Das Brettspiel zu Zoo Tycoon vermengt viele Mechanismen, soll irgendwo im Bereich zwischen Kenner- und Expertenspiel rangieren. Und: Es stellt einen Naturschutzaspekt bei Zoologischen Gärten als festen Spielbestandteil in den Mittelpunkt – ohne das geht es nicht. Finanzieren will man den Titel per Crowdfunding.
Aus der über 20 Jahre alten Videospielmarke Zoo Tycoon will der Schweizer Verlag Treecer ein Brettspiel machen – und es könnte tatsächlich gelingen. Schon das Thema ist eines, das man ruhigen Gewissens als Evergreen der Spielebranchen benennen kann. Videospiele rund um den Aufbau von Tierparks gibt es regelmäßig, und auch im Brettspielsegment trifft man als Fan immer wieder auf Zoos und Tierpflege. Manchmal gehen die Themenspiele dann sogar förmlich durch die Decke: Mit Zooloretto hat sich Michael Schacht im Jahr 2007 seinen Platz im Autoren-Olymp gesichert, jüngst waren es Mathias Wigge und der Verlag Feuerland Spiele, die Arche Nova zu einem großen Erfolg machten.
Nun wagen Treecer mit dem Brettspiel zu Zoo Tycoon einen Vorstoß: Sie nutzen hierzu nicht nur ein beliebtes Thema, sondern obendrein eine bekannte Marke. Die Kombination könnte sich als Volltreffer erweisen. Vor allem für Brettspiel-Fans stellt sich allerdings die Frage: Braucht es ein Zoo Tycoon wenn es bereits Arche Nova gibt? Die Schweizer geben einige Einblicke in ihr Tun und die bevorstehende Kickstarter-Kampagne zu Zoo Tycoon: The Board Game.
Zoo Tycoon: Bei Microsoft um die Marke bemüht
Einfach mal ein Brettspiel zu Zoo Tycoon machen – ganz so einfach liegt die Sache nicht, weil eine Lizenz dahintersteckt. Und noch weniger einfach wird es, weil ausgerechnet der Konzernriese Microsoft der Rechtehalter ist. Zuletzt erschien im Jahr 2017 mit Zoo Tycoon: Ultimate Animal Collection eine runderneuerte Version des Managementspiels mit 4K-Auflösung, HDR und 60 FPS-Unterstützung für die Xbox One X. Für den Schweizer Verlag Treecer steckt hinter der Idee also zunächst ein Prozess.
Woher die Idee kam? Für Marc Dür und Samuel Luterbacher war Zoo Tycoon „eines der Lieblingsspiele in der Kindheit“, verraten sie. „Kleine Pixel-Tiere zu züchten, den eigenen Zoo kreativ zu gestalten et cetere, was kann man als Kind daran nicht mögen?“. Da sei es naheliegend gewesen, Microsoft um die Marke Zoo Tycoon anzufragen als man mit der Entwicklung eines Zoo-Brettspiels gestartet ist. Lesen lässt sich daraus vor allem eine Information: Die Spielidee war zuerst da, die Marke kam später als Bonbon oben drauf.
Viele Tierfigürchen und bunte Farben, das riecht verdächtig nach Familienspiel. Ist es aber nicht, wie die Macher bestätigen: „Zwischen Kenner- und Expertenspiel“ liegt der Schwierigkeitsgrad von Zoo Tycoon: The Board Game. Auch auch bezüglich der Wiederspielbarkeit hat Treecer gute Nachrichten. „Hoch“ sei sie – „man muss schon echt viel Spielen bis es annähernd repetitiv wird“, so Marc Dür. Die Veränderung von Angebot und Nachfrage auf dem Zoo-Markt sei jedes Mal verschieden, zudem brächten auch andere Faktoren Variation ins Spiel, etwa Ereignis- und Spenderkarten. „Und da es über 30 Tierarten im Spiel gibt, mit denen man unterschiedliche Strategien verfolgen kann, gibt es einiges zum Ausprobieren“, meint Marc.
Ohnehin vermischt man vieles für das Zoo Tycoon-Brettspiel. Die Kernmechanismen? „Das ist kompliziert zu sagen, da es sehr viele Mechanismen sind, die hier zusammenkommen“, erklärt uns Marc Dür. Die eine Standardmechanik gibt es demnach nicht, stattdessen einen Mix aus Tile placement, einem ganz leichten Anteil Worker placement, und es hat eine Marktmechanik. „Set Collection ist auch vorhanden“, so Dür.
Die Ausstattung ist umfassend, so etwa rund 230 Tierfiguren. Der Preis für die Kickstarter-Kampagne wird voraussichtlich dennoch marktüblich sein: „Momentan ist ein Preis zwischen 79 und 84 Schweizer Franken geplant“, informiert uns der Autor. Das sind umgerechnet zwischen 82 und 88 Euro. Wie für Crowdfunding-Projekte bekannt, werden Unterstützer wählen dürfen: Es gibt das Spiel in seiner Standardausführung oder auch als „Premiumvariante mit bedruckten Tier-Meeples“.
Die Kampagne will Treecer jedenfalls aktiv betreuen, eine „gut geführte Kampagne mit zuverlässiger Kommunikation“ dürfen Fans erwarten. Zweiwöchentliche Updates – „wie in all unseren vergangenen Kampagnen“, so Marc Dür – solle es geben, Antworten auf Fragen will man innerhalb von 24 Stunden geben.
Zoo Tycoon mit Solomodus?
