Warum wir träumen, lässt sich nicht abschließend klären. Ob es sich dabei um „gute“ Träume oder Albträume handelt, spielt keine Rolle. Mögliche Antworten auf das „Warum“ sind vielfältig. Möglicherweise ist es eine Art „Training“ gegen Angst und somit eine Überlebensstrategie, vielleicht einfach nur ein Abfallprodukt des Hirns oder eine unbewusste Hilfe für Problemlösungen, da neue und alte Informationen miteinander verbunden werden. Diese Unklarheiten erlauben einen recht freien Umgang mit Träumen als Thema in Brettspielen.
Sehr verbreitet ist das Träumen nicht in Brettspielen. Auf BGG finden sich gerade einmal 44 Einträge zu diesem Thema. Trotzdem gibt es auch hier eine bunte Auswahl an Titeln, die sowohl die gute als auch die schlechte Seite von Träumen abdecken. Die Komplexität der Spiele dieser Liste ist eher im mittleren bis oberen Bereich angesiedelt. Von „A“ wie abstrakt oder Area Control bis „W“ wie Worker Placement deckt die Liste eine interessante Auswahl an Umsetzungen ab.
Nightmare Cathedral
Den Anfang macht das laut BGG-Ranking zweitkomplexeste Spiel der Liste. Im vergangenen Jahr brachte der polnische Verlag Board&Dice dieses Spiel erfolgreich durchs Crowdfunding. Die Spielenden bewegen ihre Anhänger durch eine von den Werken Zdzisław Beksińskis inspirierte, albtraumhafte Welt.
In jedem Zug bewegt man den eigenen Träumer auf ein neues Aktionsfeld und führt die entsprechende Aktion aus. Von den insgesamt fünf Aktionen stehen in jedem Zug immer nur zwei oder drei zur Auswahl. Die Effekte, die man auf dem Spielplan auswählt, passen zu den eigenen fünf Aktionskarten. Im Spielverlauf lassen sich die einzelnen Aktionen verbessern.
Dies geschieht über die „Develop“-Aktion. Hier darf man Upgrades auf die entsprechenden Aktionen spielen sowie andere Karten, die jeweils eigene Effekte unabhängig von den Aktionskarten mitbringen, ausspielen. Durch „Fortify“ gibt man eigene Anhänger aus Gebieten aus, um Festungen zu bauen.
Durch die Aktion „Summon“ werden neue Anhänger zu Gebieten hinzugefügt. Anhänger, die im Kampf gefallen sind und sich im Limbo befinden, können bei der Durchführung von Ritualen ausgegeben werden, um die eigenen Ritualmarker zu bewegen. Alternativ können sie aus den markierten Gebieten, die der nächste Schritt auf der Ritualleiste vorgibt, abgegeben werden. Neben der Ritualleiste sind die Traumkarten eine der wichtigsten Punktequellen. Sie geben bestimmte Bedingungen vor, damit sie erfüllt sind.
Am meisten passiert bei der Aktion „Maneuver“. Hier kann man Bewegungspunkte für die eigenen Follower und den eigenen Shaper ausgeben. Der Shaper wandelt nun einen gegnerischen Follower oder einen Schatten (neutrale Gegner) in einen eigenen Follower um. Abschließend wird noch eine bestimmte Anzahl von Konflikten ausgelöst. Wer wo gegen wen kämpft, wird von der aktiven Person bestimmt. Die Kämpfe werden durch das Ausspielen von Handkarten entschieden.
Nach jedem Zug wächst die namensgebende Kathedrale im Zentrum des Spielbretts ein Stückchen weiter. Ist sie vollendet, kommen die Albträume ins Spiel. Sie lassen sich von den Spielenden steuern und haben unterschiedliche Effekte. In dieser zweiten Phase des Spiels können nun Follower und Schatten geopfert werden. Am Ende des Spiels gibt es eine Mehrheitenwertung für die geopferten Einheiten.
Das Spiel endet, wenn eine bestimmte Anzahl Einheiten geopfert oder drei volle Runden gespielt wurden.
Neben dem beeindruckenden und teils verstörenden Artwork bekommt man hier viele detaillierte Miniaturen und ein zeitlich ausuferndes Spielerlebnis. Eine „günstige“ Retailausgabe des Spiels ohne Minis gibt es nicht. Je nach dem, wo man schaut, findet man es ab etwa 120€. Die angegebene Spielzeit von 60 Minuten sollte man eher verdoppeln. Spielbar ist das expertige Kennerspiel mit 1-4 Personen ab 14 Jahren.
