Die Präsentation der Nintendo Switch ist vorüber. Echte Fans wohnten dem Event bereits um fünf Uhr morgens per Livestream bei – und bekamen vergleichsweise wenig Neues über die Hybridkonsole präsentiert. Einige nette Details sind nun bekannt, der große Knall blieb jedoch aus. Es ist, wie es am Ende immer ist: auf den Hype folgt die Ernüchterung. Auch wenn die Nintendo Switch per se keine schlechte Idee ist, dürfte Konsolenspielern spätestens am Morgen nach der Live-Präsentation klar sein, dass der Konkurrenzkampf gegen Sony und Microsoft mit ihren neuen 4K-Modellen abermals schwieriger wird als im Rausch der technischen Sensationen zunächst erwartet.
Das Wichtigste zuerst: der Release-Termin
Bekannt war bisher nur der ungefähre Veröffentlichungszeitpunkt der Hybridkonsole. Nun steht fest, dass der Release der Nintendo Switch am 03. März 2017 geplant ist. Die Wartezeit bis zum ersten persönlichen Hands-On ist also nicht mehr lang, zumindest, wenn man zu den Spielern gehört, die sich eine der Konsolen zum Release sichern konnten. Wenn die Neuauflage des Klassikers NES Classic Mini eines gelehrt hat, dann: unterschätze bei deinem Kauf niemals den Hype. Viele Käufer warten noch heute auf die Lieferung ihrer vor Monaten bestellten Mini-Variante des Nintendo Entertainment System, das seinerzeit als meisterverkaufte Konsole weltweit galt. An diesen Erfolg würde der japanische Videospiele- und Konsolenhersteller mit Hauptsitz in Kyoto gern anknüpfen. Nach der Livepräsentation der Nintendo Switch hat sich der Eindruck verstärkt, dass der Hype am Ende grenzenlos war, ebenso wie die Überraschung über vergleichsweise wenig herausragende Details. Zu den technischen Daten gab es gar keine Informationen, was den einen oder anderen Livestream-Zuschauer schwer enttäuscht haben dürfte. Im Wettkampf um die Krone der „besten Konsole“ ist es heutzutage immerhin die technische Ausstattung, die über einen Erfolg entscheidet. Mit purem Idealismus und guten Ideen gewinnt man dagegen nur noch selten die Spielerherzen.
Einige spannende Details präsentierte Nintendo zur neue Hybridkonsole dann doch. Allen voran der innovative Controller, von Nintendo liebevoll Joy-Con genannt, sorgte wortwörtlich für Freude.
Joy-Con: Innovativer Controller – nah an der Wii
Neben de, kapazitiven Multi-Touchscreen, der Docking-Station sowie der passenden Verkabelung sind es vor allem die Controller, die Fans am frühen Morgen am meisten begeisterten. Auf den ersten Blick halten sich die Joy-Cons nah an der Funktionalität der Vorgängerkonsole Wii. Ein genauerer Blick offenbart jedoch spannende Details, die die Joy-Con-Controller zu echten Handling-Highlights machen. So verfügt der linke Joy-Con über einen Button zur einfachen Aufnahme von Screenshots. Wer seine Spielerfolge für sich selbst aufzeichnen oder mit anderen teilen möchte, kann dies auf der Nintendo Switch bequem und vor allem intuitiv tun. Der rechte Controller beinhaltet dagegen eine NFC-Schnittstelle(Abk. für Near Field Communication), die technisch versierte Nutzer bereits aus ihrem Smartphone kennen. Mithilfe der Kommunikationslösung lassen sich drahtlose Verbindungen zu den amiibo-Figuren herstellen. Spannender ist dagegen die Infrarot-Bewegungskamera, die Objekte und Umrisse der Umgebung sowie die Handentfernung des Spielers erkennen kann. Wie bereits bei der Wii wird es speziell auf diese Technik ausgerichtete Spiele geben, in denen die Bewegungssteuerung dann zum zentralen Gameplay-Element wird. Das ist technisch anders, klingt gut, ist aber kein Highlight. Innovativer dürfte hingegen die HD-Vibration sein, die in beiden Joy-Cons integriert ist. Diese neu entwickelte Vibrationstechnik soll laut Hersteller Nintendo realistische Schwingungen zu den Spielerhänden transportieren. Beispielhaft wurde in der Präsentation angeführt, man könne das Zusammenstoßen von virtuellen Eiswürfeln spüren, wenn man den Joy-Con wie ein Glas schwenkt. Klingt toll – bleibt also nur noch abzuwarten, wie gut diese Technologie in der Praxis funktioniert.
