Die deutsche Version des strategischen Brettspiels Star Wars – Rebellion aus dem Hause des Heidelberger Spieleverlags zählte im vergangenen Jahr zu den meist erwarteten Brettspielen. Nicht ohne Grund, denn bereits die Originalversion von Fantasy Flight Games erhielt überragende Kritikermeinungen. Die taktischen Feinheiten eines solche umfangreichen Strategiespiels machen es Rezensenten schwer, sich eine Meinung nach nur wenigen Spielpartien zu bilden. Wir haben unsere Brettspiel-Rezension zu Star Wars – Rebellion daher grundlegend überarbeitet, um den kriegstaktischen Finessen gerecht zu werden. Unseren Langzeiteindruck findet ihr im nachfolgenden Artikel. Möge die Macht mit euch sein.
Produktbeschreibung
Die letzten Überreste der Alten Republik wurden beseitigt und das Imperium übt seine Schreckensherrschaft über die Galaxis aus. Mit seiner neusten Kampfstation, dem Todesstern, ist es mächtig genug jede Form von Widerstand niederzuschlagen. Doch es besteht Hoffnung. Eine kleine Schar von Rebellen lehnt sich tapfer gegen die Unterdrückung auf. Von ihrem geheimen Stützpunkt aus planen sie, das Imperium zu stürzen und der Galaxis Frieden und Freiheit wiederzugeben. Star Wars: Rebellion bringt den epischen Konflikt zwischen Imperium und Rebellenallianz an euren Spieltisch. Werde ein imperialer General und entsende deine Streitkräfte, um den geheimen Stützpunkt der Rebellen auszulöschen. Oder vereine die tapferen Freiheitskämpfer und besiege deinen Feind mit Guerillataktiken und Sabotage. Doch um den Krieg der Sterne zu gewinnen, braucht es mehr als nur Waffen und technologische Schreckgespenster – es braucht Helden. In geheimen Mission kannst du Luke Skywalker zum Jedi ausbilden oder mithilfe von Darth Vader Han Solo in Karbonit einfrieren. Nur so wird es dir gelingen, dein Ziel zu erreichen und die Pläne deiner Feinde zu durchkreuzen! Wird das Imperium die Rebellion mit einem schnellen Schlag zerschmettern? Das Schicksal der Galaxis liegt in euren Händen. (Quelle: Produktbeschreibung)
Star Wars at it’s best
Fans erkennen auf den ersten Blick, dass Star Wars – Rebellion zur Zeit der klassischen Trilogie spielt. Der Hintergrundrahmen ist clever gewählt, immerhin gilt die Original-Trilogie nach wie vor als Non-Plus-Ultra der kritischen Fanbase. Ein weiterer Vorteil sind die ikonischen Charaktere, die mit dem Ur-Werk von Star Wars sowie dem darauf aufbauenden Erweiterten Universum verknüpft sind. Ein Star Wars Brettspiel ohne einen Auftritt von Imperator Palpatine ist fast genauso undenkbar wie ein Han Solo ohne seinen treuen Freund Chewbacca – auch wenn die literarischen Werke des erweiterten Universums den Fans eines Besseren belehren sollten. Der Autor des strategischen Brettspiels, Corey Konieczka, setzt also auf genau die Figuren, mit denen echte Star Wars Fans spielen wollen, die bei Einsteigern aber zumindest teilweise bekannt sind. Nach dem plötzlichen Tod von Carey Fisher ist Star Wars – Rebellion auch eine schöne Erinnerung an die ewig junge Prinzessin Leia.
Die bekannte Story dient als direkte Überleitung zu den Spielzielen. Während die Rebellion Unterstützung von der Bevölkerung benötigt und versucht, möglichst viele Aufständische auf ihre Seite zu ziehen, verfolgt das Galaktische Imperium nur ein Ziel: die vollständige Vernichtung des Rebellenabschaums. An dieser Stelle macht sich die vielgepriesene Asynchronität von Star Wars Rebellion* erstmals deutlich bemerkbar. Während die Rebellen im Geheimen agieren, um ihren Einfluss zu vergrößern und so verstärkt auf Guerilla-Taktiken setzen, strebt das Imperium ganz offen nach Expansion. Je mehr Gebiete von den Imperialen Streitkräften erobert werden, desto größer ist die Chance, die Basis der Rebellen zu entdecken und zerstören – und damit das Spiel zu gewinnen.
