Microsoft bietet ihn an, Electronic Arts ebenso – und seit einigen Monaten auch Ubisoft: den Abonnement-Service für begrenztes Flatrate-Gaming. Egal welcher Name hinter einem solchen Service steckt, der Nutzen für Spieler ist stets ähnlich. Gegen eine mehr oder minder geringe Monatsgebühr dürfen Gaming-Enthusiasten Titel aus einer Spielebibliothek auswählen, herunterladen und spielen bis die Finger schlappmachen. Alles fair soweit? – Ein Kommentar von André Volkmann.
Das digitale Buffet ist eröffnet und die Gäste füllen ihre Teller maßlos – und Generation Flatrate ist wieder um eine Attraktion reicher. Unbegrenzt Musik hören, Filme und Serien gucken, Magazine oder Bücher lesen: All das ist dank findiger Unternehmer möglich. Gegen eine monatlich oder jährlich zu errichtende Gebühr öffnen sich für Nutzer gigantische Konsumwelten. Nun gibt es mit dem Flatrate-Zocken gleich mehrere Angebote. Auch wenn Spiele-Abonnements noch in den Kinderschuhen stecken: sie haben sich längst auf dem Markt etabliert.
Einmal zahlen, unbegrenzt zocken
Die Nutzerzahlen der Services steigen stetig: Mit Einführung von EA Access für die Playstation gab Electronic Arts auch Zahlen bekannt. Demnach hatten EA Access und EA Origins zusammen rund 3.5 Millionen Nutzer. Der Erfolg ließ den Publisher nicht nur optimistisch, sondern auch bezüglich möglich neuer Angebote in die Zukunft schauen. So wolle man den Abo-Service auf weitere Plattformen ausweiten und auch mit Game-Streaming verbinden.
Auch Microsoft hat die Datenlage für den Xbox Game Pass von kaum vorhanden auf vage erweitert. Xbox-Chef Phil Spencer sprach überwiegend von Millionen von Nutzern, die für den Service monatlich rund zehn Euro bezahlen. Matt Percy, verantwortlich für die Entwicklung des Game Pass, konkretisierte, dass Nutzer der Abonnements deutlich häufiger spielen würden: die Spielzeit liege rund 20 Prozent über der „normaler Spieler“. Seine Analyse ging noch weiter: Game Pass-Nutzer würden mehr Spiele ausprobieren und sogar häufiger Spiele kaufen. Dass derartige Services also zu sinkenden Verkaufszahlen bei Vollpreisspielen führen, erweist sich zumindest nach den von Microsoft veröffentlichten Zahlen als falsch.
Die Angebote sind insgesamt tatsächlich umfassend – und preislich attraktiv. Für derzeitig maximal 15 Euro gibt es von unterschiedlichen Anbietern eine ordentliche Ladung Spielspaß und die Möglichkeit, Spiele einfach auszuprobieren. Was früher kostenlose Demos waren, sind heute vergleichsweise günstige Abo-Dienste.
Nutzer können die Abonnements sogar vorab testen. Das kostet nichts, es sei denn der Vertragsabschluss nach dem Testzeitraum wird für sie übernommen – automatische Verlängerung sei Dank. Wer die Kündigung vergisst, zahlt für diese „Serviceleistung“.
Die Einnahmen, die Anbieter durch vergessene Kündigungen erzielen, scheinen zumindest so massiv zu sein, dass Probezeiträume samt automatischer Verlängerung weiterhin existent bleiben, obwohl der aktive Abschluss eines Abonnements der für Kunden serviceorientierte Ansatz wäre.
Flatrate-Flut wird zur Kostenfalle
Ein einzelnes Spiele-Abonnement abzuschließen kostet nicht viel mehr als ein Kasten Cola. Und was Spieler für einen überschaubaren Echtgeldeinsatz bekommen, ist durchaus fair. Bei EA Access können Spieler für rund vier Euro monatlich neue Titel im Rahmen von Trials eine begrenzte Zeit lang testen, bei einem Kauf erhalten sie einen Rabatt – zudem macht der Zugriff auf eine Spielebibliothek mit solider Auswahl das kostengünstige Angebot attraktiv. Wer mehr zahlen kann, bekommt auch mehr: Seit Microsofts Launch des Ultimate Game Pass können Spieler nicht nur Xbox-, sondern auch PC-Spiele als unbegrenzten Flatrate-Genuss zocken. Besonders lohnenswert: First-Party-Titel haut Microsoft direkt mit Release in den Game Pass, darunter namhafte Serien wie Crackdown, Gears oder Halo. Das kann sich für Spieler lohnen.
Eine Kostengefahr besteht allerdings, weil immer mehr Unternehmen mit eigenen Abo-Services auf den Markt drängen: vier Euro hier, zehn Euro dort und weil grad ein Top-Titel erscheint, wird noch ein weiterer Dienst abonniert. Wer die Übersicht über seine Buchungen verliert, zahlt so monatlich im „worst case“ so viel wie sonst ein Vollpreistitel kostet. Klar, für fünf abonnierte Gaming-Flatrates gibt es auch hunderte Spiele – nur spielen kann die Masse an Titeln niemand.
Und weil das Modell so erfolgreich ist, versuchen immer mehr Unternehmen sich an Abo-Services. Richtig absurd wird es dann, wenn man nicht nur für eine herunterladbare Spiele zahlen muss, sondern auch noch die aufkommenden Streaming-Dienste eines Google Stadia hinzurechnet.
