Bei über 1.000 Ausstellern, die sich vom 13. bis zum 16. Oktober 2016 auf der SPIEL’16 in Essen tummeln werden, ist es mitunter ein schwieriges Unterfangen, sämtliche Neuheiten ausführlich vorzustellen. Einige Titel haben bei uns ein erhöhtes Interesse geweckt, sodass wir euch zumindest einen Querschnitt durch die Spieltrends der 34. Internationalen Spieltage präsentieren möchten.
KOSMOS Verlag: Mächtig spannendes Aufgebot
Unter anderem der Verlag KOSMOS ist für einen der Trends der Spiel 2016 verantwortlich: Escape Games. Waren Escape Spiele bisher nur Abenteuerbrettspielern und „echten Escape Gamern“ vorbehalten, wird die Faszination teilweise bockschwerer Rätsel nun für jedermann spielbar und erschwinglich. Inka und Markus Brand zeichnen sich für die Adaption der Spielidee verantwortlich und locken jeweils 1 bis 6 Spieler ab 12 Jahren in verlassene Hütten, geheime Labore und antike Grabkammern. Die Umsetzung zeigt, dass man für ein authentisches „Escape-Feeling“ weder teure Technik noch klaustrophobische Settings benötigt: Exit – Das Spiel funktioniert mithilfe einfacher spielerischer Mittel wie Codescheiben, Karten und einer guten Story. Festgelegte Zeitlimits sorgen allerdings auch bei dieser Adaption für Spannung und Verzweiflung. Passend zum Thema können Besucher der SPIEL’16 den Trend auf der Messe hautnah erleben: am Stand des KOSMOS Verlags, wo ein Live Escape Room besonders mutigen Ausbrechern zur Verfügung steht.
Der KOSMOS Verlag hat noch weitere heiße Eisen im Feuer. Der Titel Luther – Das Spiel passt perfekt zum nahenden 500. Jahrestag der Reformation. Auf diesen Zug springt auch Hutter Trade auf und zeigt ein kurzweiliges Quizspiel für die ganze Familie.
Fantasy-Fans werden ihr Hauptaugenmerk dagegen auf den finalen Teil der Andor-Trilogie von Michael Menzel richten. Das Fantasy-Brettspiel Die Legenden von Andor – Die letzte Hoffnung erscheint pünktlich zur SPIEL’16 und schließt die Hautgeschichte mit sieben weiteren Legenden ab.
Gläserne Besucher: Noris Spiele
Kurz zurück zu den Escape-Games: Der Spieleverlag Noris lädt Messebesucher zu einem ganz besonderes Erlebnis ein. Einerseits könnt ihr den Titel Escape Room – Das Spiel ausführlich testen, andererseits lädt Noris euch zu zwei Live Escape Episoden in der Galeria (dem Durchgang zwischen den Messehallen) ein. Zudem steht für euch in Halle 3 ein gläserner Kasten bereit, der für weitere Escape-Gaming Erlebnisse sorgen wird. Wenn euch umstehende Besucher bei eurem Versagen zuschauen können, dürfte der Erfolgsdruck ungemein in die Höhe schießen. Und wer nach diesem Erlebnis immer noch nicht genug von Escape-Games hat, der besucht HCM Kinzel und spiel Escape the Room – Das Geheimnis der Sternwarte. Dass Escape-Games einer der Trends der 34. Internationalen Spieltage sind, dürfte nun ohne Zweifel feststehen.
Pegasus Spiele: Mehr als Kartenspielende Kamele
Verrückte Kamelrennen sind spätestens seit dem Erfolg des Brettspiels Camel Up (Spiel des Jahres 2014) ein fester Bestandteil der Spielelandschaft. Nach der Veröffentlichung der Erweiterung Supercup (►) folgt nun konsequenterweise der nächste Streich: eine Adaption der Idee als Kartenspiel. Statt mit Würfeln werden die Kamele nun durch geschicktes Kartenlegen bewegt – und dass ausgiebig auf die Kamele gewettet wird versteht sich von selbst.
Noch aufregender als ein Kamelrennen ist ein waschechtes Wagenrennen, das Spielefans in dieser Ausführlichkeit bisher nur aus historischen Sandalenfilmen kennen. Wenn dann noch der Name des Autors Matt Leacock (Pandemie) auf der Spielverpackung steht, dürfte großartige Unterhaltung so sicher sein, wie Charlton Hestons Mitgliedschaft in der National Rifle Association. Fairplay und ein geordneter Wettkampfablauf sind übrigens keine Stärken des großen Wagenrennens. Kollisionen bei hohem Tempo gehören zu knallharten Geschäft erfolgreicher Wagenlenker, sind jedoch nicht ohne Risiko. Mit Zuckerbrot und Peitsche, vor allem aber durch den Einsatz von Würfeln, treiben 2 bis 6 Spieler ihre Gäule zu Höchstleistungen an. Das Spiel Chariot Race – Das große Wagenrennen wird mindestens so unterhaltsam wie der Spielfilm Ben Hur in voller Länge.
