Anfang 2023 brachte Alley Cat Games das kunterbunte Eurogame ins Crowdfunding bei Kickstarter. Mehr als 4.000 Backer trugen damals zur erfolgreichen Finanzierung des Spiels bei. Pünktlich zur SPIEL in Essen kommt bei Skellig Games nun die deutsche Version des gehobenen Kennerspiels. Wir haben es vorab getestet.
Wer gedacht hat, dass sich das Adjektiv bunt nach Bitoku nicht noch weiter steigern lassen könnte, wird mit Arborea eines Besseren belehrt. Hier wurde einmal die gesamte Farbpalette aufs Spielbrett gekippt und großzügig verteilt. Gute Übersicht bringt das natürlich nicht unbedingt, aber es kann sich ja trotzdem ein gutes Spiel dahinter verbergen.
Worker wagen Wanderungen
Im Kern ist Arborea ein Worker-Placement-Spiel. Wir schicken unsere Dorfbewohner auf Wanderschaft. Je länger wir ihnen das gestatten, umso mehr und seltenere Ressourcen können sie zurückbringen. Um nichts zu verschwenden, landen alle Ressourcen auf einem gemeinsamen Markt, an dem sich alle bedienen können.
Zu Beginn des eigenen Zuges hat man die Wahl, ob man einen Dorfbewohner auf Wanderschaft schickt oder eine der Wanderleisten einen Schritt vorrückt. Gibt man Spirit-Punkte aus, darf man zwei Aktionen in beliebiger Kombination ausführen. Egal aus welchem Grund sich die Wanderleisten bewegen, können sich alle, die auf dieser Leiste Dorfbewohner stehen haben, entscheiden abzuspringen und auf den Startpunkt eines Pfades zu gehen.
Die Dorfbewohner, die an diesen Startpunkten warten, kann man im zweiten Schritt des eigenen Zuges aktivieren. Sie aktivieren jedes Symbol, das sie auf dem Weg entlang des Pfades passieren. So werden Ressourcen eingesammelt, Monster angelockt oder eingeladen, Geschenke dargebracht, Spirit-Punkte gesammelt oder die eigenen Dorfbewohner gemanagt.
Alle, die keine Dorfältesten sind, kommen nach der Wanderschaft zurück in die persönliche Reserve und müssen vor der nächsten Wanderschaft erst wieder motiviert werden.
Eine weitere Aktion, die die Dorfbewohner aktivieren können, ist das Ziehen neuer Ökosystemkarten. Für diese stehen drei Slots oberhalb des persönlichen Tableaus zur Verfügung. Sie zeigen unterschiedliche Kombinationen von Biomen (Ressourcen), die benötigt werden, um diese Karten zu erfüllen. Dies kann man im dritten Schritt des Zuges tun. Die Karten werden vorerst neben das eigene Tableau gelegt.
Im vierten Schritt werden alle Wanderleisten mit eigenen Dorfbewohner weitergeschoben. Außerdem werden die Biome angepasst. Hat man im eigenen Zug Biome generiert und nicht alle verbraucht, schiebt man die untere Hälfte des Biom-Markers zur oberen Hälfte hoch und erhält die Punkte, die man so passiert.
Nun kann schon die nächste Person ihren Zug beginnen. Man selbst kann nun noch die erfüllten Ökosystemkarten im eigenen Ökosystem platzieren und angelockte Monster dort unterbringen. Diese Monster geben auf vielfältige Weise Punkte am Spielende. Meist wünschen sie sich ein spezielles Biom um sich.
Salat zum (Punkte-)Dessert
Immer, wenn Monster angelockt werden, wandert der Sonnenmarker einen Schritt weiter. Erreicht dieser das Ende der Leiste, wird das Spielende ausgelöst. Ist der aktuelle Zug beendet, haben alle noch zwei Züge.
Zu den Punkten, die man während des Spiels vor allem für produzierte Biome bekommen hat, kommen nun noch eine ganze Reihe weiterer Punkte für fast alles. Man verliert Punkte für Monster, die man zwar angelockt hat, aber nicht mehr im eigenen Ökosystem platzieren konnte. Je nach Position des Spirit-Markers gewinnt oder verliert man Punkte. Was natürlich nicht fehlen darf, sind Siegpunktbedingungen (Jahreszeiten), die am Spielende gewertet werden. Diese sind jede Partie anders. Hierfür errechnet man aus der jeweiligen Bedingung einen Basiswert und multipliziert diesen mit dem für diese Jahreszeit jeweils erreichten Multiplikator.
Zum Schluss wird noch jede Monsterart separat gewertet. Jedes Monster, das an mindestens ein Wasserfeld angrenzt verdoppelt hierbei seine Punktzahl. Wie (fast) immer gewinnt am Ende die Person mit den meisten Punkten.