Unbeantwortet bleibt vor allem bei reinen Streaming-Dienstes die Eigentumsfrage. Wer einen Dienst nicht nur als Serviceleistung bucht, sondern sein „eigenes“ Portfolio durch den Zukauf von Vollpreistiteln erweitert, der wird spätestens dann enttäuscht, wenn die Plattform ihren Dienst einstellt. Das ist ein Risiko und wird eines bleiben. Auch wenn es gern anders propagiert wird: Der langfristige Erfolg des Spiele-Streamings ist noch nicht sicher.
Noch längst nicht alle Publisher haben ihre Pläne für mögliche Spiele-Abos öffentlich gemacht. Apple, Google und GeForce sind bereits auf den Zug aufgesprungen, Microsoft arbeitet derweil verstärkt an Streaming-Technologien. Was andere Großkonzerne, etwa Activision, für die Zukunft planen ist ungewiss. Dass weltweit operierende Publishing-Giganten sich den Trends des Flatrate-Zockens entziehen, ist eher unwahrscheinlich.
Zukunftsszenario: Exklusive Videospiele als Zwangsmittel?
Spielern wird durch die Vielzahl an Angeboten eine erhöhte Aufmerksamkeit abverlangt, damit die monatlich oder jährlichen Kosten sich im Rahmen bewegen. Die Unternehmen können sich dagegen auf die Faulheit des Konsumenten verlassen: Wie hoch ist Anteil derjenigen Nutzer, die ihre Flatrates monatlich tatsächlich planen, um nur auf die Dienste zuzugreifen, die auch genutzt werden?
Flatrates und die zugehörigen Nutzerkonten erweisen sich für Unternehmen als mächtige Marketing-Werkzeuge. Nicht zuletzt, weil Abo-Kunden ohnehin bereitwilliger Geld für Spiele, insbesondere für DLCs ausgeben.
Weil der Markt umkämpfter wird, je mehr Anbieter ihre Dienste anpreisen, müssen wirksame Lockmittel her. Microsoft macht es vor: nirgendwo sonst gab es vorher derart namhafte Videospiele für kleines Geld. Solange Spieler die Wahl haben, ob sie ein Abonnement abschließen, um ein Spiel zu spielen, mag alles in Ordnung sein. Was aber, wenn Exklusivtitel nur noch im Rahmen der Abonnements angeboten werden, um die Nutzer auf Unternehmensseite zu ziehen?
Der Konsum hat seinen Höhepunkt noch lange nicht erreicht. Die Film- und Serien-Anbieter machen es vor: hier eine exklusive Serie, dort ein vielversprechender Blockbuster – Hauptsache man verfügt über Alleinstellungsmerkmale, die man in Nutzer-Abonnements ummünzen kann. Und alles ist dank moderner Zahlungsmethoden auch noch so einfach. Per Lastschrift oder Paypal wandert die Kohle ohne große Mühe in die Kasse der Aktienunternehmen. Vom Nutzer werden Kontrollmechanismen verlangt, die im heutigen Konsumwahnsinn keinen Platz mehr haben.
Auch den sozialen Druck sollte man nicht unterschätzen, weil exklusive Inhalte auch Gesprächsthemen im Freundeskreis sein können. Wer mitreden will, muss abonnieren – am besten gleich mehrfach.
Exklusivität als Zwangsfaktor gibt es bei Spiele-Abonnements bislang nicht, weil die Absätze von Vollpreistiteln trotz – oder gerade wegen – der Gaming-Abonnements sich sehen lassen können. Sollte sich das allerdings ändern, haben namhafte Publisher schon heute vorgesorgt, indem Premium-Dienste über jene Top-Titel verfügen, auf die Spieler unbedingt zugreifen wollen.
Übersättigung des Marktes: Nicht ob, sondern wann
Wie erfolgreich ein Spiele-Abonnement ist, darüber entscheidet der Markt – und damit die Kunden. Je mehr Abo-Dienste um die Gunst der Spieler kämpfen, desto größer ist die Gefahr, dass eine Übersättigung eintritt. Anders ausgedrückt: Irgendwann wird es so viele unterschiedliche, kostenpflichtige Dienste geben, dass Spieler ihren Konsum zurückfahren oder derartige Konzepte gänzlich boykottieren.
Zwar scheinen Studien zu belegen, dass im Bereich der Film- und Serien-Dienste Nutzer gleich mehrere Abonnements nutzen, dort sind die tatsächlich überzeugenden Dienste jedoch noch Mangelware. Prime und Netflix sind dick im Geschäft, Disney legt gerade los – hinzu kommen einige weitere Anbieter, die allerdings kaum große Marktanteile besitzen. Sollte sich das zukünftig ändern, werden auch Film- und Serien-Fans genauer hinschauen und ihre Abo-Abschlüsse unter die Lupe nehmen.
Am Ende könnte das passieren, was auch heutzutage in der Games-Branche erkennbar ist: Es gewinnt der Publisher, der mit seinen Angeboten den Nerv der Zeit trifft. Weil Trends einem ständigen Wechsel unterliegen, werden auch Spieler die Dienste häufiger wechseln als bisher. Je größer die Auswahl, desto stärker werden potenzielle Kunden sich mit den angebotenen Inhalten beschäftigen. Dann kommt, was Publisher auf keinen Fall wollen: mündige Spieler, die ihre Präferenzen intensiv überprüfen. Wirtschaftlich gut geht das dann nur für die beherrschenden Marktteilnehmer aus.
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