Der Test zu World of Warcraft – Wrath of the Lich King: Ein Pandemic-Spiel offenbart: mit Blizzard-Titel kann man immer noch Spaß haben, auch wenn die kalifornische Spieleschmiede für dieses Brettspiel hauptsächlich die Lizenz zur Verfügung stellt. Der Rest ist Z-Man Games bzw. Asmodee Deutschlands Werk – und es ist ihnen durchaus gelungen.
Wrath of the Lich King: Pandemic ist eine lizensierte, etwas umgebaute Brettspielversion auf Basis der Pandemic-Reihe von Z-Man Games. Für die Variante hat man sich World of Warcraft als thematischen Unterbau geschnappt und damit jenen MMO-Klassiker, der das Genre vor viele Jahren salonfähig gemacht hat. Seit dem Start von World of Warcraft im Jahr 2004 sind Jahre ins Land gegangen und viele Erweiterungen erschienen.
Den Glamour von einst hat WoW inzwischen längst verloren, und noch etwas ist heute deutlich anders: So blind wie damals greifen Spieler nicht mehr zu Videospielen, selbst dann nicht, wenn das Blizzard-Logo auf die Packung gedruckt ist. Umgekehrt bedeutet das: Auch Blizzard muss ackern für den Erfolg, das war nicht immer so.
Immerhin: Mit Wrath of the Lich King erschien im Jahr 2008 eine der besten, vielleicht sogar die beste Erweiterung für World of Warcraft – und genau an dieses Superlativ knüpft Z-Man Games mit seiner Idee thematisch an.
Wrath of the Lich King – Ein Pandemic-Brettspiel
Es geht also nach Eiskrone zurück, in jene karge, kalte Landschaft, die der Lich König sich als Heim angesucht hatte. Zum Zeitpunkt des Erscheinens galt der Kerl in der schaurig-schönen Rüstung als ultimativer Bösewicht bei World of Warcraft – weitere fast 15 Jahre später wissen Spieler es natürlich besser. Das Brettspiel knüpft an den Untergang Arthas und den Aufstieg des Lich Königs an und nutzt die Ghul-Seuche als cleveres Thema, um dem Brettspiel nicht nur die World-of-Warcraft-Story aufzudrücken, sondern auch das Pandemic-Spielkonzept. Das nämlich ist die Basis für den Titel, wenn auch nur noch in Einsätzen erkennbar. Das ist gut, denn Pandemic als bloßen Abklatsch des (sehr guten) Brettspiels mit lediglich übergestülpter Lizenz hätte vermutlich kaum jemand gebraucht.
Der Einstieg gefällt, WoW-Fans fühlen sich ohnehin sofort angekommen. Und auch Pandemic-Fans werden zunächst optisch auf das Abenteuer eingestimmt, denn das grafische Konzept mit den durch Linien verbundenen Orten ist bekannt. Die Prämisse: In dem kooperativen Brettspiel World of Warcraft: Wrath of the Lich King arbeiten bis zu fünf Spieler zusammen, wahlweise gibt es einen Solomodus. Jeder schnappt sich einen aus der Videospielvorlage bekannten Helden und schon macht man sich auf, Quests zu lösen, um letztendlich mit dem Lich King persönlich ins Gericht zu gehen.
Kinderleicht ist das zwar nicht – Pandemic lässt grüßen – aber sonderlich schwierig ist es am Ende eben auch nicht: Zug um Zug tauchen mehr Ghule auf. Die waren schon im Videospiel eine Plage, auf dem Brettspieltisch nerven die Untoten umso mehr, denn eines kann man diesmal nicht: ihnen einfach ausweichen. Leert sich der Geißelstapel, die Karten also, hinter denen die Ghule (und Monstrositäten) stecken, kommen sie oft zahlreich. Blöd zudem, wenn sich die Untoten an einem Ort tummeln.
Kampf gegen den Marker
Erreicht die Verzweiflung bei Volk und Helden ein Maximum – ein Marker stellt das dar -, endet das Spiel mit einer Niederlage. Die ist eine Seltenheit, denn Heilungen sind in dem Brettspiel ziemlich stark und das Element der Entscheidung ziemlich schwach. Statt Karten abgeben und damit eine Auswahl treffen zu müssen, zeigt man sie für einen Quest-Boost lediglich. Hausregeln könnten hier Abhilfe schaffen, indem man beispielsweise verbietet, sich auf von Gegner okkupierten Feldern heilen zu dürfen.
Was die Helden den Gegnerhorden entgegenwerfen können, sich ihre speziellen Fähigkeiten, erneut angelehnt an die Vorlage, aber nicht Feuer, Eis, Blitzer oder Donner, sondern Kampftaktiken, um der Ghul-Armee Herr zu werden. Jain Prachtmeer nutzt als Magierin Teleportation, um ihren Bewegungsradius zu erhöhen, der orkische Blitzewerfer Thrall kann zwar seine Kettenattacke, die entfernt allerdings bei Würfelerfolg Ghule statt einfach nur „Damage“ zu machen.