Die Grundregeln sind weniger komplex als es zunächst den Anschein macht. Die taktischen Feinheiten machen sich erst mit steigender Erfahrung der Spieler bemerkbar. Durch geschicktes Verschieben der Militärressourcen und durch den Einsatz der Anführer zur Erfüllung von Missionen kommt Bewegung in die Galaxis weit, weit entfernt.
Das Spielmaterial: Dicke Pappe und jede Menge Plastik
Der rund zwei Kilogramm schwere Karton beinhaltet jede Menge Spielmaterial, was bei einem Anschaffungspreis von rund 80 Euro auch mehr als fair ist. Das Herzstück des strategischen Brettspiels ist das ca. einen Meter lange Spielbrett, das aus zwei Teilen besteht. Optik und Verarbeitung der Spielfläche sind hervorragend. Das Spielbrett besteht aus solider Pappe und erzeugt eine dichte Star Wars Atmosphäre. Sämtliche Spielbereiche sind ausreichend groß, sodass auch bei der Verteilung vieler Militäreinheiten stets die Übersicht gewahrt bleibt. Spieler übernehmen die Kontrolle über insgesamt 153 Kunststoff-Miniaturen, deren zwei verschiedenen Farbtönen als Unterscheidungsmerkmal dienen. Neben Todessternen, Sternenzerstörern, Korvetten, Jagdfliegern und Laserbatterien sind auch Bodentruppen für beide Seiten enthalten.
Insgesamt 25 Anführer müssen auf ihre Standfüße gestellt sowie Kartentypen (Taktikkarten, Missionskarten, Ziel- und Projektkarten) bereitgelegt werden. Erfolge der Kämpfe und Missionen werden mithilfe von jeweils fünf roten und fünf schwarzen Würfeln ermittelt. Die allererste Spielpartie beginnt mit einem festgelegten Spielaufbau, der neue Spieler seicht und übersichtlich an das Spielkonzept heranführt ohne zu überfordern.
„Es ist eine Falle“
Die Verteilung der Loyalitätsressourcen und militärischen Einheiten ist im Einführungsspiel vorgegeben, sodass Spieler sich zunächst vollständig dem Ablauf der einzelnen Spielphasen widmen können, von denen es drei Hauptphasen gibt. Ein taktisches Element lernen Rebellen-Spieler bereits zu Beginn des Spiels kennen, wenn sie mittels Suchdroiden-Karte über die Platzierung ihrer Rebellenbasis entscheiden müssen. Verlagerungen der Kommandostätte werden im späteren Verlauf des Spiels über einen separaten Bereich geheim angezeigt, damit der imperiale Spieler keinen Einblick in die Stationierung bekommt – immerhin besteht sein Spielziel daraus, den Aufenthaltsort der Rebellen ausfindig zu machen. Und ja, es kann auch Alderaan sein. Oder Dantooine. Oder jeder andere der Planeten auf dem Spielbrett. Je weiter die Abstände der Spieler voneinander sind, desto umfangreicher gestaltet sich das Spielerlebnis, übrigens auch zeitlich. Spielrunden von über 240 spannenden Minuten waren während unserer Spielrunden zwar nicht die Regel, aber auch keine Seltenheiten.
Jede Spielerrunde besteht aus drei Aktionsphasen: 1. Missionsauswahl und Bestimmung der Anführer, 2. Zuteilung der Anführer zu den Missionen und Einheitenbewegung und 3. die obligatorische Auffrischungsphase. Es fällt sofort auf, das es vor allem die beiden ersten Aktionsphasen sind, die die Spieler ein deutliches taktisches Gewicht spüren lassen. Bei Star Wars – Rebellion gibt es für die Spieler jede Menge zu tun. Je später der Spielverlauf, desto mehr Übersicht wird bei der Platzierung der Einheiten erforderlich. Gleichzeitig steigen auch die strategischen Herausforderungen bei der Bestimmung der Anführer und der Zuteilung zu ihren Missionen. Zudem wollen die Taktikkarten sinnvoll eingesetzt werden. Zu Beginn startet jeder Spieler mit lediglich vier Anführern; weitere werden im Verlauf des Spiels rekrutiert. Neben den populären Charakteren wie Luke Skywalker oder Darth Vader übernehmen 2 bis 4 Spieler auch die Kontrolle über Randfiguren, die nur eingefleischten Fans kennen. Das ist hervorragend, weil jeder Spieler auf diese Weise die Möglichkeit bekommt, tiefer in das Thema Star War einzutauchen.
