, um sich von anderen Spielen zu unterscheiden, andererseits, um das Spielgeld farblich an die Konjunkturzyklen anzupassen. Dass es Verbesserungsbedarf gebe, räumt Michael Linke selbst ein. Aus diesem Grund seien bereits Probeexemplare in verbesserter Qualität gedruckt worden.
„Auch bei den Geldscheinen wollten wir uns von vielen Spielen unterscheiden und haben uns bewusst für ein Design an dem Euro angelegt, entschieden, anstatt einer Dollarnote wie es bei vielen Spielen herkömmlich ist. Dazu haben wir zwei weitere kleine versteckte Motive mitberücksichtigt. Je höher der Wert der Banknote, desto mehr rückt der Zeiger auf dem Wasserzeichen-Kompass Richtung Boom. Dazu sind die Farben der Geldscheine ebenfalls an die Farben der Wirtschaftszyklen angepasst. Im nächsten Schritt werden wir unseren Fokus auf die Verbesserung der Geldscheine legen. Einige Exemplare mit verbesserter Qualität (sattere Farben, haptischeres Papier) sind schon probehalber gedruckt.
Designentscheidungen seien bewusst getroffen worden.
Insgesamt ist das Design auf die Farbpsychologie zurückzuführen. So wurden die Eigenschaften bestimmter Farben für den zugeteilten Wirtschaftszyklus berücksichtigt.
Das führte zu dem Design, welches die Spielverpackung im Regal ebenfalls in den Vordergrund rücken lässt.“
Der eher statische Spielablauf mindert den Wiederspielwert von Kompass – Das Wirtschaftsspiel spürbar. Neue Inhalte müssten in regelmäßigen Abständen veröffentlicht werden, um bei Besitzern des Spiels für motivierende Anreize zu sorgen. Spieleautor Michael Linke verweist dazu auf geplante Neuerungen.
„In unserem Webshop kann man bereits ein Erweiterungspaket der Geldscheine kaufen, um es mit noch mehr Spielern zu spielen. Dies ist auf der Frontseite der Begriffserklärung notiert. Dazu folgt Ende des Jahres eine Veröffentlichung von zusätzlichen Marktereigniskarten 2018. Dort werden 60 Live Beispiele aus dem Jahr 2018 festgehalten. Das Börsenjahr 2018 war geprägt von vielen wirtschaftlichen und politischen Ereignissen. Diese wollen wir in das Spiel einbeziehen und zukünftig für jedes weitere Jahr produzieren, um das Spiel noch näher an die Realität heranzuführen.
Neue Inhalte haben die Autoren bereits eingeplant.
Eine überarbeitete Version wird es ebenfalls geben.
Aufgrund der hohen Resonanz entwickeln wir bereits eine Folgeversion „Kompass Future“. Dort steht auch die Zukunft der Wirtschaft stets im Fokus. Diese beinhaltet zukünftige, wirtschaftliche Trends, wie zum Beispiel Kryptowährungen, alternative Energien, Technologien, künstliche Intelligenz und Robotik.“
Die beiden Cottbusser Selbstverleger halten das Spielprinzip ihres Erstlingswerks für zugänglich und einzigartig. Den Handel unter Spielern nicht ausdrücklich durch festgelegte Regeln zu fördern, sei eine bewusste Entscheidung gewesen. Michael Linke verweist auf namhafte Spieleklassiker und auf die Tatsache, dass Warenhandel oder die Gewährung von Darlehen unter Spielern grundsätzlich möglich sind – festlegen sollen das dann die sogenannten Hausregeln.
„Auch hier haben wir uns bewusst für ein Spielprinzip entschieden, welches einzigartig ist. Der Handel an der Börse oder dem Immobilienmarkt ist für jedem zugängig. Kann aber, wie in der Realität, nur über einen Broker oder einer Bank erfolgen. Somit soll jeder die Möglichkeit haben, eine Investition zu tätigen oder zu unterlassen. Deswegen haben wir uns für nur eine einzige Spielfigur entschieden, die den Markt symbolisieren soll.
Hausregeln halten die beiden Autoren bei Kompass für wesentlich.
Dennoch ist ein Handel oder die Gewährung eines Darlehens unter Spielern nicht ausgeschlossen. Es ist ähnlich wie bei Monopoly wo sich über die Jahre eigene Regeln entwickelt haben.„
Die Spieleautoren von Kompass – Das Wirtschaftsspiel sind sich der Kritik an ihrem Werk durchaus bewusst. Langfristig wird es daher Veränderungen an ihrem Handelsspiel geben. Ein Brettspiel zu entwickeln ist ein Prozess, der schrittweise und über Erfahrungswerte abläuft.
