Der Spiel des Jahres e.V. hat seine Nominierungen für die Jura-Preise Spiel des Jahres 2022, Kennerspiel des Jahres 2022 und Kinderspiel des Jahres 2022 bekanntgegeben. Die Auswahl spiegelt die Qualität des Jahrgangs wider, überrascht teilweise jedoch. Wer am Ende das Rennen in den jeweiligen Kategorien machen wird? Völlig egal, man wird mit allen Nominierten seinen Spaß haben.
Die Verleihungen der Preise sind jährlich Highlights, auf die eingefleischte Brettspielende hinfiebern. Bevor es allerdings so weit ist, müssen Spiele zunächst für das Schlussrennen nominiert werden. Das ist inzwischen geschehen: der Verein „Spiel des Jahres“ hat die Nominierungslisten und die sogenannten Empfehlungslisten für den roten, blauen und grauen Pöppel besetzt.
Spiel des Jahres 2022: Die Nominierten
Der Vereinsvorsitzende Harald Schrapers und der Koordinator der Kinderspiel-Jury, Christoph Schlewinski, begrüßten die Fans im Stream. Vor der bunten Pöppelwand und hinter einer nicht ganz knitterfreien, dafür hübsch mit Leuchtdioden verzierten Tischdecke stand das Duo am schwarzen Zaubertisch. Die Veranstaltung wirkt bisweilen als hätte man sie aus der Vergangenheit irgendwie ins Internetzeitalter katapultiert – das soll allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass es für Autoren und Verlage um viel geht. Erstere freuen sich über Ruhm und neue Aufträge, letztere können mit einem Preisgewinn, der Nominierung oder einem Platz auf einer der Empfehlungslisten ordentlich Kohle scheffeln. Die Auszeichnung des Spiel des Jahres e.V. sorgen für Umsatz.
Gute zehn Prozent mehr Neuerscheinungen im Vergleich zum vergangenen Jahr, so lautet das Resümee von Harald Schrapers zu den Titeln in den Bereich des Spiels des Jahres und des Kennerspiels des Jahres. Im Kinderspielbereich hat sich eine gegenteilige Entwicklung bemerkbar gemacht. Jura-Koordinator Schlewinski nennt mögliche Gründe: Die Kinderspiele seien endgültig von der Pandemie eingeholt worden, so seine Vermutung. Er führt das auf einen Mangel an Testmöglichkeiten aufgrund der Corona-Lage zurück. Schlewinski spricht von einem für den Spiel des Jahres e.V. „ungewöhnlich kleinen Jahrgang“. Etwas mehr als 60 Titel seien es.
Gespielt wurde viel während der Pandemie, stellt Harald Schrapers klar. Er zieht Rückschlüsse aus den gestiegenen Umsatzzahlen der Verlage. Als gute Entwicklung sieht der Vereinsvorsitzende den weltweiten Siegeszug des einstigen „german games“ – das sei inzwischen international, Ideen kämen aus aller Welt. Besonders dieses Jahr: Schrapers sieht keinen erkennbaren Trend aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Konzepten. Es sei für jede Situation etwas tolles dabei, meint Schrapers. Auch die Spannweite bei den Längen der Spielpartien verdeutlicht das: Magic Rabbit dauert zweieinhalb Minuten, eine Sanduhr sorgt dafür. Arche Nova hingegen dauert viele Stunden. Vor allem der Listenplatz von Michael Wigges Zoo-Brettspiel überrascht allerdings – das Experten-Brettspiel passt so gar nicht zu der Konkurrenz, dürfte selbst Kenner bisweilen überfordern oder zumindest mit seiner Notwendigkeit der intensiven Einarbeitung herausfordern. Dem Hype um das Brettspiel mit den schönsten Stock-Fotos der Szene konnte sich offenbar auch die Spiel des Jahres-Jury nicht entziehen. Harald Schrapers umschifft es so: Die thematische Umsetzung sei brillant, das Brettspiel sei – trotz „oben drüber“ in der Kennspielkategorie – eine „absolute Empfehlung“. Das hebelt Entscheidungskriterien zwar aus, nachvollziehbar ist der Listenplatznominierung aufgrund des herausragendes Spielerlebnisses am Ende dennoch. Dem Brettspiel hat der Spiel des Jahres e.V. dadurch jedenfalls einen größeren Markt bereitet.
Selbst die Entscheidung für den Nominierungsplatz von Dune: Imperium könnte man ob des durchaus spürbaren Herausforderungsgrades kritisieren – der ist allerdings nicht so ausgeprägt wie bei Arche Nova, dennoch scheint das Brettspiel zum Blockbuster kein realistischer Kandidat für den tatsächlichen Gewinn des anthrazitfarbenen Pöppels zu sein.
Ob das Spiele-Line-up so international bleibt? Ungewiss. Schrapers: „Vielleicht ist es nur eine Momentaufnahme. Es kann im nächsten Jahr schon wieder anders sein.“ Einen nationalen Erfolg feiert Wolfgang Warsch – inzwischen etablierter Autor und nicht mehr nur gehypter Shooting-Star – mit seinem Doppel-Erfolg nach einem Doppelerfolg. Warsch platziert mit „Quacks & Co nach Quedlinburg“ sowie „Auch schon clever“ zwei Werke auf der Nominierungsliste, mit denen er als Erwachsenenversionen bereits im Jahr 2018 erfolgreich war.
Was den Experten am aktuellen Jahrgang aufgefallen ist, ist der gehäufte Einsatz von Fantasiewelten, „grade im Kennerspiel-Bereich“, resümiert Harald Schrapers. „Das muss nicht grundsätzlich schlecht sein“, so Schrapers weiter. „Das kann auch durchaus gut passen“. Ein Aber gibt es allerdings: Der Verdacht liegt nahe, dass Autoren und Verlage die realen Themen lieber ausblenden, um sich der „Gefahr des Aussetzens von Kritik dann nicht mehr in dem Maße hingibt“, vermutet Schrapers und dürfte damit einen Treffer gelandet haben. Angesichts der Dauerkritik um historisch fragwürdige oder oberflächlich behandelte Themen einiger noch aktueller Brettspiele macht man es sich womöglich einfach – vielleicht zu einfach vor dem Hintergrund von Brettspielen als Kulturgut. Schrapers Kritik geht in diese Richtung: Der Zugang werde erschwert, wenn Spiele nur noch das Schöne und Gute – oder das Böse aus der Fantastik (Schrapers: „Macht da ja nix.“) zeigten. Er wünscht sich mehr Mut und Sensibilität im Umgang mit Themen der Realität.
Immerhin: Die Auswahl gefällt und spiegelt treffsicher wider, was der Markt Spielern in den drei Kategorien so hergibt. Wer am Ende gewinnt? Die Antworten darauf sind fast schon gleichgültig, denn mit jedem der nominierten Brettspiele wird man viele Stunden Spaß haben. Müssten wir tippen, wer am Ende gewinnt:
- Kinderspiel des Jahres 2022: Auch schon clever
- Spiel des Jahres 2022: Cascadia
- Kennerspiel des Jahres 2022: Cryptid
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