American Football wird auch hierzulande immer populärer. Der körperbetonte Sport ist ein Phänomen: 22 muskelbepackte Profis prallen aufeinander, enorme Kräfte werden freigesetzt – und am Ende gewinnt ganz einfach die Mannschaft, die mehr Punkte erzielen konnte. Der Rest ist Taktik, Strategie, Cleverness, manchmal auch fiese Tricks. Drei Freunde wollen das Football-Fieber nun auf die heimischen Spieltische bringen: mit dem Geschicklichkeitsspiel MFL International – Mini Football League, das via Crowdfunding über Kickstarter finanziert werden soll. Der Plan: Die Kampagne startet am 1. September und läuft ab dann 24.Tage. Rund 10.000 Euro will das Autoren-Trio einnehmen.
Gefährlich nah wagen sich Sebastian, Patrick und Mark mit dem Kürzel „MFL“ für ihr Spiel an den US-Giganten heran. Das schürt eine immense Erwartungshaltung, insbesondere bei Kennern des für Fans besten Sports der Welt. Wer jemals eine American-Football-Partie gesehen hat – am besten live vor Ort, im Fernsehen geht auch – und nach einer ausgiebigen Nacharbeitung des Regelwerks das Spiel auch verstanden hat, kann nachvollziehen, weshalb Fans auf diesen Sport so abfahren. Die Mischung aus roher Kraft sowie Masse sowie Taktik, Strategie und Geschick findet man in dieser Intensität nur selten im Profi-Sportbereich. Das soll nun auch für Brettspieler möglich sein. Zu Hause auf dem Tisch – ohne dabei ins Schwitzen zu kommen.
MFL International: Tipp-Kick mit Eiern?
Die Grundvoraussetzungen zum Spielen sind niedrig. Man benötigt ein Spielfeld, ein Tor, vier Bälle sowie zwei Mannschaften. Also genau das, was das Spielepaket umfasst, das die drei Jungautoren nun via Kickstarter zum „Backen“ anbieten. Eine Summe von etwa 10.000 Euro haben die drei dafür kalkuliert, die Pledges reichen von 65 Euro über 85 Euro bis hin zu 145 Euro. Dafür bekommt man eine Football-Ausstattung, die es zwei Spielern ermöglicht, gegeneinander anzutreten. Möglicherweise ändern sich die einzelnen Paketpreise bis zum endgültigen Start der Kickstarter-Kampagne auch noch, Patrick, Sebastian und Mark stecken noch in den letzten Vorbereitungen und die Überarbeitung der Kalkulation wird sicher ein Thema sein, dass die drei Football-Freunde bis kurz vor Finanzierungsbeginn beschäftigen wird.
Um es gleich vorweg zu nehmen. Bei MFL International handelt es sich um ein reines Geschicklichkeitsspiel, wer mit derartigen Konzepten nicht wenigstens ein bisschen anzufangen weiß, der wird es schwer haben, sich auf dieses neue Brettspiel einlassen zu können. Gespielt wird im klassischen Duell. 1-on-1. Auge in Auge. Jeder Coach übernimmt die jeweils zehn Spieler seiner Mannschaft, dann geht es an die Aufstellung. Bei MFL International funktioniert der Spielaufbau unter Rückgriff auf einen ganz besonderen Zufallseffekt: Man lässt seine Figuren aus einer Höhe von rund 25 Zentimetern auf den PVC-Rasen krachen. Das zeigt: die plastenen Footballer müssen im Laufe ihrer Karriere einige schwere Hits hinnehmen. Ob und wie gut das Material das aushält? Kaum zu prophezeien anhand des Prototyps, der uns vorlag. Ist das erledigt, sollten in jeder Spielfeldhälfte jeweils für der eigenen Mannen sowie fünf Gegner liegen.
Dann heißt es: Kick off. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Die zentrale Figur der beiden Spieler ist jeweils ihr Kicker, dessen Fuß sich mit einem kleinen Hebel bewegen lässt. Auf diese Weise lassen die die Kunststoff-Eier über das Spielfeld schießen. Fingerspitzengefühl ist also gefragt. Ältere Brettspieler erinnern sich sofort an Tipp-Kick oder „Pro Action Football“ von Parker, dem etwas moderneren Ableger des Tischfußballspiels aus den Mittzeunzigern.
