Nach dem kurzweiligen Wortlegespiel Willi Wörterwurm haben wir uns für diese Rezension den zweiten Titel vom Mogel Verlag vorgenommen: Perlentauchen.
Statt einem frechen Wurm, stehen in diesem Kartenspiel ganze Muschelkolonien im Mittelpunkt, die kostbare Perlen hinter ihren Schalenpanzern versteckt halten. Bei wunderschönem Herbstwetter musste das familienfreundliche Kartenspiel einen echten Härtetest während einer Open-Air-Spielsession am Botanischen Garten in Wuppertal bestehen. Wie das Kartenspiel Perlentauchen funktioniert und wie unterhaltsam die Perlensuche ist, erfahrt ihr in unserer nachfolgenden Rezension.
Muscheln knacken, Schätze bergen: Perlentauchen
Bei dem neuen Kartenspiel Perlentauchen vom Mogel Verlag ist der Name Programm. 2 bis 4 Spieler betätigen sich in Spielpartien mit Längen von 10 bis 50 Minuten als Perlentaucher und tun genau das, was Perlentaucher eben so tun: Sie tauchen nach Perlen. Eine fein ausgearbeitete Hintergrundgeschichte benötigt das einsteigerfreundliche Kartenspiel nicht, sodass eine kurze, achtzeilige Einleitung völlig ausreicht, um die Rahmenbedingungen von Perlentauchen zu erläutern. Die Spielvorbereitung ist erfreulich kurz.
Je nach Anzahl der Mitspieler erhält jeder Perlentaucher seine persönliche Auftragskarte, die Aufschluss über die zu sammelnden Perlen gibt. Gleichzeitig wird für jeden Spieler im Uhrzeigersinn die Tauchernummer festgelegt und über die Spiellänge abgestimmt. Gespielt werden können eine bis maximal fünf Runden, wobei in jeder Runde eine andere Perlenkombination auf die Vervollständigung wartet. Welche der nummerierten Runden ihr dabei spielen möchtet, bleibt euch überlassen. So könnt ihr den Schwierigkeitsgrad ein wenig variieren. Anschließend werden die Aktionskarten gemischt und gut erreichbar in der Mitte des Spieltisches platziert. Die insgesamt 25 Muschelkarten verteilt ihr verdeckt in naher Umgebung des Aktionsstapels – sie bilden die Muschelkolonie auf dem Meeresgrund. Neben dem Aktionskartenstapel lasst ihr zudem eine kleine Lücke für abzulegende Karten. Reihum zieht jeder Spieler zwei Aktionskarten vom Aktionsstapel, die fortan seine Handkarten bilden.
Familienfreundliches Hochgeschwindigkeitsspiel
Taucher 1 beginnt das Spiel und zieht eine weitere Aktionskarte auf seine Hand. Anschließend entscheidet er sich für eine Spielaktion, von denen folgende möglich sind: Bergen, Knacken, Bergen & Knacken, Klauen und Tauschen.
Eine gespielte Bergungskarte bedeutet, dass der Taucher eine der Muschelkarten von der Auslage in seine Perlenkette legt. Gewählt werden kann entweder eine verdeckte Muschel oder eine bereits aufgedeckte. Mithilfe der Aktion „Knacken“ darf eine beliebige verdeckte Muschel der eigenen Perlenkette oder der Auslage geöffnet werden. Klauen und Tauschen sind zwei der fiesen Aktionen, bei denen ihr direkt in die Perlenketten eurer Gegenspieler eingreift und entweder eine Perle des Gegners entwendet oder mit einer eurer Perlen austauscht.
Vor allem durch die letzten beiden Aktionen nimmt der Spielablauf mit fortschreitender Partie an Fahrt auf und die Zusammensetzungen der Perlenketten ändern sich im Sekundentakt. Perlentaucher hat sich in unserer Rezension als schnelles Kartenspiel entpuppt, bei dem Sieg und Niederlage zeitlich nah beieinanderliegen. Selten konnten Spieler die Partie von Beginn an dominieren, wobei die Rahmenbedingungen enorm durch ein glückliches Händchen beeinflusst werden. Wer gute bzw. situativ nützlich Karten zieht oder aufdeckt, schafft auch gute Ausgangspositionen.
