Tina Turner hätte ihren Spaß an diesem Duell. Golem Arcana setzt auf schnelle Action, strategischen Anspruch und einen kinderleichten Einstieg mithilfe der kostenlosen App-Unterstützung. Golem Arcana aus dem Hause Pegasus Spiele war auf der Spiel’15 einer der für mich interessantesten Titel – auch, weil Brettspiele mit App-Unterstützung entgegen dem erwarteten Trend nur in kleiner Zahl auf den Internationalen Spieltagen in Essen vertreten waren. Umso mehr lohnt sich ein genauerer Blick auf den Brettspiel-Hybriden, der nicht nur mit seinen optisch hübschen Figuren punkten kann. Zwei gehen rein, einer geht raus!
Erwecke den Golem
Erwecke den Golem in dir und zeig deinem Gegner wo es lang geht: So könnte man die Hintergrundgeschichte von Golem Arcana mit knappen Worten übergehen und sich direkt in das erste Gefecht stürzen. Der 2-Fronten-Krieg ist kein neues Erzählelement und auch Titanen hat es schon haufenweise gegeben. Interessant an der Story sind allerdings die „Ancient Ones“ und mächtige Artefakte, die Golem Arcana zu einem Story-Hybriden werden lassen, der verschiedene Elemente gekonnt zu einer eigenen Marke kombiniert. Der wahre Held von Golem Arcana ist jedoch ein unscheinbarer Plastikstift, der die TDIs in den Figurensockeln ausliest. TDI steht für „Tabletop Digital Interface“ und der Plastikstift heißt im Fachjargon ganz stylisch „Stylus“. In Verbindung mit der kostenlosen App, können die Duellanten sich vollends auf ihre Spieltaktik konzentrieren. Die Spielauswertung übernimmt die App und macht dabei einen wirklich guten Job. Zudem dient die Application als „Direct-Action-Anleitung“ und macht langes Regelheftlesen obsolet.
Ausgepackt und aufgestellt, sehen die Golems auf dem Spielbrett wirklich toll aus. Die Figuren sind detailliert, farbenfroh und aufwendig gestaltet. Echte Tabletop-Strategen würden sich Figuren zum selbst anmalen wünschen, doch Golem Arcana setzt bewusst auf einsatzbereite Titanen, um auch Einsteiger des Genres anzusprechen. Golem Arcana schlägt so nicht nur gekonnt die Brücke zwischen klassischen Tabletop und digitalem Spielpaket, sondern macht Beginnern ein gesamtes Brettspielgenre schmackhaft. Wer Blut geleckt hat, wird seinen Weihnachtswunschzettel sicher noch umschreiben.
Tutorial Videos erklären den Spielern die Grundlagen und führen sie schrittweise an Golem Arcana heran. Das gelingt gut, was jedoch nicht zuletzt am vergleichsweise simplen Regelwerk liegt. Der Stylus ist übrigens zentraler Bestandteil des Spielablaufs und kommt nicht nur hin und wieder zum Einsatz. In Verbindung mit der App werden Spielmöglichkeiten aufgezeigt und Auswertungen präsentiert. Alles ansehnlich und grafisch nett – ohne jedoch übertrieben auf reine Effekthascherei zu setzen. Die Wahrnehmung der App-Unterstützung ist dabei Geschmackssache: Einige Spieler sehen die App als großartige Hilfe, andere verstehen die „Computerisierung“ des analog funktionierenden Tabletop-Genres eher als Ablenkung. Und in der Tat gibt es Spielmomente in denen wir mehr mit dem Stift und der App beschäftigt waren, als mit strategischen Gedanken an einen möglichen Spielzug. Der Einfluss der Application ist vielleicht zu groß und erfahrene Brettspieler beschleicht das Gefühl, Golem Arcana würde auch als reines Digitalformat funktionieren – ohne Spielbrett, nur mit Tablet.
Golem Arcana ist insbesondere für Einsteiger ein echtes Juwel. So leicht, so schnell und so praxisnah gestaltet sich der Einstieg ins Tabletop-Segment selten. Und wer nach einigen kurzweiligen Partien Golem Arcana mehr will, der kauft sich zunächst eine der kleinen Erweiterungen für Golem Arcana oder steigt um auf Warhammer, Herr der Ringe oder beispielsweise Star Wars Imperial Assault.