Die Saga rund um den Hexer Geralt von Riva ist schon über dreißig Jahre alt und wurde in diversen Formen erzählt. Im Ursprung als eine Reihe von Büchern des polnischen Autoren Andrzej Sapkowski begeistert die Saga seit 2007 auch als Videospiel vielzählige Menschen mit seinem düsteren Fantasysetting. Basierend auf den Videospielen erschien bei Asmodee in Zusammenarbeit mit CD Projekt Red und Go on Board nun mit The Witcher – Die alte Welt ein Brettspiel, welches die Geschehnisse Jahrhunderte vor der Geralt-Saga erzählt. Wie dieses bei uns ankommt, erfahrt ihr in der folgenden Rezension.
In der alten Welt wurden nach dem Zerfall des Hexerordens fünf Schulen gegründet: Die des Wolfes, des Greifen, des Bärs, der Katze und der Viper. Jede einzelne unterzog ihre Schüler einer anderen Ausbildung und lebte nach ihren eigenen Gesetzen. Als frisch gebackene Hexer beginnen wir unsere Reise durch die Welt, stellen uns schweren Entscheidungen und endlosen Gefahren. Unsere übermenschlichen Sinne und Ausbildung hat uns letztendlich zu einem Monsterjäger gemacht, welches uns unser tägliches Brot beschert. Doch es geht uns nicht nur um Geld, sondern auch um Ruhm und Ehre für die Hexerschule, dessen Medaillon wir tragen.
Eine Reise durch die Welt von The Witcher
In The Witcher – Die Alte Welt schlüpfen wir in die Rolle eines Hexers, der in einer der fünf Schulen ausgebildet worden ist. Wir reisen durch die Welt, perfektionieren unsere Techniken und bestreiten Kämpfe gegen Monster und unsere Rivalen. Unser Ziel ist es dabei möglichst viele Trophäen zu sammeln. Diese erhalten wir im Kampf oder wenn wir eines unserer vier Attribute auf das Maximallevel bringen und meditieren. Der Hexer, der als erstes 4 Trophäen gesammelt hat, gewinnt das Spiel und bringt seiner Hexerschule die größte Ehre.
Der Kern von The Witcher – Die Alte Welt liegt dabei im Deck Building. Wir starten mit einem individuellen Deck aus 10 Start-Hexerkarten. Hexerkarten nutzen wir dafür, um uns in der ersten Phase des Spiels über die Karte zu bewegen oder sie in der zweiten Phase für Kämpfe gegen Monster und gegnerische Hexer zu verwenden.
In der ersten Phase bewegen wir uns über den gesamten Kontinent und lösen je nach Ort, den wir besuchen, die jeweiligen Orts- oder Quest-Aktionen aus. Zur Bewegung besitzt jede Hexerkarte ein Geländesymbol am unteren linken Rand. Legen wir beispielsweise eine Karte mit einem Waldsymbol ab, so können wir uns an einen benachbarten Ort mit einem Waldsymbol bewegen. Besitzen wir keine passende Karte so können wir auch zwei beliebige Karten oder eine Karte und ein Gold ablegen, um den gewünschten Ort zu erreichen.
Am Ort angekommen können wir die dazugehörige Ortsaktion nutzen. Je nach Ortsaktion können wir unsere Attribute verbessern, Tränke für den Kampf erwerben, Gerüchte über Monster aufschnappen und dafür Gold erlangen, unser Gold beim Würfelpoker verwetten, Hexerkarten aus der Auslage nehmen oder die Auslage beeinflussen. Mit all diesen Aktionen versuchen wir unseren Hexer für bevorstehende Begegnungen vorzubereiten und unseren Mitstreitenden in der Jagd nach Trophäen zuvorzukommen.
Ist an dem Ort, an dem wir uns befinden zudem ein gegnerischer Hexer, so können wir diesen zu einer Partie Würfelpoker herausfordern. Einsatz ist je ein Gold pro teilnehmenden Hexer + ein Gold aus dem Vorrat. Anschließend wird in klassischer Kniffel-Manier um den Sieg gewürfelt. Wer das bessere Ergebnis hat, gewinnt die Partie.