Unconscious Mind
Wenn es schon komplex losgeht, soll es auch komplex weitergehen. In dem Ende letzten Jahres erfolgreich gecrowdfundeten Spiel von Fantasia Games geht es um die Deutung der Träume von Patienten.
Anfang des 20. Jahrhunderts entstehen die ersten Theorien der Psychoanalyse, die sich mit dem Unterbewusstsein befassen. Als Mitglieder der 1908 um Sigmund Freud gegründeten Wiener Psychoanalytischen Vereinigung versuchen die Spielenden, ihre therapeutischen Fähigkeiten zu verbessern und eine gut laufende Praxis mit vielen Patienten aufzubauen.
Behandeln die Spielenden ihre Patienten gut, so können diese ein glücklicheres Leben führen. Neue psychoanalytische Erkenntnisse können veröffentlicht werden und werden hoffentlich häufig zitiert. So erhöht sich der eigene Einfluss auf die Psychoanalyse.
Ist man am Zug, hat man zwei Möglichkeiten: entweder platziert man eine bis drei Ideen auf dem Besprechungstischplan und führt Aktionen aus, um danach das eigene Tintenfass zu bewegen oder Patienten zu behandeln, oder man holt sich alle bisher platzierten Ideen zurück, um einen Rückholbonus zu erhalten oder ebenfalls wieder Patienten zu behandeln.
Die Anzahl Schritte, die sich das Tintenfass bewegt, wird durch die Reihe bestimmt, in der die Ideen auf dem Besprechungstisch platziert wurden. Auch das Tintenfass löst neue Effekte aus.
Behandelt man Patienten, nutzt man Therapiepunkte, um die Anzeige des Patienten auf null zu bringen und diesen so zu heilen.
Beim Zurückholen von Ideen erhält man pro Aktionsfeld, auf dem sich Ideen befinden, einen Kaffee. Dieser kann in verschiedenen Umtauschverhältnissen für Effekte oder andere Ressourcen genutzt werden. Anschließend kann man auf die gleiche Weise wie bei der anderen Aktionsmöglichkeit Patienten heilen oder einen Rückholbonus für sich beanspruchen. Wien ist in drei Bezirke mit je zwei Orten aufgeteilt, durch die sich die Professoren und Freud im Uhrzeigersinn (Rondell) bewegen.
Empfohlen wird das Spiel ab 12 Jahren. Geeignet ist es für 1-4 Personen und soll sich in 60-120 Minuten spielen lassen. Es wird voraussichtlich um den Jahreswechsel erscheinen. Die deutsche Ausgabe kommt bei Frosted Games.
Dreamscape
Waren die beiden bisherigen Titel eher etwas düster, so entführt das abstrakte Dreamscape die Spielenden in wunderschöne Traumlandschaften, die alle für sich und ihre Träumer aufbauen. Mit einer Variante kann man zusätzlich noch den Herrn der Albträume ins Spiel bringen, der das Erschaffen der traumhaften Landschaften mit seiner Präsenz und roten Albtraumsplittern erschwert.
Neben einer Phase, in der die Runden vor- und nachbereitet werden, gibt es zwei Hauptphasen im Spiel. In der ersten dieser beiden Phasen reisen die Spielenden mit ihren Schläfern durch die sechs verschiedenen Traumwelten und dürfen insgesamt vier Aktionspunkte nutzen. Jede Bewegung kostet eine Aktion und jedes Einsammeln eines Traumsplitters ebenfalls. Ist eine Traumwelt leer oder besitzt man den Traumsplitter, der in der Zielwelt ganz links liegt, ist die Bewegung kostenlos.
Ebenfalls kostenlos darf man einmal pro Zug die Aktion einer Traumwelt nutzen, in der sich der eigene Träumer befindet. Haben alle ihre vier Aktionspunkte ausgegeben, folgt die Phase, in der die Spielenden ihre eigene Dreamscape gestalten.
Hat man die Konstellation, die eine der eigenen Traumkarten fordert, erschaffen, kommt diese auf den persönlichen Wertungsstapel. Nun zieht man so viele neue Karten, wie die Nummer der Traumwelt vorgibt, in der sich der eigene Schläfer befindet. Man darf von diesen maximal eine behalten. Die Traumkarten gibt es in drei Schwierigkeitsgraden.
Nach sechs Runden klingelt der Wecker und die Träumereien sind beendet. Neben den Punkten für die Traumkarten gibt es nun zusätzliche Punkte für die vier Traumzielplättchen. Jede nicht erfüllte Traumkarte kostet fünf Punkte. Wer nun die meisten Punkte hat, gewinnt die Partie.