Ziemlich hilfreich ist dagegen die Funktion, jeden Joy-Con-Controller unabhängig voneinander verwenden zu können, sodass man problemlos mit einem Freund zusammen spielen kann. Sofern denn die passenden Spiele für die Nintendo Switch* verfügbar sind – und das ist nach der Livepräsentation gar nicht so sicher.
Spielehighlights für die Nintendo Switch angekündigt
Dass die erfolgreichen Videospielhelden Link und Mario auf die Nintendo Switch zurückkehren würden, war keine große Überraschung. Viel überraschender war dagegen die Tatsache, dass das Spiel Super Mario Odyssey erst Ende 2017 erscheinen wird, also lange nach Release der Hybridkonsole. Bis zur ersten nostalgischen Jump ’n‘ Run Orgie wird daher einige Zeit vergehen. Immerhin ist die Wartezeit aufMario Kart 8 Deluxe kürzer: bereits am28. April 2017 dürfen Fans in die bunten Flitzer steigen, um auf gewohnt kurvenreichen Kurse um Bestzeiten rasen. Bis zu acht Spieler können gleichzeitig über die lokale Drahtlos-Verbindung am Renngeschehen teilnehmen. Klasse!
Das Highlight zum Release der Nintendo Switch am 03. März 2017 wird der neue Ableger aus der bekannten und beliebten Zelda-Reihe sein. Damit wird das optisch eindrucksvolle Open-World-Rollenspiel The Legend of Zelda – Breath of the Wild zum Zugpferd für Nintendos Hybridkonsole und gleichzeitig der erste Titel, der sich den Wertungen der internationalen Presse stellen muss.
Es ist ein cleverer, aber kein überraschender Schachzug von Nintendo, mit einem der ikonischsten Helden des Nintendo-Universums in die Releasesaison zu starten. Das Spiel 1-2-Switch! soll dagegen die innovativen Joy-Con-Controller in Szene setzen und wird damit der erste Praxistest für die Gameplay-Tauglichkeit der angepriesenen Funktionen. Im Grund erinnert 1-2-Switch! an die typischen Party-Spiele, die Nintendo-Fans bereits von der Wii-Serie kennen. Das klingt unterhaltsam, ist aber auch nicht besonders überraschend. Auch das Multiplayer-Kampfsportspiel ARMS riecht eher nach einer Wiederverwertung der bekannten Boxspiele mit Gestensteuerung, auch wenn ARMS technisch weiterentwickelter und optisch ansprechender werden wird. Immerhin stellt ARMS das schnelle und unkomplizierte Multiplayer-Vergnügen klar in den Vordergrund. Dank der sensiblen Joy-Cons könnte ARMS tatsächlich zu einem funktionierenden Taktik-Klopper werden, der das wilde Controller-Gefuchtel aus vergangenen Zeiten hinter sich lässt. Darauf dürfen Spieler also gespannt sein!
Fans von Wii-Titeln dürfte vor allem der zweite Teil von Splatoon erfreuen. In Splatoon 2 sorgen spannende und besonders farbenfrohe 4-gegen-4 Schlachten für Unterhaltung. Statt mit dem Joy-Con zu spielen, können Fans natürlich auch auf den separat erhältlichen Pro Controller zurückgreifen. Zudem wird Splatoon 2 auch Voice-Features der sogenannten Nintendo Switch Smart Device App nutzen, die in einer limitierten Version für Sommer 2017 angekündigt ist.
Ansonsten kündigte Nintendo starke Marken für die Nintendo Switch an. So sollen etwa Ableger von The Elder Scrolls, Fifa, NBA 2k und auch Minecraft ihren Weg auf die Hybridkonsole finden. Das ist gut und konsequent, weil eben diese Spieleserien große Fanbases haben – aber wieder wenig überraschend.
Vor allem Minecraft und Skyrim sind fast schon nostalgische Titel, die eher aufgrund ihrer Modding-Features und Communities (über)leben. Spieler müssen also Geduld aufbringen und hoffen, dass Nintendo bzw. die Spieleentwickler mutig genug sind, ihre Titel nicht nur zu portieren, sondern die technischen Spezifikationen der Nintendo Switch* für das Gameplay zu nutzen.