Ein Hexer für das Volk
Besitzen wir eine Quest und erreichen den von ihr vorgegebenen Ort auf der Karte, so können wir auch diese in der ersten Phase des Spiels aktivieren. Diese geben uns oft Boni, die uns in unserem Vorhaben weiterbringen. Quests erlangen wir während der zweiten Phase des Spiels. In dieser Phase können wir uns dazu entscheiden, ob wir kämpfen, meditieren oder die Stadt bzw. die umliegenden Lande erkunden. Entscheiden wir uns fürs Erkunden, so werden wir vor zahlreiche teils bizarre Situationen gesetzt, in denen wir uns für eine von zwei Optionen entscheiden müssen. Je nachdem wie wir uns entscheiden, erhalten wir verschiedene Outcomes. Diese können positiv oder negativ sein, sowie uns auf verschiedenste Quests schicken.
Meditieren können wir erst, wenn wir eines unserer vier Attribute aufs Maximallevel gesteigert haben. Anschließend erhalten wir eine Attribut-Trophäenkarte, die uns eine permanente Fähigkeit bietet und dürfen unseren Siegmarker um ein Feld nach oben verschieben. Für jedes Attribut dürfen wir, wenn wir das Maximallevel erreicht haben und eine Attribut-Trophäenkarte verfügbar ist, einmal meditieren und so den Siegmarker verschieben. Allerdings können wir so nicht das Spiel gewinnen, denn die vierte Trophäe muss in einem Kampf erlangt werden.
Epische Kämpfe
Befinden wir uns nach der ersten Phase auf einem Ortsfeld mit einem Monster oder einem gegnerischen Hexer (mit dem wir kein Würfelpoker gespielt haben), so können wir uns in der zweiten Phase dazu entscheiden zu kämpfen. In den Kämpfen kommen unsere Attribute zu tragen, denn diese beeinflussen, wie viel Schild wir besitzen, wie viele Tränke wir nutzen dürfen und wie viele Karten wir in jedem Zug nachziehen dürfen. Zudem besitzt jeder Hexer ein individuelles Attribut, welches dem Wissen der jeweiligen Hexerschule entspricht. So ist die Bärenschule besonders auf die Verteidigung bedacht, während die Wolfsschule besser darin ist Schaden auszuteilen.
Fangen wir einen Kampf an, so müssen wir die erste Runde mit den aus der ersten Phase verbliebenen Handkarten überstehen. So müssen wir schon in Phase Eins ganz genau überlegen, ob wir diese Runde einen Kampf angehen wollen und dementsprechend lieber Karten aufsparen, anstatt durch die Welt zu reisen. Der Rest unserer Karten (Ablage- und Deckstapel) werden vor dem Kampf zusammengemischt und werden zu unserem Lebenspunkte-Deck. Dieses nutzen wir, um Karten für den Kampf nachzuziehen und wird durch erhaltenen Schaden geschmälert.
Im Kampf gegen ein Monster wird ein Lebenspunkte-Deck für dieses mit Hilfe der Monster-Angriffskarten erstellt. Dieses besteht aus der Anzahl an Lebenspunkten, die auf der jeweiligen Karte des Monsters angegeben sind. Monster beginnen immer als erstes mit einem Angriff und befinden sich somit im Vorteil, da diese als erstes unser Deck schmälern dürfen. Eine Ausnahme stellen Spuren dar.
Haben wir in der ersten Phase ein Gerücht über ein Monster aufgeschnappt, so erlangen wir ein Geländeplättchen, das uns zu der Spur des Monsters führt. Haben wir den auf dem Geländeplättchen verlangten Ort besucht, so nehmen wir die Spur des jeweiligen Monsters auf, welches nun uns den Kampfvorteil gegen das Monster verschafft, da wir von nun an den ersten Kampfzug machen dürfen und so dem Monster wichtige Karten abknüpfen können.