Infobox
Spielerzahl: 2 bis 4 Spieler
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 40 bis 120 Minuten
Schwierigkeit: einfach
Langzeitmotivation: mittel
Verlag: Kompass Spiel GbR ►
Autor: Michael Linke, Jörg Kiefer
Grafik: Jörg Kiefer
Erscheinungsjahr: 2017
Sprache: deutsch
Kosten: 50 Euro
Fazit
Eine faire Rezension kann niemals ein totaler Verriss eines Spiels sein. Und auch für Kompass – Das Wirtschaftsspiel gibt es die passende Zielgruppe. Vorrangig Gelegenheitsspieler, Familien oder Freundesrunden werden sich mit dem gebotenen Konzept unterhalten fühlen. Das seichte Handelsspiel plätschert flüssig daher, neigt jedoch mitunter dazu, Spieler zum Anfertigen eines „Zettel-Chaos“ zu verleiten. So passend die Idee des „Depot-Blocks“ bei einem Wirtschaftsspiel auch sein mag, so unübersichtlich kann die Auflistung der Einkäufe und Verkäufe im Verlauf einer Partie werden. Das frustriert mitunter, denn als Spieler verliert man in solchen Momenten seinen Fokus.
Ansonsten erinnert Kompass – Das Wirtschaftsspiel stark an Monopoly, auch wenn die Spielhandlungen sich im Detail deutlich von dem Klassiker unterscheiden. Die Autoren Jörg Kiefer und Michael Linke müssen während der Entwicklung zwischen Mut und Sicherheitsdenken geschwankt haben, denn so ganz losgelöst und unabhängig wirkt das Regelwerk von Kompass letztendlich nicht. Dennoch: wer den Erfolg von simplen Spielen wie Monopoly kennt, weiß auch, dass derartige Titel zahlreiche Abnehmer finden können – sofern die Mischung aus Spielidee und wertigem Material stimmt.
Und genau an dieser Stelle machen die Autoren den entscheidenden Fehler. Material und Anschaffungspreis passen nicht zusammen. Das Spielbrett ist nicht einwandfrei verarbeitet, der Aufdruck des Spielfeldes schief geklebt, den Karten hätten hübsche Illustrationen gut getan, die Geldscheine sind von mäßiger Qualität, blass bedruckt und haptisch verbesserungsbedürftig. Bei all der Kritik am Material darf man nicht vergessen, dass hinter dem Brettspiel kein großer Verlag steht – nur zwei Branchen-Fremde, die eine Idee verwirklichen wollten. Für rund 50 Euro muss jedoch eindeutig mehr Qualität auf den Tisch gebracht werden, daran besteht kein Zweifel.
Potenzielle Käufer verleitet das im Zweifelsfall zwar nicht zu einer Anschaffung des Spiels, für eine Rezension ist der Entstehungshintergrund jedoch von Belang. Die Erwartungshaltung auf ein realistisches Maß zu reduzieren führt eher zu einer fairen Bewertung.
Und so wird aus dem angestrebten Lernspiel Kompass – Das Wirtschaftsspiel gleichzeitig eine Lehre für die beiden Autoren. Jeder Kritikpunkt kann in einer Folgeauflage ausgebessert werden, um den Titel konkurrenzfähig zu machen. Immerhin: der Titel funktioniert in seinen Grundzügen.
Gestandene Brettspielexperten wird der Titel der beiden Cottbusser Finanzexperten kaum begeistern. Zu eintönig spielt sich das Geschehen aus dem Tisch ab, zu gering sind die strategischen Komponenten. Wer mit handlungsarmen Wirtschaftsspielen, etwa aus den 80er- und 90er-Jahren, etwas anfangen kann, darf sich Kompass – Das Wirtschaftsspiel bedenkenlos anschauen. Große Erwartungen als Ablauf, Spannungskurve und Komplexität darf man als Spieler allerdings nicht haben, sonst endet das Spiel-Vergnügen in einer Depression.
Es ist manchmal die Frage nach der richtigen Zielgruppe, die über die Qualität eines Brettspiels entscheidet – oder zumindest mitentscheidet. Vielspieler werden mit dem Konzept hoffnungslos unterfordert sein und keinen spielerischen Mehrwert für sich entdecken. Für Gelegenheitsspieler und Einsteiger werten wir das Handelsspiel dagegen mit drei von fünf möglichen Punkten.