Kleine, kurze Spiele die man schnell auspacken und erklären kann gibt es wie Sand am Meer. Diese „Absacker“ sind meistens genauso schnell auch wieder weggeräumt wie man sie auch wieder vergessen hat. Umso schöner wenn es kleine Mikrospiele für mehrere Personen gibt die auch einiges an Hirnschmalz erfordern. Einer dieser „Thinky Filler“ ist Turin Market von Jordan Draper.
Turin ist eine gar besondere Stadt mit einer wechselhaften Geschichte. Die Großstadt im nordwestlichen Teil Italiens, von zwei Seiten aus durch die Alpen eingerahmt, war Militärlager der Römer, einst auch Hauptstadt Italiens und sowohl Nutznießer der industriellen Revolution als auch Opfer wirtschaftlicher Krisen. Trotz aller Berg- und Talfahrten etablierte sich bereits seit dem Mittelalter mit dem Mercato di Porta Palazzo einer der weltweit größten Marktplätze im Herzen der Stadt. Täglich bis zu 100.000 Besucher machen den Turiner Markt zur größten europäischen Marktveranstaltung unter freiem Himmel. Und diesen Ort des florierenden Handels auch zum Namensgeber eines kleinen Auktionsspiels von Jordan Draper, dem Autoren u.a. auch von Import/Export.
Jordan Draper, Spieleautor und Künstler ist einer dieser erwähnten tausenden Besuchern welche der Besuch des Marktes nachhaltig beeindruckt hat. Mittlerweile in Japan wohnhaft hat der US-Amerikaner längere Zeit auch in Italien verbracht. Basierend auf den Eindrücken die er in der Zeit gesammelt hat kam ihm die Idee zu seinem Auktionsspiel Turin Market. Angesiedelt im 18. Jahrhundert macht uns das Kickstarter Projekt aus dem Jahr 2016 zu Markthändlern, feilschend um den größten Reichtum und die Monopolstellungen in verschiedenen Bereichen.
Bei Turin Market handelt es sich um ein Versteigerungsspiel für 2 – 5 Spieler. In einer festgelegten Anzahl an Spielrunden stellen die Spieler eigene Handkarten zur Versteigerung aus. Dabei sind die Geldgebote verdeckt abzugeben und bestimmen am Ende einer jeden Runde die Auswahlreihenfolge – wer am meisten bietet sucht sich als erstes seine Karten aus, wer zu geizig ist geht leer aus. Die ersteigerten Karten stellen Anteile in verschiedenen Gemüsesorten dar, je drei verschiedene pro Karte in drei verschiedenen Wertigkeiten.
Ziel des Spiels ist es, sich innerhalb einzelner Kategorien zu spezialisieren und der Spieler mit den meisten Anteilen zu werden. Dabei sind alle Informationen bekannt: Jederzeit ist jedem Spieler bewusst welche Waren wie oft auf den Karten vorhanden sind, welche Waren wieviel Geld erwirtschaften und in welcher Reihenfolge diese am Ende des Spiels ausgeschüttet werden. Naja, fast alles. Das Geldvermögen der Spieler bleibt die Partie über verdeckt.
Angelegt als kleines Mikro-Game mit nicht viel mehr als eine handvoll Karten und Holz-Chits geht Turin Market somit locker auch als psychologische Studie durch. Ständig steht die Frage im Raum worauf sich die Gegenspieler spezialisieren, ist unklar wieviel Geld sie noch zur Verfügung haben, wieviel werden diese wohl bereit sein auszugeben und wo reicht es mir selbst vielleicht auch nur, wenig genug zu bieten um auch als zweiter oder dritter meine ersteigerten Karten auszusuchen? Und wann lohnt es sich einem Mitspieler auch für vermeintlich viel Geld eine seiner Karten abzukaufen?
Eine psychologische Herausforderung welche allerdings auch nicht jedem gefällt. Wenn man als Spieler Lust drauf hat aus dem Bauch heraus zu spielen wird man keinerlei Freude empfinden. Es empfiehlt sich hier mehr als anderswo, alle Erdenklichkeiten und eigene Optionen durchzurechnen und zu versuchen sich in die Köpfe der Gegner einzulesen. In sämtlichen Partien ergab sich dieses Bild.
Deswegen ist es natürlich auch auf keinen Fall uneingeschränkt zu empfehlen, Ein Must-Have oder ein Pflichteinkauf bei nächster Gelegenheit? Nein, das ist es definitiv nicht. Wenn man allerdings bereit ist sich auf den Psychokampf einzulassen und einen kleinen Brainburner für zwischendurch sucht, wird man hier sicherlich seine Freude dran haben. Auch wenn es derzeit leider als ausverkauft gilt, lohnt sich ein Besuch von Jordan´s sehenswerter Internetseite.