Anhang der Fertigkeiten der Helden erkennt man schnell: Es geht um Taktik und nicht um Wucht. Sieben Helden gibt es – einen achten können Fans als Promo erhalten. Dargestellt sind alle Akteure – vom Ghul bis hin zum Lich King – durch Miniaturen. Ansonsten liegen Karten, Schieber, Würfel und Quest-Tafeln sowie das Spielbrett in der Schachtel. Und: eine 3D-Papp-Eiskronenzitadelle als nettes Gimmick.
„Wrath of the Lich King“-Brettspiel im Test
Materialseitig ist das Brettspiel World of Warcraft: Wrath of the Lich King üppig ausgestattet, deutlich knapper sind da schon die Handkarten, die Effekte auslösen, aber auch für das Erfüllen von Questzielen benötigt werden. Weil man die Aufgaben erfüllen muss, um das Finale überhaupt erreichen zu können, ist gutes Haushalten Pflicht. Der stets spürbare Mangel ist eine der Herausforderungen, die Spieler gemeinsam meistern müssen. Die Würfel machen manchmal einen Strich durch die Rechnung, denn so vorausplanend man auch agiert, geworfene Misserfolge können maximal nervig sein. Ja, Würfel sind in Brettspielen oft, aber längst nicht immer, ein Element, um Spannung zu erzeugen, bei strategischen Titeln halten sie allerdings oft dafür her, den Spielablauf durch einen Glücksfaktor zu erschweren. Will heißen: Eigentlich ist es simpel, ein Ziel zu erfüllen, aber man muss gleichzeitig auch genügend Glück haben.
Rundenweise setzt sich das Spektakel fort: Ghule kommen, Ghule müssen gehen, Quests erfüllen. Und dann kommt das „Grande Finale“. Auch das kennen Videospiele aus dem MMO-Klassiker. Der Lich King war seinerzeit ein harter Brocken, die Show nach seinem Ableben umso größer. Auch auf das Brettspiel umgemünzt gibt es also den Endkampf, der ist allerdings einfach nur schwieriger, nicht etwa spielmechanisch besonders.
Nachjustieren kann man bei dem Wrath of the Lich King-Brettspiel dankenswerterweise durch die Anzahl der Kartenkategorie „Die Geißel erhebt sich“. Letztendlich kann man sich so ein auf die Spielerrunde angepasstes Erlebnis basteln, das für alle passt. „Alle“ umfasst hier vor allem auch jene Neulinge, für die eine Lizenzadaption vielleicht der Türöffner in die analoge Brettspielwelt sein kann. Das jedenfalls gelingt, denn Z-Man Games bzw. Asmodee habe hier ganze Arbeit geleistet, um die Vorlage passend einzufangen. Ausgerechnet bei den Miniaturen leisten die Hersteller sich einen Patzer: die Heldenfiguren lassen jegliche Flexibilität vermissen, sind steinhart und damit entsprechend empfindlich. Das hatte man offenbar schon geahnt und den Protagonisten samt Lichkönig nicht nur eine Plastiktüte spendiert, sondern obendrein eine Umverpackung als Schutzschild vor Schlagschaden. Unserem Tirion Fordring hatte das wenig geholfen: sein Schwert lag auf dem Boden lange bevor die erste Schlacht geschlagen war. Das ist zwar nichts, was Bastelkleber nicht richten könnte, dennoch ärgerlich.
Letztendlich geht es im Kern darum, seine Helden sinnvoll zu verschieben und Ghule möglich effizient vom Spielbrett zu befördern. Absprachen sind dafür zwingend notwendig, denn kein Spieler kann alles und überall alleine tun. Im Gegensatz zum „Raid“ der Videospielvorlage teilt man seine Truppe meistens auf, um die bekannten, über die Karte verstreuten Spielgebiete abdecken zu können.
Letztendlich krankt es bei dem Brettspiel World of Warcraft: Wrath of the Lich King am Balancing. Einige Mechaniken wirken unausgegoren und wirken sich dramatisch auf den Schwierigkeitsgrad aus – andererseits könnte das bewusst gewählt sein, um die Zielgruppe auf bislang reine Videospieler zu erweitern.
Einsteiger werden in dem Lizenz-Brettspiel durchaus eine Herausforderung finden. Als erfahrener Brettspieler oder gar Pandemic-Kenner ist das anders. Als Pandemic-Kenner wird man den insgesamt repetitiven Spielablauf selbst durch die thematische Aufwertung deutlich weniger wertschätzen. Also will World of Warcraft: Wrath of the Lich King sich mit seiner zielgruppengetreuen Ausrichtung irgendwo dazwischen platzieren – es will ein Brettspiel sein, das Massen in seinen Bann ziehen kann.
