Für Fantasy Flight Games beginnt das neue Spielejahr mit einem Knall, der deutlich lauter werden dürfte als die Explosion des Todessterns: Star Wars Unlimited wird weltweit offiziell am 8. März 2024 in den Handel starten. Die Macher hinter dem neuen Sammelkartenspiel planen jedoch bereits die Inhalte und Strategien für viele weitere Jahre.
Auf der Essener Spielemesse können Fans in Deutschland erstmals selbst Hand an Star Wars Unlimited legen, das neue Trading Card Game von Fantasy Flight Games, das hierzulande lokalisiert über Asmodee und Blackfire auf den Markt kommen wird. Am 8. März startet das Sammelkartenspiel offiziell in den Handel, eine Woche zuvor wird es in lokalen Fachgeschäften eine Pre-Release-Aktionen samt passender Kartenbox geben. Los geht es demnach mit Star Wars Unlimited im neuen Jahr bereits am 1. März.
Star Wars Unlimited: Alles ist möglich
Auf einem abendlichen Vorstellungsevent ließ man bei Fantasy Flight keine Zweifel daran aufkommen, dass Star Wars Unlimited tatsächlich das nächste große Ding im Sammelkarten-Genre sein könnte. Die akribische Planung des Teams hinter dem neuen Star Wars-TCG lässt vermuten, dass man für den Zeitraum der Veröffentlichung und auch danach nicht den Zufall über den Erfolg des Spiels entscheiden lassen will. Ambitioniert gehen die Macher an die Sache heran, sie greifen im wahrsten Wortsinn nach den Sternen.
Weil Informationen zu Star Wars Unlimited in Wellen ans Licht kommen, ist einiges längst bekannt: zu kaufen geben wird es eine Prerelease-Box für rund 30 Euro, ein Zwei-Spieler-Starter-Set für rund 35 Euro und einzelne Booster mit jeweils 16 Karten für rund fünf Euro.
Was enthalten sein wird? Auch das ist bekannt. In der Pre-Release-Box stecken sechs Booster, zwei Promokarten und Regelwerk samt Tokens sowie eine Deckbox. Das Starter-Set für zwei-Spieler bietet zwei vorgefertigte Decks mit jeweils 50 Karten und das weitere Spielmaterial sowie zwei Deckboxen. Zudem gibt es darin laut Fantasy Flight Games „exklusive Karten, die nicht in Booster-Packs enthalten sind“. Die Booster-Pakete umfassen jeweils 16 Karten in einer bestimmten Zusammensetzung: neben den gewöhnlichen und ungewöhnlichen Karten sind mindestens eine seltene oder legendäre Karte, ein Anführer, eine Basis und eine Foil-Karte enthalten. Es besteht zudem die Chance, dass Karten in besonderen Hyperraum-Artwork in dem Päckchen zu finden ist. Wer ganz viel Glück hat, zieht eine Showcase aus der Folie. Es handelt sich dabei um seltene und auch optisch auffällige Versionen der Anführerkarten.
Spannend und durchaus eine neue Information zur Seltenheit der Karten bei Star Wars Unlimited: Die ungewöhnlichen Karten haben eine Chance, eine höhere Wertigkeit zu haben. Dadurch gibt es in der Theorie die Chance, dass in einem Booster insgesamt drei legendäre Karten enthalten sein könnte. Das kleine Detail ist vor allem für Sammler ein Bonus, immerhin erhöht sich dadurch die Wahrscheinlichkeit auf begehrte Karten zumindest leicht – offizielle Zahlen zu der Upgrade-Chance gibt es aber nicht.
Jim Cartwright, Produktchef bei Fantasy Flight Games, brennt für das Spiel. Ein Star Wars-Fan in leitender Rolle für ein Star Wars-TCG ist aus grundsätzlichen Gründen keine schlechte Sache. Star Wars Unlimited ist bei dem Design-Team als „Evergreen“ ausgerufen, man arbeitet dort nicht nur auf die Veröffentlichung hin, sondern auch an den neuen Inhalten. Derzeit liegt bei Fantasy Flight Games bereits eine Roadmap für die nächsten fünf Jahre vor. Ein guter Start in der Spielerschaft vorausgesetzt, soll sich der Titel also als Dauerbrenner und Verkaufsschlager durchsetzen. Laut Cartwright ist das Team konkret mit dem Design für Set 7 beschäftigt, das im dritten Jahr herauskommen soll; zudem laufen erste konzeptionelle Arbeiten bis Set 9. Laut Jim Cartwright arbeitet das bislang größte Team in der Geschichte der FFG-Spiele an Star Wars Unlimited.