Infos zu Arborea
Personenzahl: 1 bis 5 Personen Alter: ab 14 Jahren Spielzeit: 90 bis 120 Minuten Schwierigkeit: Kennerspiel Langzeitmotivation: gut Mechaniken: Worker Placement, gemeinsame Ressourcen, Plättchenlegen Spielidee: Dani Garcia Illustrationen: Javier González Cava, Nicolas Gendron Verlag: Alley Cat Games, dt. Ausgabe: Skellig Games Offizielle Website: Arborea Erscheinungsjahr: 2024 Sprache: deutsch Kosten: 50 Euro |
Fazit
Das Erste, was einem bei Arborea ins Auge sticht, ist die völlig überladene Optik. Die Übersicht über das Spielbrett leidet darunter natürlich, nicht nur bei der Erstpartie, gewaltig. Viele Icons sind auch noch so klein gedruckt, dass man je nach Sitzposition wirklich Probleme hat, sie zu erkennen. Auch wenn es wirklich schön anzusehen ist und zur gesamten Ästhetik zusammen mit dem ansonsten ebenfalls sehr hochwertigen Material beiträgt, wäre hier weniger definitiv mehr gewesen.
Das Regelheft ist dagegen recht übersichtlich. Die Grundphasen eines Zuges werden gut dargestellt. Die eigentliche Komplexität kommt von der reinen Fülle an Möglichkeiten, die man im Spiel hat. Leider fehlt eine Spielhilfe, die alle vor sich auslegen könnten.
In der ersten Partie wird sich das Spiel noch recht schwerfällig anfühlen. Es ist kaum einzuschätzen, wo sich die meisten Punkte holen lassen und wie man mit den gemeinsamen Ressourcen umgehen soll. Dies bessert sich in späteren Partien.
Was ein Argument für Arborea sein könnte, ist die Möglichkeit mit bis zu fünf Personen zu spielen. Wirklich ansprechend ist diese Möglichkeit meiner Ansicht nach nicht. Schon vier Personen sind für meinen Geschmack zu viel, da sich durch das Ablaufen der Wege und der etwas eingeschränkten Vorausplanbarkeit der eigenen Züge eine sehr hohe Downtime ergibt. Kann man im eigenen Zug nur Dorfbewohner einsetzen und keine aktivieren dauerte es dann wirklich, bis man wieder eine „richtige“ Aktion machen kann. Ideal ist das Spiel mit drei Personen oder im Solomodus.
Das interessanteste spielmechanische Element sind die gemeinsamen Ressourcen. Man kann schon eine ordentliche Summe an Punkten anhäufen, wenn man nicht alle Ressourcen verbraucht, die man produziert hat. Das Worker Placement bzw. das Managen der eigenen Worker ist herausfordernd, fühlt sich dabei allerdings nicht großartig anders an als in anderen Spielen, in denen man gut Haushalten muss mit den eigenen Workern. So richtig rund kommen die ganzen weiteren Mechanismen mit den Endsiegpunktbedingungen, Ökosystempuzzeln, Monster sammeln und Multiplikatoren aufbauen nicht zusammen, wobei sich Arborea bei den Punktesalaten trotzdem noch im guten Durchschnitt bewegt.
Langfristig bietet das Spiel viele Möglichkeiten, sich an neuen Strategien zu probieren. Wem das Spiel gefällt, dem wird hier auch so schnell nicht langweilig werden.
Mein persönliches Highlight ist der Solomodus. Für ein relativ komplexes Spiel wie Arborea ist er wunderbar einfach zu steuern und bietet eine fein einstellbare Schwierigkeit, die für jedes Kenntnislevel des Spiels geeignet sein dürfte.
Für die Aktionen des Bots zieht man einfach eine Karte vom Solokartenstapel und führt die einzelnen Aktionsschritte aus. Durch die Menge an Workern, die der Bot platziert, fühlt sich das Spiel solo mehr nach einer Partie mit drei Personen und nicht nach einer 2-Personen-Partie an. Einzig etwas Vorhersehbarkeit bei den Aktionskarten des Bots würde es noch besser machen.
Insgesamt ist Arborea ein sehr solides gehobenes Kennerspiel, das sich vielleicht etwas zu sehr auf die Optik fokussiert. Mechanisch wäre an der ein oder anderen Stelle noch ein bisschen Luft nach oben. Trotzdem ist es für mich eine Empfehlung wert für alle, die auf Eurogames mit sehr vielseitigem Punktesalat stehen.
Preview | Product | Rating | Price | |
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Alley Cat Games Arborea (ENGL.), Standard * | 74,95 EUR |
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