Im kleinen, aus Sachen-Anhalt stammenden Verlag Gaiagames legt man sehr großen Wert auf Nachhaltigkeit und bewusstes und ökologisches Produzieren der eigenen Spiele. Die Spiele sollen außerdem immer einen Lerneffekt besitzen und das Interesse für ein relevantes Thema wecken. Nun erscheint die zweite Auflage der Standalone-Erweiterung zum ersten Spiel des Verlags Ecogon – Stille Wasser. Wie gut sich das Spiel macht, soll diese Rezension zeigen.
In Könnern in Sachsen-Anhalt sitzt der kleine Verlag Gaiagames. 2015 erschien mit Ecogon das erste Spiel. Sieben Jahre später gibt es bereits die zweite Auflage der ersten Erweiterung Stille Wasser. Diese bringt einige Neuerungen mit. Neben einem neuen Cover gibt es nun erstmals Missionskarten und das neue Habitat-Modul, die dem Spiel mehr strategische Tiefe verleihen. Der Kernmechanismus bleibt natürlich wie auch im Grundspiel und in der ersten Auflage das Plättchenlegen. Für diese Rezension wird nur der kooperative Modus betrachtet, da hier die wirklichen Stärken des Spiels liegen.
Der Name Ecogon ist ein Neologismus aus den beiden Worten Ecology und Hexagon.
Wer mehr über den Verlag Gaiagames erfahren möchte, kann dies in unserer Vorstellung des Verlages tun.
Erschafft euer eigenes Ökosystem
Die Box hat die Maße so klein wie möglich, so groß wie nötig und kommt natürlich ohne Folie. Im Inneren findet sich ebenfalls kein Plastik. Die sechseckigen Plättchen lassen sich durch umweltverträgliche Gummibänder zusammenhalten. Dazu gibt es die neuen Missionskarten, die Habitatplättchen, diverse Marker für beide Module, die bereits bekannten Ereigniskarten und getrocknete Bohnen aus ökologischem bio-Anbau als Punktemarker. Mehr braucht es nicht in diesem Spiel.
In Stille Wasser gibt es anders als im Grundspiel nur zwei statt drei unterschiedlicher Lebensräume: Das Ufer und das Stillgewässer. Zu den Lebensraumplättchen kommen natürlich wie üblich eine Vielzahl heimischer Tier- und Pflanzenarten, die an die Lebensräume angelegt werden müssen.
Plättchen für Plättchen wächst das Ökosystem
Das Spielprinzip ist denkbar einfach. Zu Beginn jedes Zuges zieht der aktive Spieler ein Plättchen. Anschließend dürfen beliebig viele Plättchen angelegt werden. Dann geht es weiter mit dem Zug der nächsten Person. Sobald der erste neue Lebensraum zu den beiden Startlebensräumen gelegt wurde, kommen die Ereigniskarten ins Spiel. Diese haben häufig schlechte, manchmal aber auch hilfreiche Effekte. Zusätzliche zu ihrem Effekt dienen die Ereigniskarten auch als „Timer“. Beim Aufbau kann man auswählen, mit wie vielen Ereigniskarten man spielen möchte. So lässt sich die Länge des Spiels flexibel anpassen. Spielt man mit den Missionen, ist die Anzahl der Ereigniskarten auf 17 festgelegt.
Für das Anlegen der Karten gibt es nicht viele Regeln. Sie müssen nur an einen für sie passenden Lebensraum angelegt werden. Die Tiere haben alle bestimmte Bedürfnisse, um etabliert zu werden. In der einfachen Variante gelten ein paar Regeln weniger hierfür. In der Fortgeschrittenen-Variante ist zusätzlich zur Größe der Tiere auch noch entscheidend, wie sie sich fortbewegen. Dies wird über verschiedenfarbige Punkte am Rand der Plättchen sichtbar gemacht. Zusätzlich darf hier jede Karte nur ein Bedürfnis eines angrenzenden Tieres erfüllen.
