Mit Diablo 2: Resurrected hat Blizzard einen seiner absoluten Toptitel wiederbelebt. Das eingängige Spielprinzip des Hits von einst überzeugt auch heute noch. Diablo 2 ist optisch besser als jemals zuvor, dennoch nagt der Zahn der Zeit unerbittlich an dem rund 20 Jahren alten Gameplaygerüst. Was damals grandios war, ist heute immer noch gut – allerdings lang nicht mehr das Meisterwerk von einst.
Diablo 2 weckt Erinnerungen: An ein grandioses Spiel, an erste ernsthafte Multiplayer-Erlebnisse über das Internet via 56k-Modem mit halbstündlichen Verbindungabbrüchen, stundenlang besetzten Telefonleitungen und an das „Battle.net“, das damals eine kleine Revolution war. Und heute? Heute gibt es Diablo 2 immer noch – beziehungsweise jetzt wieder. Schöner, lauter, flüssiger, auf Großbildschirmen in 4K – der modernisierte Rahmen des Remakes Diablo 2: Resurrected ist grandios. Das Meisterwerk von einst ist der Titel aber nicht mehr. Das liegt vor allem daran, dass Blizzard für die wiederbelebte Auflage überall Hand angelegt hat, nur beim Gameplay kaum.
Diablo 2: Ich weiß, was du im Sommer 2000 getan hast…
Vor rund 20 Jahren war Diablo 2 eine Wucht. Irgendwann zwischen Abitur und Wehrdienst verbrachte ich Stunden in der Hölle, nicht alleine, sondern mit Freunden – online. Vergleichsweise flüssig zocken über das Internet war damals der große Schrei. Rückblickend war es eine Qual, härter als jedes Gefecht gegen den Höllenfürsten persönlich. Unterhaltsam war das trotzdem und irgendwie revolutionär. Klicken, klicken, klicken – Diablo 2 hat Mäuse verschlissen, wie Michael Schumacher im Milleniumsjahr Gummireifen bei Ferrari. Am Ende wurde er Weltmeister, wir siegten über den Herrscher der Hölle. Das Gefühl muss in beiden Fällen ähnlich gewesen sein.
Und heute? Geklickt wird immer noch. Der Herrscher der Hölle bekommt immer noch sein Fett weg. Es fühlt sich aber ganz anders an. Zäher, trockener, irgendwie auch öder. Der hypnotische Reiz eines Diablo 2 anno 2000 ist verflogen. Der Zahn der Zeit nagt heftig an dem Klassiker. Daran ändern auch die tolle Optik und die vielen sinnvollen Anpassungen nichts. Am grundlegenden Spielprinzip liegt das nicht, denn das ist zeitlos: Man startet als verarmter, unfähiger Held und startet ins Abenteuer. Gold sammeln, Ausrüstung aus den Monstern herausprügeln, Bosse besiegen, auf gute „Drops“ hoffen – all das präsentieren Entwickler auch heute noch immer wieder in anderen Gewändern. Warum auch nicht? Es funktioniert schließlich. Was sich dramatisch verändert hat in den vergangenen 20 Jahren ist der Spielfluss. Moderne Action-Rollenspiele sind geschmeidig, erfordern Reaktionsschnelligkeit, verursachen mitunter Stress, wenn es auch dem Bildschirm hoch hergeht. Diablo 2: Resurrected ist das exakte Gegenteil – es plätschert dahin, ist hakelig, fordert immer wieder Pausen, etwas um sich durch Menüs zu wühlen oder zum hundertsten Mal in das Basislager zurückzukehren.
Aber: Es macht trotzdem Spaß, und wie. Das Hack’n’Slay als Genuss ist Blizzards neu aufgelegtes Werk aber nicht mehr. Dabei hat Blizzard vieles verändert und dabei vieles verbessert. Diablo 2: Resurrected scheitert am Ende an sich selbst und seiner eigenen Geschichte. Mit dem Spielverknüpft sind viele gute Erinnerungen, die man zwar zurückholen kann, aber so nicht mehr erleben wird. Diablo 2 war früher einzigartig, heute ist es ein Hack’n’Slay unter vielen – wenn auch weiterhin eines der besten des Genres. Trotzdem hält der Klassiker dem Vergleich mit dem modernen Diablo 3 – oder seinen Konkurrenten Grim Dawn oder Path of Exile – nicht mehr Stand. Man hat in 20 Jahren verdrängt, wie mühsam Charaktere sich damals steuerten. Als Spieler willst du das heute nicht mehr – Diablo 2: Resurrected führt es dir jedoch vor Augen. Der Start ist daher zunächst ernüchternd. Man ackert sich durch erste Gegnerhorden, sammelt Fähigkeitenpunkte und Ausrüstung – und ärgert sich immer wieder über die rasant abnehmende Ausdauerleiste. Einfach über die Map rennen? Geht nur bedingt. Es fühlt sich streckenweise schrecklich an.
Die Kämpfen? Hakelig. Gegenstände verdecken Gegner. So mancher Massenkampf wird zum Krampf, wenn der Held statt drauf zu dreschen, gar nichts tut oder in irgendeine Richtung läuft. Typisch Diablo 2 zwar, aber das hätte man verbessern können. Hätte. Hat man aber nicht. Und dann die Mär vom komplexen Skillsystem: Wie großartig hat man sich die Fähigkeitenbäume von Diablo 2 im Vergleich zu Diablo 3 vorgestellt. Nun wird deutlich: Es bietet mehr Möglichkeiten, der Großteil davon verpufft allerdings. So steckt man unzählige Punkte nur in nutzlose Fertigkeiten, weil man tiefer in den Talentbaum eindringen will. Der Held wird stufenweise, aber so sanft stärker, das einem die Unterschiede zunächst kaum auffallen. Charakterfortschritt? Gibt es, aber in einer niedrigen Dosis. Immerhin ist die Geschwindigkeit rasant. Immer wieder kann man ein Pünktchen vergeben, das motiviert. So einschneidend wie bei Diablo 3 sind die Unterschiede bei den Builds aber nicht – das Gefühl ist verwunderlich, denn genau das war zu Beginn einer der großen Kritikpunkt an dem Nachfolger.