Auffallend positiv ist der Spielablauf bezüglich der Veränderlichkeit jeder einzelnen Partie. Keine Spielrunde von Star Wars – Rebellion spielt sich wie die andere. Durch die üppige Anzahl von Missionen erzählt jede Partie ihre eigene Handlung und unterscheidet sich deutlich. Das erhöht den Wiederspielwert von Star Wars – Rebellion enorm – nicht nur, weil es Spaß macht, sondern weil es sich tatsächlich immer wieder anders anfühlt. Emotionen waren ohnehin immer schone eine Stärke von Star Wars, was bei diesem strategischen Brettspiel perfekt umgesetzt wurde.
Strategie und Erfahrung sind unverzichtbar
Mit steigender Spielerfahrung sinkt nicht nur die Spielzeit auf ein erträgliches Maß, sondern auch die Willkür des strategischen Vorgehens. Anfänger werden zu Beginn ihrer imperialen Karriere oder als Kanonenfutter der Rebellenallianz mit schier unendlichen Möglichkeiten konfrontiert. Der Spielablauf wird so komplex, dass Einsteigern die angepeilten vier Spielstunden nur selten ausreichen. Trotz der langen Spielzeit bleibt Star Wars – Rebellion* stets spannend: Charaktere werden inhaftiert und wieder gerettet, Sabotage-Missionen durchgeführt und Flottenkämpfe ausgewürfelt. In besonders epischen Partien werden sogar Angriffe auf den Todesstern geflogen – mal mehr, mal weniger erfolgreich.
Das Kampfsystem erwies sich ohnehin als eines der Highlights unserer Rezension zum Brettspiel Star Wars – Rebellion. Trotz des Einsatzes der insgesamt zehn Würfel fühlen Kämpfe sich nicht vollends glücksabhängig an. Das liegt in erster Linie an einschränkenden Details, die es beispielsweise schnellen Jagdraumschiffen nicht möglich machen Großkampfschiffe zu beschädigen. Gleichzeitig sind die Laserbatterien der Kreuzer gegen Jäger nicht besonders treffsicher. Die Komplexität eines Star Wars Armada* oder X-Wing erreichen die natürlich Kämpfe ebenso wenig wie die Bodenschlachten eines Imperial Assault*, dafür ist Star Wars – Rebellion aber auch eine vollständige Spielerfahrung, die eher im Sinne eines 4X-Spiels zu verstehen ist. Unterschätzen sollten Spieler die taktischen Möglichkeiten innerhalb der Kampfaktionen jedoch nicht: durch den geschickten Einsatz der Taktikkarten bleiben Gefechte stets spannend. Auch weil es diese besonderen Momente gibt, in denen ein Fußsoldat schier Unmögliches möglich macht.
Trotz oder grade weil Würfel im Spiel sind, bleiben Aktionen teilweise unvorhersehbar, was dem Spielablauf jedoch nicht schadet. Im Gegenteil: der spürbare Glücksfaktor sorgt für jede Menge Spannung.
Gespielt wird mit 2 bis 4 Spielern, das grundsätzlich auf klassische 1-on-1 Duelle ausgelegt ist. Bei 4 Spielern treffen dagegen einfach zwei Teams mit jeweils unterschiedlichen Befehlsbereich aufeinander. Die Partie zu Dritt ist noch unkomplizierter, weil der Rebellenspiele dann stets allein spielt und einfach häufiger am Zug ist. Am meisten Spaß (und auch am zeiteffizientesten) macht die klassische 2-Spieler-Partie. Auch weil dann der Duell-Charakter deutlich hervortritt.
