Glaubt man Kritikern, ist der PC als Spieleplattform dem Tod schon mehrfach von der Schippe gesprungen. Mit jeder neuen Konsolengeneration kommt der Sensenmann dem guten alten Spiele-Computer einen Schritt näher. Und trotzdem konnte der PC sich auf dem Siegertreppchen durchsetzen: Bis jetzt.
Wie eine Studie der GfK im Auftrag des Verbands der deutschen Games Branche (game) nun offenbart, hat das Smartphone den PC als beliebteste deutsche Spieleplattform abgelöst. Klammheimlich haben sich mobile Endgeräte in den vergangenen Jahren zu nahezu vollwertigen Gaming-Plattformen gewandelt. Shooter, Aufbauspiele, RPGs, Sportspiele, sogars MOBAs, für die lange die Steuerung aus Maus und Tastatur als Königsweg galt, können auf modernen Smartphones gespielt werden. Gezockt wird heutzutage überall. Im Zug, an der Bushaltestelle, im Park. Rudel-Zocken ist eine neue Art des gemeinsamen Spielens – auch dank erfolgreicher Mobile Games wie Pokemon Go, Hearthstone, Mobile Legends oder Fortnite. Namhafte Publisher haben das Smartphone schon längst als lukrative Einnahmequelle ausgemacht und bringen große Marken für mobile Endgeräte heraus.
Smartphones bieten niedrige Einstiegshürden
Wie beliebt Smartphones als Spielgeräte sind, erfährt man nahezu jeden Tag. Wer seine Sitznachbarn aufmerksam beobachtet, sieht schnell, dass des Deutschen liebste Spieleplattform mittlerweile das Handy ist. Gegenüber dem Vorjahr hat die Zahl der Smartphone-Zocker deutlich zugelegt. Um satte fünf Prozent. Laut Studie der GfK spielten im Jahr 2017 rund 18,2 Millionen Menschen am Handy. Im Gegensatz dazu nutzten 17,3 Millionen den PC als Gaming-Plattform. Das sind rund 100.000 Zocker weniger als im Vorjahr. Das Smartphone als Spielgerät boomt – auch weil die Einstiegshürden im direkten Vergleich zum Spiele-PC deutlich niedriger sind. Das bestägt auch Felix Falk, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Games Branche:
„Das Smartphone erreicht dabei besonders durch seine weite Verbreitung und die geringen Einstiegshürden auch viele Menschen, die zuvor wenig oder gar nicht gespielt haben.“
Tatsächlich macht die intuitive Bedienung eines Smartphones es vor allem neuen Spielern leicht, in virtuelle Welten abzutauchen. Unterhaltsame Spielerlebnisse sind dank der funktionierenden Kombination aus direkter Steuerung und umfassenden App-Store-Inhalten nur einen Fingerzeig entfernt. Statt mühsamer Installationsvorgänge, teurer Hardwareaufrüstungen und einer für Einsteiger umständlichen Steuerung aus Maus und Tastatur am PC, können Spieler mithilfe ihres Handys in minutenschnelle ihre Lieblingsspiele zocken. Da können selbst bedienfreundliche Konsolen aufgrund teilweiser großer Patch-Downloads nicht mithalten.
Für Spieler ist leichte Zugänglichkeit heute ein kritischer Faktor, der mitunter darüber entscheiden kann, ob ein Spiel gespielt wird oder nicht.
Der PC stirbt. Mal wieder.
Ganz so tot wie manche Analysten gern behaupten ist der PC auch im Jahr 2018 nicht. Obwohl die Nutzerzahlen scheinbar gesunken sind, verteidigt der Gaming-PC seinen zweiten Platz mit weitem Abstand zu modernen Spiele-Konsolen, die dem „veralteten Spiele-Computer“ mit Erscheinen jeder neuen Konsolengeneration den Rang hätten ablaufen sollen. Immerhin: Knapp 16 Millionen Menschen in Deutschland zocken auf Konsolen wie der Xbox One von Microsoft, der Playstation 4 von Sony oder der Switch von Nintendo. Das ist eine Steigerung von 200.000 Nutzern in einem Jahr. Weit abgeschlagen rangiert das Tablet auf dem vierten Platz; die Zahl der Nutzer hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert.
Zocken ist ein ungebrochener Trend. Rund die Hälfte der Deutschen spielt mindestens gelegentlich. Das Durchschnittalter liegt in der Mitte der Dreißiger. Und die Verteilung auf weibliche und männlicher Gamer ist überraschend ausgeglichen (47:53).
