Man kennt die Situation: Neues Brettspiel gekauft, den neun Kilogramm schweren Karton auf den Tisch gewuchtet, alles ausgepöppelt, eigentlich könnte man endlich loslegen – wäre da nicht die 40-seitige Anleitung, die eher abendfüllende Lektüre als Crash-Kurs ist. Wenn die zeit für komplexe Brettspiele nicht reicht und es schnell gehen muss, kommen die „Snacks“ auf den Spieltisch. Was sie auszeichnet? Einfache Regeln, wenig Material, dafür viel Spielspaß. Unsere Autorin Nicole hat sich vier schnelle, einfach Brettspiele angeschaut und gibt damit auch Einsteigern Tipps für den nächsten Spieleabend.
Manchmal hat man Lust zum Spielen, schaut auf die Uhr und ärgert sich über die kaum vorhandenen zeitlichen Ressourcen. Blöd, wenn dann nur ausufernde Strategie-Brettspiele im Regal stehen und man in der Vergangenheit verpennt hat, sich schnelle Gesellschaftsspiele für Zwischendurch zu kaufen. „Lückenfüller“ nennen eingefleischte Fans derartige Spiele verächtlich, Spaßgaranten sagen andere. Vor allem Familie profitieren von einfach Brettspielen, die ebenso schnell erlernt und gespielt wieder hinterher wieder ins Regel geräumt sind.
Push von Prospero Hall (Ravensburger)
Push von Prospero Hall, in Deutschland erschienen bei Ravensburger ist eines dieser vielleicht unterschätzten Kartenspiele mit einem Design, das direkt aus den Neunzigern stammen könnte, als Knopfhosen, Plateau-Schuhe und Uno so angesagt waren.
Der Kartenstapel besteht aus 90 Karten mit Zahlen auf verschieden farbigen Hintergrund, 18 Würfelkarten und 12 Richtungswechsel-Karten. Der aktive Spieler wählt zwischen zwei Aktionen. Entweder deckt der aktive Spieler eine Karte auf und legt diese auf einer von bis zu drei Reihen ab. Es dürfen dabei nie gleiche Zahlen oder gleiche Farben in eine Reihe gelegt werden.
Der aktive Spieler überlegt nach jeder Karte, ob er abbricht oder weiter aufdeckt. Bricht er ab darf er eine der drei Reihen nehmen und die Karten nach Farbe sortiert vor sich ablegen. Die inaktiven Spieler dürfen sich der Reihe nach eine übrige Kartenreihe nehmen.
Beendet der aktive Spieler seinen Zug nicht freiwillig, sondern zieht eine Farbe oder Zahl, die schon in allen der drei Reihen vorhanden ist, darf er sich keine Reihe nehmen. Die inaktiven Spieler nehmen sich trotzdem eine Kartenreihe im Uhrzeigersinn. Der aktive Spieler würfelt darauf mit dem Farbwürfel. Hat er Pech und würfelt eine Farbe, muss er seinen Kartenstapel in dieser Farbe abwerfen. Hat er Glück würfelt er schwarz passiert nichts.
Die zweite Aktionsmöglichkeit ist keine Karten aufzudecken, sondern einen eigenen Farbstapel zu sichern.
Es gibt zwei Arten Sonderkarten. Eine Richtungswechselkarte. Hier ändert sich die Reihenfolge, in der die inaktiven Spieler sich Kartenreihen nehmen dürfen. Und Würfelkarten, die den Spieler, der die Reihe nimmt zum Würfeln und Entsorgen des entsprechenden Kartenstapels vor sich zwingt. Das Spiel endet, wenn der Nachziehstapel leer ist. Gewinner ist wer die meisten Punkte mit seinen Karten sammeln konnte.
Fazit
Ein Spiel, bei dem alle Spieler mitfiebern. Es ist sehr spannend und es kommt keine Langeweile für die inaktiven Spieler auf. Für den aktiven Spieler ist es eine ständige Gradwanderung zwischen Zocken, Gier oder lieber auf Nummer sicher zu gehen.
Durch die Würfelkarten hat das Spiel auch einen Ärger Faktor, mit dem man seine Mitspieler um ihre mühsam gesammelten Kartenstapel bringen kann. Oder haben diese Ihre Karten rechtzeitig gesichert? Push ist ein kleines Spiel für Zwischendurch, dass immer wieder gerne auf den Tisch kommt. Es eignet sich auch prima für größere Runden von bis zu sechs Spielern.
