Aus, aus, aus – die SPIEL ist aus. Das war es für dieses Jahr mit den Internationalen Spieltagen in Essen. Mit einem Hygiene- und Sicherheitskonzept ging der ausrichtende Friedhelm-Merz-Verlag in 2021 nach einem Jahr Pause aufgrund der Corona-Lage wieder an den Start. Das Resümee fällt bei Organisatoren, Besuchern und Verlage positiv aus. Die neue Chance auf eine Vor-Ort-Messe ließ Spielefans tief in ihre Taschen greifen – das Geld floss, zur Freude aller.
Die Internationalen Spieltage SPIEL ’21 seien erfolgreich zu Ende gegangen, so das Fazit des veranstaltenden Friedhelm-Merz-Verlags. Die weltweit größte Messe für Gesellschaftsspiele lockte nach einer coronabedingten Pause im vergangenen Jahr 93.600 Besucher an. Mehr als 1.000 Neuheiten von 620 Ausstellern aus 41 Ländern konnten die Spielebegeisterten sehen, ausprobieren und kaufen. Vor allem von letzterer Möglichkeit machten die Besucher reichlich Gebrauch. Nicht wenige, im Vorfeld der Messe mit Vorschusslorbeeren überhäufte, Spiele waren binnen kürzester Zeit vergriffen. Fast durchweg sprachen die Verlage von guten bis herausragenden Verkaufszahlen. Es scheint, als hätten die Spielefans ihr Geld in Zeiten der Pandemie zurückgehalten, um nun ausgiebig auf Shoppingtour gehen zu können. Den Verlagen und vor allem Spielehändlern sei das gegönnt: Während der pandemischen Situation ging vor allem im Bereich des Fachhandels zeitweise wenig bis nichts. Enorme Umsatzeinbrüche machten den Einzelhändlern zu schaffen – für sie ist die Kauflust ein Segen.
Die Freude darüber, wieder durch die Messehallen zu gehen, neue Spiele kennenzulernen, Erstausgaben oder Raritäten zu kaufen und Schnäppchen zu machen, zauberte mehr als ein Lächeln auf die Gesichter. Auch auf das der Geschäftsführerin des Friedhelm Merz Verlages, Dominique Metzler: „Es ist toll!“, lautete ihr Zwischenfazit bereits am Samstag. „Das Konzept ging auf.“ Da kannte Metzler vermutlich bereits einen Teil der Besucher- und Umsatzzahlen. Abgerechnet wurde allerdings erst am Schluss: Mit über 90.000 Besuchern ist das Corona-Debüt geglückt. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 pilgerten 209.000 Fans nach Essen. Mehr als doppelt so viele, damals war von einer Pandemie samt Lockdown und Kontaktbeschränkungen allerdings noch keine Rede.
Der Messebesuch unterlag den 3G-Bedingungen, für die Besucherinnen und Besucher wurde eigens ein Corona-Testzentrum auf dem Messegelände eingerichtet. In allen Bereichen galt zudem eine Maskenpflicht. „Das durchdachte Hygienekonzept mit breiteren Gängen, verstärkten Hygienemaßnahmen und einer Abstandsregelung hat sich dabei bewährt und für die nötige Bewegungsfreiheit gesorgt“, so der veranstaltende Friedhelm-Merz-Verlag in seiner Abschlussmitteilung. Und tatsächlich funktionierte das Konzept – zumindest überwiegend. Hier und da konnte man sie sehen, die „Nasenbären“. Dann wurde aus dem Mund-Nasen-Schutz ein reiner Mundschutz – manchmal absichtlich, manchmal unabsichtlich, manchmal war auch einfach nur der Bart im Weg. Und auch die eigentlich untersagten Cajon-Rucksäcke prägten das Bild in den Hallen, wenn auch sehr vereinzelt.
Die Maßnahmen griffen, allenfalls am Samstagmittag kamen die Hygiene- und Sicherheitsregeln an ihren Grenzen. Der Ansturm am traditionell besucherstärksten Tag der Essener Spielemesse sorgte zeitweise für eine „Systemüberlastung“ auf mehreren Ebenen. Wenige Stunden später hatten die Knäuel sich entzerrt, an den Eingängen wurde wieder intensiver kontrolliert. Dominique Metzler gab an, ihr seien keine „negativen Vorfälle“ bekannt. Das Konzept sei aufgegangen. Beim Friedhelm-Merz-Verlag ist man nicht nur darüber glücklich, sondern auch über das Stattfinden der Messe überhaupt. Metzler verriet, dass sie hätten zittern müssen: „2G hätte der Messe den Todesstoß versetzt“, verriet sie. Insbesondere einige ausländische Verlage hätten dann vor Problemen gestanden, eine Teilnahme an der SPIEL wäre für sie unter derart verschärften Regelungen nicht möglich gewesen. Am Ende sollte die Politik sich für den lockereren der beiden Wege entscheiden – und damit gleichzeitig den Weg freimachen für die SPIEL’21.
