Crowdfunding-Plattformen und direkte digitale Vertriebswege haben schon einige verrückte Projekte zum Erfolg verholfen. Ein wahrhaft skurriles Videospiel stammt vom kanadischen Entwicklerstudio Finish Line Games. Die kreativen Köpfe aus Toronto kombinieren in dem Abenteuerspiel Maize bewährte Gameplay-Mechaniken mit ziemlich schrägen humoristischen Einlagen im Stile eines Monty Python. Wer sich gern von sprechenden Teddybären beschimpfen und von einem lispelnden Maismonster jagen lässt, ist bei Maize genau richtig. Auf GOG und Steam wurde das Spiel bereits Ende 2016 veröffentlicht. Der Release für die Konsolen PS4 und Xbox One liegt erst wenige Tage zurück.
In unserem nachfolgenden Spieletest zu Maize für die Xbox One erklären wir, weshalb sich ein Ausflug ins Maisfeld lohnen kann.
Fatales Missverständnis
Die Wissenschaft hat schon so manch absurdes Forschungsergebnis zu Tage gebracht. Oft in bester Absicht, manchmal mit weitreichenden Folgen. Folgenreich dürften auch die Experimente zweier Wissenschaftler sein, die auf Weisung der US-Regierung (wer sonst?!) eine empfindungsfähige Maissorte entwickeln sollten – was sich letztendlich jedoch als Irrtum entpuppt.
Und so schließt sich der Kreis der Wissenschaft: zwei Forscher entwickeln etwas in bester Absicht, das niemand will und dennoch weitreichende Folgen hat. Beschrieben wird Maize als First-Person-Adventure, was angesichts der Spielperspektive durchaus berechtigt ist. Ganz so actionreich wie ein Ego-Shooter ist Maize dagegen nicht. Ohnehin scheint das Gameplay, ähnlich wie bei Daedalics Abenteuerspiel Die Säulen der Erde, nicht im Vordergrund zu stehen. Es ist nicht mal eine spannende Hintergrundgeschichte mit der Finish Line Games die Spieler beeindrucken möchte. Vielmehr sind es die Gags und Absurditäten, die aus Maize ein Erlebnis machen, das sich erfrischend anders anfühlt als herkömmlich Abenteuerspiele – und weil die Auswahl ans rätsellastigen Games zumindest auf der Xbox One überschaubar ist, nimmt man jeden Titel gerne mit.
Monty Python trifft X-Files
Der Humor von Maize ist, nett ausgedrückt, ziemlich speziell. Fans alter Monty Python Filme fühlen sich sofort im Gag-Himmel angekommen. Es ist kein subtiler Humor, mit dem die Entwickler arbeiten, sondern eine besondere Art der übertriebenen Showeinlagen, die schon Filme wie Das Leben des Brian oder Die Ritter der Kokosnuß legendär gemacht haben. Werke der britischen Komikergruppe waren oftmals komisch, aber stets albern. Bis die ersten Witze zünden, vergehen beim Spielen von Maize einige Minuten. Ohne Einführung in die Story erwacht man als Spieler in einem dicht gewachsenen Maisfeld, das die Wegfindung begrenzt und den Spieler somit gleichzeitig durch die Spielwelt führt – zumindest bis zum Öffnen einer mysteriösen roten Tür.
Das Spielziel ist von Beginn an eher offen gehalten: Als Gamepadakrobat muss man herausfinden, weshalb man sich überhaupt in der Spielwelt befindet. Hauptschauplatz der ersten Spielstunde ist ein verlassenes Farmhaus samt Scheune und Getreidesilo. Mit einer bewährten Steuerungsmechanik bewegt man sein Alter-Ego durch die Welt, um Gegenstände aufzusammeln und an vorgegebenen Orten zu verwenden, um Rätsel zu lösen. Storyfetzen finden Spieler meist in Form von Notizen oder Forschungsunterlagen. Spätestens als man einen der Wissenschaftler entdeckt, wird deutlich, dass irgendetwas gar nicht so gelaufen ist, wie es eigentlich hätte sollen.