Zusätzlich zu den fünf aktiven Aktionen gehören zwei weitere Kartentypen zum Spielgeschehen, die in die Abläufe mal mehr, mal weniger stark eingreifen: Weggespült und Seebeben.
Zieht einer der Spieler eine Weggespült-Karte, so muss er diese Aktion umgehend ausführen und eine der verdeckten oder geöffneten Muscheln aus seiner Perlenkette wird zurück auf den Meeresgrund geworfen. Auch die Seebeben-Karte muss direkt nach dem Ziehen ausgeführt werden: sämtliche Karten des Meeresgrundes werden neu gemischt und verdeckt ausgelegt.
Durch den geschickten Einsatz der Handkarten gilt es nun, die festgelegte Perlenkette zu bauen. Jede Perlenkette besteht aus zwei Farben: Blau, Rot, Grün und Gelb sowie weißen Perlen, die grundsätzlich jede Farbe annehmen können. Je mehr Mitspieler nach den Perlen tauchen und je häufiger eine Farbe in den jeweiligen Tauchplänen vorkommt, desto größer wird die Einflussnahme auf die Perlenketten der gegnerischen Spieler. Hat ein Spieler die passende Perlenkombination gesammelt, endet die Runde.
Perlentauchen ist ein schnelles Kartenspiel mit simplen Regeln, das insbesondere Familien mit Kindern ansprechen wird. Für erfahrene Kartenspieler fehlt es an Herausforderungen, sodass die Einfachheit der Spielzüge in Verbindung mit dem stets spürbaren Glücksfaktor nur kurzweilige Unterhaltung bietet. Optisch ist Perlentauchen jedenfalls gelungen und überzeugt durch einen kindgerechten Charme. Auf unnötige Formulierungen auf den Aktionskarten wurde erfreulicherweise verzichtet, sodass auch jüngere Spieler den jeweiligen Kartenzweck schnell begreifen. Begreift man Perlentauchen als das was es ist, nämlich ein bodenständiges Familienspiel, so kommt dem Lernfaktor eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Auf subtile Art lernen Kinder einen systematisierenden Umgang mit Zahlen und Farben sowie Kombinationen aus beidem.
Bilder zu Perlentauchen
Infobox
Spielerzahl: 2 bis 4 Spieler
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: 10 bis 45 Minuten
Schwierigkeit: leicht
Langzeitmotivation: niedrig
Verlag: Mogel Verlag
Erscheinungsjahr: 2016
Autoren: Michael Loth
Sprache: deutsch
Kosten: 10 Euro
Fazit
Der liebevollen Umsetzung von Perlentauchen merkt man an, dass dieses Kartenspiel von einer Familie für spielende Familien entworfen wurde. Der grafische Stil orientiert sich an den übrigen Veröffentlichungen des Mogel Verlags und überzeugt durch handgezeichnete Illustrationen, die zum Thema des Kartenspiels und zur Zielgruppe passen. Bei dem Verfassen eines abschließenden Wertung ist Perlentaucher eines der Spiele, die sich anhand ihrer Zielgruppe bewerten lassen sollten.
Vielspieler werden mit dem Regelkonzept nur wenig gefordert und auch die spielimmanenten Ärger-Momente können den Unterhaltungswert nur unwesentlich positiv beeinflussen. Zudem bietet der Spielablauf vor allem für erfahrene Kartenspieler zu viele bereits aus anderen Spielen bekannte Elemente. Eine Runde Perlentauchen mit maximaler Spieleranzahl sind jedoch auch Vielspieler selten abgeneigt, denn wo Glück und Ärger so eng beieinanderliegen, kommt zum Ende jeder Spielrunde allein durch den unbedingten Siegeswillen ein gewisser spielerischer Reiz auf, bei dem schelmische Lacher keine Seltenheit sind.
Betrachtet man Perlentauchen jedoch mit Kinderaugen, so sind es gerade die Momente des Ärgerns, die nach einer Revanche schreien. Wenn einem Kind die regenbogenfarbene Joker-Perle geklaut wird, wird es alles daran setzen, sich den wohl kostbarsten Schatz zurück zu holen. Die aus dem schnellen Spielablauf entstehende Dynamik macht Perlentauchen zu einem bodenständigen und unterhaltsamen Kartenspiel, das Familien auch ohne Regelhighlights auf einem ordentlichen Niveau unterhält.