Ein neues Battle-Royale-Spiel! Ok, das ist nicht unbedingt innovativ. Das Genre ist inzwischen ziemlich strapaziert worden. Naraka: Bladepoint geht dennoch einen neuen Weg: den der Faust. Statt Bazooka, Sturmgewehr und Co setzen die Entwickler „24 Entertainment“ auf Martial Arts – das Studio kommt, wie passend, aus einem Kampfsport-Traditionsland: China.
Los, lass uns ne Runde „Battle Royale“ zocken – damit lockt man Gaming-Fans mittlerweile nicht mehr automatisch hinter dem Ofen hervor. Wer nicht bereits PUBG, Fortnite oder Call of Duty: Warzone spielt, der kann sich zu der Massen-Ballerei möglicherweise kaum aufraffen. Das chinesische Entwicklerstudio 24 Entertainment möchte neue Anreize schaffen – und zwar mit Kampfkunst.
Martial Arts in der Schrumpf-Arena
Die Innovation von Naraka: Bladepoint offenbart sich nicht auf den ersten Blick. 60 Spieler werden auf ein Schlachtfeld geworfen, das sich stetig verkleinert. Während dies Todeszone wächst, rennen und klettern die Charaktere umher, sammeln Waffen und Rüstungen, verbessern sich mit Upgrades und horten Heilgegenstände. Das wird gekloppt, im wahrsten Sinne des Wortes: Statt mit Gewehren aus weiter Ferne auf die Opponenten zu schießen, müssen Spieler bei Naraka: Bladepoint vorrangig in den Nahkampf, um ordentlich austeilen zu können. Fernkampfwaffen gibt es zwar, deren Einsatz ist allerdings limitiert und Pausen unterworfen. Deutlich effizienter ist es also, sich den Gegnern von Angesicht zu Angesicht zu stellen. Am Ende bleibt ein Kämpfer übrig, oder eben ein Dreier-Team.
Und zack, schon haben 24 Entertainment ein neues Sub-Genre erschaffen: das Martial-Arts-Battle-Royale-Spiel. Die Idee kommt an, bei Kritikern, auf Steam, auch bei uns. Trotz einiger offensichtlicher Macken. Aber der Reihe nach. Naraka: Bladepoint macht nicht nur spielerisch einiges anders, es ist auch deutlich hübscher als die meisten Konkurrenten und aufgrund des Asia-Settings auf seine Weise besonders. Zunächst fällt auf: Es gibt tatsächlich ein Thema, nämlich die asiatische Kultur. Statt wie bei Playerunknown’s Battlegrounds einfach in eine thematisch austauschbare Riesen-Arena geworfen zu werden, setzen die chinesischen Entwickler auf Atmosphäre.
Nicht nur kloppen, auch gucken – das ist die Devise. Und so streift man manchmal umher, schaut sich die Umgebung ab, lässt den Blick schweifen. Bis die Todeszone anrollt. Dann muss es schnell gehen – man kennt es aus anderen Battle-Royale-Spielen. Je kleiner das Schlachtfeld wird, desto größer wird die Chance, auf andere Martial-Arts-Kämpfer zu treffen. Von denen gibt es eine Handvoll, jeweils ausgestattet mit Stärken und Schwächen und einem durchaus voneinander unterscheidbaren Spiel- bzw. Kampfstil. Die Heroes entsprechen dabei bekannten Archetypen: eine Assassinin mit dunkler Magie, ein Kampfmönch mit Glockenbeschwörung, der Haudrauf mit Feuerfertigkeiten – Naraka: Bladepoint orientiert sich stilistisch an dem, was man so kennt, wenn man schon einmal ein Martial-Arts-Spiel gespielt hat.
Taktik ist Trumpf
Kampftaktik ist Trumpf bei diesem Battle-Royale-Konzept: erst den Gegner etwas anschießen aus der Ferne und dann geht es los. Mit Fäusten, Schwertern, Lanzen prügelt, hackt und sticht man auf die Gegner ein, vollführt dabei Spezialmanöver und hetzt umher. Letzteres kann ganz schön nerven, denn nicht selten leidet die Übersicht. Der Grund ist simpel: Wo man im Fernkampf die gegnerischen Positionen leicht nachverfolgen kann, muss man sich im Nahkampf ganz schön anstrengen. Immerhin: Tutorials und Trainingsmatches vermitteln die Grundlage und biete erste Gelegenheit, Waffen und Fähigkeiten stressfrei zu testen. Die KI-Gegner sind nicht mehr als Übungspuppen, sie agieren oft ziemlich dämlich – kein Vergleich jedenfalls menschlichen Widersachern, auf die man in Ranglisten-Kämpfen trifft. Trotz Vorbereitung ist man nicht gefasst auf das, was folgt: man bekommt zu Beginn man derbe auf die Mütze. Das frustriert, motiviert aber auch – denn trotz aller Niederlagen: Es zeigt, was möglich ist, wenn man seine Lieblingskämpfer beherrscht.
Und noch etwas ist offensichtlich anders bei Naraka: Bladepoint. Statt auf ein Free-2-play-Modell setzen die Macher auf Buy-2-play – das Spiel muss man also einmal kaufen, dann kann man zocken. Mikrotransaktionen gibt es trotzdem und zwar nicht zu knapp. Den aus kostenlos spielbaren bekannt Battle-Pass kann man in einem In-Game-Shop ebenso erstehen wie Lootboxen oder Skins. Immerhin: All das Kleinod ist optional und kosmetisch. Man braucht davon nichts, auch wenn so mancher Skin tatsächlich ziemlich verlockend aussieht. Würde das Spiel dem Spieler seine Kaufangebote nicht so penetrant unter die Nase reiben, könnte man den Shop einfach ignorieren – so nervt es allerdings teilweise.