Bei MFL International ist es ein ähnliches Spielgefühl: Man schießt einen Ball und hat vier Versuche, um einen seiner eigenen Spieler zu treffen und somit einen „First down“ zu erreichen – alternativ kann man versuchen, ein Field Goal zu erzielen. Besser ist natürlich ein Touchdown als erfolgreicher Abschluss eines Spielzuges. Die Möglichkeit auf den Punkte-Sechser ergibt sich, sobald man es geschafft hat, zwei eigene Figuren zu treffen. Dann nämlich wird ein Spieler der Mannschaft in das auf dem Spielplan abgebildete Endzone-Feld gestellt und muss – wer kann es erraten? – mit einem Schuss getroffen werden. Ein kleiner Kniff: Umgeworfene Figuren werden vom Spielfeld entfernt. Damit verringern sich die Möglichkeiten, mit seinen vier verfügbaren Downs (den Schussversuchen) voranzukommen. Zu ermitteln, wer am Ende gewinnt ist dann einfach: Der Spieler mit den meisten Punkten siegt.
Fingerspitzengefühl gefragt
Geschick ist gefragt bei MFL International. Es kommt dabei allerdings nicht wie bei anderen Geschicklichkeitsspielen auf eine besonders ruhige Hand an, sondern auf Fingerspitzengefühl und die Fähigkeit, seine Fingerkraft dosiert einzusetzen. Ebenfalls hilfreich: Ein gutes Auge. Die eigenen Spieler mit innerhalb von vier Versuchen zu treffen klingt verdammt einfach, ist es in der Spielpraxis aber nicht. Nur wer eine gute Hand-Auge-Koordination beweist und den kleinen Plastikhebel mit dem richtigen Krafteinsatz bewegt, kommt zum Erfolg. Unmöglich ist das nicht, es erfordert einfach nur Übung.
Man kann MFL International bedenkenlos in die Kategorie „Fun Game“ einordnen. Wer den US-amerikanischen Sport liebt oder zumindest eine Alternative zum betagten Tipp-Kick sucht, der wird mit dem Spielkonzept seine Freude haben. Was die drei Jungautoren mit ihrer Spielidee in jedem Fall schaffen, ist, Emotionen an den Spieltisch zu holen. Wenn nach einiger Eingewöhnung auch für unmöglich gehaltene Schüsse plötzlich gelingen, ist das ein Grund zum Jubeln. Echte Freude kommt auf, nicht nur bei gelungenen Spielzügen, sondern auch, wenn man seine Versuche mal wieder in den Sand gesetzt hat. Dass man nebenher die Regeln des „echten American Football“ lernt, weil man die Anleitung von MFL International liest, ist für Einsteiger ein netter Nebeneffekt: Fumble, Interception, Turnover oder Two-Point-Conversion sind damit Begriffe, die nicht für lange Rätsel bleiben.
Damit verknüpft ist wohl auch ein Wunsch des Autoren-Trios: „American Football ist so ein schöner Sport, der leider in Deutschland nicht genügend gewürdigt wird“, meinen die drei Freunde unisono. Warum es dennoch ausgerechnet eine Umsetzung des regelkomplexen Ballspiels sein musste? „Fußball kann jeder, siehe Tischkicker.“ Klingt nach einem Plan.
Das Projekt ist angesichts den Themas durchaus ambitioniert, denn trotz anhaltendem Trend ist American Football hierzulande sportlich weiterhin eher Nischenerscheinung und bei Gesellschaftsspielen völlig unterrepräsentiert.
Und so steckt das Trio viel Herzblut in MFL International, dabei haben Sebastian, Patrick und Mark jeweils eigene Auffassungen dazu, was Football grundsätzlich zu so einem herausragenden Sport macht: Unter anderem Taktik und Action haben sie genannt – und die Spannung, wer am Ende gewinnt! Lieblingsteams? Brauchen die drei nicht, ihnen geht es um die Sportart. Angefeuert wird dann vermutlich jeder, der dem „Ei“ auch nur nahekommt. Ohnehin zeigen sich die Neu-Autoren diplomatisch, was Detail-Fragen angeht: Ob es an MFL International etwas gibt, das man als Herzstück des Spiels bezeichnen können? Na, klar: „Das große Ganze!“, meinen die drei und damit meinen sie das gesamte Spiel. ‚Thinking big‘, würde man in Übersee dazu wohl sagen.