Der gesamte Gaming-Markt verzeichnet einen Zuwachs von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und konnte erstmals die 3-Milliarden-Euro-Grenze durchbrechen. Das liegt nicht zuletzt auch an den sprudelnden Einnahmen von in-App-Käufen. 481 Millionen Euro investierten deutsche Gamer im Jahr 2017 in virtuelle Güter und Zusatzinhalte für ihre Lieblings-Apps. Das entspricht einer Steigerung von 23 Prozent. Der Trend zu Mikrotransaktionen hält damit an: seit 2014 hat sich der Umsatz mit Spiele-Apps mehr als verdoppelt.
Auch das liegt mitunter an den niedrigen Hürden bei einem Einkauf von virtuellen Gütern. Wenige Fingergesten und schon ist das Konto mit einem geringen Betrag belastet. Im Laufe der Spielzeit summieren sich die in-App-Käufe bei einigen Spielern zu enormen Summen. Völlig unumstritten sind die virtuellen Shopping-Touren unter Experten daher nicht. Insbesondere Kinder und Jugendliche lassen sich leicht zu einer Vielzahl von Mikrokäufen verführen. Kostenkontrolle meistens Fehlanzeige. Und die Eltern erfahren von den Einkaufstouren oftmals nichts oder erst spät.
Übrigens: Lediglich magere drei Prozent des Umsatzes entfallen heute auf den Kauf der Apps selbst. Auch weil Publisher und Entwickler mittlerweile wissen, wie lukrativ Free-2-Play-Games sein können. Populäre Titel wie Clash of Clans, Star Wars: Galaxy of Heroes oder Fortnite sorgen mit zukaufbaren Spielwährungen für hohe Einnahmen. Wer mit Apps tatsächlich Geld verdienen möchte, kommt an in-App-Käufen kaum vorbei.
Dass Spiele-Apps und Smartphones so beliebt sind, ist vor allem für unabhängige Entwickler und kleine Studios (Stichwort independent Developer) ein echter Segen. Mit vergleichsweise geringen Budgets können Spieleentwickler ihre kreativen Ideen zu den Verbrauchern bringen. Der game-Geschäftsführer Felix Falk kommentiert das so:
„Die wachsende Vielfalt an Spiele-Plattformen mit Millionenpublikum ist auch für Indie-Entwickler wichtig: Mit kleinen Budgets und großer Kreativität begeistern sie immer mehr Menschen mit ihren mutigen und überraschenden Spiele-Ideen.“
Insgesamt bringt die Entwicklung frischen Wind in den Gaming-Sektor. Mehrere Plattformen existieren gleichberechtigt nebeneinander. Leidenschaftliche Spieler nutzen ohne mehr als nur eine Plattform. Multi-Plattform-Gaming, selbst innerhalb einzelner Titel, liegt im Trend: Fortnite auf dem Handy im Bus. Fortnite auf der Switch beim Schnellrestaurant mit offenem WLAN. Fortnite zu Hause auf der Xbox One. Das ist vielleicht eher selten, aber bestimmt kein Einzelfall. Letztendlich findet dank der verschiedenen Spiele-Plattformen jeder Spieler genau das Gaming-Angebot, das ihm gefällt.
Traue keiner Studie, die du nicht selbst gefälscht hast
Mit Studien und deren Ergebnissen ist das immer so eine Sache. Natürlich verwenden die Institute anerkannte Erhebungsverfahren und setzen auf schlüssige statistische Auswertungen. Dennoch gilt stets jener Grundsatz, der Erst-Semester-Studenten bereits an der Uni eingetrichtert wird: Traue keiner Studie, die du nicht selbst gefälscht hast.
Zu den genauen Verfahren, die die GfK angewandt hat, um die Studie zu erstellen liefert die Pressemitteilung keine Angaben.
Es wird darauf hingewiesen, dass „Erhebungsmethoden zur Erfassung der Daten des deutschen Marktes für digitale Spiele, die weltweit und qualitativ einmalig sind“ verwandt worden sind. Zudem habe „eine für die gesamte deutsche Bevölkerung repräsentative laufende Befragung von 25.000 Konsumenten zu ihren Einkaufs- und Nutzungsgewohnheiten bei digitalen Spielen“ als Grundlage für die Studienauswertung fungiert; ein Handelspanel habe ebenfalls Daten beigetragen.