Ist der Stapel der Ereigniskarten aufgebraucht, folgt die Endwertung. Hat man mindestens doppelt so viele Punkte erzielt, wie Ereigniskarten im Spiel waren, hat man gemeinsam ein stabiles Ökosystem geschaffen und das Spiel gewonnen. Die Punkte gibt es für etablierte (alle Bedürfnisse sind erfüllt) Tiere, Missionen und für manche Lebensräume nach Ereigniskarten.
Das Missionsmodul bringt eine zusätzliche Challenge ins Spiel. Standardmäßig spielt man mit einer Mission. Man kann allerdings auch als Profivariante zwei oder sogar drei wählen. Dies macht das Spiel natürlich deutlich herausfordernder. Jede Mission hat bestimmte Voraussetzungen, die es zu erfüllen gilt. Anfangs bringt jede Mission 10 Minuspunkte. Für jede der drei Stufen gewinnt man 5 Punkte hinzu, die man mit den entsprechenden Markern anzeigt. Am Spielende werden nur die Punkte der Mission(en) addiert oder abgezogen, wenn man nicht so erfolgreich war. Die Siegbedingung ändert sich nicht.
Mit dem Habitat-Modul kommt ein neues taktisches Element ins Spiel, das mehr Planbarkeit erlaubt. Auf jeden neu ausgespielten Lebensraum wird offen ein Habitatplättchen platziert. Wird dieser Lebensraum nun vollständig umschlossen, tritt sofort der Effekt des Plättchens ein. Am Spielenden müssen die Spielenden nun mindestens Punkte im Wert des 2,5-fachen der genutzten Anzahl Ereigniskarten erzielen, um zu gewinnen.
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Fazit
Gaiagames haben mit Ecogon – Stille Wasser nicht nur eine würdige Erweiterung zum Grundspiel im Programm. Auch als Standalone funktioniert Stille Wasser hervorragend. Das neue Element der Missionskarten funktioniert sehr gut und integriert sich je nach gewählter Karte auch thematisch ohne Probleme. Das Gleiche gilt auch für das Habitat-Modul. Beide Neuerungen ergänzen das Spiel hervorragend.
Das Thema dieses Spiels ist recht selten in der Brettspielwelt und wird hier sehr passend umgesetzt. Verbunden mit dem kooperativen Aufbau eines gemeinsamen Ökosystems ist Ecogon ein thematisch hoch ansprechendes Spiel. Das naturalistisch gehaltene Artwork und die sehr gut gewählten Elemente, die die einzelnen Lebewesen benötigen beziehungsweise bieten runden das Greifbarmachen des Themas vollends ab. Da die Karten angrenzend gelegt werden, muss man auch nicht immer nachlesen ob ein Symbol jetzt „Gras“ oder etwas anderes bedeutet, sondern kann hier die Optik zur Hilfe nehmen. Für das Thema lohnt es sich natürlich trotzdem die Übersicht der Symbole bereit zulegen. Auch die Übersichtlichkeit wurde in der neuen Auflage nochmal verbessert, in dem die Symbole etwas angepasst wurden.
Die vielen hexagonalen Plättchen haben eine gute Dicke und zeigen auch nach vielen Spielen keine Abnutzungserscheinungen. Schlechtes oder kurzlebiges Material würde auch nicht der Philosophie von Gaiagames entsprechen. In der zweiten Auflage haben alle Karten nun auch abgerundete Ecken, was sie deutlich aufwertet. Die Bohnen funktionieren gut als Marker. Das Regelheft ist gut strukturiert und stellt die einfachen Regeln in übersichtlicher Form dar. Online gibt es außerdem noch einen Reihe von Antworten auf FAQ.
Das Spiel funktioniert mechanisch sehr gut. Plättchenlegen als Hauptmechanismus ist natürlich keine Neuerfindung, aber durch das Thema fühlt es sich hier trotzdem erfrischend anders an. Es liegt in der Natur vieler kooperativer Spiele, dass die Gefahr eines Alpha-Spielers besteht, vor allem wenn neue Spieler dabei sind. Bei Ecogon besteht diese „Gefahr“ in Ansätzen auch. Um dem entgegenzuwirken, kann man zum Beispiel mit verdeckten Handplättchen spielen.