Hinter dem tollen Artwork und den fantasievollen Traumlandschaften verbirgt sich ein forderndes, abstraktes Legespiel. Mit einem tollen Solomodus und vier Erweiterungen bietet Dreamscape viel Abwechslung.
Das Spiel für 1-4 Personen ab 12 Jahren dauert etwa 25 Minuten pro Person.
Herr der Träume
Träume sind an sich eine sehr individuelle Erfahrung. Kooperative Elemente scheinen auf den ersten Blick schwer damit vereinbar zu sein. Herr der Träume bietet ein kooperatives Spielerlebnis, in dem die Spielenden die Rolle von Stofftieren übernehmen, die ihre Besitzerin, ein kleines Mädchen, vor den Monstern unter dem Bett beschützen müssen.
Zentral für das Spiel ist das Abenteuerbuch, durch das sich in einer Kampagne, bestehend aus mehreren Kapiteln, gespielt wird. Es ist Regelheft, Geschichte und Spielbrett in einem.
Um das Mädchen zu retten, führen die Spielenden reihum ihre Züge aus. Dafür werden zuerst fünf Würfel gezogen. Weiße Würfel können Watte bringen, die Lebenspunkten entsprechen, und schwarze Würfel erhöhen die Bedrohung.
Die weiteren Würfel in den Farben rot (Nahkampf), grün (Fernkampf), gelb (Suchen) und blau (Standardaktionen) können für ihre jeweiligen Aktionen genutzt werden. Pinke Würfel können für jede andere Farbe eingesetzt werden.
Nicht genutzte Würfel werden abgeworfen. Nun wird geprüft, ob die Monster am Zug sind. Wenn nicht, ist einfach die nächste Person am Zug.
Die ausliegenden Monster werden von oben nach unten abgehandelt. Die schwarzen Bedrohungswürfel werden einzeln für jedes Monster geworfen. Auf der Monsterkarte ist angegeben, was bei welchem Würfelergebnis passiert. Die Monster können sich bewegen und die Stofftiere angreifen.
Haben alle Stofftiere zeitgleich keine Watte mehr und sind zusammengefallen, verliert die Gruppe. Die Siegbedingung ist in jedem der sieben Kapitel unterschiedlich.
Das kooperative und storybasierte Spiel ist für 2-4 Personen ab 8 Jahren empfohlen und spielt sich in etwa 60 Minuten.
Mech A Dream
Können Roboter träumen? Und wenn ja, träumen sie von Elektro-Schafen? Dieser Frage widmen wir uns zum Abschluss der Liste mit dem Worker Placement-Spiel Mech A Dream. In der Zukunftsvision dieses Spiels leben Menschen und Roboter gleichberechtigt zusammen. Die Menschen wollen ihren mechanischen Freunden das Träumen ermöglichen.
Über den Zeitraum einer Arbeitswoche (sieben Runden) setzen die Spielenden jeweils morgens, mittags und abends ihre Arbeiter ein und versuchen, eine effektive Traumfertigungsfabrik aufzubauen.
Für die drei Arbeiter gibt es zwei Orte, an denen sie eingesetzt werden können: die Fabrik und die eigene Werkstatt.
In der Fabrik können im Lagerraum oder am Lieferdock Ressourcen der aktuellen Schicht eingesammelt werden. Am Lieferdock müssen vorher Kosten gezahlt werden, um die Ressourcen zu erhalten.
Um in der eigenen Werkstatt zu arbeiten, kann ein Arbeiter auf einer bereits dort auf dem Förderband liegenden Maschine eingesetzt werden, um diese weiter zu bauen, oder man kauft sich eine neue Maschine aus der offenen Auslage, indem man die entsprechenden Kosten zahlt und die Maschine auf das Förderband der eigenen Werkstatt legt.
Nach jeder Schicht (morgens, mittags, abends) bewegen sich die Maschinen auf den Förderbändern für jeden Arbeiter, der auf ihnen steht, um ein Feld weiter. Fertiggestellte Maschinen werden umgedreht und mit der fertigen Seite nach oben in die eigene Werkstatt gelegt.
Nach einem vollen Arbeitstag folgt die Nachtphase. Hier kommen alle Arbeiter zurück, der eigene Roboter wird aktiviert und auch alle lila Maschinen dürfen einmal in beliebiger Reihenfolge aktiviert werden.
Sobald eine Person neun Maschinen fertiggestellt hat, endet das Spiel. Alternativ endet es nach der siebten Nachtphase. Das Spiel spielt sich mit 2-4 Personen in etwa 45 Minuten und wird ab 10 Jahren empfohlen.