Ist das Monster am Zug, so sagt einer unserer Gegenspielenden eine der zwei Angriffsformen Sturm- oder Beißangriff an und deckt die oberste Karte des Monster-Lebenspunkte-Decks auf. Anschließend wird der Effekt der angesagten Angriffsform durchgeführt.
Kombinationen für mächtige Angriffsketten
Sind wir im Kampf am Zug, so versuchen wir mit den uns verfügbaren Handkarten eine Reihe an Kombinationen auszuspielen und so mehrere Effekte miteinander zu verketten. Kleine Farbbalken an der Seite der Karte geben an, welche Art von Karte mit der vorherigen verkettet werden kann. Schafft man es eine Karte zu verketten, so werden beide Karten sowie die Effekte innerhalb des kleinen Farbbalkens aktiviert. So kann man eine Vielzahl an Symbolen sammeln, um seinem Gegner zu schaden und sein Lebenspunkte-Deck zu schmälern.
Gewinnen wir den Kampf gegen ein Monster, so erhalten wir die Monsterkarte als Trophäe, rücken unseren Siegmarker auf und erhalten Gold als Belohnung. Die erhaltene Monsterkarte gibt uns von nun an eine besondere Fähigkeit, die wir im Rest der Partie nutzen können. Anschließend erscheint ein neues Monster der nächsten Stufe (insgesamt 3 Stufen mit steigender Schwierigkeit) auf dem Spielbrett. Werden wir jedoch besiegt, so bleibt das Monster auf dem Feld und wir erhalten eine Spur des Monsters sowie eine Hexerkarte mit den Kosten 0 aus der Auslage. Damit können wir mit etwas mehr Erfahrung in den nächsten Kampf gegen das Monster gehen.
Bei einem Kampf gegen einen anderen Hexer verläuft der Kampf wie gewohnt ab, nur gibt es einen Kombo-Schlagabtausch zwischen den jeweiligen Hexern. Alle nicht am Kampf beteiligten Hexer können Wetten auf den Siegenden abschließen und erhalten beim richtigen Tipp zusätzliches Gold am Ende des Kampfes. Der erfolgreiche Hexer erhält nach dem Kampf eine Medaillon-Trophäenkarte, die dem besonderen Attribut der jeweiligen Hexerschule in abgeschwächter Form entspricht. Zudem steigt der Siegende auch hier mit seinem Siegmarker auf.
Geschicktes Deckbuilding für den Sieg
In der dritten und letzten Phase des Spiels ziehen wir auf drei Handkarten auf und dürfen mit diesen eine Karte aus der Auslage erwerben. Die Kosten bewegen sich zwischen 0 – 2 Karten, welche wir auf unseren Ablagestapel legen müssen, um die jeweilige Karte zu erwerben und in auf unsere Hand zu nehmen. Je teurer die Karte ist, desto besser ist diese in der Regel. Beim Erwerb der Karte ist es wichtig darauf zu achten, wie gut die Karte mit anderen Karten aus unserem Deck zu kombinieren ist und was wir im nächsten Zug tun möchten. Denn bezahlen wir beispielsweise 2 Karten, sind unsere Möglichkeiten im nächsten Zug stark begrenzt.
Infos zu The Witcher – Die Alte Welt
Spielerzahl: 1 – 5 Alter: ab 14 Jahren Spielzeit: 90 – 140 Minuten Schwierigkeit: Kennerspiel Langzeitmotivation: mittel Klassifikation: Deck Builder, Point-to-Point Movement Autor: Łukasz Woźniak Illustrationen: Bogna Gawrońska, Damien Mammoliti Verlag: Asmodee, Go on Board, CD Projekt Red Offizielle Website: Link Erscheinungsjahr: 2023 Sprache: Deutsch Kosten: etwa 75 Euro |
Fazit
The Witcher – Die Alte Welt ist ein spannendes Rennen um den Kampf um Trophäen. Ständig sitzen uns die gegnerischen Hexer im Nacken und wir versuchen ihnen in jeglicher Form zuvorzukommen. Sei es im Kampf um ein spezifisches Monster oder beim Sammeln der Attribut-Trophäen. Denn diese sind jeweils um eine Trophäe begrenzt. Wird ein Monster besiegt, erscheint ein neues, deutlich stärkeres Monster. Wurde eine Attributs-Trophäe erlangt, so ist diese – zumindest bei Partien zu zweit oder zu dritt – für den Rest der Partie nicht mehr zu erlangen.