Und wie sieht es mit dem Trend zum Solo-Mechanismus als Sidekick bei Zoo Tycoon aus? Das ist ungewiss, er wird jedenfalls nicht von den beiden Autoren selbst kommen können: „Da ich und Samuel noch nie ein Spiel solo gespielt haben, haben wir zu wenig Erfahrung in diesem Feld, um selbst einen Solomodus zu entwickeln“, erklärt Marc Dür. Dennoch haben sie die Alternative auf dem Schirm: Man sei in Kontakt mit „einigen Entwicklern, die in diesem Feld mehr Erfahrung haben“. Es könnte demnach einen Solomodus, aber garantieren wolle man das nicht. „Rein mechanisch würde das Spiel solo definitiv funktionieren.“
Wer sich das Portfolio von Treecer anschaut und auf deren Webseite forscht, sieht vor allem eines: Naturverbundenheit. Es geht um Ressourcen, das Klima, die Natur, das Leben, bei Darwin’s Choice zuletzt um die Evolution. Es ist ein Fokus des Verlags: Die Themen sehen die beiden Schweizer als „zentral für unseren Verlag“ – das ist „unsere Nische und darum werden all unsere Produkte immer naturverbunden sein“.
Im Grund ist es simpel. Marc Dür: „Wie eine Pommesbude Pommes macht, machen wir Naturspiele“. Auch eine nachhaltige Produktion gehört für die Schweizer dazu. Das sei nicht so kompliziert und meist nur eine Kostenfrage. Laut Marc Dür geben es nur ganz wenige Komponenten, bei welchen es keine nachhaltige oder nachwachsende Lösung gibt. „Wenn man als Verlag will, geht das, es ist nie eine Frage des Könnens. Jeder größere Hersteller bietet zum Beispiels eine FSC-Zertifizierung an. Andere Verlage sparen hier einfach.“
Apropos Darwin’s Choice. Dem Brettspiel wohnt ein Lerneffekt inne; die vermittelten Inhalte haben einen Mehrwert für die Spielenden. Auch mit dem Brettspiel zu Zoo Tycoon wolle man im besten Fall auch Wissen vermitteln. Welches? „Einerseits wird die Funktionsweise von Zoos aufgezeigt beziehungsweise die Challenges, welche diese im Alltag antreffen und dann lernt man natürlich auch viel über die Tierarten im Spiel“, erklärt Dür. Dann geht es darum, im welchem Biom die Tiere leben oder ob es Einzelgänger oder Gruppentiere sind. „Das Spiel ist halt sehr thematisch umgesetzt, das heißt kein abstraktes Spiel, da lernt man automatisch mehr zum betreffenden Thema“.
Mit dem Grundthema Zoo wagen die Schweizer sich vor allem an ein aus dem Alltag bekanntes – und nicht selten umstrittenes – Setting heran. Zoos werden längt nicht mehr als heile Welt der Tiere verstanden. Es verwundert kaum, dass ausgerechnet Marc Dür als Autor Experte auf dem Themengebiet ist: „Ich habe in meiner Studienzeit ein halbes Jahr im Zoo Zürich als Praktikant an der Zooinformation gearbeitet und meine Bachelor- als auch meine Masterarbeit zu Zoothemen geschrieben“.
Seine wissenschaftliche Arbeit kreiste um eine zentrale Fragen: Haben Zoos einen Bildungseffekt? Eine quantitative Bildungserfolgserhebung am Beispiel des Zoo Zürich war Forschungsgegenstand. Marc Dür gibt an, ein „sehr reales Bild von Zoos“ zu haben, und „kein geschöntes“. Er selbst sieht sich sogar als eher zookritisch. Dür: „Gut geführte, wissenschaftliche Zoos, die nicht nur Unterhaltung bieten, können aus meiner Sicht gutes bewirken, aber viele Zoos sind davon noch weit entfernt“. Bei Zoo Tycoon findet man einen solchen Ansatz spielerisch wieder.
Den „Optimalfall“, bei dem Zoos nicht nur Unterhaltung bringen, „fordern wir aber in diesem Spiel ein“, so Dür. Es gewinne jener Zoo, dessen tieferer Wert aus Popularität und Naturschutz am höchsten ist. „Man kann also nicht einfach den Naturschutz vernachlässigen, denn sonst gewinnt man das Spiel nicht“, meint der Autor. Zudem seien die Minimumanforderungen bei der Tierzufriedenheit bei allen Arten schon auf dem tiefsten Level sehr gut gesetzt, das heißt „man kann seine Tiere in unserem Spiel nicht schlecht behandeln, das ist nicht möglich“.
Die beiden Schweizer spielen selbst gern, wenn aufgrund ihrer Arbeit am Brettspiel auch deutlich seltener als zuvor. „Wir haben viel mit unseren Familien zu Hause gespielt“, so Dür. Die Brettspiel-Leidenschaft komme von den Eltern. Auf dem Tisch landet dennoch eher Klassisches: Alhambra, Tabu, die Siedler in der Zweispieler-Version oder Schach. „Seit wir selbst Spiele entwickeln, hat sich das Spielen in der Freizeit aber minimiert“, meint Marc Dür. Wenn man den ganzen Tag eigene beziehungsweise die Spiele anderer testet oder spielt, braucht man in der Freizeit mal etwas anderes“.
Die Crowdfunding-Kampagne zu Zoo Tycoon: The Board Game wird auf Kickstarter voraussichtlich am 25. Oktober live gehen. Das Brettspiel richtet sich dabei an bis zu vier Spieler mit einer Spieldauer von etwa 120 Minuten.
Preview | Product | Rating | Price | |
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Zoo Tycoon - [Xbox One X] * | 22,99 EUR |
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