Die Spielzeit ist mit rund 45 Minuten vergleichsweise kurz, orientiert sich damit allerdings am Original aus dem Jahr 2008. Die Jahreszahl ist übrigens rein zufällig eine witzige Anekdote: Pandemic erschien im gleich Jahr wie die zweite World of Warcraft-Erweiterung Wrath of the Lich King.
Info-Box
Spielerzahl: Solo / bis zu 5
Alter: ab 12 Jahren
Spielzeit: 45 Minuten
Schwierigkeit: niedrig
Langzeitmotivation: mittel
Genre: Strategisches Brettspiel
Untergenre: Kooperatives Brettspiel
Kernmechanismen: Hand-Management, Quests, Positionierung, Würfeln
Autoren: Justin Kemppainen, Todd Michlitsch, Alexandar Ortloff, Michael Sanfilippo
Illustrationen: Atha Kanaani
Verlag: Z-Man Games/Asmodee Deutschland
Offizielle Website: Link
Erscheinungsjahr: 2021
Sprache: deutsch
Kosten: 55 Euro
Fazit
World of Warcraft: Wrath of the Lich King ist am Ende zwar ein Brettspiel mit Pandemic-System, aber kein reiner Re-Skin. Nahezu jede Mechanik haben die Autoren Justin Kemppainen, Todd Michlitsch, Alexandar Ortloff und Michael Sanfilippo unter die Lupe genommen und wenigstens im Detail passend für die Blizzard-Lizenz umgebaut. Im Gesamtbild bleibt das Spiel hingegen als Pandemic-Ableger erkennbar: es geht um strategische Platzierungen und Ressourcen- bzw. Gegnerkontrolle.
Im Gewand eines World of Warcraft macht das vor allem Fans des Videospiels deutlich mehr Spaß. Nicht zuletzt liegt das an der gelungenen thematischen Umsetzung: Helden und Horden sowie der Obermotz sind wiedererkennbar, die Heldenfertigkeiten jeweils einzigartig und in ihrer Kombination mit anderen Spielern effizient. Auf dem Tisch macht das „World of Warcraft: Wrath of the Lich King“-Brettspiel jedenfalls einiges her. Es darf als Einladung als Nichtspieler verstanden werden, vielleicht doch über den Tellerrand zu blicken. Bis hin zur kleinsten Spielszene aus dem MMO hat man das Pandemic-Spin-off nachempfunden – besonders eindrucksvoll zeigt sich das beim Finale, das zwar spielerisch keines ist, aber optisch.
Heruntergebrochen auf das Wesentliche bedeutet die Partie: drei Quests lösen und den Lichkönig vermöbeln. Etwas Varianz für kommende Partien kommt zumindest durch die verschiedenen Questtafeln ins Spiel, von denen man pro Partie jeweils nur drei benötigt.
Insgesamt ist das Gebotene nicht langweilig und funktioniert auch gut, es ist nur zu einfach. Letzteres liegt an der Spielmechanik selbst. Die Autoren machen es zumindest erfahrenen Spielern zu leicht, gewinnen zu können. Ja, eine Niederlage kann frustrieren und nerven – und sie birgt auch die Gefahr, das ein Spiel als unattraktiv empfunden werden und ganz hinten im Regal landen kann. Aber gleichzeitig sind drohende Niederlagen – oder zumindest eine spürbare Erschwernis – motivierende Faktoren, erst recht bei einem kooperativen Brettspiel. Diesen Faktor arbeitet World of Warcraft: Wrath of the Lich King nämlich gut heraus: zum Beispiel durch das Zusammenwirken im Kampf auf gleichem Spielfeld. Streckenweise kommt das Gefühl echten Teamworks auf. Bis das Brettspiel der Runde wieder signalisiert: Ruhig bleiben, es besteht eigentlich kaum Gefahr.
Immerhin: Der auf den jeweiligen Spielmoment abgestimmte Ablauf gefällt. Zwar mangelt es oft an echten Entscheidungen samt Konsequenzen, insgesamt unterhält das Brettspiel aber durch sein solides Grundkonzept, jeweils auf die Gegebenheiten auf dem Plan reagieren zu müssen. Das Spiel fordert taktische Absprachen ein, animiert zur Kooperation. Zwar lässt sich das Lichkönig-Brettspiel auch in einem Solomodus angehen, deutlich besser ist aber die Teamerfahrung, die einige spielerische Schwächen durch Interkationen ausbügeln kann. Im Solomodus wird man allein mit der Mechanik konfrontiert, was dann nicht immer ein Spaßbringer ist.
Vorschau | Produkt | Bewertung | Preis | |
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ZMan, World of Warcraft: Wrath of the Lich King – Ein... * | 40,50 EUR |
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