Im Test entpuppt sich WWE 2K22 als eine Art Versöhnung mit den Fans: Nach dem katastrophalen Vorgänger WWE 2K20 ist der aktuelle Teil nicht nur ein Nachfolger, sondern ein Neustart. Die Entwickler bei Visual Concepts legen gemeinsam mit Publisher 2K jedenfalls eine grundsolide Basis für künftige Verbesserungen. Spaß haben wird man auch mit WWE 2K22, aber die Hoffnung auf eine Weiterentwicklung schwingt stets mit.
Man muss nicht lange drum herumreden: das im Oktober 2019 erschienene WWE 2K20 war technisch wie spielerisch ein Reinfall. Also setzte man mit einem direkten Nachfolger aus, um der zuvor guten Wrestlingsportserie einen neuen Anstrich zu verpassen. Das Motto: „It hits different“ – verstanden auch als „It is different“. Viel versprochen haben die Entwickler Visual Concepts und Publisher 2K im Vorfeld, sie haben ordentlich im Marketingtopf gerührt – und den Neustart letztendlich gut über die Bühne bringen können. Statt Spott wie beim Vorgänger ernten die Macher nun zurecht vielfach Lob. WWE 2K22 ist gut, unterhaltsam, hat aber auch Schwächen.
WWE 2K22 im Test: Es ist anders
Mit WWE 2K22 hat man ein neues Wrestlingspiel auf den Markt gebracht, das technisch und spielerisch deutlich besser ist als der bisherige Tiefpunkt der Reihe. Die zusätzliche Entwicklungszeit und das umgekrempelte Grundgerüst man dem Spiel tatsächlich an: WWE 2K22 sieht teils hervorragend aus. Insbesondere die legendärsten unter den legendären Wrestlern machen optisch eine eindrucksvolle Figur – von den Gesichtszügen bis hin zum Wrestler-Body sehen einige Athleten nahezu fotorealistisch aus. So etwa The Rock, Shawn Michaels, John Cena, Big E oder Kofi Kingston – wer Rang und Namen hat in der WWE-Welt, dem sieht man da auch an.
Auch bezüglich der Stabilität haben die Entwickler ordentlich nachgebessert. Die Animationen sind weitestgehend flüssig und lösen unmittelbar im Anschluss an die Befehle aus, schwebende Athleten oder schwerwiegende Grafikfehler sind Vergangenheit. Bugs und Glitches gibt es dennoch: teils stimmt die Positionierung bei den Wrestlingmoves nicht so ganz, hier und da schieben die Kämpfer sich auch mal einen Meter durch den Ring als seien sie zuvor vor eine unsichtbare Wand geprallt, und bei der Animation der Haare einige Wrestlinggrößen kommt man manchmal nicht um einen Lacher herum. Die Server liefen dafür problemlos und auch Abstürze haben wir nicht verzeichnet, es soll sie aber geben, wenn auch nicht in schneller Frequenz. Insgesamt ist das aber nicht, dass Visual Concepts nicht durch einige Patches ausbessern könnte.
Auch das Gameplay hat man deutlich entschlackt. Es ist einsteigerfreundlich und endlich auch wieder ein bisschen mehr auf Action getrimmt. Wrestling lebt von seinen atemberaubenden Moves, schnellen Attacken, wildem Kampf – das alles findet sich nun auch bei WWE 2K22 wieder. Die Entwickler setzen dafür auf einen Kompromiss aus Simulation und Arcade.
WWE 2K22 ist actionlastiger, will weitaus weniger ernsthafte Sportsimulation sein. Dem Spielablauf tut das gut. Das Tempo hat man angehoben, Ausdaueraspekte entfernt und gleichzeitig auch bei den Minispielen aufgedünnt. Sumpfes Buttonsmashing gibt es jetzt nur noch in wenigen Situationen: um einem Pinfall zu entkommen zum Beispiel, oder um einen Aufgabegriff durchzuhalten. Stets merkt man aber, wie effizient die Moves zum aktuellen Kampfzeitpunkt sind, sodass allzu ausuferndes Gedrücke nicht mehr zu finden ist.