Palm Island von Jon Mietling (Kosmos)
Kleine Packung, großer Spaß. Das dürfte auf das Handkarten-Spiel Palm Island von Jon Mietling zutreffen, das hierzulande im Verlag KOSMOS erschienen ist. Für das Grafikdesign zeichnet sich Mirko Aira Suzuki verantwortlich. Handkarten-Spiel meint Palm Island übrigens wörtlich: Palm Island ist ein Spiel für zwei Personen und es gibt eine Solovariante. Das besondere an diesem Spiel ist, dass man keinen Tisch braucht, um es zu spielen. Alle Karten werden auf der Hand gehalten.
Thematisch geht es um die Insel Palm Island auf der wir ein Dorf errichten. Es gilt drohenden Katastrophen zu trotzen und die Entwicklung des Dorfes durch Rohstoffe, Märkte und Tempeln voranzutreiben.
Jeder Spieler bekommt eine Kartenhand mit 17 Karten, die auf der Vorderseite und Rückseite bedruckt sind. Außerdem haben die Karten einen oberen Bereich und einen unteren Bereich (kopfüber). Die Karten werden als Stapel auf der Hand gehalten und nicht aufgefächert.
Beide Spieler spielen gleichzeitig und dürfen sich jeweils die beiden obersten Karten ansehen. Es gibt drei mögliche Aktionen. Das Lagern von Rohstoffen geschieht, indem man die Karte um 90° dreht und sie in dieser Ausrichtung nach hinten in den Stapel steckt. Die zweite mögliche Aktion ist das Rotieren der Karte um 180°. Somit wird der untere Bereich der Karte aktiver Bereich. Die dritte mögliche Aktion ist das Wenden der Karte auf die andere Seite.
Auch beim Rotieren und Wenden wird die Karte im Anschluss nach hinten in den Stapel gesteckt. Manche Aktionen kosten Rohstoffe. Diese bezahlt man indem man Rohstoffe aus dem Lager verbraucht. Dann muss man die Karte wieder um 90° zurückdrehen. So blättert man sich durch seinen Kartenstapel und führt Aktionen aus. In der Zwei-Spieler-Variante kommen dann noch Katastrophenkarten hinzu. Gemeinsam muss man versuchen diese Katastrophen abzuwenden.
Außerdem gibt es Errungenschaftskarten, die man im Laufe der Runde freischalten kann. Mit diesen Karten kann man auch den Schwierigkeitsgrad des Spiels beeinflussen. Die Kartendecks der Spieler verändern sich während des Spiels und werden am Ende der Partie nicht wieder in den Ursprungszustand zurückversetzt. Daher können die Decks sich von Runde zu Runde weiter entwickeln.
Fazit
Die Spielidee ist innovativ, aber auch gewöhnungsbedürftig. Das Management der Kartenhand ist nicht immer ganz einfach. Das Spiel spielt sich flott und macht Spaß. In der Zwei-Personen-Variante gewinnt oder verliert man das Spiel gemeinsam. Das Bestehen der Katastrophen ist nicht immer ganz einfach und macht das Spiel spannend.
Clip Cut Parks von Shaun Graham und Scott Huntington (Renegade Game Studios)
In diesem außergewöhnlichen Spiel geht es um die Gestaltung eines Parks. Der Bürgermeister hat Euch den Auftrag gegeben einen attraktiven und abwechslungsreichen Park zu bauen.
Jeder Spieler erhält eine Schere und ein Bogen Papier mit aufgedruckten Parksegmenten. Zusätzlich erhält jeder Spieler fünf Parkkarten. Diese werden gemischt und zwei davon offen aufgedeckt. Die restlichen drei bilden den persönlichen Nachziehstapel.
Der Startspieler erhält einen Sonderwürfel. Der Startspieler würfelt den Würfel. Das Würfelergebnis gilt für alle Spieler. Auf dem Würfel sind ein bis vier Zahlen mit den Werten zwischen Eins und Vier aufgedruckt. Diese Werte geben an, wie viele Schnitte ausgeführt werden und welche Länge diese Schnitte haben. Alle Spieler müssen nun anhand der Würfelvorgabe Schnitte auf ihrem Papierbogen ausführen. Dabei darf an beliebiger Stelle angesetzt werden. Es dürfen aber keine zwei Schnitte in gerader Linie hintereinander platziert werden.