Die grundlegende Veröffentlichungsstrategie: Es lieber nicht zu schnell angehen lassen. Fantasy Flight Games stellt klar, man wolle Inhalte lieber später hinzufügen, als zu viel zu früh zu machen – und es dadurch womöglich falsch zu machen. Offenbar hat man aus dem Star Wars-Destiny-Desaster einige richtige Schlussfolgerungen gezogen.
Was letztlich ebenfalls kommen soll: ein Modus, bei dem auch mehr als zwei Spieler aktiv werden dürfen.
Aufbau der Community als erster Schritt
Bei der Öffentlichkeitsarbeit und im Marketing rührt man jedenfalls eifrig die Werbetrommel. Laut Produktchef Jim Cartwright ist die Community das zentrale Element für Star Wars Unlimited. Entsprechend frühzeitig versucht man nun, Fans für das Spiel zu begeistern. Nicht zuletzt geschieht das mit Blick auf das Organized Play-Konzept: „C3-OP“.
Auch für die vor Ort in den Läden organisierten Turnier-Events verfolgt man einen ambitionierten Plan für Star Wars Unlimited. Laut Fantasy Flight Games startet alles mit den Pre-Release-Aktionen eine Woche vor dem Verkaufsstart, anschließend wird es jeweils 16 Wochen lang mit wöchentlichen Spielaktionen weitergehen. Höhepunkt werden dann die sogenannten „Store Showdowns“ in ausgewählten Läden sein. Abgehalten werden diese Events jeweils einen Monat nach der Veröffentlichung eines neuen Sets. Einzige Ausnahme: die Showdowns debütieren im Rahmen der Erstveröffentlichung des Spiels einmalig nach zwei Monaten – man wolle den Fans zunächst eine Möglichkeit geben, sich intensiv mit dem Spiel zu beschäftigen.
Entsprechend der Vor-Ort-Events wird es eigens dafür erstellte Produkte geben: Weekly-play-kits und Showdown-Kits. Die Spielkits reichen dabei für acht Wochen, enthalten demnach 64 3-Karten-Booster mit zufälligem Inhalt, aber zwei gewöhnlichen OP-Karten und einer seltenen OP-Karte, in jedem dritten Weekly-Booster ist eine seltene Foilkarte enthalten. Die Showdown-Sets werden Spieleläden enthalten, um damit Spielturniere fördern zu können. Es handele sich um „den ersten Schritt des kompetitiven Spielens innerhalb der Organized-play-Struktur“, so Fantasy Flight Games. Im Star Wars-Monat Mai wird es nach dem veröffentlichten Post-Release-Konzept den ersten Showdown des Jahres 2024 geben.
Auf globaler Ebene wird letztlich auch gespielt, es gibt lokale Qualifizierungsturniere, verschiedene regionale Events und die „Galaktische Meisterschaft, die Fantasy Flight Games selbst ausrichten wird.
Dieses Konzept wiederholt sich mit jedem neu veröffentlichten Set. Die ersten drei sind bereits bekannt: Das Spiel startet mit Funke der Rebellion, anschließend wird es im Jahr 2024 zwei weitere Veröffentlichungen geben, die zwei namentlich, aber nicht inhaltlich bekannt sind: Shadows of the Galaxy sowie Twilight of the Republic. Auch 2025 kommen drei weitere Sets auf den Markt, hier sind allerdings nicht einmal die Titel bekannt. Die Marketingabteilung hält diese speziellen Informationen unter Verschluss. Laut Jim Cartwright könne man keine Details verraten, aber es sollen mehr Infos kommen.
Was er allerdings verraten hat: „Nothing is off the table“ – also frei übersetzt: Alles ist möglich. Cartwright bezog sich dabei auf die Inhalte, die können also auf jedwedem Star Wars-Segment frei zusammengeklaut werden. Möglich sind hierdurch unter anderem Karten und Charaktere beispielsweise auf Basis der neuen Serien.
Wie gut wird Star Wars Unlimited?