In Sachen Technik hat sich Nintendo auffallend zurückgehalten. Welche Hardware im Inneren der Nintendo Switch für die passende Leistung sorgen wird, bleibt weiterhin unbekannt. Immerhin zur Akkulaufzeit präsentierte Nintendo einige Details. Dass die Laufzeit abhängig von den jeweils aktiven Spielen variieren wird ist (Achtung!) mal wieder keine Überraschung. Das kennt man von Handhelds, Tablets und Smartphones. Spannender ist dagegen die Tatsache, dass der Akku im vollgeladenen Zustand für rund drei Stunden einer Session von The Legend of Zelda – Breath of the Wild reichen wird. Ein ordentlicher Wert, wenn man die optische Präsentation des Zelda-Spiels betrachtet. Bei anderen Spielen sollen Laufzeiten bis zu sechs Stunden möglich sein. Zieht man Zelda als Vergleich heran gilt wohl die bekannte Faustformel: Mehr Action und Optik = kürzere Spielzeit. Immerhin lässt sich die Multi-Touchscreen auch unterwegs bequem mit dem Netzteil über den USB-C-Port aufladen. Klingt solide und könnte zu einer der Stärken der Nintendo Switch werden, die die Konsole deutlich von der Konkurrenz abhebt.
Weitere aktuelle News zur Nintendo Switch: Eine Regionalsperre wird es hingegen nicht geben. Sämtliche Titel kommen ohne Region-Lock auf den Markt.
Nintendo Switch: Gefühlt Verpasste Chancen
Trotz einige innovativer Details fühlt sich die Präsentation nach einer verpassten Chance an. Viele Informationen waren nicht neu, andere nicht so sensationell wie erhofft. Die Nintendo Switch macht letztendlich den Eindruck eines technisch überarbeiteten Tablets mit immerhin tollen Bedienfunktionen. Auch unter den Stimmen in den Sozialen Medien finden sich zahlreiche eher kritische Töne.
Zu Skyrim schreibt der Twitter-User BahamutSin27 etwa: „Nix für mich dabei. Und mit einem 6 Jahren alten Port von Skyrim braucht man auch nicht mehr hausieren gehen“. Damit stimmt er in den Tenor der vergleichsweise überraschungsfreien Spielepräsentation ein. Fragen nach einem neuen Pokemon-Ableger kamen ebenso auf.
Auf Twitter bringt es Kiwi-Kaiser auf den Punkt: „Ich hab das Gefühl Nintendo versäumt es wieder, gute Launch-Titel zu haben.“
Immerhin die Optik der vorgestellten Spiele scheint viele Fans positiv zu stimmen. User KeomaNullZwei schreibt unter dem Hashtag #NintendoSwitchPresentation: „Das Mario-Spiel sah super aus, aber wen überrascht das? Da wird sich Nintendo keine Blöße geben.“ Die hauseigenen Serien waren bei Nintendo schon immer stark. Das wird sich auch bei der neuen Nintendo Switch nicht ändern.
Bleibt die Frage, ob die Technik trotz erster vermuteter Schwächen mit der Konkurrenz mithalten kann und wie sehr die mobilen Features von den Konsolenspielern genutzt werden sobald die erste Freude über den Konsolenkauf abgeflaut ist. Die Nintendo Switch lebt von ihren Multiplayer-Features und von gemeinsamen Spielerlebnissen, die von Spielern und Entwicklern gleichermaßen genutzt werden müssen, damit die Hybridkonsole langfristig Erfolg haben kann. Wenn die Konsole dagegen die meiste zeit in ihrer Docking-Station verbringt, werden Sony und Microsoft leichtes Spiel mit ihren 4K-Modelle haben, die ein gänzlich anderes Erlebnis auf die heimischen Bildschirme zaubert.
Am Ende dürfte auch die Preisgestaltung ausschlaggebend für den Erfolg sein. In den USA geht man derzeit von einem Verkaufspreis von 299 $ aus, der Preis für Deutschland ist noch nicht bekannt, dürfte inklusive Steuern aber bei rund 300 bis 350 Euro liegen – auch weil höhere Preise bei Nutzern aufgrund der technisch starken Konkurrenz kaum bestehen würden.
Mutlosigkeit kann man Nintendo aber kaum vorwerfen, doch das war auch bei der Wii und WiiU bereits so.