Besonders auffällig: Es braucht kein ödes Tutorial mehr, um den Einstieg ins Wrestling-Business schaffen zu können. Gamepad in die Hand nehmen und los, das ist die Devise. Taktieren kann man trotzdem: Gegnerische Moves gilt es mit dem richtig getimten Knopfdruck zu kontern, wer Angriffe antizipert, kann dem Gegenüber ordentlich zusetzen.
WWE 2K22 ist teils mehr Beat’em-up als Wresting-Sim, aber das ist auch gut so. Herausforderungen gibt es dennoch, denn die rund 150 Athletinnen und Athleten haben einzigartige Moves, die es zu verinnerlichen gilt. Und: Wer tatsächlich echte Wrestling-Action im Ring umsetzen möchte, muss sich mit den Move-Sets vertraut machen. Klar, man kann den Gegner auch mit einem kleinen Repertoire an Attacken auf die Bretter schicken, aber schöner und unterhaltsamer wird es, wenn man coole Kombos loslässt und das atemberaubende Action-Feuerwerk loslässt, für das die WWE bekannt ist. Aufgabegriffe, Highflyer-Action, tumbe Schlägereien auch mit Gegenständen, möglich ist vieles.
Insgesamt bleibt für Veteranen der Serie eine Level der Herausforderung erhalten, aber es ist spürbar niedriger als bei den Vorgängern.
Story-Modus bei WWE 2K22: Wrestling-Comedy
Das Herzstück von WWE 2K22 ist der Karrieremodus, bei dem Spieler sich ihren eigenen Star erstellen und dann um Ruhm und Titeln kämpfen. Im Performance Center beginnt der Spaß als absoluter Nobody, immerhin mit dem persönlichen Anspruch, ein echter WWE-Superstar zu werden. Der Weg ist dabei mindestens so holprig wie die Gesichtsanimationen. Hier gibt es des Öfteren Momente, die einen zum Schmunzeln bringen. Auch die Dialoge sind teilweise derart albern, dass man an den Autoren zweifeln muss. Andere Sequenzen sind hingegen gut gelungen – zum Beispiel, wenn immer wieder WWE-Superstars Teil der Story werden, sich in Kämpfe einmischen oder man eine große Fehde anzettelt.
Von der Story solle man nicht zu viel erwarten: Es geht um den klassischen Weg vom Underdog zum Champion. Nicht mehr und nicht weniger, der Weg dorthin ist allerdings ziemlich unterhaltsam, weil dem Spieler immer wieder Entscheidungen abverlangt werden: Gegen wen tritt man an? Welches Match darf es sein? Möchte man der „Good Guy“ sein oder ein Wrestling-Arsch. Spaß macht das vor allem, weil es diesmal viele Individualisierungsmöglichkeiten gibt, man seinen Charakter bis ins Detail anpassen und immer wieder verändern kann – und weil der Athlet sich auch sportlich – durch die Vergabe von Punkten – schrittweise verbessert.
Wem die Karriere zu seicht startet, der greift alternativ auf ein ziemlich umfassendes Paket als anderen Spielmodi zurück. Einfach ein schnelles Match im Exhibition-Modus, ein Turnier spielen oder sich als General Manager betätigen, es bleiben spielerisch kaum Wünsche offen. Vor allem die Rückkehr von „Mein GM“, dessen Pause seit 2007 währte, ist eine tolle Ergänzung. Im Grunde handelt es sich dabei um eine Art „Sportmanager light“. Es geht darum, die Hand über der Franchise zu halten, Verträge zu verhandeln und sich um Athleten und Veranstaltungen zu kümmern. Das macht Spaß und sorgt für Kurzweil.