Alle Teile, die vom Bogen abgetrennt werden müssen sofort verbaut oder entsorgt werden. Auf den Karten vor den Spielern sind geometrische Figuren abgebildet, in die die ausgeschnittenen Parksegmente deckungsgleich platziert werden müssen. Einige Felder geben bestimmt Farben oder Symbole vor, die eingehalten werden müssen. Außerdem gibt es Felder, die nicht durch einzelne Stücke belegt werden dürfen, sondern nur von zusammenhängenden Segmenten. Ist eine Karte voll erhält der Spieler einen Bonus.
Für diesen nimmt er sich den entsprechenden Marker oder darf einen extra Schnitt sofort ausführen. Die Bonusmarker können eingesetzt werden, um Symbol oder Farbvorgabe auf den Karten zu ignorieren. Ist eine Karte erfüllt, darf der Spieler eine Karte von seinem Nachziehstapel ziehen und diese offen vor sich ablegen. Das Spiel endet sofort, wenn ein Spieler fünf Parks vervollständigt hat.
Fazit
Die Idee mit Scheren geometrische Formen abzuschneiden ist originell und einzigartig. Das Spiel macht auf den ersten Blick einen simplen Eindruck. Während des Spiels stellen die Spieler jedoch schnell fest, dass einiges an Planung und Strategie notwendig ist, um die Schnitte effizient zu setzen und die Karten schnell zu füllen. Wird ein Teil an der falschen Stelle abgeschnitten kann es unter Umständen nicht platziert werden und muss entsorgt werden. Man sollte mit dem Papierbogen gut haushalten.
Der Schwierigkeitsgrad des Spiels lässt sich durch zusätzliche Karten weiter steigern. Somit ist das Spiel nicht nur für Gelegenheitsspieler. Wir haben das Spiel auch schon mit bis zu sechs Spielern gespielt. Es müssen dann eben eigene Scheren benutzt werden.
Treelings von Paul Schulz (Spielwiese/Pegasus)
Treelings von Paul Schulz ist im Verlag Spielwiese und Pegasus Spiele erschienen. Ein Bonus des Spiels – zumindest für Fans – sind die Illustrationen, die Michael Menzel beigesteuert hat.
In Treelings geht es thematisch um das alljährliche Glühwürmchenfest zur Sommersonnenwende. In diesem Spiel wetteifern sechs Baumwerker-Zünfte darum, möglichst hohe Bäume mit Plattformen zu bauen, um am Festtag vom höchsten Baum die Glühwürmchen fliegen zu lassen.
In der Tischmitte liegt eine Kartenreihe mit 5 aufgedeckten Karten und der Nachziehstapel. Jeder Spieler bekommt vor Spielbeginn 3 Karten, die er offen vor sich auslegt. Gleichfarbige Karten werden versetzt aufeinandergelegt.
Ist ein Spieler an der Reihe kann er sich entweder dafür entscheiden alle Karten einer Farbe zu nehmen oder er nimmt jede Karte einer Farbe, die genau einmal vorhanden ist. Die genommenen Karten werden dann an die eigenen Kartenreihen angelegt.
Die Legeregeln sind simple. Gleiche Farben werden aufeinandergelegt. Farbkarten, die in der eigenen Auslage noch nicht vorhanden sind, dürfen neben die Reihen links Außen oder rechts Außen angelegt werden. Es dürfen keine Reihen dazwischengeschoben werden.
Das klingt alles nicht sonderlich spektakulär. Das raffinierte an diesem Spiel ist jedoch, dass bei der Wertung der Kartenreihen nur Reihen gewertet werden, die am höchsten sind. Also die Reihen rechts und links daneben müssen kleiner sein. Ist dies nicht der Fall, bekommt man für die Reihe keine Punkte. Und dies gilt nicht nur für die eigene Kartenauslage. Auch die äußeren Reihen der linken und rechten Sitznachbarn müssen dabei berücksichtig werden. Für die Karten der gewerteten Reihen gibt es je einen Siegpunkt. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt das Spiel.
Fazit
Dieses Spiel hat einfache und kurze Regeln und macht daher einen sehr simplen Eindruck. Dadurch, dass aber die Auslage der linken und rechten Sitznachbarn berücksichtig werden müssen ist das Spiel bei vier bis fünf Spielern doch auch spannend, da man dem Sitznachbarn gründlich das Ergebnis vermasseln kann.
Auch dadurch, dass man nicht passen darf kann einem das Aufnehmen von Karten der falschen Farbe einen Strich durch die Rechnung machen und plötzlich sind Reihen Null Punkte wert. Ein kleines Spiel, das uns großen Spaß bereitet hat und als Absacker gerne auf den Tisch kommt.
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