Dominique Metzler blickt nun positiv zurück: „Ich bin sehr glücklich darüber, mit welcher Begeisterung diese Messe von Ausstellern und Besuchern aufgenommen worden ist. Es war ein besonderes Jahr für uns als Veranstalter, aber auch für alle Teilnehmer. Kooperative Spiele sind im Trend, und die SPIEL war eine große gemeinsame Leistung von Organisatoren, Ausstellern und Besuchern. Wir fühlen uns als Veranstalter vom Erfolg dieser Messe bestätigt. Es war genau die richtige Entscheidung, in diesem Jahr wieder eine analoge Messe zu veranstalten und Spielefans aus der ganzen Welt die Möglichkeit zu geben, an diesem wichtigsten Treffen der Spielewelt teilzuhaben. Die Besucherinnen und Besucher haben sich vorbildlich an die Spielregeln dieser Messe gehalten.“
Bildergalerie zur SPIEL’21 in Essen
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Die Aussteller waren ebenfalls zufrieden mit dem Zuspruch. Die Messe bedeute einen Neustart für die Branche, sagte Hermann Hutter, Verleger (HUCH) und Vorsitzender des Branchenverbandes Spieleverlage: „Diese Messe war sehr gut ausbalanciert zwischen Sicherheit und der genau richtigen Besuchermenge. Alle Besucher waren sehr diszipliniert – es war das perfekte Erlebnis, die Freude und die Begeisterung zu sehen, die Neuheiten auszuprobieren. Jedes Mitglied von Spieleverlage e.V. hat sich wohlgefühlt und es genossen, dass begeisterte internationale Fachbesucher und Spielerinnen und Spieler nach Essen gekommen sind, um die Neuheiten förmlich aufzusaugen.“
Die SPIEL’21 in Essen war weitaus mehr als eine Rückkehr auf gewohntes Terrain. Für die Spielebranche könnte die Messe ein Vorbild dafür sein, was in schwierigen Zeiten mit den passenden Konzepten möglich ist. Der Friedhelm-Merz-Verlag benennt das als „Initialzündung für weitere Veranstaltungen mit Publikum“. Bei all der Entspannung der Corona-Lage gilt: Die Pandemie ist längst nicht vorbei. Insbesondere derart international ausgerichtete Messen wie die SPIEL in Essen zeigen, wie klein die große weite Welt werden kann, wenn ein katastrophales Ereignis die Nationen verbindet. Wo hierzulande Infektionszahlen sinken und Impfzahlen steigen, ist das in anderen Ländern längst nicht der Fall. Und so ist von einem Corona-Einschlag auch bei der SPIEL’22 auszugehen. Das Datum für die Internationalen Spieltage im kommenden Jahr steht längst fest: vom 6. bis 9. Oktober 2022 werden in Essen wieder Brett- und Kartenspiele zelebriert.
Andreas Finkernagel, Geschäftsführer von Pegasus Spiele, ergänzt zum Abschluss der viertägigen SPIEL ’21: „Ich bin positiv überrascht vom Verlauf der Messe und hoffe, dass es jetzt mit Präsenz-Veranstaltungen nach dem Vorbild der SPIEL weitergehen kann.“ Veranstaltungen vor Ort seien für Pegasus Spiele das zentrale Element des Kontaktes mit Spielerinnen und Spielern. „Ich habe viele freudige Gesichter in den Hallen gesehen, die Menschen sind überglücklich, wieder auf der SPIEL zu sein“, so Finkernagel. „Und die Besucher haben sich sehr gut an die coronabedingten Regeln gehalten – Masken und Abstand haben das Vergnügen nicht geschmälert. Wir erleben auch, dass die Nachfrage nach Spielen explodiert ist. Am Stand von Pegasus Spiele waren die Spieltische jederzeit ausgebucht. Auch die Menschen, die im vergangenen Jahr gerade erst zum Spielehobby gefunden haben, bleiben jetzt dabei.“
Zufrieden nach Hause schleppten sich und ihre Einkäufe vor allem Viel- und Kennerspieler. Für sie schien das Messeangebot trotz des Fernbleibens einiger namhafter inländischer wie ausländischer Verlage groß genug zu sein. „Der eine oder andere Verlag könnte bereuen, nicht doch an der Messe teilgenommen zu haben“, so das Fazit von Dominique Metzler. Es klang wie ein freundlich gemeinter Seitenhieb. Der Verlagschefin war die Erleichterung jedenfalls in das nur zur Hälfte erkennbar Gesicht geschrieben. Und 2022? Welche Maßnahmen könnten den Weg auf die nächste SPIEL finden? Dominique Metzler ließ sich nicht in die Karten schauen, aber sie gab zu, Karten auf der Hand zu haben: „Noch möchte ich nichts verraten. Das sind meine Pläne!“. Es klingt, als dürften Besucher sich auch im kommenden Jahr auf einige Veränderungen einstellen, die dann einem positiven Messeerlebnis dienlich sind.