Daneben sind weitere Säulen von WWE 2K22 der Modus „Meine Fraktion“ oder „Showcase“. Mit dem Fraktionsmodus geht es ähnlich wie bei FIFA Ultimate Team oder Maddens Kartenpackungsmodus darum, ein stetig stärker werdendes Team aufzubauen und im Ring gegen andere Spieler antreten zu lassen. Mikrotransaktionen gehören dann dazu, man muss sie nicht nutzen, beworben werden sie allerdings auf teils nervige Weise.
Der „Showcase“-Modus hingegen ist altbekannt, aber sehr gelungen. Im Mittelpunkt stehen der Coverstar Rey Mysterio und seine inzwischen zwei Jahrzehnte andauernde Wrestlingkarriere. Für Fans der Franchise ist das ein nettes Bonbon, das einen die Geschichte des Superstars erleben lässt. Besonders spannend ist das, weil immer wieder Gameplay-Szenen und reale Wrestling-Sequenzen vermischt werden.
Infobox
Spielerzahl: Singleplayer/Multiplayer
Alter: ab 16 Jahren (USK)
Schwierigkeit: mittel
Langzeitmotivation: mittel
Genre: Sportspiel
Untergenre: Wrestlingspiel
Entwickler: Visual Concepts
Publisher: 2K
Offizielle Website: Link
Erscheinungsjahr: 2022
Plattformen (Testsystem): PC, Playstation 4, Playstation 5, Xbox One, Xbox Series X|S
Sprache: deutsch
Kosten: ab 59.99 Euro
Fazit
WWE 2K ist eine gelungene Neuauflage einer fast schon historischen Sportspielserie. An vielen Stellen haben die Entwickler von Visual Concepts nachgebessert und das Spielerlebnis damit teils auf ein neues Niveau gehoben. Vor allem der Kompromiss aus Simulationsansätzen und arcadelastigem Gameplay überzeugt. Einsteiger finden schnell einen Zugang zum Spiel, Profis wird genug Spielraum geboten, um einen eigenen Spiel- und Kampfstil zu entwickeln oder den der Superstars möglichst originalgetreu im Ring umzusetzen. Ganz so komplex wie bei den Vorgängern fällt das Gameplay aber nicht mehr aus.
Spaß macht es allemal, was auch daran liegt, dass die Entwickler das Spiel technisch, grafisch und spielerisch aufpoliert haben. Vor allem die Optik sowie der Sound sind in vielen Momenten grandios. Bisweilen wirkt WWE 2K22 aber unfreiwillig komisch, wenn sich die Kämpfer allzu aufdringlich stöhnend im Kampf beharken, Immerhin: die Legenden der WWE-Franchise sehen auf Next-Gen-Konsolen (Xbox Series X als Testsystem) enorm realistisch auf. Wenn dann die Legenden aus den Achtzigern oder Neunziger samt Entrance-Musik ihren Einzug in den Ring feiern, geht langjährigen Fans das Herz auf. Die Präsentation stimmt jedenfalls, sodass man das Spiel gern in regelmäßigen Abständen startet: Zu tun gibt es mit all den Spielmodi und dem zusätzlichen Editor mehr als genug.
WWE 2K22 ist unterhaltsam und abwechslungsreich, einfach zu erlernen und schwer zu meistern (ok, ein abgeschwächtes „schwer“), technisch wieder stark und ziemlich umfangreich. Trotzdem leisten sich die Entwickler den einen oder anderen Schnitzer, die den insgesamt guten Spielfluss manchmal durchbrechen. WWE 2K22 kann man als gelungenes Gesamtpaket bezeichnen, bei dem längst nicht alles perfekt funktioniert, aber immerhin ein würdiger WWE-Titel ist.
Nach dem Desaster um den Vorgänger können Entwickler und Publisher darauf aufbauen – und weiter an Verbesserungen arbeiten: kurzfristig bei WWE 2K22 sowie langfristig bezogen auf die Spielereihe. Angst vor dem nächsten Teil müssen Fan angesichts des abgelieferten Neustarts aber nicht mehr haben.
Preview | Product | Rating | Price | |
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