Und dann die Benutzeroberfläche: Nicht selten sorgt die Tastenbelegung für Chaos. Auch hier hat Diablo 3 die Nase vor. Das Inventar quillt schnell über. Nicht etwa, weil man Massen an toller Ausrüstung sammelt, sondern weil man zahllose Tränke horten muss. Hat Diablo 3 auch hier die Nase vorn? Nicht mal ansatzweise. Path of Exile zeigt, wie es richtig geht.
Und trotzdem ist es gut…
Nun kann man höllenfürstlich meckern über Diablo 2: Resurrected. Aber es bleibt Meckerei auf hohem Niveau. Es macht Spaß, die Story von einst neu zu erleben, sich durch die bekannten Gegnertypen zu schnetzeln und die geliebten Locations von damals zu besuchen. Alles schöner, in 4K, und mit grandiosem Sound. Die Atmosphäre von Diablo 2 war niemals besser. Das Spiel war niemals ästhetischer. Die Musik drang niemals schauriger aus den Boxen. Wer Diablo 2 geliebt hat, der wird auch Diablo 2: Resurrected lieben, aber es kostet Überwindung, sich mit dem Gameplay aus der Hölle…, nein, aus der Vergangenheit, nach knapp 21 Jahren wieder vertraut zu machen.
Online wie offline werden Monster verkloppt, immer noch kann man sich im Mehrspielermodus die Zeit vertreiben. Vorrangig setzt Blizzard bei Diablo 2: Resurrected auf die Verbesserung der technischen Aspekte, das wird von Minuten eins an deutlich. Die Licht- und Schattenspielereien sind grandios, Physikeffekte sorgen für ein Plus an Stil. Wer will, kann sich per Knopfdruck sogar den „ollen Look“ von damals wiederholen – empfehlen würden wir das aber nicht. Diablo 2: Resurrected lässt den Klassiker in der Moderne ankommen. Fünf Akte können Spieler durcharbeiten – immerhin ist ja auch die Erweiterung Lords of Destruction samt seiner zwei neuen Klassen enthalten. Sieben Helden stehen damit zur Wahl: Amazone, Barbar, Paladin, Totenbeschwörer und Zauberin sowie zusätzlich die Assassine und der Druide. Jede Klasse spielt sich anders, auch heute noch – es ist die größte Stärke des modernen Klassikers. Egal wie alt der grundlegende Gameplay-Gerüst auch sein man, die Klassenvielfalt punktet.
Die veralteten Features sind ein Ärgernis, dafür überzeugt Diablo 2: Resurrected auf der Story-Ebene umso mehr. Die Optik unterstützt die Erzählkunst, füttert Spieler mit maximal hübschen Höhlensystemen, Kellergewölben und Höllenumgebungen. Die Schrabbel-Musik mit harten Gitarrenriffs lässt einen das Blut in den Adern gefrieren. Irgendwie, auf eine seltsame Weise, schafft es Diablo 2: Resurrected auch nach über 20 Jahren noch, den Spieler an den Bildschirm zu fesseln. Trotz offensichtlicher Schwächen. Die Hölle hat scheinbar nichts von ihrer Anziehungskraft verloren.
Infobox
Spielerzahl: Singleplayer, Multiplayer
Alter: ab 16 Jahren
Schwierigkeit: mittel
Langzeitmotivation: mittel
Genre: Action-Rollenspiel
Untergenre: Hack’n’Slay
Entwickler: Blizzard
Publisher: Activision-Blizzard
Offizielle Website: Link
Erscheinungsjahr: 2021
Plattformen (Testsystem): PC, Playstation 4, Playstation 5, Xbox One, Xbox Series X|S, Nintendo Switch
Sprache: deutsch
Kosten: ab 39,99 Euro
Fazit
Diablo 2: Resurrected sieht zunächst toll aus: Schicke Lichteffekte, viele Details, schöne Dungeons – alles jedoch wiedererkennbar und typisch Diablo 2. Rein technisch hat Blizzard alles richtig gemacht, sogar die Steuerung weiß zu überzeugen – auch auf Konsolen. Die Motivation zum Weiterspiele muss man sich allerdings erarbeiten. Als Spieler wird man ernüchternd feststellen müssen, dass Diablo 2 gealtert ist, spürbar sogar. Man kloppt Monster, erlebt Frust- und dann, irgendwann, kommt der Moment, an dem zumindest etwas von dem Gefühl von damals zu spüren ist. Dann packt es einen.
Für den Mehrspielerpart gilt das weitaus mehr als für das Solospiel – beides ist gut, Multiplayer ist besser. Die sieben Helden bieten genügend Abwechslung für viele Stunden Spaß. Die Erzählkunst von einst ist auch über 20 Jahre später noch grandios. Und dann kommt wieder so ein Moment: Das holt es einen zurück in die Gegenwart. Dann ist Diablo 2: Resurrected wieder das repetitive Gemetzel anno 2000, der Reiz verfliegt. Die Fummelei im Inventar nervt plötzlich, das Tränke-System stört, die vielen unnütz verteilten Skillpunkte fallen auf. Dann allerdings sind unzählige Spielstunden bereits vergangen.
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