Vorkenntnisse nicht notwendig
Eine zentrale Frage für alle Interessenten: Muss man American Football kennen, um MFL International spielen zu können? Die drei sind sich einig: Muss man nicht. „Es ist nicht zwingend notwendig American Football zu kennen“, meint Sebastian. „Man kann bei unserem Spiel bei null anfangen und schnappt sich die Regeln und spielt einfach drauf los. Beim zweiten oder dritten Durchgang versteht man worum es geht und vielleicht bekommt man ja Lust einfach mal ein Spiel im Original anzuschauen.“
Die Regeln habe man daher bewusst einfach gehalten, Fachbegriffe gibt es dennoch, denn der Sport soll sich als Thema schließlich widerspiegeln. Allerdings muss man weder die Suchmaschine um Hilfe bitten noch sich ratlos am Kopf kratzen: „Wir erklären in unserer Anleitung die meisten benötigten Fachbegriffe, die man für das Spiel und auch das Original braucht.“ Die drei Macher empfehlen, bei MFL International einfach los zu spielen – die Anleitung natürlich griffbereit.
Sich ausgerechnet die Nische der Geschicklichkeitsspiele bei einem derartigen Thema auszusuchen, ist mutig. Einfach nur einen Ball durch die Gegend feuern reicht nach Ansicht der drei aber nicht: „Unser Spiel vereint Geschicklichkeit und Strategie! Wir haben in unseren eigenen Spielen und Testläufen selbst auch lernen müssen, dass man natürlich mal eben schnell eine Runde absolvieren kann.“ Dann das Aber: „Wer wirklich Erfolg haben will, der muss auch jeden Spielzug vorher akribisch planen und die Umsetzung verlangt noch dazu eine gute Hand-Augen Koordination. Je geschickter wir wurden, umso notwendiger wurde eine Strategie.“
Am Ende ist nicht es unbedingt der spielerische Teil des Werks, der das Geschicklichkeitsspiel MFL International unterhaltsam macht, sondern die Tatsache, dass mehrere Spieler sich für dieselbe Sache begeistern können. Wenn einem das Spiel nämlich eine Voraussetzung abverlangt, dann ist es diese. Wer mit einer Grundbegeisterung — egal ob für American Football oder für ein Tisch-Kickspiel – an den Titel herangeht, wird kaum enttäuscht: die Mini Football League verspricht schnellen, unkomplizierten Spaß. Ohne langes Regelstudium.
Es ist vorrangig eine haptische Erfahrung, quasi ein anspruchsvolles Spielzeug mit „Regelunterboden“. Wie unterhaltsam MFL International ist, hängt somit zum einem großen Teil auch von den Spielern selbst ab. Was dieses Geschicklichkeitsspiel näher an ein Brettspiel heranbringt, ist der Grad der Bewegung. Auch wenn man es zunächst meinen könnte, weil man American Football vor Augen hat: es geht nicht Vordergründig um Hau-Drauf-Action, sondern um Geduld, das Ermitteln eines aussichtsreichen Weges über das Spielfeld und das exakte Ausrichten des Kickers vor dem Schuss. Darin ist Strategie spürbar, wenn auch auf einer völlig anderen Ebene als bei einem „gewöhnlichen Brettspiel.
Die Idee zu ihrem Spiel ist übrigens spontan entstanden, verraten Sebastian, Patrick und Mark über den Schaffensprozess zu MFL International – natürlich beim Footballgucken und dort ausgerechnet in der Werbepause. „Während eines Werbeblocks, fiel der Satz: ‚Wie cool wäre es jetzt, auch mal den Ball zu kicken!‘ Nur kurz darauf stand der Laptop mit dem CAD-Programm auf dem Tisch und die ersten Entwürfe wurden designt und umgehend an den 3D-Drucker geschickt.“
Ganz so einfach sollte es danach nicht mehr bleiben. Spätestens mit dem Start der Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter steigt für die drei Neu-Autoren die Spannung, denn dann geht es darum, ob ihr MFL International – Mini Football League realisiert werden kann oder nicht. Falls es nicht funktioniert, wird das Projekt nicht in der Schublade verschwinden. „Auch dann werden wir nicht aufgeben und gegebenenfalls versuchen andere Wege finden,“ meinen die Spiel-Designer, die privat als Freunde verbunden sind, zusammen grillen und Retro-Games zocken. „Außerhalb dieser Zeit sind wir leidenschaftliche Familienväter die auch noch normalen Berufen nachgehen.“ Schon das klingt nach einer Menge Arbeit, die mit dem Launch der Finanzierungsphase mehr werden wird. Am 1. September soll es losgehen mit der Kickstarter-Kampagne.