Bilder zu Star Wars Rebellion
Infobox
Spielerzahl: 2 bis 4 Spieler
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 150 bis 240 Minuten
Schwierigkeit: mittel
Langzeitmotivation: hoch
Verlag: Asmodee
Autor: Corey Konieczka
Erscheinungsjahr: 2016
Sprache: deutsch
Kosten: 80 Euro
Fazit
Star Wars – Rebellion ist das kompletteste der derzeitigen Star Wars Brettspiele. Es rückt keine einzelne Komponente in den Vordergrund, sondern verlangt nicht weniger als die Übernahme der gesamten Kommandokette einer der beiden Fraktionen. Dafür gehen Spieler selbstverständlich auch Kompromisse ein. Die Miniaturen sind hübsch, aber nicht so detailliert wie bei den echten Miniaturspielen. Die taktischen Möglichkeiten sind grandios, aber nicht so fein ausgearbeitet wie bei den fokussierten Ablegern Star Wars Armada oder Imperial Assault. Während das Balancing etwa bei Imperial Assault so gut gelungen ist, dass die Fähigkeiten der Spieler über Sieg oder Niederlage entscheiden, spielt die Erfahrung und das Verinnerlichen der Spielkarten bei Star Wars – Rebellion eine wesentlich größere Rolle. Mit der Zeit lernen die Spieler, auf jede Spielsituation zu reagieren. Dennoch bleibt stets genügend Entscheidungsspielraum für taktische Handlungen. Die Zuordnung der Anführer zu den Missionen sollte weise gewählt werden, weil sonst möglicherweise die Expansion auf dem Spielbrett gefährdet wird. Das ist für die Imperialen Streitkräfte eine mittlere Katastrophe, verschafft den Rebellen jedoch wichtige Zeit für den Ausbau der Sympathiepunkte. Daraus lassen sich dann clevere Strategien für jede der Fraktionen entwickeln.
Während Taktiker die vielen Entscheidungsmöglichkeiten zu schätzen wissen, werden Fans die inhaltlichen Übereinstimmungen mit den Filmen lieben. Auch wenn beispielsweise Grammatikprofi und Jedi-Meister Yoda nicht zu den spielbaren Anführern zählt, hat er dennoch seinen Auftritt in Star Wars – Rebellion, wenn sich Luke zum Jedi ausbilden lässt. Automatisch werden dann Erinnerungen an wunderbare Momente der Filmgeschichte wach, die wiederum die Emotionen wecken, von den Star Wars lebt.
Die unterschiedlichen Spielweisen der beiden Fraktionen laden entweder zu stetigen Seitenwechseln ein oder aber zur Optimierung der Taktiken. Der imperiale Spieler benötigt ein vergleichsweise gutes Erinnerungsvermögen, um die bereits erkundeten Planeten im Gedächtnis zu behalten. Zwar gibt es auch Kartenhilfen zum Ausdrucken – echte Strategen verzichten auf derartige Hilfsmittel jedoch besser, weil eben diese Anstrengungen zu Star Wars – Rebellion gehören wie der Anflug auf den Todesstern. Weil letztendlich die Erfahrung über Sieg und Niederlage entscheidet ist es für ein faires Duell unerlässlich, zwei Spieler mit ähnlichen Fähigkeiten antreten zu lassen. Einsteiger werden von Veteranen oftmals überrollt, weil strategische Interventionen eine wesentliche Rolle bei Star Wars – Rebellion einnehmen. Wer mit Anfängern behutsam umgeht und sich die Zeit für strategische Erklärungen nimmt, kommt dennoch auf seine Kosten – militärischer Nachwuchs will immerhin herangezogen werden. Star Wars Rebellion könnte eines dieser Brettspiele sein, die aufgrund des Umfangs und der Komplexität Generationen überdauern. Und zwar ohne auf ständige Nachschubwellen setzen zu müssen. Auch wenn die Investition zunächst hoch erscheint, lohnt sich der Anschaffungspreis – vielleicht sogar mehr als bei den fokussierten Star Wars Spielen.