So eine Flut an Informationen ist schön – wäre Kultfußballtrainer Adi Preißler Brettspieler gewesen, er hätte gesagt: „Grau is‘ im Leben alle Theorie – aber entscheidend is‘ auf’m Tisch“. Soll heißen: Ob Star Wars Unlimited der große Knüller wird, den die Macher derzeit versprechen, wird maßgeblich davon abhängen, wie gut das Sammelkartenspiel bei den Fans ankommt.
Zunächst bleibt nach einer ausgiebigen Spielsession festzuhalten: Auch Star Wars Unlimited erfindet das Rad im TCG-Genre nicht neu. Aber das muss es auch nicht, denn Sammelkartenspiele bieten mit den bekannten Grundfunktionen stets das Potenzial für großen Spaß. Bei Star Wars Unlimited kommt nun noch eine populäre Lizenz hinzu und teils hervorragende Illustrationen, das lässt sich an den wenigen öffentlich einsehbaren Karten bereits sagen. Designer Danny Schaefer stellte klar, man habe sich im Genre bedient und viele Elemente zu einem neuen Spiel zusammengefügt. Entsprechend fühlt sich Star Wars Unlimited zwar ähnlich wie Disney Lorcana, Magic the Gathering oder Pokémon an, aber es ist auf der Detailebene durchaus mit eigenen, teils cleveren, Ideen durchsetzt.
Nennenswert ist vor allem der Kniff, stets zwei Karten zum Beginn eines Zuges ziehen zu können. Eine davon darf als Ressource eingesetzt werden, man muss das aber nicht tun, kann stattdessen also auch zwei Karten auf die Hand nehmen. Hierdurch ergeben sich bereits zum Zugbeginn zwei Entscheidungssituationen, die gleichzeitig darüber entscheiden, wie die aktuelle Runde sich taktisch kurzfristig und die Partie sich womöglich ressourcentechnisch mittelfristig entwickeln kann. Auf die Deckstrategien, beispielsweise vor allem im Bereich von günstigen Aggro-Decks, könnte sich das enorm auswirken. Der Zwei-Karten-Kniff ist ein kleines Details mit womöglich großer Wirkung.
Weil Sammelkartenspiele insbesondere beim Deckbau von Wahrscheinlichkeiten dominiert werden, kann man festhalten, dass die jeweilige Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Karte zum rechten Zeitpunkt auf die Hand zu ziehen, deutlich erhöht – nämlich verdoppelt wird. Das in Anklang mit einer guten Ressourcenstrategie erweitert die taktischen Möglichkeiten im Vergleich zu anderen Sammelkartenspielen. Kombiniert wird das mit der mächtigen Anführerkarte,bei der Begingungen erfüllt werden müssen, damit sich aktiv als Einheit ins Spiel kommt.
Ein Beispiel: Luke Skywalker kann als Bodeneinheit und angriffsbereit in die Partie kommen, wenn ein Spieler sechs Ressourcen ausgelegt hat. Der Jedi schlägt war nur moderat zu, verteilt bei seinem Angriff jedoch Schild-Tokens, um andere Einheiten zu schützen. Das kann Spielsituationen drehen, man muss hierzu jedoch seine Ressourcenstrategie planen, gegebenenfalls anpassen und im schlechten Fall auch auf gute Handkarten verzichten – oder Skywalker eben entsprechend später in die Partie bringen.
Ein weiteres Alleinstellungsmerksal sind zudem die getrennten „Lanes“ (Spielbereiche) von Bodentruppen und für den Luftkampf. Das fühlt sich nicht nur taktisch gut an, sondern auch ziemlich thematisch. Es kommt jedenfalls nicht zu jene teils merkwürdigen Massenkämpfen, bei denen man bei anderen Sammelkartenspielen – allen voran Magic – manchmal die Stirn runzelt. Auch dieser Kniff wirkt sich natürlich aus, denn man muss die Kampfbereich beim Deckbau im Blick behalten, also ein Gleichgewicht schaffen. Und: Obwohl die Lanes getrennt sind, gibt es gegenseitige Beeinflussungen.