Zwei bis Drei Spielende ist ebenfalls die Anzahl an Personen, wo das Spiel meiner Meinung nach am meisten scheint. Das Spiel ist knackig und dauert lang genug, um nicht langweilig zu werden. Das Spiel zu viert haben wir zwar nicht testen können, allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass dieses einfach viel zu lang werden könnte. Schon zu dritt ist eine Partie abendfüllend. Zudem ist das Spielbrett auch nicht für Partien mit vier oder fünf Spielenden ausgelegt. Hier müssen je nach Anzahl an Spielenden zusätzliche Monsterstapel neben dem Spielbrett gebildet werden. Etwas eigenartig, das angegeben wird, dass das Spiel für bis zu 5 Personen geeignet ist, diese Option aber nicht auf dem Brett angeboten wird.
Der Solo-Modus ist in meinen Augen leider nichts Besonderes. Hier geht es darum, möglichst schnell drei Monster der drei Schwierigkeitsstufen zu erledigen. Eine Wertungstabelle zeigt abschließend an, wie gut wir uns geschlagen haben. Dies ist ganz nett, um das Spiel zu kennenzulernen, bringt sonst aber keinen besonderen Mehrwert.
Auch schade ist es, dass bestimmte, in meinen Augen jedoch wichtige Ergänzungen aus dem Kickstarter es nicht in den Verkauf geschafft haben. Mit den Skellige-, Legendäre Monster- und der Zauberinnen und Zauberer-Erweiterungen sind immerhin drei Erweiterungen erhältlich. Die wirklich wichtigen Ergänzungen wie Bomben, Mutationsboni bei einem Stufenaufstieg oder Monster mit besonderen Fähigkeiten gibt es jedoch nicht. Diese geben dem Spiel nämlich deutlich mehr Tiefe und machen Kämpfe umso spannender.
Dennoch, im Großen und Ganzen ist The Witcher – Die Alte Welt auch in seiner Grundfassung ein grundsolides Spiel. Es macht Spaß durch die Welt zu streifen, seinen Hexer sowie sein Hexer-Deck nach und nach zu verbessern und sich im Kampf gegen die Monster und gegnerischen Hexer zu stellen. Auch die mit den Erkundungen verbundenen Geschichten sind schön geschrieben und bieten einen schönen Raum an Entscheidungen. Allerdings sehe ich auch hier ein großes Problem. Irgendwann kennt man halt alle Erkundungskarten und es kommt zu Dopplungen. Schon in unserer dritten Testpartie stellte ich mich Situationen, die ich schon aus den vorherigen Partien kannte.
Wer auf düstere Settings und Deckbuilding steht und beim Kampf gegen Monster oder seinen Gegenspielenden nicht zurückschreckt, wird mit The Witcher – Die Alte Welt aber auf jedenfall viel Spaß haben. Und Fans des Videospiels oder allgemein der Geschichte rund um Geralt von Riva sollten sich bewusst sein, dass das Spiel Jahrhunderte vor der Saga spielt. Hofft man demnach darauf, auf Figuren aus dieser zu treffen, wird man enttäuscht. Um in die Welt der Geralt-Saga einzutauchen, sollte man daher lieber einen Blick in das neuste Projekt von CD Projekt Red und Go on Board The Witcher – Path of Destiny auf Gamefound werfen.
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