Die Züge selbst laufen sehr flüssig nacheinander. Tendenziell liegt die optimale Personenzahl bei drei oder vier. Hier besteht ein sehr gutes Gleichgewicht aus Übersichtlichkeit, Absprechbarkeit und ausreichend vielen Möglichkeiten. Mit noch mehr Spielenden wird es dann natürlich aufwendiger sich mit allen abzustimmen. Da die neue Ereigniskarte jeweils nach drei gezogenen Plättchen aufgedeckt wird, fühlt es sich mit bis zu vier Spieler auch zusammenhängender an. Spielt man ohne die Missionen, fühlt sich eine höhere Zahl an Ereigniskarten (= längere Spieldauer) auch hier entspannter an. So kann man wirklich langfristig die Entwicklung und den Aufbau des Ökosystems steuern und ist weniger auf das Glück bei den Ereigniskarten angewiesen. Es ist sonst möglich, dass diese die Arbeit weniger Runden zerstören, ohne dass man anschließend noch reagieren kann, wenn man mit wenigen Ereigniskarten spielt.
Die Missionskarten verschieben teilweise auf interessante Weise den Fokus, wie und wo welche Plättchen angelegt werden sollten. Auch thematisch integrieren sich die meisten sehr gut. Statt einer lässt sich natürlich auch mit zwei oder sogar drei Missionen spielen, wie sich im Test gezeigt hat. Dies führt natürlich zu einer Erhöhung der Komplexität. So wird das Spiel auch für Kenner- und sogar Expertenspieler herausfordernd, da die Missionen so divers sind, dass auf diese Weise viel mehr zu beachtende Aspekte im Spiel wichtig werden.
Auch das Habitat-Modul ist wunderbar gelungen. Manche Effekt mögen auf den ersten Blick nicht positiv wirken und doch erlauben sie es, dass man im stillen Wasser zu neuen taktischen Tiefen tauchen kann. Insgesamt machen sie das Punktesammeln etwas einfacher. Da man nun aber mehr Punkte sammeln muss, wird das sehr gut ausbalanciert.
Die erzielten Punkte lassen sich am Ende auch leicht bestimmen. Während des Spiels legt man bereits auf die etablierten Tiere die entsprechenden Punktemarker und muss diese am Ende nur noch zusammenzählen. Auch die Missionen lassen sich schnell ausgewerteten.
Am Spielende merkt man schnell, dass das Spiel trotz der einfachen Regeln gar nicht so einfach zu gewinnen ist und eine echte Herausforderung bietet. Je mehr Ereignisse man nutz, umso weniger glückslastig wird das Spiel und umso taktischer lässt es sich spielen.
Auch solo funktioniert das Spiel, wie bei den meisten kooperativen Spielen, sehr gut. Für mehr Planbarkeit wurde hier das Handkartenlimit auf fünf erhöht. Natürlich kann man auch alleine die Rolle mehrerer „Personen“ übernehmen.
Im Gesamteindruck ist Ecogon – Stille Wasser ein wirkliche gelungenes, leicht zugängliches kooperatives Legespiel mit einem sehr spannendem Thema. Durch die beiden Modulen lässt es sich vom Anspruch bis in den Kennerbereich heben.
Das Thema ist vor allem auch für Kinder spannend, die auf diese Weise vieles der heimischen Natur kennenlernen können. Der absolute Pluspunkt hier ist, dass es eben kein „Lernspiel“ ist. Es ist ein sehr gutes Familienspiel, das als tollen Nebeneffekt etwas lehrt und die Neugier weckt, ohne es den Spielenden aufzuzwingen.
Vorschau | Produkt | Bewertung | Preis | |
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Pegasus Spiele 51234G Living Forest * | 19,99 EUR |
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