Ansonsten spielt sich Star Wars Unlimited ziemlich entspannt, weil Spieler pro Zug jeweils nur eine Aktion ausführen dürfen, also eine Karte ausspielen oder angreifen. Ziel ist stets, die gegnerische Basis zu zerstören, indem 30 Schadenspunkte verursacht werden. Schäden lasen sich je nach Deckstrategie allerdings reparieren – auch das ist ein Detail, das beim Bau zu beachten ist. Im Grunde spielen sich also Kämpfe auf mehreren Ebenen ab: Bodeneinheiten gegeneinander, Raumschiffe gegeneinander, taktische Aktionen von Einheiten gemeinsam mit einer Anführerstrategie, Kämpfe aller Einheiten gegen die Basis. Der Part ähnelt dem Commander-Prinzip bei Magic, bei den Ressourcen kommt einem Disney Lorcana in den Sinn und hinter den grundsätzlichen Mechaniken sieht man alle anderen modernen Trading-Card-Games. Der Kniff mit der Basis ist durchaus als Hommage an das gescheiterte Star Wars-Sammelkartenspiel von Decipher Ende der Neunziger zu verstehen. Diese Idee um Basenausbau lässt sich entsprechend weiterspinnen, noch ist jedoch unklar, inwieweit die Designer an dieser Stelle überhaupt Veränderungen vornehmen wollen oder könnten, denn letztlich bleibt es vor allem für Sealed-Formate eine Frage des Balancings.
Beim Ablauf verzettelt man sich trotzdem nicht. Was kompliziert klingen mag, ist letztlich enorm simple. Fantasy Flight Games verweist zurecht auf das bekannte und oft beworbene Prinzip: „Easy to learn, hard to master“.
Rund 45 Minuten dauert eine Partie. Moderat, wenn man die durchaus etwas verlangsamte rundenbasierte Spielstruktur bedenkt. Dass es sich teils zäh anfühlt, liegt aber allein an der fehlenden Spielpraxis. Mit steigender Erfahrung nimmt auch Star Wars Unlimited wahrscheinlich deutlich an Tempo auf. Letzt endet eine Runde, wenn beide Spieler passen – weil sie es wollen, den Initiativmarker an sich genommen haben, oder schlicht keine Aktionen mehr ausführen können. Das kann je nach Spielerstrategie unterschiedlich gewichtet sein. Erst nach dem „gegenseitigen Einverständnis“ geht es weiter mit der nächsten Runde, dem Kartennachziehen.
Auffällig ist, dass Star Wars Unlimited im Kern auf eine völlig andere taktische Planung setzt als vergleichbare Sammelkartenspiele. Das liegt einerseits an dem rundenbasierten, auf eine Aktion pro Zug begrenzten Ablauf, andererseits aber auch an fehlenden Soforteffekten, um das Schlachtfeld zu beeinflussen. Hinzu kommt mitunter eine im Vergleich zu anderen Trading Card Games deutlich längere Wartezeit auf den Einsatz von Charakteren. Und auch die ausbleibende Möglichkeit, Verteidiger individuell zuordnen zu können, verändert das Spielprinzip spürbar. Stattdessen geht es um vorausschauende Planung bei der Besetzung der Schlachtfelder und gleichzeitig bei den wechselnden Angriffsszenarien sowie damit verbundenen Timing-Fähigkeiten. Das man den Angriff auf die eigene Basis nicht einfach verhindern kann, ist jedenfalls kein offensichtliches Manko von Star Wars Unlimited, sondern lediglich ein Anreiz, um die eingefahrenen Deckstrategien bisheriger Sammelkartenspiele überdenken zu müssen. Nicht schnell, sondern stetig kommt bei Star Wars Unlimited die Action auf den Tisch.
Die Einschätzungen basieren dabei derzeit allein auf dem Demo-Deck, für das jeweils 30 Karten bekannt sind. Gibt es also die Möglichkeit grober Schnitzer? Grundsätzlich ja. Ist das wahrscheinlich? Nach Gesprächen mit jenen, die bereits alle Karten des ersten Sets gesehen und auch mit ihnen gespielt haben, eher nicht. Tatsächlich könnte Star Wars Unlimited eine große Sache werden.
Mitunter hängt der Erfolg jedoch auch von den Marktstrategien der Konkurrenz ab. Während Wizards of the Coast zwar viel, aber wenig wirklich neues bei Magic the Gathering herausbringt, deren Veröffentlichungskonzepte also vorhersehbar sind, ist es bei Ravensburger mit Disney Lorcana anders. Der grandiose Start und die Veröffentlichung des Reprints zum Jahresstart und des zweiten Sets bereits in wenigen Wochen könnte viel Geld aus dem Genre abziehen. Letztlich bleibt die Frage, ob beide Kartenspiele mit ihren populären Lizenzen gleichzeitig am Markt existieren können.
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