Naraka: Bladepoint zehrt von seinem grandiosen Nahkampfsystem. Das ist der Star des battle-Royale-Spiels. Das Highlight. Jenes Stückchen Gameplay also, das es zu meistern gilt. Einfach ist das nicht, auch wenn der Einstieg durchaus gefällig ist. Erste Manöver sitzen schnell, bis man Gegner auskontert und an der Nase herumführt, werden viele Stunden vergehen.
Auftragen – polieren
Per Mausklick führt man Standardangriffe aus, in die zu simple Kombos verketten und in einem besonders starken Abschluss münden. Auch Auflade-Attacken sind Teil der Kämpfe, ziemlich mächtig, dafür aber auch mit dem richtigen Timing zu parieren. Das Problem: gegen die müde agierenden Bots ist das alles kein Problem. Gegen menschliche Kontrahenten verkommen die Kämpfe mitunter zu wilden Prügeleien. Taktik? Fehlanzeige. Es wird gekloppt, was die tasten hergeben – am Ende gewinnt der Spieler, der mehr Angriffe ins Ziel bringen konnte. Mitunter wirken die Fights einfach zu wenig choreografiert, chaotisch und teils unfair.
Bleibt das so? Nein. Zu dieser Erkenntnis muss man allerdings erst gelangen. Man wird vermöbelt, bis man sich die Frage stellt, ob der eigene Spielstil nicht das größte aller Probleme ist. Fakt ist: man gewinnt nur mit der richtigen Kampftaktik, und die besteht selten darauf, dem Gegner einfach alle möglichen Kombos entgegenzuwerfen. Bewegen und ausweichen, ausweichen und bewegen – ab und zu ein Treffer, eine gut getimte Attacke: so zermürbt man seine Gegner schrittweise mit jedem Schlag und jedem Schwertstreich.
Die Kunst bei Naraka: Bladepoint ist es, Fehler des Gegners zu provozieren und seinen Spielstil gegen ihn zu verwenden. An diesem Punkt wird deutlich, wie wertvoll die völlig unterschiedlichen Spezialangriffe der Charaktere sind. Sie nicht meist nicht kampfentscheidend, sondern unterstützend. Die Einstiegsphase muss man überwinden, dafür auch Frust ertragen. Tut man das, wird Naraka: Bladepoint ab einem bestimmten Zeitpunkt richtig fesselnd. Insgesamt richtet sich das Spiel an erfahrene Spieler oder Fans, die den Willen für eine Einarbeitung mitbringen. Geduld braucht es, denn an Bugfixes und Updates arbeitet 24 Entertainment stetig.
Infobox
Spielerzahl: Multiplayer
Alter: ab 12 Jahren
Schwierigkeit: hoch
Langzeitmotivation: mittel
Genre: Action-Spiel
Untergenre: Battle Royale
Entwickler: 24 Entertainment
Publisher: NetEase
Offizielle Website: Link
Erscheinungsjahr: 2021
Plattformen (Testsystem): PC
Sprache: deutsch
Kosten: ab 19.99 Euro / Kostenlos
Fazit
Was soll man sagen? Naraka: Bladepoint ist ein Genre-Vertreter auf den Spieler gewartet haben – vielleicht wissen sie es bislang nur noch nicht. Die chinesischen Entwickler von 24 Entertainment bringen deutlich mehr frischen Wind in das angestaubte Genre als Fortnite und Co mit ihrem regelmäßigen Content-Updates. Endlich verändert sich bei den Battle-Royale-Spiele nämlich auch das Gameplay und nicht nur die Optik. Schön sieht Naraka: Bladepoint dennoch aus. Mehr noch: Es ist wohl eines der hübschesten Schlachtfeld-Spiele derzeit.
Dafür haben Spieler mit der Innovation zu Beginn zu kämpfen: Die Prügeleien sind wild, frustrierend, unfair – und sie enden oft mit Niederlagen. Was man also tun muss? Aus Prügeleien taktische Kämpfe machen. Dann macht Naraka: Bladepoint plötzlich Spaß, weil es seine Stärken ausspielen kann. Das Kampf-Gameplay ist grandios, die Attacken lassen sich zu strategischen Kettenmanövern kombinieren. Es geht darum, den Gegner zu ärgern. Wie hatte Muhammed Ali es gesagt: Schwebe wie ein Schmetterling, stich wie eine Biene. Hat man seinen Charakter – oder als Profi auch mehrere – gemeistert, fängt der Spaß erst an.
Dass man in einem Buy-2-play-Spiel, wenn auch einem günstigen, mit ständigen Premium-Kaufangeboten genervt wird, muss allerdings nicht sein. Die Werbung hätte man auch subtiler unterbringen können.
Am Ende entpuppt sich Naraka: Bladepoint nicht nur als mutiges, sondern auch als gelungenes Experiment. An dem ist aufgrund einiger Bugs und Serverherausforderungen jedoch noch nicht zu Ende geforscht. Wie bei den Konkurrenz-Titeln des Genres wird letztendlich die Zeit zeigen, wie lange sich 24 Entertainments Idee am Markt halten kann. Verdient hätte es das Spiel jedenfalls.
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