Seichte Adventure-Kost mit tollen Gags
Spielerisch ist Maize eher seicht. Die Rätsel sind fair und beschränken sich überwiegend auf das Auffinden der für den jeweiligen Spielabschnitt benötigten Gegenstände. Für Einsteiger besonders erfreulich: die Umrisse der erforderlichen Fundstücke sind stets erkennbar, sodass man ungefähr erkennen kann, worum es sich handelt. Komplexe Kombinationen aus diversen Inventargegenständen werden bei Maize nicht verlangt. Das verringert zwar die Schwierigkeit des Spiels, trägt aber zu einem raschen Vorankommen bei – und das ist bei Maize doppelt gut. Einerseits weil man die solide Story quasi ohne Unterbrechungen genießen kann. Andererseits weil jeder Fortschritt mit neuen schrägen Gags verbunden ist. Die Witze und Absurditäten kennen bei Maize kaum Grenzen. Bei der Präsentation merkt man dem Titel seine Herkunft dennoch an. Die englische Vertonung ist durchaus gelungen, entspricht aber nicht der Qualität eines echten Blockbuster-Games. Finish Line Games ist ein Indie-Developer, leistet dafür aber hervorragende Arbeit, was die Atmosphäre der Spielwelt angeht. Die Grafik eines Triple-A-Titels sollte man für rund 20 Euro nicht erwarten. Insgesamt ist das was Maize zu bieten hat jedoch in sich stimmig.
Das erste Treffen mit den sprechenden (singenden?!) Maispflanzen ist überraschend. Beim zweiten Mal kommt der Witz in ähnlichen Spielsituationen nicht mehr voll zur Geltung. Treffer sind dagegen die bizarren Momente, in denen man das lispelnde Maismonster erstmal trifft oder auf den Roboter-Teddybären Vlad trifft, der Rätsel mit seinem mechanischen Arm zu lösen weiß. Wüste Beschimpfungen des Bären mit dem russischen Akzent muss man als Spieler ebenso hinnehmen wie ausufernde Dialoge der empfindsamen Maispflanzen. Das ist oft absurd, meist albern und regelmäßig auch lustig.
Abseits der nachvollziehbaren Rätsel gibt es leider nur wenige Interaktionsmöglichkeiten mit der Spielwelt. Immer wieder hängen Notizzettel an neuralgischen Punkten, um zumindest etwas mehr „Leben“ in die eher sterile Welt zu bringen. Die witzigen Anekdoten aus klassischen Point-and-Click-Adventures, die man durch das Erkunden von Gegenständen erlebt, fehlen bei Maize.
Bildergalerie zu Maize für Xbox One
Infobox
Spielerzahl: 1 Spieler
Alter: 12+
Spieldauer: 4 bis 5 Stunden
Schwierigkeit: leicht
Langzeitmotivation: niedrig
Publisher: Finish Line Games
Entwickler: Finish Line Games
Erscheinungsjahr: 2016 (PC), 2017 (Konsolen)
Plattformen: PC
Sprache: Englisch mit deutschen Untertiteln
Kosten: 20 Euro
Fazit
Maize ist ein beachtliches Werk für ein kleines unabhängiges Entwicklerstudio. Das liegt weniger an den spielerischen Elementen, sondern an der Tatsache, dass dieses Videospiel eine echte Nische bedient. Ob man mit Maize warm wird hängt davon ab, wie sehr man schrägen Humor und absurde Spielsituationen mag. Kann man mit Filmen à la Der Sinn des Lebens von Monty Python nicht viel anfangen, so wird man als Spieler von den Gags der Maispflanzen eher genervt sein. Die Witze des Roboter-Teddybären zünden dagegen fast immer.
Rein spielerisch ist Maize eher seicht. Man läuft stets von Schauplatz zu Schauplatz, sammelt dort die umrandeten Objekte ein, um diese anschließend an den vorgegebenen Orten zu platzieren. Hat man einen Abschnitt bewältigt, wird umgehend der nächste Bereich freigeschaltet. Verlaufen wird man sich als Spieler in der übersichtlichen Spielwelt nicht. Auch auf lange Laufwege wird man sich eher selten begeben müssen. Maize ist ein Abenteuerspiel für einen unterhaltsamen Abend vor dem TV. Die relativ kurze Spielzeit von 4 bis 5 Stunden und der nicht vorhandene Wiederspielwert lassen einfach nichts anderes zu.
Für knapp 20 Euro bekommt man eine Menge Lacher, viele verrückte Ideen und das gute Gefühl, die tolle Idee eines Indie-Studios unterstützt zu haben.