Die SPIEL’16 wird der absolute Horror
Horror-Brettspiele liegen weiterhin im Trend und dürften sich so kurz vor Halloween großer Beliebtheit erfreuen. Eine geniale Spielidee kombiniert mit den Inhalten einer legendären Horrorreihe präsentiert der Verlag Asmodee. Im Horrorspiel Pandemie – Die Schreckensherrschaft des Cthulhu kämpfen Spieler gegen grauenhafte Wesen auf dem populären Universum von H. P. Lovecraft. Dieser Titel gehört sicher zu den Pflichttiteln der kommenden SPIEL’16 in Essen. Humoristische Einlagen mit jeder Menge Zombies erwarten die Spieler dagegen bei dem schnellen Horrorspiel Hit ZRoad. Eine Spielpartie dürfte euren nächsten Trip in die USA in einem völlig anderen Licht erscheinen lassen. Dass bisweilen auch deutsche Kickstarter-Projekte im Gespräch bleiben, zeigt das taktische Survival-Kartenspiel Totenstadt, das ihr in Halle 6 an Stand 6-A109 selbst ausprobieren könnt.
Massenandrang in der Agentenzentrale
Autorengott Vlaada Chvátil lädt erneut zu intensiven Raterunden ein – dieses Mal beim bildgewaltigen Spiel Codesnames Pictures, einer neuen Variante des preisgekrönten Agentenspiels Codenames (Spiel des Jahres 2016). Erneut ringen zwei schlagkräftige Teams um die Vorherrschaft im Geheimdienstsektor. Das Spiele mit vielen Teilnehmern oftmals auch viel Spaß machen, wird Captain Sonar von Matagot mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestätigen. Wenn zwei U-Boot-Besatzungen aufeinandertreffen und jeder Spieler eigene Aufgaben zu erfüllen hat, sind Kommunikation und Chaos feststehende Elemente eines abendfüllenden Katz-und-Maus-Spiels.
Manchmal kommt es doch auf die Größe an: bei XXL-Spielen zum Beispiel, von denen ihr einige an den Ständen der Spieleverlage ausprobieren könnt. Amigo lädt Tierfreunde zu einer Partie Icecool ein; Pegasus verlangt von euch Geschick bei einer Runde Dr. Eureka.
Für Vielspieler mit ausreichendem Budget: Scythe
Große Taten verlangen nach einem dicken Geldbeutel: 70 bis 80 Euro verlangen die Händler für das epische Brettspiel Scythe von Stonemaier Games. Angesichts der Ausstattung und der Materialqualität gehen diese Preise durchaus in Ordnung – auch wenn selbst so mancher Vielspieler vor derart hohen Investitionen für ein Brettspiel zunächst zurückschreckt. Dennoch werden Proberunden vonScythe sehnsüchtig erwartet. Die Kickstarter-Kampagne zu diesem strategischen Brettspiel hat das angepeilte Finanzierungsziel um das Fünfzigfache übertroffen. Dafür kann nur erstklassige Qualität und nicht der Zufall verantwortlich sein. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg befinden sich die Spieler in einem alternativen Setting, in dem der kapitalistische Stadtstaat „Die Fabrik“ die zentrale Rolle spielt. Als Anführer ihrer Nationen, wollen 1 bis 5 Spieler ihre Vormachtstellung im alternativen Osteuropa nach Kriegsende sichern. Neben Erkundung, Rohstoffverwaltung und Entwicklung, schlagen die Spieler schnelle und kostenintensive Schlachten. Mit einer Spielzeit von rund 120 Minuten istScythe ein strategisches Schwergewicht, das insbesondere Vielspieler ansprechen wird. Ein Pflichtkauf wird Sycthe angesichts des Preises eher nicht, eine Testpartie sollte jedoch für jeden leidenschaftlichen Brettspieler zum Pflichtprogramm der SPIEL’16 gehören.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht
Die Menschen im Ruhrgebiet sind für ihren besonderen Humor und einem geschliffenen Umgang mit sprachlichen Feinheiten bekannt. Beim witzigen Gesellschaftsspiel Top Face! von Carletto sind Messebesucher herzlich eingeladen, sich so richtig zum Deppen zu machen – während alle Umstehenden dabei zu gucken. Nur wer gekonnt Grimassen zieht, wird siegreich sein. Bleibt nur die Frage, wer bei diesem Spiel mehr Spaß hat: Der Spieler oder der Zuschauer?
Humoristisch etwas sanfter geht es dagegen bei dem romatischen Kartenspiel Fog of Love von Hush Hush Project zu, bei dem die Kreativität der Spieler in höchstem Maße gefordert wird. Es gilt, witzige Liebesgeschichten zu erdenken: für eingefleischte Ruhrpottromantiker ist das überhaupt kein Problem. Wer auf das sonntägliche Frühschoppen verzichten möchte, aber nicht auf den Kneipenbesuch, der sollte sich das Kneipenquiz vom moses Verlag vormerken. Wo viele gesellige Spieler durch den Einsatz ihrer Wissensressourcen gemeinsam gegen einen fiktiven Gegner antreten, wird mit Sicherheit viel gelacht.
Inklusive Brettspiele: Workshop zur Farbenblindheit
Als hätten wir es mit der Veröffentlichung unseres Artikels zum inklusiven Thema Brettspiele für blinde Menschen vorausgeahnt: zumindest ein Teil der SPIEL’16 wird dem Thema Inklusion bei Brettspiele gewidmet. Am Stand des Verlags What’s in a game erhalten Interessierte im Rahmen eines Workshops wertvolle Tipps für die Entwicklung inklusiver Brettspielkonzepte, um den Einschränkungen Sehbehinderter Rechnung zu tragen. Von Angeboten dieser Art wünschen wir uns für die zukünftigen Internationalen Spieltage mehr.